Es war später Nachmittag. Es begann schon zu dunkeln und es nieselte. Was für eine Schnapsidee, im Herbst Ferien zu machen, dachte ich, als ich gerade in einen mir bekannten Wald einbog. Und
dann..
Ich riss das Steuer nach rechts, vor einer Böschung kam der Wagen zum Stehen. Auf einem Hügel, einen Steinwurf entfernt, schwebte etwas Leuchtendes. Inmitten eines brutalen Kahlschlags stand ein
einzelner Baum, ein Ahorn. Der Überlebende eines Holzfällermassakers. Aber statt traurig auszusehen, glich er einer in Gold gekleideten indischen Tänzerin. Mit nach außen gedrehten Händen schien
sie gleich tanzen zu wollen..
Ich glaube, ich hatte noch ein dummes Lächeln auf den Lippen, als ich meine Klamotten aus dem Wagen in die Hütte trug. Und ich fragte mich, wie ist das möglich? Diese verfluchten Holzfäller, die
mit einer Maschine, dem Holzvollernter Harvester, in ein paar Tagen einen ganzen Wald abholzen, die lassen einen Baum stehen. Wieso?
Ich brummte einen abgedroschenen Spruch vor mich hin. Sie sehen den Wald vor lauter Bäumen nicht.. Ich stutzte. Moment mal. Vielleicht war es ganz anders? Und sie hatten den Spruch umformuliert?
Etwa so: Ihr seht den Baum vor lauter Wald nicht!
Ich fühlte mich von den Holzfällern geradezu angefixt, und bei meinem nächsten Waldspaziergang blieb ich bei manchem Baum stehen und sah, jeder hatte seinen besonderen Charakter.
Später erfuhr ich von einem Bauern, dass der wahre Grund für das Stehenlassen des Ahorns nicht seine Schönheit war. Sondern er dient als Mutterbaum. Indem er seine Samen über die abgeholzte
Fläche streut, sorgt er bei der Aufforstung für einen mit Laubbäumen durchmischten Nadelwald.
Und so hatte der Ahorn für die einen einen nützlichen Grund, für mich galt weiterhin seine Schönheit. Und ich freute mich, dass er mich ab jetzt bei jeder Anreise begrüßen wird und ich, ich
werde bei der Rückreise grüßend die Hand heben..