lch hörte Schluchzen in dem seit Jahren unbewohnten roten Holzhaus, ich trat ein, eine Kerze flackerte. Da saß an einem Holztisch ein kleiner verzweifelter Weihnachtsmann.
„Was ist los?“ fragte ich. „Solltest du nicht unterwegs sein?“
„Ja wie denn?“ sagte der Weihnachtsmann und wischte sich die Nase. „Siehst du hier irgendwo Rentiere mit einem Schlitten? Außerdem bin ich gar nicht der Weihnachtsmann, ich bin ein Waltroll. Der Weihnachtsmann hat sich ein Bein gebrochen, ich soll ihn vertreten.“
„Na und? Es ist Heilig Abend! Was sitzt du noch rum? Und wo sind denn die Rentiere?“
„Hörst du denn nicht zu? Das würde ich auch gern wissen!“
Das klang patzig. Aber dann ging das Jammern wieder los.
„Die sollen auf der Weihnachtswiese sein, haben sie gesagt.und auch der Schlitten mit allen Geschenken! Die Wiese soll hier irgendwo sein. Überall hab ich sie gesucht, aber ich finde sie nicht. “ Er schluchzte auf: „Wie soll ich die auch finden! Das hier, das ist nicht mein Wald, den kenn ich ja gar nicht. Meiner ist ganz woanders!“
Na, das erklärte alles, denn der Wald hier war riesig. Mir fiel mein alter Freund Gunnar ein, der kannte den Wald seit seinen Kindheitstagen. Ich rief ihn über mein Handy an. Als ich ihm alles erklärte hatte, lachte er und fragte mich, wo ich bin. Zehn Minuten später kreuzte Ulf mit seinem Auto, er war Gunnars Sohn, und im Auto saßen noch dessen Kinder, Kerstin und Sven, und Gunnar, der Großvater.
Dem kleinen Weihnachtsmann gefiel es gar nicht, dass die Kinder dabei waren. Aber Ulf meinte, seine Kinder hätten ein Recht dazu, weil sie schon seit einer Stunde auf dem Weihnachtsmann gewartet hätten.
Der Weihnachtstroll grummelte etwas in seinen kleinen Bart, und weil zwischen mir und den Kindern kein Platz war, setzte er sich einfach auf meinen Schoß. Ich muss schon sagen, er roch seltsam, nach Stroh und Bratwurst, dann fuhren wir los.
„Eine Wiese mit Blumen! Und das im Winter“, sagte Gunnar, er saß neben Ulf und zeigte ihm den Weg, „Erst dachte ich, ich träume. Aber dann sah ich sie in jedem Winter dort."
„Davon hast du uns ja noch nie was erzählt“, sagte Ulf.
„Na, warum wohl... Ihr hättet mich ausgelacht.“
Kurze Zeit später später hielten wir an und tatsächlich, da war eine Wiese mit Blumen in allen Regenbogenfarben, dazu drei Birken mit glitzerndem Flitter, dazwischen rote, blaue und goldene Kugeln, und alles bestrahlt vom Mondlicht. Im grün leuchtenden Gras bewegten sich gemächich sechs Rentiere, sie rupften Gras mit der Zunge. Und am Wiesenrand stand der Schlitten, hoch beladen mit Weihnachtsgschenken.
„Ein Frühlingswiese! Und das im Winter!" Ulf schüttelte den Kopf. „Echt, das glaubt uns keiner.“
„Ja, dann haltet auch lieber den Mund und zwar alle“, brummte der Weihnachtstroll. Er spannte die Rentiere vor den Schlitten, dann sagte er zu Kerstin und Sven: „Habt ihr Lust, mitzufahren?“
Na, das brauchte er nicht zweimal zu sagen, schon saßen die Kinder im Schlitten. Die Luftpeitsche knallte und die Rentiere sausten los, nach wenigen Metern hob der Schlitten ab und zog hoch hinauf in den weiten Sternenhimmel.
Wir sahen ihnen nach, bis wir das Lachen der Kinder nicht mehr hörten, dann fuhren wir nach Haus.
Als wir ankamen, blätterte Kerstin in einem großen Märchenbuch, sie trug einen Kopfhörer und hörte ihre Lieblingsmusik. Sven saß mit ganz roten Ohren neben einem Berg aufgerissener Kartons und baute eine Eisenbahn auf.
„Ich versteh das nicht“, sagte Gunvor, die Mutter. „Jetzt kommt ihr erst.. Die Bescherung hat schon stattgefunden. Und wieso kamen die Kinder viel früher zurück als ihr?“
Gunnar brummte: „Hatte meine Mütze vergessen, wir mussten noch mal zurück.“
„Typisch!" Gunvor machte eine Pause und sagte: „Aber wisst ihr, was dann passierte? Grad waren die Kinder da, da kam auch schon der Weihnachtsmann durch die Tür, diesmal eigentlich mehr ein Zwerg, so klein war er..“ Sie sah uns an, einen nach dem andern. „Schon komisch, nicht wahr? Als wär es abgesprochen."
Wir schwiegen, griffen nach unseren Weihnachtstellern und lobten freudig ihre frisch gebackenen Plätzchen.