Warum sind deutsche Mädchen geschlechtslos?
Mein schwedischer Freund war ein Wanderer zwischen den Welten und so war er auch in den Sprachen bewandert, besonders in der deutschen. Ihm fiel sofort auf, dass unsere Sprache zu unserem Unwohlsein beiträgt und er nannte mir auch gleich, was an ihr zu ändern sei, damit es uns bald so gut gehe wie den Menschen in Schweden.
„Erstens“, sagte er, „müsst ihr das Siezen abschaffen. Wenn ihr euch alle duzt, gibt es kein Oben und kein Unten und man kommt sich näher. Ihr werdet sehen, wie leicht dann das Zusammenleben wird.
Zweitens, da du gerade Schwedisch lernst, such nicht nach dem schwedischen Wort für „fressen“ , das gibt es nicht. Denn Menschen und Tiere essen auf gleiche Art, jedenfalls in Schweden. Bei uns gibt es nur ein Wort für „essen“, nämlich „äta“, und das gilt für Mensch und Tier.“
Jetzt aber protestierte ich: „Hast du schon mal Tiere mit Gabel und Messer essen sehen? Also bitte!“
„Jaso“, sagte er, „ich dachte, wir alle essen mit Mund und Zähnen, wie es die Natur verlangt. Das solltest du auch so sehen, vielleicht bekommst du
dann
ein besseres Verhältnis zu den Tieren.“
Und dann fragte er mit einem schrägen Seitenblick: „Sag mal, bei euch heißt es doch „das“ Mädchen. Kommen in Deutschland die Mädchen geschlechtslos zur Welt? Bei uns sind sie vom ersten Atemzug an weiblich, darum nennen wir ein Mädchen auch „flickan“, und nicht „flicket“. Handelt es sich bei euch möglicherweise um einen nationalen Defekt? Und wie heilt ihr ihn? Denn es gibt doch schließlich Frauen bei euch!“
„Natürlich“, knurrte ich, „sie brauchen zur zu heiraten, dann sind sie Frauen.“
„Jaso“, sagte er. „In Deutschland ist also Heiraten die magische Verwandlung eines Mädchens in eine Frau. Wie in einem Märchen. Aber was passiert dann euren Jungs, wenn sie heiraten? Männlich sind sie ja schon? In was verwandeln die sich?“
Ich schwieg und schimpfte im Stillen
Hören
Die den Mund so voll nehmen,
gehörst du zu denen?
Denen nichts gehört,
weil sie voll sind
des eigenen Lärms?
Wenn einem die Stille gehört,
so geh hin und bitte
um ein Stück davon!
Um die Leere zu füllen,
dass du vor lauter Glück
lachen musst.
auf den Deutschlehrer, der uns dieses Rätsel nicht erklärt hatte.
„Mir scheint“, sagte mein Freund und beendete das Gespräch, indem er sich einen Bonbon in den Mund steckte, „ihr Deutschen habt noch einiges zu lernen. Fangt mit der Sprache an. Sagt nicht mehr „das“ Mädchen, sondern „die“ Mädchen, Mehrzahl „Mädchens“. Wirst sehen, das macht auch die Frauen glücklicher.“
Ich versprach es ihm.
Das war vor 50 Jahren. Nichts hat sich geändert.
(zu hören: trommeln im elfenbeinturm) Schwedisches
Zukunft
Roboter oder Mensch?
Kürzlich passierte Folgendes: Ich beobachtete einen Roboter, der sich über einen Hund beugte. Es war eines von diesen künstlichen Tieren, die auf Zuruf und Gestreichel reagieren, putzige Spielroboter, nichts weiter.
Dieser Roboterhund, eine Dackelart, hatte das rechte Hinterbein verloren und statt zu laufen oder zu springen, rutschte er auf dem Hinterteil, erhob sich dann mühsam, wackelte, schwankte ein paar Schritte, plumpste wieder auf sein Gesäß und versuchte jetzt, durch Rutschen vorwärts zu kommen.
Der Roboter hatte das verlorene Bein aufgehoben, beugte sich über den Dackel, und da sah ich, eine Flüssigkeit lirf über sein weißes Gesicht lief. Der Roboter weinte.
Ich dachte sofort: Nun haben sie den Robotern auch schon ein Tränenprogramm installiert.
Dann hob er sanft das Tier auf und ging davon, vermutlich in die Reparatur-Abteilung, wobei er den Kopf über den Hund gesenkt hielt, als hauche er ihn mit seinem Atem an. Den er nicht hatte, versteht sich, er war ja ein Roboter.
Jedenfalls war es ein rührendes Bild wie die Madonnenbilder mit dem Knaben an der Brust aus dem 18. Jahrhundert.
Dieser Vorgang bewog mich, in vergilbten Büchern zu blättern, und dabei geriet ich in einen sonderbaren Sog. Ich vertiefte mich in die Geschichten von Eltern, Kindern, Großeltern, Onkeln und Tanten.
Und ich spürte ein Verlangen. Ich hätte gerne eine Familie, einen Stammbaum.
Aber ich bin nicht aus dem Ei einer Frau und dem Samen eines Mannes entstanden, ich bin geschaffen aus einer Zelle mit konstruierten Genen, ein Geschöpf aus Planung und Retorte.
Ich frage mich: Was ist eigentlich in den letzten Jahren geschehen? Wurden aus Roboter Menschen? Und wenn ja: Was bin ich? Vielleicht ein Roboter?
Theaterstück Sonja und ihr Roboter
Ein Prost auf die Zukunft
„Hoch soll die Zukunft leben!“
Ich hob mein volles Glas.
Sie aber sprach: „Von wegen!“
Und dann entfuhr ihr das:
„Ein Hoch den alten Zeiten!
Wie schön war da die Welt!
Es lässt sich nicht bestreiten,
dass uns Vergangnes fehlt!“
Nahm sie mich auf die Schippe?
Ich war erst einmal stumm,
doch dann mit kesser Lippe:
„Mensch, sei doch nicht so dumm!
Vielleicht noch ein paar Jahre,
dann gibt es einen Knall,
schon flitzt der atomare
Mensch durch das Weltenall.
Und dann das wirklich Tolle:
Man lebt in Ewigkeit.
Der Tod spielt keine Rolle.
Vorbei Vergänglichkeit!"
Sie schwieg, sie schien betroffen.
Dann sagte sie ganz leicht:
"Du bist ja schon besoffen.
Stell hin das Glas, es reicht."
Sie griff zu ihrem Smartphone
und schoss ein Bild von mir.
Und murmelte: „Ich seh schon...
Vergangenes sitzt hier.“
Der Bensch
Ich bin kein Mensch,
ich bin ein Bensch.
Was ist ein Bensch? Ich sag es Ihnen:
Es ist ein Mensch, der hat Maschinen
statt Leber, Niere, Herz,
und das Gehirn ist anderwärts.
Ich weiß, dass ich unsterblich bin.
Ich fliege zu den Sternen hin
und suche, was mir fehlt:
etwas, das mich beseelt.
Zu hören im Radio Podcast:
Das Manifest
Ich möchte leben, solange ich lebendig bin, das ist alles. Ich möchte es wenigstens versuchen. Es ist uns noch nicht gelungen, herauszufinden, ob wir die
Fähigkeit haben, während aller Jahres-zeiten, aller klimatischen Veränderungen, aller Stadien des Wachstums mit ihren jeweiligen grausamen und herrlichen Problemen, wirklich zu leben, aber wir
haben das Recht, es versuchen zu wollen. Wir kümmern uns nicht einmal darum, ob es uns tötet. Gerade deshalb dürfen wir es versuchen und lassen uns nicht durch irgendeinen verwirrenden Blödsinn
wie Krieg stören, der durch dieselbe Verzweiflung in stumpfen Menschen, die einen anderen Ausweg suchen, heraufbeschworen wird. Wir wollen es uns in Ruhe vornehmen, privat, ohne Kanonendonner,
ohne geschickte Reden, ohne Deportationen, ohne Luftfahrt, Kriegsführung, abnorme Schmerzen, abnormales Heldentum, abnorme Größe. Wir wollen es uns in irgendeinem kleinen Abschnitt der Welt
vornehmen, den wir kennen, in dem wir gelebt haben, und wir wollen jeden Teil dieses kleinen Landstrichs wirklich für uns, auf dass er ein Teil von uns werde. Und wir wollen, dass jeder
gottver-dammte Baum dieser Gegend, jeder Fleck brachen Bodens, jede Pflanze mit Blättern, jeder Strom, jeder Augenblick des Himmels, jede Stunde des Lichts
auf der Welt, jedes Gramm Luftdruck, jeder Mundvoll Essen,
Wasser und Wein uns etwas bedeutet, ein
Foto aus "William Saroyan, A 30-Year-Retrospect". armianweekly.com
Teil unseres Suchens nach einem unsterblichen Leben wird. Wir wollen die Zeit haben, die das braucht, und wir wollen dabei nicht gestört werden.
William Saroyan in „Der kleine Hund lacht über solche Späße“, Fußtritt aus Liebe, Kurzgeschichten. Fischer Bücherei 1967
William Saroyan
(* 31. August 1908 in Fresno, Kalifornien; † 18. Mai 1981 ebenda)
war einer der wichtigsten US-amerikanischen Schriftsteller des 20. Jahrhunderts. Der Sohn armenischer Einwanderer aus Bitlis in der Türkei begann seine Laufbahn als Schriftsteller mit Kurzgeschichten, die zwischen 1928 und 1936 erschienen. Aufgrund dieser Geschichten wurde er bei Columbia Pictures als Drehbuchautor angeheuert. Neben der Mitarbeit an Drehbüchern schrieb er weiterhin Prosa und Theaterstücke, die vor allem während der Weltwirtschaftskrise in den 1930er Jahren populär waren. Seine Geschichten handelten meist vom Aufwachsen als Sohn armenischer Einwanderer.
William Saroyan erhielt im Laufe seiner Karriere den Pulitzer-Preis für sein Theaterstück The Time of your Life und einen
Academy Award (Oscar) für das Drehbuch zu dem Film The Human Comedy. 1943 wurde er in die American Academy of Arts and Letters gewählt. Er war zweimal mit der Schauspielerin Carol Grace
(1924–2003), der späteren Ehefrau von Walter Matthau, verheiratet, mit der er zwei gemeinsame Kinder hatte: Aram Saroyan (geb. 1943 in New York City, lebt in Los Angeles), er wurde später
ebenfalls ein namhafter Autor, und Lucy Saroyan (1946–2003), sie wurde Schauspielerin.
(Aus: wikipedia.org)
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Lesetheater
Das Programm
Ein gut bezahltes Sterben
Satire (Auszug)
SANDBERGER: Junger Mann, bin ich hier richtig bei Nagels?
SOHN: Steht doch draußen.
SANDBERGER: Ist er nebenan?
SOHN: Wer?
SANDBERGER: Ihr Herr Vater.
SOHN: Was geht Sie das an?
SANDBERGER: Er lebt doch noch? Das wollen wir doch hoffen .. Sie gestatten? (Er
drängt sich ins Zimmer) Sandberger, Sie wissen, Sandrawerke, Nudeln und so
weiter ... Einen Platz brauchen Sie mir nicht anzubieten, ich mach es kurz. Es wird Sie vielleicht erstaunen, aber es ist menschlich, sehr, sehr menschlich. Ich möchte … Sie bieten mir
wirklich keinen Platz an?
SOHN: Nein. Was wollen Sie?
SANDBERGER: Es ist etwas ganz Erfreuliches für Sie.. Ich würde mich gern setzen.
SOHN: Nein. Ich geb Ihnen zehn Sekunden, dann sind Sie draußen..
SANDBERGER: Gut. Passen Sie auf. Ich will Sie beim Begräbnis Ihres Vaters unterstützen. (zieht seine Brieftasche, holt einen Schein heraus) Eintausend. Sagen Sie einfach „ja“, wenn es langt... Das ist sicher zu wenig. (holt einen zweiten Schein heraus) Zweitausend... Sie haben Recht. Das Begräbnis ist schließlich was Einmaliges. (legt einen Schein dazu) Dreitausend. Und eigentlich ist es für gar nichts.
Sterben ist doch keine Leistung. Andererseits.. Das Begräbnis soll doch was hergeben. (legt noch einen Schein dazu)
Viertausend. Wie viel verdienen Sie?
SOHN: Wie meinen Sie das mit "sterben"?
SANDBERGER: Es heißt doch, der Mensch hat eine Seele, und wenn diese geht, geht der Mensch in die Ewigkeit. Ein einmaliger Augenblick. Und Ihr Vater stirbt doch, nicht wahr..
(legt einen Schein dazu) Fünftausend. Und das praktisch für nichts.
SOHN: Woher wissen Sie das? Wer hat Ihnen das gesagt?
SANDBERGER: Ich kenne den Arzt, er kam grade aus dem Haus hier... weiter
Das Boot im Garten
Drama (Auszug)
CHRISTA: Auf einmal wird's dunkel.
GEORG: Tja, logisch, die Sonne ist weg. Aber dafür haben wir ja unsere Kerzen. (zündet sie an) Hoffentlich fängt es nicht an zu regnen. (zieht eine Schublade der Kommode auf)
CHRISTA: Dann feiern wir eben hier weiter. Was suchst du?
GEORG: Mein Geburtstagsgeschenk für dich. (Holt aus der Schublade eine grüne Polizeimütze heraus) Nach über dreißig Jahren kommt sie wieder ans Licht. Weißt du noch? Wir und die Bullen.. Wie der Igel und der Hase. Wir waren der Igel. (setzt sich die Polizeimütze auf)
CHRISTA (fröhlich): Sieh mal, ein Polizist! Spielst du mir was vor?
GEORG: Eine persönliche und intime Vorstellung von Georg Kersten, dem großen Schauspieler, zu Ehren der Jubilarin Christa Kersten. Du weißt, mich hat mal einer erwischt und geprügelt... Stimmt das, Wachtmeister Müller? (mit anderer Stimme) Jawohl, ich war das. Ich hab ne Menge geprügelt. Alles Chaoten. Spinner. Sie auch, nebenbei bemerkt. Na, ist vorbei. Die große Zeit, meine ich. Hat richtig Spaß gemacht. Mir genauso wie Ihnen, denk ich. Wenn ich Sie verprügelt hab, nehmen Sie das nicht persönlich. Das gehörte eben dazu. Jetzt sind wir Rentner und leben in Frieden. Das Vergangene ist Geschichte. (nimmt die Mütze ab)
CHRISTA: Ist das alles?
GEORG: Ja. (wischt sich das Gesicht)
CHRISTA: Das war kläglich.
GEORG: Ja, der Witz ist hin.
CHRISTA: Weinst du? Gehört das zum Spiel?
GEORG: Klar heul ich! Vor Glück heul ich! Verdammt.. Es ist schwül und ich schwit- ze, das ist alles. Und mehr kann ich dir nicht bieten, wir sind knapp bei Kasse. Naja, hungern müssen wir noch nicht.
CHRISTA: Das ist doch die Hauptsache. Mehr brauchen wir nicht. mehr
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