Astrid Manz
Geboren 22.Februar 1958
Kind der DDR
Mutter von 3 Kindern
2 gescheiterte Ehen
Gelernte Kauffrau
Lieblingssänger: Unheilig
Lieblingsessen: Grüne Bohnen
Hobbys: Malerei und Schreiberei
Liebt Tiere und die Natur
Lebt seit 1.April 2011 ihren Traum...
...ausgewandert nach Schweden
e-mail: schwedenzauber@gmail.com
26.11.2013
Ich hatte ja so etwas wie eine Schreibpause, aber am letzten Wochenende war sie vorbei… In der Woche zuvor stand viel auf meinem Zettel, viele Dinge mussten noch erledigt werden, damit der Weihnachtsmarkt auch reibungslos abläuft, so hatten wir uns am Wochenende davor vorgenommen, am Samstag am Bad weiter zu arbeiten.
Wir haben die restliche Wärmedämmung angebracht und mit der Verkleidung der Wände begonnen. Ich hatte eigentlich für die Folgewoche den Klempner eingeplant, den habe ich nun zwei Wochen weiter geschoben und hoffe, dass die Arbeiten trotzdem zu Weihnachten fertig werden. Durch die Marktvorbereitung und meine Krankenhausbesuche fehlt mir doch so einige Zeit und dies macht sich damit bemerkbar, dass es nur schleppend weiter geht. Am Samstag war es noch einmal superschön, so dass ich den Tag auch noch zum Waschtag erklärte und die Wäsche draußen trocknen lassen konnte, am Abend war sie fertig und liegt nun, auf das Bügeleisen wartend, im Wäschekorb. Weil jetzt die Zeit des Wäschetrockners im Haus beginnt, bin ich drum und dran, über einen Wäschetrockner nachzudenken.
Zur Kaffeezeit machten wir Feierabend. Ich hatte Kanelbuller gebacken und nach deren Genuss keine Lust mehr, weiter zu arbeiten, soll vorkommen, zwar selten bei mir, jedoch im Moment keine Seltenheit. So nahmen wir das Werkzeug nicht wieder in die Hand, es liegt am nächsten Tag sicher genau noch so da, wie wir es verlassen haben. Es soll in Schweden ja Feen und Elfen geben, aber ich glaube kaum, dass sie Lust auf einen Badbau haben.
Für Sonntag hatte ich einen Apfelkuchen gebacken, na eher einen Auflauf. Das Rezept habe ich von einer lieben Freundin aus Berlin, Susi, sie und ihre Familie haben in Bjälebo ein Ferienhaus, 2 bis 3mal im Jahr kommen sie für ca. eine Woche her, um schwedische Energie zu tanken. Wir freuen uns immer auf diese Zeit, denn zwei Treffen in der Zeit ihres Aufenthaltes hier sind ein Muss. Im Mai 2014 sind sie wieder hier, weil wir dann unser Frühlingsfest geplant haben und sie wollen helfen. Susi gab mir schon im vergangenen Jahr das Rezept und ich kann nicht sagen, wie viele solcher Backgeschichten ich gemacht habe… Lecker kann ich nur sagen.
Hier das Rezept, es ist das Richtige für lange Winterabende:
Butterstreusel machen und diese mit Zimt vermischen,
Zweidrittel in eine Auflaufform geben, etwas andrücken und nun die Apfelmasse darauf, dazu werden Äpfel geschält, in dünne Spalten geschnitten, mit Rosinen und Mandelraspel gemischt,
darauf die restliche Streuselmenge und ab in den Ofen, dort langsam goldbraun backen.
Besonders lecker ist die Zugabe von Vanilleeis und Vanillesoße, bevor man sich dann vor den Teller setzt und nicht aufhören kann zu schlemmen….
Gerade ruft mich Tommy an und sagt, der Gast, der gleich kommt, möchte etwas Warmes zum Abendessen. Ich dachte, ich höre nicht richtig, als er mir sagte, dass er in 30 Minuten hier sein wird. Da schaue ich in meine Buchungen ins Internet und was kommt da gerade rein: die Buchung. Bloß gut, dass ich noch hier bin. Die anderen Gäste kommen erst um 23.00 Uhr von Gotland. Eigentlich sollte ich bis dahin zu Hause auf dem Sofa liegen und Feierabend machen.
Also ab in die Küche, Kartoffelspalten und Hähnchenbrust in den Backofen. Die Hähnchenbrust habe ich in Mandeln paniert, jetzt können sie brutzeln. In der Zwischenzeit schnell einen Tomatensalat angesetzt und Baguettescheiben in Knoblauchöl ausbacken - und die Vorspeise steht. Nun noch rasch mit dem Bratenansatz und Ananasringen eine Sauce anfertigen und der Teller kann angerichtet werden, der Kunde ist zufrieden und satt. Er ist so begeistert von unserem Haus, dass er mich fragte, ob es ein Problem sei, wenn er Fotos macht, er sagte, da käme so manches Hotel nicht mit. Komfort und Ausstattung lassen keine Wünsche offen, von meiner Freundlichkeit und seinem Lob will ich gar nicht reden. So, gerade haben die anderen Gäste angerufen, sie sind in ca. 40 Minuten hier, dann wird die Nacht ja doch nicht so kurz wie ich dachte, sie wollen alle Frühstück und das heißt, die Nacht ist um 6.00 Uhr vorbei. Dann mache ich jetzt mal Feierabend mit meinem Tagebuch, räume noch meine Küche auf und dann ab nach Hause und schnell schlafen.
25.11.2013
Am Samstagnachmittag, beim Trubel im Cafe, bemerkte ich, wie sich Tommy mit einer Freu unterhielt und dabei zu mir schaute. Sie kam dann auf mich zu und lächelte mich an. Sie stellte sich vor, ihr Name sei Margarete Ankarberg und sie sei die Schwester von Inga-Marie. (Zur Erinnerung: das ist die Frau, die im Sommer bei mir im Café war und mir emotional aufgewühlt berichtete, dass ich in dem Haus lebe, in dem sie geboren wurde.) Über diese Begegnung freute ich mich riesig, und ich wusste, dass ich wieder etwas neues „Altes“ erfahren würde. So sollte es dann auch sein.
Ich berichtete von unserem „Schuhfund“ und unser beider Interesse an vergessener Zeit war geweckt. Uns blieben leider nur ein paar Minuten, dabei hätten wir uns stundenlang unterhalten können. Sie erzählte mir, dass sie mit ihrer Schwester über mich und ihrem alten Haus und über mein Tagebuch gesprochen hätten und sie mich unbedingt kennen lernen wollte. Der Weihnachtsmarkt war die Gelegenheit dazu.
Ich fragte sie sofort, ob sie wisse, wer diese Schuhe einst gefertigt hat. Kaum hatte ich die Frage ausgesprochen, wusste ich schon den Vornamen des Schuhmachers: Alfred. Ruckzuck tauschten wir unsere Mailadressen aus und bereits gestern Morgen hatte ich von ihr eine Mail in meinem Postfach. Natürlich in Schwedisch, Margarete kann etwas Deutsch genau wie Inga Marie, doch nur sprechen, das Schreiben machen sie doch lieber in Schwedisch. Ich übersetze mal im Groben diese Mail, beim Lesen wird man Margarets Rührung beim Schreiben fühlen.
„Hallo Astrid, es war eine große Freude in Bråbo auf dem Weihnachtsmarkt zu sein, dich kennen gelernt zu haben und zu sehen, mit wie viel Begeisterung du dabei bist und von unserem Haus sprichst. Ich bin stolz auf meine Wurzeln in Bråbo und habe viele schöne Kindheitserinnerungen. Ich bin die Schwester von Inga-Marie, die im Sommer bei dir war auf dem Heimweg nach Halmstad, nachdem sie zur Hochzeit meines Sohnes in Västervik war.
Meine Mutter, Ingrid Ankarberg, wurde in Bråbo geboren, sie ist eine geborene Hultgren und die Schwester von Leif. In dem Haus lebte Gustav Adolf Hultgren, er war mit Mathilda Josephina verheiratet. Da dieses Haus die alte Telefonzentrale beherbergt, wurde diese von meiner Mutter und Tante Adina Hultgren betrieben. Später übernahm meine Mutter die TK-Anlage in Verantwortung.
Da waren bereits meine beiden älteren Geschwister Inga-Marie und Anne-Britt geboren und lebten mit meiner Mutter und meinem Vater dort.
Sie zogen dann nach Kristdala, dort wurden ich und meine anderen Geschwister geboren. Und später dann nach Oskarshamn, weil meine Mutter für die Telekommunikation in Oskarshamn arbeitete.
Der Großvater meiner Mutter, Alfred Edward Nilsson, war mit Hanna Sofia verheiratet, sie lebten ebenfalls in Bråbo, und er war einer der Schuhmacher in Bråbo. Die Schuhe und Handwerkszeuge, die du im Haus gefunden hast, sind sicher aus seinem Eigentum.
Ich habe nun auch die Adresse von deinem Tagebuch-Blogg, ich lese darin und sehe die Bilder. Ich hoffe, du kannst mit diesen Informationen etwas anfangen, die ich dir hier sende.
Herzliche Grüße Margarete.“
Diese Zeilen, nachdem ich sie gerade nieder geschrieben habe, bewegen mich sehr.
Viele Gedanken und Übereinstimmungen in meinem Leben sagen mir deutlich, es sollte so sein, dass ich hierher komme, nach Schweden… nach Bråbo… in dieses Haus.
Als wir vorhin nach Hause kamen, ließ es mir keine Ruhe, denn mein Interesse nach mehr ist geweckt. Gibt es weitere Funde, die uns etwas sagen wollen?
Ich wollte noch einmal im Fußboden nachsehen, also brauchte ich Jürgens Hilfe. Es war Sonntag, eigentlich sollte Ruhe einkehren. Aber er ist ja ein Schatz und wusste, dass ich keine Ruhe gebe, also ging er mit mir hoch und nahm die letzten drei Fußbodenbretter noch einmal auf und siehe da: weitere Funde.
Ein kleines Bügeleisen, sicher auch das Werkzeug für das Schuhhandwerk, eine Schnittvorlage für das Leder der Schuhe und Briefe von einem Mann geschrieben, namens Walter, geschrieben an einen Kriegskamerad. Geschrieben auf den Tag genau 16 Jahre vor meiner Geburt: am 22/2/1942.
Da der Jürgen ja ein ganz lieber ist, wird er nun die Fußboden wieder schließen, denn es soll ja ein Bad werden und nicht die Grundbalken für mein Museum. Danke Schatz!
Nur mal kurz noch etwas zu den gefundenen Briefen….
Sie geben die Jugend von 1942 wieder.
Ich habe sie heute Tommy gezeigt, er sollte mir den Inhalt in einigen Worten wiedergeben. Nach einigen Sätzen sagte er jedoch, er würde mir das nicht alles in Worten wiedergeben. Es sind Briefe von zwei jungen Menschen. Zwei Männer, sie schreiben über ihre Sexualität in der damaligen Zeit. Wir sind zu dem Entschluss gekommen, egal in welcher Zeit die Menschen leben, egal wo und wie, jeder hat eine Phase in seinem Leben, die von diesen „Gefühlen und dem Tun“ geprägt sind. Mehr möchte ich dazu nicht schreiben, nur so viel, wir haben bei der Übersetzung herzhaft gelacht und jeder hat sich sein Teil gedacht.
Als Tommy den Brief vom 22.2.1942 übersetzte, lief mir ein Schauer über den Rücken, ich dachte, er macht sich einen Spaß und ersetzt einen dort stehenden Namen mit dem meinen, nein das tat er nicht … Genau so steht es geschrieben: uppe har Astrid någon gäng….
Tommy sagte, du hast schon einmal hier in Schweden gelebt, hier steht es geschrieben.
Worte, die ich schon öfters gehört habe. Gibt es so etwas? Kann man das glauben? Warum ist mir alles hier so vertraut? Ich glaube nicht an Gespenster, aber eigenartig ist es und macht Angst und neugierig zugleich.
24.November 2013, es ist Sonntag und in vier Wochen ist Heilig Abend.
Die Vorweihnachtszeit hat begonnen, gestern haben wir sie offiziell begrüßt. Mit einem weihnachtlich geschmücktem Haus, mit Hilfe von sattgrünen Fichten und Fackeln im Außenbereich und mit geschmückten Weihnachtsbäumen, Lichterketten und alles was die Weihnachtsdekorations-kisten so hergaben, im Café.
Zwei Wochen habe ich von morgens bis abends geschmückt, gebastelt und zwischendurch die Pensionsgäste versorgt. Nebenbei noch etwas krank, aber dafür habe ich im Moment nicht so die richtige Zeit. Am 10. Dezember ist die große Auswertung aller Befunde, besser ist wohl, ich gehe nicht hin, nicht dass ich noch glaube, dass ich wirklich krank bin.
Nachdem ich ja fast zwei Wochen nichts in mein Tagebuch geschrieben habe, es jedoch einige Ereignisse gab, habe ich diese immer abends, sagen wir lieber nachts, wenn ich nach Hause gekommen bin mit Jürgen, schnell noch auf den Schreibblock geschrieben. In den nächsten Tagen werde ich einige dieser Notizen ins Tagebuch schreiben. Es waren Geschehnisse, die mich in meine Vergangenheit zurück oder zum Nachdenken über die Menschen und zum Pläneschmieden brachten.
Ich schreibe nun etwas über den gestrigen Tag. Es war der Tag des Weihnachtsmarktes. Ganz Bråbo wuselte eine Woche an allen Ecken und Wänden, schmückte und bereitete sich auf diesen Tag vor. Jetzt leuchten in den Vorgärten die Tannenbäume, in den Fenstern hängen Lichtersterne und Schwippbögen. Einige haben so viel Lichter in den Gärten und an den Häusern, dass man glauben könnte, den Strom gibt es hier im Sonderangebot. Aber ich erinnere mich, auch in Deutschland gibt es solche Fanatiker des Festes.
Um 13.00 Uhr öffnete der Markt offiziell, und mit Glockenschlag waren auch die Menschen da, und sogar viele. Sie müssen schon am Ortsschild gestanden und gewartet haben. Die Besucherschlange riss nicht ab, ich weiß heute noch nicht, wie viele es insgesamt waren, jedenfalls waren es sehr viele. Die Markstände boten alles an, was zur Weihnachtszeit gebraucht wird, von selbst gestrickten Handschuhen und Socken bis hin zum Weihnachtsschmuck. Ich will gar nicht alles auf zählen, aber ich kann sagen, es gab nichts, was nicht schön war. Im Gegenteil, alles, was die Marktverkäufer anboten, war liebevoll selbstgefertigt. Man sah es den Dingen auch an, dass sie von geschickten Händen gearbeitet wurden. Da fällt mir sofort was ein…die alten Schuhe …bei uns auf dem Dachboden in dem Fußboden…..Habe ich nicht versprochen, dass ich etwas schreibe, sobald ich weiß, wer sie hergestellt hat? Ich weiß es jetzt. Aber auch davon später…Spannung muss sein!
Wieder einmal habe ich gestern liebe Menschen kennen gelernt, die mir etwas über die Historie berichten konnten oder die mich ganz spontan einluden, auch zu ihrem Weihnachtsmarkt zu kommen. Sie waren so von der gemütlichen Atmosphäre begeistert, dass ich bei ihnen mit meinem Stand vertreten sein soll, „als Gaststand“, und wieder fallen mir Dinge ein, die ich dort anbieten kann und vor allem wie ich sie anbieten kann. Ab nächste Woche bin ich jede Woche auf einen Adventmarkt. Ich freue mich schon, denn die Stimmung auf solchen Märkten ist einfach romantisch. Der Geruch nach gebrannten Mandeln, Zuckerwatte und Co. zieht durch die Luft und vermischt sich dann mit dem von meinem Stand, wo ich heißen Glühwein aus Äpfeln und Ingwer anbiete, zu einem unbeschreiblichen Duft, den es nur zur Weihnachtszeit gibt. Berichte über diese Märkte kommen natürlich mit Foto noch ins Tagebuch, nur schade, dass die Düfte nicht mit versendet werden können.
Heute war das Aufräumen angesagt. Um 9.00 Uhr waren Jürgen und ich im BEF, und André und Gabi, eine gute Bekannte von ihm, kamen, um uns etwas zu helfen. Zwei Stunden versuchten wir gemeinsam etwas Ordnung ins hinterlassene Chaos zu bringen, dann habe ich sie nach Hause geschickt. Jürgen und ich machten weiter, denn wir merkten, dass wir uns gegenseitig auf den Füßen standen. Die Tische stellen, so dass meine Gäste wieder Platz nehmen können, und sauber machen das übernahm ich, Jürgen räumte vor dem Haus auf und nun ist …Feierabend…. bis heute Abend, denn dann muss ich wieder hier sein, mein Übernachtungsgast kommt. Somit werde ich die Tasten Ruhen lassen und nach Hause gehen. Wenn ich dann heute Abend wieder hier sitze und auf den Gast warte, schreibe ich etwas über die Historie der gefundenen Schuhe…
15.11.2013
Na das sieht doch schon nach Weihnachten aus…
Der Anfang ist gemacht, die Tische stehen, die Bäume sind geschmückt und die ersten Produkte haben auf den Tischen ihren Platz gefunden. Irgendwie bin ich auf mich selbst stolz, denn ich laufe rum wie eine „Rolle Drops“. Die Arbeit ist schneller als ich, trotzdem habe ich diesen Raum in einen Weihnachtsmarkt verwandelt. An die Decke werde ich dann noch meine fertigen Tannenzapfen anhängen, wenn ich diese noch schaffe. Wenn nicht, hängen da eben keine.
Die Produkte werden in den nächsten Tagen geliefert, so wurde uns gestern zugesichert. Glögg in drei Varianten, Naturell, Honig und Safran, man ist der lecker!!!
Enbärdricka, das hat einen Geschmack, den man nicht so richtig einreihen kann, ein Getränk, wo die Jugend drauf abfährt, Cola ist etwa die Geschmacksrichtung. Hier gibt es zu Ostern und Weihnachten „Must“, das ist ein Getränk, in dem Wacholder verarbeitet wird, eben die Enbäre, dieses Produkt ist mein Renner. Ich trinke keine Cola, aber für Enbärdricka lasse ich andere schöne Sachen stehen.
Der Tag gestern war mal wieder schön und vor allem mal ohne Arbeit und Stress. Tommy, André und ich sind um 8.00 Uhr am Morgen losgefahren, Richtung Brunneby, gegen 10.00 Uhr waren wir dort. Der Chef wartete bereits auf uns in der großen Verkaufsscheune. Mit einem Glas Glögg wurden wir begrüßt und dann gingen wir zum geschäftlichen Teil über. Unsere Wünsche wurden notiert, die passenden Etiketten herausgesucht und nach einem Rundgang in den Produktionshallen konnten wir schon unsere Heimreise antreten.
Na ja nicht allzu weit…bis zur nächsten Kreuzung…. Ich hatte Hunger, und als Tommy fragte, ob wir noch zu Mittag essen gehen wollen, war meine Antwort ein lautes und vernehmliches „Ja“.
Also ging es nicht nach links, sondern nach rechts in Richtung Lingsköping. Im Gammlan - Centrum, das ist eine kleine Altstadt, kannte André sich gut aus, er hatte mir schon einiges von diesem Ort erzählt.
So saßen wir nach 10 Minuten in einem gemütlichen Restaurant und aßen „Braune Bohnen“,. Das Gericht kannte ich bis zu diesem Tag nicht, aber…schmeckt! Man kann sie mit süß-saurer Linsen vergleichen, dazu Kartoffeln und Bakon-Schinken, kross gebraten.
Nach dem Essen machten wir einen Abstecher zum Markplatz, rundherum stehen alte Häuser, die aus der ganzen Gegend zusammen getragen und dort wieder aufgebaut wurden. Eine alte Bank (in ihr befindet sich jetzt ein Blumenladen), eine alte Polizeistation, ein gemütliches Café, ein Bäcker, ein Spielwarenladen und ein Handelsbod, und, und, und ...
Schade, dass es regnete und die meisten Geschäfte geschlossen waren, aber die Saison beginnt nach dem Winter im Mai wieder und dann werde ich mit Jürgen dort einen sicher wunderschönen Tag verbringen. Freu mich!
Jetzt konzentriere ich mich aber wieder auf die Vorbereitungen des Marktes am nächsten Wochenende. Im Moment sitzen jedoch 7 Menschenkinder hier im Raum, es sind Langzeitarbeitslose, und sie suchen einen Praktikumsplatz. Tommy erläutert ihnen gerade die Arbeit unserer Vereinigung und vielleicht ist bald einer oder auch zwei von ihnen jemand, der bei uns ein Praktikum absolviert. Ich würde mich jedenfalls freuen, denn sie alle haben es verdient, ins Arbeitsleben zurück zu finde. Ich drücke ihnen die Daumen.
13.11.2013….
Anstatt am Montag, dem 11.11., um 11.11 Uhr auf die närrische Zeit anzustoßen, begann ich, das Café umzuräumen. Am 23.Dezember haben wir unseren Weihnachtsmarkt hier in Bråbo. Im vergangenen Jahr war ich noch in meinem kleinen Café, und in der Außenscheune richtete ich einen kleinen Markt mit unseren Produkten ein. In diesem Jahr werde ich nichts im Café machen, wir verkaufen Glögg , Must und Enbärdricka.
Gerade organisiert Tommy eine Fahrt nach Brunneby. Wir werden uns vor Ort selbst Marmeladen, Gelees und Sylt aussuchen. Die Produktionspalette ist groß und so können wir unser Angebot erweitern, was für die Kunden einen Besuch bei uns in der Butike noch interessanter macht.
Heute gehen auch unsere selbst geernteten Äpfel auf ihre letzte Reise. In wenigen Tagen sind auch sie ein leckeres Getränk oder ein Brotaufstrich sowie Zutat für die typischen Rezepte, egal ob beim Backen oder Kochen.
Ich mache mir auch schon so meine Gedanken, um ein Koch- und Backbuch zu schreiben, in dem unsere Produkte eine große Rolle spielen. Dies muss aber warten, bis der Winter hier den Arbeitsablauf bestimmt. Erst wenn draußen und im BEF nichts zu tun ist, kann ich mich dieser Sache widmen. Der Anfang meines Umbaus im Café ist getan, die Tische stehen bereits an Ort und Stelle, die Weihnachtsbäume sind auch schon vom Dachboden geholt und zurecht gerückt, nun beginne ich mit der Dekoration. Ich muss mir im Moment das alles einteilen, denn nach wie vor habe ich gesundheitliche Probleme. Am 22. November sind die Befunde da, dann weiß ich, was mich so umhaut…
12.11. Ein Dachboden, wird zum Badezimmer….
Um die Isolierung an die Wände anzubringen, machte es erforderlich, die losen Bretter von Wand und Boden aufzunehmen. Die Wärmedämmung, die früher eingebaut wurde, bestand aus allem, was die Zeit her gab. Am meisten wurden Zeitungen, Zeitschriften, Wochenblätter, Bücher und etwas Ungewöhnliches …Schuhe verwendet. Hobelspäne umhüllten das wertvolle Gut.
Die Zeitschriften aus damaliger Zeit zeigen das weibliche Geschlecht, wie Gott es geschaffen hatte, Back und Kochrezepte, Werbung für Waschpulver und Lebensmittel, eben das, was wir heute auch in den Illustrierten finden, nur in „natürlich und schön“.
Nun kamen Schuhe zum Vorschein, Kinderschuhe, ein Beweis dafür, dass hier ein Kind gelebt hatte, das wunderschöne Schuhe trug, liebevoll aus Leder gearbeitet. Und dann Damen- und Herrenschuhe aus Leder, Holz und aus… Birkenrinde. In Gedanken sehe ich die Bewohner mit diesem Schuhwerk bekleidet. Seltsame Gefühle steigen in mir auf.
Wir fanden auch Holzmodelle, auf denen die Schuhe gearbeitet wurden. Nun stelle ich mir die Frage: Lebte und arbeitete hier einmal ein Schuster? In Bråbo soll es einst 3 Schuster gegeben haben, so die Erzählungen aus der Historie. Sollte dieses Haus vor seiner Zeit als Telefonzentrale und Schreinerei eine Schuhmacherei gewesen sein?
Es muss dann so um 1920 gewesen sein, denn die Zeitungen tragen das Datum vor und kurz nach dieser Zeit .Wenn ich die Historie für dieses Haus zu dieser Zeit heraus bekommen habe, werde ich darüber schreiben.
So und dann kamen Bücher ans Baustellenlicht, nicht mehr gut erhalten, der Zahn der Zeit hatte an ihnen genagt, in einem konnten wir das Datum 1832 lesen. Schade nur, dass sie nicht mehr vollständig sind und beschädigt, aber um sie für die Nachwelt im hauseigenen Museum zeigen zu können, hoffe ich, reichen die Überreste noch.
Briefe, die von Liebe erzählen und aus der Zeit des Krieges berichten, von Soldatenhand geschrieben. Glückwünsche zu Namens- und Jahrestagen, Weihnachtswünsche und einfach „mal so Postkarten“.
Briefe, die nie geöffnet wurden, aus welchem Grund auch immer. In Filmen sieht man es des Öfteren, dass Briefe den Empfänger nie erreichen, war es auch hier so?
Dies ist eine Frage, auf die ich noch keine Antwort habe, doch ständig erfahre ich Neues über die Geschichte des Ortes und deren Bewohner. Warum dann auch nicht mehr über unsere zufälligen und überraschenden Funde?
8.11.2013
Ich, müde und ausgelaugt von der Blutmenge, die sie mir heute Morgen im Krankenhaus abgenommen haben, will nun noch zum Markt.
Na, ich habe ja Verstärkung. Jürgen, Andre und Christian kommen mit, so dass jeder mal über den Markt schlendern kann. Mit Jürgen habe ich Auto und meinen superschönen Anhänger beladen, ich habe gesagt, was mit muss, und Jürgen hat geschleppt.
Wenn wir das alles verkaufen, bin ich mit uns zufrieden. Der Markt beginnt um 17.00 Uhr und geht bis in die Nacht. Mal sehen, wie lange wir alle durchhalten.
Mein Arztbesuch gestern macht mich nicht so glücklich, es werden sehr viele Tests mit mir gemacht. EKG war gleich gestern, weil ich einen Blutdruck hatte, der für zwei reichen würde. Als ich dem Arzt sagte, dass dies immer so ist, bekam ich gleich Medikamente, und somit werde ich wieder ruhiger, was auch für meine Mitmenschen und Umwelt besser ist … sagt Jürgen.
Ich war erstaunt, wie der Arztbesuch verlief. Ich wurde freundlich begrüßt, der Arzt holte mich persönlich aus dem Warteraum ab. Im Sprechzimmer angekommen, teilte er mir mit, dass er einen Dolmetscher hat, der uns per Telefon zugeschaltet sei, und dieser würde Wort für Wort übersetzen, so dass es keine Missverständnisse und offene Fragen gibt.
Mich beeidnruckte, mit wie viel Sorgfalt die Patientenbefragung erfolgte und wie genau der Arzt alles notierte. Ich bekam eine vorläufige Diagnose. Eine genaue erfolgt erst nach Abschluss aller Untersuchungen. Herz und Diabetes sind die Hauptursachen für mein Gejammer. Ich mache mich aber nicht verrückt, ich warte die nächsten zwei Wochen ab, so lange wird die Untersuchung dauern und dann sehen wir weiter. Hier im Haus wurde schon mal Diät und mehr Ruhe beschlossen, mich fragt da keiner…
So nun zeigt die Uhr 15.00 Uhr an, ich räume meine Sachen zusammen und dann ab ins kulturelle Leben nach Oskarshamn…..
6.11.2013
Die Apfelernte mit den nassen kalten Füßen hat Folgen …. Halsschmerzen und Schnupfen haben mich wieder gefunden. Es ist nicht so schlimm wie beim letzten Mal, aber die Arbeit geht mir nicht so von der Hand wie sonst.
Wir arbeiten weiter an der Scheune, denn da es hier zwischendurch regnet und die Luft sehr feucht ist, kann Jürgen im Moment nicht malern. Auf dem Holz liegt ein feuchter Film und Farbe hält da nicht. Wir beginnen in den nächsten Tagen damit, die Fenster auszubauen und das Haus winterfest zu verschließen, dann können wir die Fenster in Bråbo in einem warmen Kellerraum aufarbeiten und streichen. Wenn es das Wetter zulässt, bauen wir sie wieder der Reihe nach ein, sowie sie fertig sind.
Ich bin im BEF und habe gerade das Zimmer für einen Gast aus Finnland hergerichtet, er wird so gegen 21.00 Uhr hier sein. Essen möchte er nichts, teilte er mir mit, so hoffe ich, gleich nach seiner Ankunft nach Hause gehen zu können. Wir müssen den Raum, in dem das Bad gebaut werden soll, noch ausräumen. Wie das so mit leeren Räumen immer ist, sie sind „voll“, denn alles, was man vorübergehend aus dem Weg haben will, stellt man „kurz“ da rein und dann steht es eben da, stört ja niemanden.
Wir hatten vor einiger Zeit ein Bett von Annette gekauft, ein braunes altes Bauernbett mit zwei Nachttischen. Sie wollte sich noch einmal etwas Neues leisten, leider konnte sie es nicht lange genießen. Natürlich kam es erst mal in diesen Raum, Hauptsache es ist aus dem Weg. Jetzt, da der Platz gebraucht wird, haben wir den Grund für den Aufbau. So wird das Schlafzimmer der erste Raum unseres Umbaus. Bad und Gästezimmer sind das Nächste.
Gestern und heute hatte ich Wäsche von den letzten Gästen, 11mal Bettwäsche komplett und Handtücher für jeden Gast. Bei diesem Wetter trocknet die Wäsche schlecht, ich denke über einen Trockner nach. Aber schlimmer ist das Bügeln dieses Wäscheberges. Ich fing an und hörte nach eineinhalb Stunden auf. Ich habe kein Bock mehr heute, Rücken, Beine, Kopf weigern sich, weiter zu machen, sie sagen: morgen ist auch noch ein Tag...
Ich wollte mich auch etwas zurücknehmen. Ich stelle fest, dass mir das nur schwer gelingt. Wenn ich die Menge an Arbeit sehe, sagt mir eine innere Stimme: Astrid mach, das muss heute noch fertig werden… Geht diese Stimme eines Tages? Ich habe mir doch selbst Ruhe verordnet, weil ich sie brauche. Warum halte ich mich nicht daran? Ist es die Erziehung, ist es Selbstbestätigung? Die Antwort ist einfach: mir fallen sofort meine Kindheit und Jugend ein, mehr muss ich nicht darüber nachdenken.
Morgen muss ich nach Oskarshamn zum Krankenhaus. Ich habe den Termin bei diesem Facharzt, bin gespannt. Jürgen macht mir schon Angst, er sagt: „Du musst sicher gleich dableiben und bekommst eine Zwangspause verordnet, wenn der Arzt dich sieht und dich untersucht hat.“ Nee, nee, ich lege mich da nicht ins Bett… Badbau steht an und am Samstag ist in Oskarshamn Kulturnacht, ich fahre mit André hin und wir verkaufen unsere Produkte. Komme dann irgendwann in der Nacht nach Hause und Sonntag trete ich dann etwas kürzer.
So nun wird der Gast sicher bald hier sein und ich kann nach Hause gehen, darum beende ich für heute meinen Eintrag ist Tagebuch und grüße auf diesem Weg einmal all meine Leser aus dem wunderschönen Småland in Schweden…
5.11., Dienstagabend, es ist noch nicht einmal 17.00 Uhr, doch schon dunkel. Gerade komme ich von Tommy und Eva-Lotte, sie sind für ein paar Tage nach Stockholm. Ich habe das Katzen-Sitting übernommen. 2mal am Tag fahre ich zu den Katzen, um sie zu füttern und aus dem Haus zu lassen, nachdem sie am Morgen zur Fütterung ins Haus gekommen sind. Sie sind sehr scheu, Fremden gegenüber. Oskar, ein schwarz weißer Kater, ist es nicht, er läuft mir um die Füße und wartet auf Streicheleinheiten. „Süß“ und „Muffin“ dagegen warten, bis ich außer Reichweite bin, und gehen erst dann zu den Futternäpfen.
Wir haben begonnen, in unserer Scheune aufzuräumen und zu sortieren, eine Arbeit, die nicht jeder gerne tut, aber es muss sein, und man findet so manches Teil, was noch verwendet werden kann. Da auch Baumaterial gelagert wurde, hilft es uns weiter bei unserem Ausbau zu Hause.
Am Wochenende beginnen wir mit dem Badbau im Dachgeschoss. Dort befindet sich ein noch nicht ausgebauter Raum, er ist perfekt für ein Bad…..mit WANNE… Wie ich die vermisse, kann sich niemand vorstellen. Jürgen hat mir versprochen, dass ich Weihnachten eine Badewanne habe, die ich auch benutzen kann. Ja, ich bin kein Mensch, der sich gerne unter die Dusche stellt, ich genieße es in der Wanne zu liegen …. Dazu Kerzen, ein Glas Wein und ein Buch.
Keine Geschenke in Papier und großer Schleife … ein entspannendes Bad ... und ich bin der glücklichste Mensch dieser Erde.
Hilfe wurde mir zugesagt. Frank will am Wochenende mit dem Trockenbau beginnen, Wände isolieren und Platten anbringen. André verlegt Wasser und Elektrik und Jürgen gemeinsam mit mir den Fußbodenbelag. Einräumen und Dekorieren mache ich dann alleine, es soll ein weiß-blauer Raum werden. Mal sehen, wie lange wir dafür brauchen. Fotos werde ich hier sicher bald zeigen, ich lasse nicht locker, schließlich ist ja bald Weihnachten.
3.11.2013
So, die Nacht war kurz, aber erholsam. Mein Rücken hat sich erholt und ich kann wieder durchstarten.
Um 6.00 Wecker, rasch einen Kaffee und dann ab ins BEF. Das Frühstück für meine Gäste habe ich schnell zubereitet. Was ich gestern vorbereiten konnte, habe ich getan.
Es ist Sonntag, 8.00 Uhr, die Gäste sitzen am Frühstückstisch und Ulle ist wie in vergangener Zeit super gut drauf. Als er die Treppe herunter kam, begrüßte er mich lautstark mit einem „Hej“.
Ich habe etwas Zeit für einen zweiten Kaffee und etwas Obst, frühstücken werde ich mit Jürgen. Ich habe ihn schlafen lassen, damit seine Motivation für den Vormittag und die „Äpple“ nicht im Keim erstickt wird. Im Gras hält sich die Feuchtigkeit der Nacht fest und ich vermute, dass wir beide mit nassen und kalten Beinen nach Hause kommen, nur Gummistiefel könnten das verhindern. Ich besitze keine, werde mir aber welche zulegen, denn die gehören hier zum Leben wie die Luft zum Atmen. Jürgen hat welche, aber ich habe ihn noch nicht damit herum laufen gesehen. Er hat supergute Arbeitsschuhe und die gehören zu ihm.
Für den Nachmittag werde ich schnell noch einen Kuchen backen, natürlich mit Äpfel
Soeben kommt Jürgen, ich habe ihm das Geschriebene vorgelesen, sein Kommentar: Er trägt keine Gummistiefel, aus Angst dann zu langsam zu laufen, und der Fruchtzwerg (so nannte er mich gerade) sei mit dem Tempo nicht zufrieden. Motiviert ist er, denn er weiß, dass wir heute nicht sooo lange arbeiten.
Noch einmal 2.11.
Ich habe „Rücken“…
Sagt man doch jetzt so oder? Ich spüre meinen Rücken bei jeder Bewegung, aber… 400 Kilo sind schon mal in der Kiste und morgen kommen noch mal so viele bzw. ca 600 Kilo dazu, denn…
Meine Idee war auch Tommys Idee. Er sendete mir in der gleichen Zeit, als ich an meinem Tagebuch schrieb, eine Mail, in der teilte er mir mit , dass wir heute noch bei Eva und Thomas die Äpfel ernten müssen. Ich hatte mir ja bei Eira die Bäume angesehen und festgestellt, dass die Äpfel an den Bäumen nicht die benötigte Menge bringen, so passte es gut, dass Eva sich bei Tommy gemeldet hatte. Ich fuhr also los, um die Äpfel zu ernten, es waren 145 Kilo, immer noch weit weg von dem, was notwendig war. Gerade als ich bei Eira beginnen wollte, kam Jürgen mir zu Hilfe. Ich freute mich natürlich über sein Erscheinen und so waren schnell die nächsten 100 Kilo auf dem Anhänger.
Mir kam ein Gedanke. In der vergangenen Woche hatten wir eine Scheune gekauft, sie steht auf einem alten Gartengrundstück, und was ist hier in fast jedem Garten zu finden? Apfelbäume. So auch in diesem. Etwa 30 Bäume warten darauf, beerntet zu werden. Nicht alle tragen Früchte, aber jene, die Äpfel tragen, bieten eine große Menge. Jetzt müssen wir uns keine Sorge machen, dass wir die erforderliche Menge zusammen bekommen. In der Mail erfuhr ich nämlich, dass es 1500 Kilo sein müssen, damit die Mosterei die Produktion in unserem Namen starten kann.
Somit weiß ich, wie der Sonntag ablaufen wird. Zuerst das Frühstück um 8.00 Uhr für meine neun Gäste, das heißt der Wecker wird mich um 6.00 wecken, und dann Chaosbeseitigung in der Küche. Danach mit Auto und Hänger los, die Äpfel warten. Nach der Rückkehr alle auswiegen und dann ist hoffentlich Sonntag.
Oft habe ich das Gefühl, Jürgen und ich sind die einzigen, die das Wochenende mit Arbeit ausstatten. Jürgen ist der Arbeitsverweigerung nahe….
So und nun ist Feierabend, morgen mehr.
2.11.2013
Nur wer vor dem Tag aufsteht, kann ihn auch so begrüßen.
Ein wunderschöner Tag erwacht gerade, die Sonne glüht und es sieht fantastisch aus, wie sie den Tag bringt.
Wir sind um 6.00 Uhr aufgestanden, meine Gäste bestellten ihr Frühstück zu 8.00 Uhr, sie haben sich für heute viel vor genommen, denn es werden sicher die letzten Tage sein mit so viel Sonne.
Natürlich wird auch im Winter die Sonne scheinen und die Schneepracht zu einer glitzernden Decke verwandeln, doch sind die letzten Herbsttage für alle noch einmal pure Energie.
Gerade erfahre ich, dass die Gäste nicht zum Abendessen hier sein werden, da sie eine weitere Fahrt in ihren Tagesplan aufgenommen haben und sie glauben, dass die Rückkehr spät sein wird und die Kinder sicher früher Hunger haben und sie somit unterwegs essen werden.
Das verspricht für mich einen früheren Feierabend, na abwarten, was der Tag bringt. Es reisen heute noch weitere Gäste an und ich kenne ihre Wünsche nicht.
Für den Winter hatte ich ja geplant, dass auf meinem Speisezettel auch Elch steht, den muss ich wohl streichen. Die Jagd, ich meine die 24-StundenJagd, die hier zwei Wochen andauert, ist vorbei. Es wurde nicht ein einziger Elch gesehen geschweige geschossen. Im vergangenen Jahr sah es da ganz anders aus, ich konnte damals privat Elchfleisch kaufen. Wir hatten somit das ganze Jahr über die Möglichkeit, verschiedene Gerichte auszutesten, und kamen zu dem Resultat „LECKER“.
Jetzt habe ich etwas anderes auf die Speisekarte gesetzt: „Lamm“. Sven hat seine kleine Herde für den Winter reduziert, im Frühjahr kommen wieder Lämmer dazu und die werden dann ebenfalls im Herbst dann ihr Leben verlieren. Es hört sich traurig an, aber dies ist der Lauf des Lebens, viele Landbewohner Schwedens ernähren sich von den Produkten, die sie selbst anbauen oder heran gefüttert haben, dazu gehören auch die kleinen Lämmer. In Schweden wird sehr viel Wert auf Lokal-Produkte gelegt. Der Anbau und die Verarbeitung sowie der Verbrauch sollen in der eigenen Region liegen und nicht durch tagelange Transporte an Qualität verlieren. Meine Gäste fragen oft, woher die verwendete „Ingredienzien“ stammen.
Ich arbeite mit einigen Herstellern zusammen, so auch beim Fleisch. Rind, Schwein und Lamm können hier ihre Geburtsurkunde vorweisen. Gibt es auch nicht überall
Gerade kommt mir ein Gedanke. Unsere Apfelkisten sind noch nicht voll, müssen jedoch zur Mosterei, also werde ich das schöne Wetter nutzen und Äpfel ernten fahren. Das werde ich sicher allein tun müssen, aber egal. Früher war es normal, dass ich viele Arbeiten alleine machen musste. Heute habe ich Hilfe, doch ist Jürgen gerade zum „jogging“ losgelaufen und da er von meinem Plan nichts weiß, hat er sicher am Nachmittag andere Dinge geplant.
Ich hoffe, 500 Kilo ernten zu können, denn diese Menge fehlt noch in unseren Ernteboxen, damit sie ihre Reise antreten können.
Ulle ist wieder voll drauf, er pest durchs Restaurant, als würde man ihn jagen. Viele Menschen würde dies nerven, ich jedoch freue mich über diese Aufgewecktheit, es zeigt, dieses Kind ist glücklich und gesund. Nicht jeder kann dies von seinen Kindern sagen. Auch in Schweden gibt es viele Behinderte, nicht nur ältere Menschen, nein auch viele Kinder sind betroffen. Für sie wird jedoch in diesem Land so viel getan und sie gehören „dazu“. Schweden integriert sie in das öffentliche Leben und richtet es danach aus. „Glückwunsch Schweden!“ Nicht überall auf der Welt ist diese Toleranz vorhanden und normal.
Überhaupt sind Kinder in Schweden das Wichtigste, für sie wird alles getan, damit sie glücklich und umsorgt aufwachsen können. Auch das können nicht alle Länder der Welt von sich behaupten, wo Kinder doch unsere Zukunft sind und wirklich das Wichtigste auf der ganzen Welt.
Als Baby brachten sie uns um so manchen Nachtschlaf, wir machten uns Sorgen, wenn sie krank waren, sie brachten uns zum Lachen und wir freuten uns über ihre ersten Schritte und Worte. Die Schule beginnt und die Sorgen wachsen, sie nerven mit ihrem Schrein und Toben. Die Jugend bringt oft den ersten Ärger mit sich, man kauft ihnen PC und Handy… In ihren Zimmern werden sie vergessen, essen Fastfood, trinkend Cola, der erste Liebeskummer wird nicht bemerkt… Haben wir sie dafür geboren? Nein… Alle Zeit der Welt sollten wir nutzen - mit ihnen lachen, weinen, wenn nötig, aber vor allem… leben… und für sie da sein. Egal wie alt sie sind, denn mit dem Auszug aus dem Elternhaus endet nicht die Elternpflicht, dies ist eine Aufgabe auf …LEBENSZEIT!
1.11.2013
Nun schreiben wir November 2013, wieder ein Jahr, das uns bald verlässt. Es stehen noch so manche Arbeiten an. Am 23 November haben wir hier in Bråbo unseren jährlichen Weihnachtsmarkt, dazu muss ich noch viele Vorbereitungen treffen, angefangen von Plätzchen und Pfefferkuchen backen über Geschenksäcke und Teppiche aus Jute nähen, die ich mit Weihnachtsmotiven bemale und dann an diesem Tag verkaufe. Ebenso will ich noch Fenster und Baumschmuck fertigen, das ist etwas für den Abend vor dem Fernseher, etwas davon werde ich in meinem Tagebuch zeigen. Alles auf den letzten Drücker, aber es wird.
Heute habe ich so etwas wie einen „MEIN TAG“, gehabt. Jürgen ist am Morgen nach dem Frühstück zu seinem Ferienhaus gefahren, um dort seiner Arbeit nachzugehen, solange es das Wetter zulässt, und ich habe zuerst die Büroarbeiten erledigt. Dann bin ich mit dem Auto, das ja nun auch endlich seine „Personennummer“ hat, nach Högsby gefahren. Zuerst das Wichtige, die Bank, dann über den Wochenmarkt geschlendert, der an jedem Freitag stattfindet, und dann noch zum „Karlsson“, einem Einkaufsmarkt, wo man alles bekommt, auch Sachen, die du gar nicht haben willst und brauchst, aber zum Schluss doch kaufst. Einfach mal bummeln und Zeit für sich haben, das tat ich heute, zumindest zum frühen Nachmittag, dann hieß es wieder: „Die Arbeit ruft.“
Gäste haben sich für heute angemeldet, sie bestellten auch Abendessen und Frühstück. Es sind zwei Ehepaare mit ihren Kindern, wieder ist ein kleiner „Spatz“ dabei. 3 Jahre alt und schüchtern, doch nach schon einer halben Stunde bei mir verwandelte er sich in ein Feuerwerk. Nicht zu bremsen und sehr ausgelassen. Noch eine weitere Stunde und er wird in seinem Bettchen in einen tiefen erholsamen Schlaf fallen, glaube ich wenigstens.
Als Abschluss meines Tages wählte ich den Rückweg über Liberhult quer durch den Wald. Die letzten Momente der herbstlichen Natur aufsaugen und speichern, denn bald ist hier wieder alles weiß, soweit man schauen kann, ein weißes Paradies, ein Kraft- und Energiespender.
Ich freue mich schon auf diese Zeit, denn die Spaziergänge im vergangenen Winter mit und ohne Schlitten sind mir immer noch in guter Erinnerung.
Ich machte noch einmal mit meiner Kamera einige Fotos von den Wäldern, in denen die Laubbäume ihre letzten Blätter verlieren, die Tannen und Fichten sich für die Schneedecke rüsten und das Moss sich mit Wasser vollsaugt. Das Silbermoos macht noch einmal alle Kräfte mobil und treibt die Teppiche silbergrau in die Höhe. „Rutschgefahr!“ Es lockt, darüber zu laufen oder sich zu setzen, doch im vergangenen Jahr schrieb ich schon, dass es gefährlich ist. Es ist superrutschig, schnell sitzt man auf dem Allerwertesten und dazu ist es so nass, dass man in einen riesigen Schwamm zu fallen glaubt.
Gegenwärtig wird in den Wäldern fleißig gearbeitet, alte Baumbestände werden durchforstet und die jüngeren gepflegt, ebenso werden die riesigen Reisigberge abgeholt. Sie werden zu Pellets verarbeitet, um uns im Winter Wärme zu schenken. Zwei bis drei Jahre lag das Reisig aufgetürmt an den Waldrändern. Nachdem der Feuchtigkeitsanteil erheblich gefallen ist, kann es verarbeitet werden und bringt den Waldbauern ein paar Kronen.
Jetzt sitzen meine Gäste am Tisch und lassen sich das Abendessen schmecken, sie freuen sich über die deutsche Küche: Schweinebraten mit Pilzsoße, Speckbohnen und Thymiankartoffeln, Ein Vitaminpaket in Form eines frischen Salates und als Abschluss ein Kaffee und ein Stück Mandel-Rosinenkuchen. Wenn sie fertig sind, mache ich mich auf den Heimweg und werde mit Jürgen zu Abend essen. Er ist bereits nach Hause, er war wieder gelaufen und wollte nun nach Hause, da er sich wohl etwas zu viel zu gemutet hatte nach seinem langen Arbeitstag. Draußen ist es stockdunkel und es herrscht Ruhe im Ort, nur nicht in Astrids Café und Restaurant. Der „kleine Mann“, von dem ich glaubte, er würde schon schlafen, ist der munterste meiner Gäste. Als ich den Tisch abzuräumen begann, kam er - er heißt Ulle - zu mir, sagte:“Tack!“, kletterte auf seinen Stuhl, zog mich mit seinen kleinen Ärmchen zu sich runter und drückte mir einen Kuss auf den Mund. Wow, ich hatte ein süßes kleines lachendes Gesicht ganz nah vor mir, ich nahm den kleinen Mann auf den Arm und fühlte in diesem Augenblick ein tolles Gefühl … Sorglosigkeit, Freude und Glück……
31.10.2013
In der vergangenen Nacht zog „Christian“ über Schweden. Nachdem er in Deutschland große Schäden angerichtet hat, sich auf der Ostsee austobte, musste er auch noch zu uns nach Småland kommen. Gestern Abend ging es los, so gegen 20.00 Uhr. Man wollte keinen Hund vor die Tür jagen, was ich auch nicht tat, im Gegenteil. Emma durfte die Nacht im Haus verbringen, obwohl ihre Hütte doppelwandig ist und übermäßig stabil, war es besser, sie ins Haus zu holen. Wir wussten ja nicht, wie der Sturm sich bei uns austobt und welche Schäden er hinter lassen wird. Bis auf Berge von Laub, die sich an der Eingangstür türmten, umgefallene Gartengeräte und einem Blech vom Holzschober war am Morgen noch alles an seinem Platz.
Die Sonne lachte schon um 8.00 Uhr wieder und wir machten uns auf zur Arbeit, Jürgen zu seinem Auftrag ein Ferienhaus um zu malern und die Fenster aufzuarbeiten
Ich ging heute mit gemischten Gefühlen zur Arbeit, ich musste die Flagge auf Halbmast hissen.
Mit dem Sturm, der wie gesagt gegen 20.00 Uhr kam, ging Annette um 20.02 Uhr von uns. Sie hat den Kampf gegen den Krebs verloren. Ich war kein Mensch, der ihr so nah stand, aber ich schrieb ja schon, dass sie das BEF mitgegründet hat und ich ihr angefangenes Werk weiter führe. So war sie mir doch ans Herz gewachsen und ihr Kampf, der zum Schluss so aussichtslos war, berührte mich sehr. Auch wenn ich solche Gefühle nicht zeige, sie sind da …
Vor 2 Wochen kam sie auf eigenem Wunsch hierher nach Bråbo, in ihr Haus, das seit vielen Generationen in Familienbesitz ist, ca. 200 Jahre, glaube ich mich zu erinnern. Sie erzählte mir einmal so etwas, als ich mit ihr in ihren wunderschön angelegten Bauerngarten Kaffee trank. Damals glaubte sie noch an einen Sieg gegen diese ungerechte Krankheit. Ich weiß noch nicht, wann das Begräbnis ist, aber ich weiß, dass ich sie auf ihren letzten Weg begleite so wie sehr viele andere Menschen, denn sie war ein liebenswerter, guter Mensch und hatte viele Freunde.
So habe ich in diesem Jahr schon das Sterben von zwei Menschen erlebt, erst Nils und jetzt Annette, das holt mich immer wieder in die Realität und zeigt mir ganz deutlich, wie wichtig es ist, sein Leben so zu leben, und zwar so, wie man es selbst möchte und nicht so, wie es andere gerne hätten.
Wie kurz kann das Leben sein und dann, wenn man nicht mehr kann, bereut man….. Man bereut, nicht das getan zu haben, was einem das Herz riet. Man schob seine Wünsche und Träume vor sich her, sagte: „Mache ich später, habe ja noch Zeit...viel Zeit.“ Auch ich habe viele Jahre verschenkt, umso bewusster ist mir heute wieder, nicht nur träumen … sondern aufwachen und tun…
Heute ist Samstag (Lördag in Schweden), 26. Oktober 2013.
Morgen erhalten wir unsere Stunde Schlaf zurück, die man uns im Frühjahr nahm. Ich bekomme immer ein schlechtes Gewissen, wenn man mir etwas schenkt, aus diesem Grunde habe ich heute schon mal eine Stunde Schlaf gespart. Der Wecker sollte um 5.00 Uhr klingeln, was er auch tat, jdoch hatte ich in falsch eingestellt. Darum war ich schon um 4.20 Uhr im BEF, um das Frühstück für meine erste Truppe der „Marathonis“ vorzubereiten. Die ersten wollten um 6.30 und die letzten um 8.00 frühstücken, so habe ich genügend Zeit und kann mich an mein Tagebuch setzen.
Der Tag bringt viel Arbeit mit sich, denn meine Gäste möchten auch zu Abend essen und in meinem Kalender steht für heute die Apfelernte.
Jürgen und ich werden uns nach dem Frühstück auf den Weg machen. Mit „bil och slepp“ geht es dann nach Kristdala zu Annika, sie hat in ihrem Garten viele Apfelbäume mit vielen Früchten, was für dieses Jahr ungewöhnlich ist, denn wo wir im letzten Jahr Massen ernteten, finden wir keinen einzigen Apfel am Baum.
Um 14.00 Uhr muss ich jedoch wieder zurück und umgezogen sein, dann kommen junge Leute aus Göteborg zu mir ins Restaurant. Sie möchten mit mir alles für ihre Hochzeit im kommenden Jahr absprechen, sie wollen den Tag hier feiern und auch die Zimmer buchen. Einen so weiten Weg machen sich die Zwei, weil sie im Internet stöberten und das Restaurant entdeckten, es machte sie neugierig. Na, das ist doch was… oder?
Danach geht es nach Hulsfred, ca. 35 Kilometer entfernt, ich habe in „Blocket“ wieder ein Auto entdeckt, diesmal für Frank. Zwar hat er schon eins, aber das ist pink… Das geht mal gar nicht…. War ja auch ein Notkauf damals, er brauchte von heute auf morgen ein Auto und da war eben dieses gerade da und wartete nur darauf gekauft zu werden. “Hoher Erkennungswert“. Na mal sehen wie das heute aussieht. Der Verkäufer ist ebenfalls ein Deutscher, er versprach mir, ich könnte ein Schnäppchen machen, na warten wir mal ab.
Zum Abendessen gibt es dann Wildschweinbraten, Rotkohl und Knödel. Ein süßes Dessert ist ein „Muss“ bei den Läufern, wie Gummibärchen und oft auch Cola.
So, die ersten sitzen am Tisch und freuen sich über das reichhaltige Frühstück. Alles, was ein Läufer so haben will, steht auf dem Tisch. Danke Jürgen, für die Beratung und den Tipps.
Langsam wird es hell, noch hängen die schwarzen Wolken der Nacht am Himmel, aber die ersten Bewohner von Bråbo sind aufgestanden z.B. Bauer Tord und, weil der Wecker ja wieder falsch eingestellt ist… auch „mein Jürgen“ … Guten Morgen Schatz!
25.10.2013
Ich habe mal gehört, das Wort „eigentlich“ gibt es gar nicht…. Wenn ich mir überlege, wie oft wir es jedoch benutzen, stellt sich mir die Frage, wer sagt das.
In meinem heutigen Bericht wird dieses Wort einige Male vorkommen.
Eigentlich habe ich seit Stunden Feierabend, zumindest der Arbeitsstunden nach, denn seit heute Morgen 8 Uhr bin ich hier im BEF. Ich habe an meinem Tresen weiter gearbeitet, er ist fertig.
Die Männer haben mich in den vergangenen Tagen unterstützt, bei Arbeiten, die für mich im Moment alleine zu schwer sind oder sich alleine schlecht machen lassen. Auf das Resultat bin ich stolz und mein Vater wäre es auch. Wieder einmal zeigt sich, dass es richtig war, mir viele Dinge beizubringen, auch wenn es einem Mädchen eigentlich nicht zu zumuten ist, solche Arbeiten zu erledigen. Oder sagen wir mal so: für ein Mädchen ist eigentlich nicht normal, dass sie diese Dinge kann. Säge - egal ob elektrisch oder manuell -, Bohrmaschine, Schrauber und Co sind mir vertraut…
Sie gehören zu mir, wie bei anderen Frauen das Schminkzeug. Wenn ich meine Handtasche ausschütte, kommt eine kleine mobile Werkstatt ans Tageslicht.
Eine weitere Angewohnheit, die ich von meinem Vater übernommen habe, ist alles, was ich an Schrauben, Nägeln und Schnüren finde, in meine Hosentasche zu stecken. Andere werfen es weg, ich dagegen denke: “ Eigentlich zu schade, um es wegzuwerfen … Könnte man ja noch gebrauchen“. Dann schmunzle ich und denke an Papa.
Wenn zu Hause große Wäsche angesagt war… (Das war mein Part. Andere gingen in die Disco, ich durfte mich mit der Wäsche amüsieren) … leerte ich zuerst einmal Papas Hosentaschen. In der Waschküche hatte ich mir eine kleine Emailleschüssel für diesen Fundus hingestellt, fragt nicht, was da am Ende alles drin war. Oft war auch etwas Trinkgeld, in dem Fall Waschgeld dabei, das ich behalten durfte, denn Taschengeld gab es in meiner Kindheit noch nicht.
Wenn ich jetzt so nachdenke, war es doch wortwörtlich Taschengeld, dort hab ich es ja gefunden.
Nun aber zurück zum heutigen Tag. Ich bin noch hier im BEF, weil ich auf meine Übernachtungsgäste warte, es sind 8. Zwei sind gerade angekommen, sie sind von weit her und hatten eine anstrengende Fahrt, sie wollten nur noch den Zimmerschlüssel und gleich werden sie ins Bett fallen und schlafen.
Ich warte auf die restlichen 6 Gäste, eigentlich 8, denn sie haben 2 kleine Kinder dabei, ein Baby (2 Monate) und ein 3 jähriges Kind. Sie zählen nicht als Gast, sie sind doch noch so klein. Endlich kommt das Babybett wieder einmal zum Einsatz und ich werde wieder Babygeruch schnuppern können.
Jetzt ist es bereits 21.15. Die Gäste, es sind Marathonläufer, wollten eigentlich schon um 20.00 Uhr hier sein, aber wie es eben mit dem eigentlich so ist.
Morgen startet hier ein Marathonlauf, Tag- und Nacht- Lauf. Jürgen macht ja auch so etwas, hat aber zu spät davon erfahren, so dass er nicht ausreichend trainieren konnte, sonst hätte er sich diesen Lauf nicht entgehen lassen, denn eigentlich verpasst er so etwas nicht. Wir müssen uns mehr damit beschäftigen, wann und wo Läufe sind, zurzeit kommt das Laufen etwas zu kurz.
Der Erste der Läufer ist eingetroffen, er kündigte mir die anderen in ca. 40 Minuten an, dann ist es 22.00. Ich werde nach Hause gehen, er hat sich bereit erklärt, die anderen in Empfang zu nehmen.
Dann eine traurige Nachricht: es sollten 2 Läufer aus Deutschland dabei sein, aus Dresden, sie sind es mit den beiden Kindern, sie kommen nicht. Er hat eine Verletzung an der Achilles Sehne und kann somit nicht starten. Schade, denn auf die zwei kleinen Mäuse hatte ich mich schon gefreut.
Dann gab es noch ein Ereignis heute, meine kleine Rinderherde, na nicht richtig meine, aber eben die, die mich am Morgen immer begrüßt und der ich am Abend immer gute Nacht wünsche, ist in ihr Winterquartier gegangen. Es ist die Herde, in der ich einem kleinen Kälbchen das Leben gerettet habe, da es bei der Geburt nicht normal verlief und Baby und Mutterkuh nicht in der Lage waren, alleine zurande zu kommen. Ich hatte auf dem Heimweg bemerkt, dass da etwas nicht in Ordnung war. Ich sah eine Weile zu, entschied mich dann, den Bauern anzurufen. Er kümmerte sich um Mutter und Kind, und nach ein paar Tagen waren wieder beide auf der Weide, gesund und munter. Jetzt vergehen einige Monate, in denen wir uns nicht sehen, danach werde ich die Kälbchen wieder erkennen und die Kühe meine Stimme. Direkt vor dem Café und Restaurant haben sie noch einmal Halt gemacht und dann ging es ab in den Stall. Einige Tage werden sie muhen und hoffen, wieder auf die Weide zu kommen, aber ein langer Winter macht dies unmöglich. Die Weiden sind abgegrast, besser kann kein Gärtner mähen, gleichmäßig und sauber liegen die Flächen da und warten auf den ersten Schnee. Die einzigen, die zukünftig auf den Weiden zu sehen sein werden, sind Hase und Reh …
24.10.2013
Gestern Abend habe ich mich entschlossen, zum Arzt zu gehen. Es wird nicht besser. Zwar ist die Erkältung etwas abgeklungen, aber ich fühle mich wie ein Handtuch überm Gartenzaun.
Wie fühlt sich das? Ich will es mal zu beschreiben versuchen. Egal wie das Wetter ist, ob Sonne oder Regen, es ändert an der Stimmung gar nichts. Müde, ausgelaugt und lustlos. Dabei habe ich doch so viel Arbeit und vor allem einen Riesenerfolg……
Joel und ich haben endlich die Personennummer erhalten. Mein 5ter Antrag hat das erreicht, was mir 3 Jahre verwehrt wurde. Nun gehören wir dazu mit allen Rechten und natürlich auch Pflichten, aber das ist auch richtig so, wer respektiert werden will, muss selbst respektieren und akzeptieren.
Doch der Freudentanz ist ausgeblieben, ich kann nicht mal sagen warum. Lag es an meinem gesundheitlichen Zustand, an der langen Zeit, die vergehen musste, oder lag es an der Situation, dass es im Moment nicht so richtig im Café läuft. Es beginnt die Zeit, in der die Leute an ihren Häusern arbeiten und die notwendigen Wintervorbereitungen treffen, die Urlauber sind längst wieder zu Hause und haben ihren Alltag wieder… Oder liegt es daran, dass ich Urlaub brauche? Ich wollte ja im Oktober nach Deutschland, daraus wird nichts. Einige Ereignisse zwingen mich, hier zu bleiben. Arbeit die sich nicht verschieben lässt, der nahende Winter, Buchungen der Zimmer im BEF ...
Klar ist das gut, so habe ich Arbeit und Einkünfte, aber ich brauche eine Auszeit. Dies ist mir bewusst und der Besuch beim Arzt führte es mir deutlich vor Augen. Am 7.November habe ich einen Termin beim Internisten, es wird ein Groß- Check gemacht. Die Ärztin zählte da Untersuchungen auf, die reichen ja für drei Patienten. Na ja, das Alter macht solche Untersuchungen ja sicher auch mal notwendig. Solange sie nur bei ein paar Untersuchungen etwas finden, bin ich schon glücklich, denn ich bin zwar kein Arzt, aber so manche Diagnose kann ich mir selbst stellen. Gott sei Dank werden wir alle älter und keiner kann sich die ewige Jugend kaufen, wäre ja noch schöner.
So nun aber ein liebes Wort an die, die nach den letzten Zeilen gleich denken: „Oh, da hat sie sich wohl doch übernommen“. Nein, das hat sie nicht. Es ist alles in Ordnung, es ist einfach mal Zeit zum Luftholen. Ich habe sie mir gestern selbst verordnet und werde mich auch daran halten: „Versprochen“.
„Wollis… alles OK!!!“
„Ilona, du weißt, dass es so ist, denn wir reden ja jeden Tag, na ja nicht jeden ,aber fast.“
Und den anderen sage ich auf diesem Wege: Jürgen passt auf mich auf!
18.10.2013
Regen, Regen, Regen, was soll das eigentlich? Es war doch schönes Wetter vorhergesagt, aber nun hängt der Himmel voller dicker, schwerer Regenwolken. Ich will ja nicht meckern, denn die Natur braucht den Niederschlag ganz dringend. In den Wäldern sind an den Bäumen Dürreschäden zu erkennen und das ist so kurz vor dem Winter nicht gut. Die Wasserspeicher im Boden müssen für die lange Zeit des Frostes gefüllt sein, um den Bäumen ein Überleben zu gewährleisten. Wenn wir kein Blatt an den Bäumen sehen und die Tannen und Fichten scheinbar im Winterschlaf sind, täuschen wir uns. Sie brauchen in dieser Zeit viel Wasser, oder sagen wir besser: gerade dann.
Gestern waren wir in Kalmar. Jürgen kaufte sich ein Auto, einen roten Volvo. Ich fand ihn in „Blocket“, das ist das schwedische „ebay“. Für den Preis, den ich erhandelt hatte, erwarteten wir ein rostiges Etwas. Aber nein das Auto ist top, mit vielen Extras außer Rost.
Jürgen freute sich darüber wie ein kleiner Junge. Hätten wir einen Sandkasten, wäre er hinein gesprungen und hätte mit den Förmchen gespielt. Auch André, der uns hingefahren hatte, war sichtlich überrascht. Als wir in Bråbo ankamen, wollte sich Tommy gleich davon überzeugen, was ich da wieder gekauft hatte. Auch er strahlte und freut sich über so einen Glückskauf.
Langsam aber sicher denke ich, es funktioniert alles, was wir uns vorgenommen haben. Wenn auch nicht alles auf einmal möglich ist, wissen wir doch, wir sind auf dem richtigen Weg.
Arbeit ist auch da. Jürgen arbeitet zurzeit an einem Ferienhaus, streichen und Fenster restaurieren. Ich baue im Moment einen Tresen ins Café. Es spornt mich an, an meiner Lizenz für den Alkoholausschank zu arbeiten, und die freie Zeit nutze ich zum Lernen. Gerade habe ich den fertigen Teil des Tresens gestrichen und stelle fest, dass auch ich reichlich Farbe abbekommen habe. Aber man soll ruhig sehen, dass ich was getan habe. Hoffentlich kriege ich alles wieder ab, denn die Farbe ist verdammt hartnäckig.
In Oskarshamn habe ich einen Schrank gekauft. Ich war im Milijöhuset. Dieser Schrank wird unser neuer Küchenschrank, das heißt nicht direkt, er kommt ins Esszimmer, auch er bekommt Farbe. Noch ist er naturbelassen, aber ich werde ihn weiß streichen und dann ab ins Esszimmer, sobald es tapeziert und gemalert ist. Es wird noch eine Weile dauern, denn das ist Arbeit für die Freizeit (haha, was ist das?), ich denke aber, Weihnachten ist der Raum fertig- so ist wenigstens der Plan!
In der Küche bleibt es bei der die typischen „schwedischen Küche“. Die Türfronten will ich im Winter abschleifen und neu streichen, eine neue Arbeitsplatte muss her und ein Herd soll angeschlossen werden. Wir haben zwar eine Küchenhexe, aber wenn man mal schnell was kochen oder nur warm machen will, dauert es zu lange.
Gestern sahen wir uns eine alte Scheune an, die das BEF zu kaufen plant, sie gehörte Åke, einem Verwandten von Tommy. Er ist vor ca. 8 Wochen tödlich verunglückt und die Hinterbliebenen können mit ihr nichts anfangen…. Aber wir! Die Idee kommt noch zu Papier, im Kopf ist sie schon fertig und durchdacht.
Ich war mit Jürgen in der Scheune und in dem angrenzenden Nebengebäude. Nostalgie pur, kann ich nur sagen. Was wir da alles entdeckt haben! Passt alles in unser Konzept, das ich ja schon vor einigen Wochen schon ins Tagebuch geschrieben habe. Die Idee nimmt Gestalt an, ich glaubte nie an Wunder und Fügungen, aber so langsam doch, denn alles passt zusammen und bringt uns Schritt für Schritt weiter.
Die Geschichte und die fast vergessene Vergangenheit von diesem romantischen Ort in Småland wird aus alten Scheunen, versteckt unter einer dicken Staubschicht oder mit Heu und Stroh bedeckt, von uns liebevoll in die Gegenwart geholt und für die Zukunft als „Historie“ bewahrt. Liebe alte Menschen kommen zu mir und erzählen Geschichten, manche sind auch oder niedergeschrieben von zittriger Hand. Alles das hilft mir, wieder aufzuzeigen, wie einst hier das Leben war…
Montag 14. Oktober 2013
Heute hat mein Auto seinen Tag, Besichtigung von 2 Stunden steht an (Bilprovningen). Es ist kurz nach 7.00, natürlich bin ich zu früh da, denn der Termin ist um 8.00, aber lieber zu früh als zu spät. Ich bin ein Mensch, der es nicht mag, bei Terminabsprachen zu warten oder gar versetzt zu werden. Genauso ist es natürlich, wenn jemand auf mich wartet. Also stehe ich lieber hier in Oskarshamn auf dem Prüfgelände und warte.
Am Himmel sind noch die Reste der Nacht zu sehen und aus den grauen Wolken fällt leichter Nieselregen. Für die kommende Woche wurde schönes Wetter angekündigt, ich hoffe, dass es auch so ist.
Meine Erkältung klammert, sie will sich nicht verabschieden. Langsam ist es jedoch genug, denn meine Kräfte schwinden und ich fühle mich absolut nicht mehr gut. Aber was jammere ich, auch diese Phase geht vorbei und die letzten Tage sind dann vergessen.
Vergessen werde ich und meine Freunde jedoch einen Menschen nie…. Annette… Sie ist sehr krank. Krebs im allerletzten Stadium, sie liegt in Kalmar in der Klinik und jeder ist in Gedanken bei ihr. Wir alle können ihr nicht helfen, dies ist ein Weg, den sie nun alleine gehen muss, eines Tages müssen wir ihn alle gehen. Der eine ohne Schmerz und Leid, ein anderer dagegen kämpft Jahre dagegen an. Es ist schwer, schwer für den, der ihn geht und schwer für diejenigen, die hilflos daneben stehen und machtlos sind.
Ich durfte Annette kennen lernen, als ich hierher kam und später das Restaurant im BEF übernahm. Es ist ein „Kind“ von Annette, sie hatte viele Pläne und Ideen, leider konnte sie selbst nur noch wenig davon umsetzen. Wir sind uns sehr ähnlich und haben auch viele gleiche Gedanken in der Führung und Gestaltung des Restaurants. Ich habe viele meiner Ideen schnell umgesetzt, Annette fand ihre darin wieder und war sehr glücklich darüber. Wir hatten uns vieles vorgenommen, was wir machen wollten, wenn es ihr nach der Chemo besser geht. Der Krebs ist aber stärker als unser beider Wunsch nach Neuem. Sie kämpft tapfer, Tag für Tag. Wenn kein Wunder geschieht, verliert sie diesen so ungerechten Kampf.
Ich bewundere ihre Kraft und ihren Mut, den sie immer und immer wieder bewiesen hat, ich habe mir einige Male vorgenommen sie zu besuchen….. Ich kann es nicht.
Ich kann es nicht aus dem einfachen Grund: ich weiß, dass ich, wenn ich dieses Krankenzimmer hinter mir lasse, dort ein Mensch zurück bleibt, der mit aller Macht gegen den Tod kämpft. Sie zeigt es nicht, soweit es ihr möglich ist, sie wird mit Medikamenten ruhig gestellt und man nimmt ihr diesen unerträglichen Schmerz.
Es hört sich an, als rede ich da so vor mich hin…. Nein so ist es weiß Gott nicht, ich selbst erhielt vor Jahren, genauer gesagt vor 16 Jahren, die Diagnose „Leberkrebs“, man wollte mich sofort in der Brandenburger Klinik operieren, ich weigerte mich. Ich hatte ein Baby zu Hause, es war gerade 1 Jahr alt, ich konnte es doch nicht alleine lassen. So begann für mich ein Kampf gegen die Diagnose, aber auch ein Kampf gegen Ärzte. Ich weigerte mich gegen Chemo und Medikamente, ich beschloss für mich ein Ende ohne „Versuche“. Ich landete in Berlin in der Virchow-Klinik. Mein damaliger Chef war mit dem leitenden Arzt der Klinik befreundet und half mir, schnell einen Termin in der Klinik zu bekommen, ich wollte eine zweite Diagnose und vor allem wollte ich dann wissen, wie viel Zeit hab ich noch für meinen kleinen Sohn.
Die Diagnose war, nicht zu 100%, sondern nur zu 95%, dass es Krebs sei. Ich hatte also 5%, die mich zwangen, „nichts“ zu tun. Und das war richtig. Seit dreieinhalb Jahren weiß ich, dass es kein Krebs ist. Ich habe 3 Blutschwämme in der Leber, sehr große, aber wenn ich aufpasse, kann ich damit 100 Jahre alt werden, und das will ich nicht mal. Nun versteht vielleicht mancher, dass ich nicht zu Annette kann, ich hatte damals Gefühle und Gedanken, die ich keinem Menschen wünsche. Wenn ich zu ihr ginge, könnte ich nicht dort sitzen und Mut und Trost aussprechen, ich würde das aussprechen, was sie schon lange weiß, und das kann und will ich nicht.
„Annette ich nehme hier auf diesem Wege von Dir Abschied, in Gedanken bin ich sehr oft bei Dir, Du bist ein toller Mensch und hättest noch viele glückliche Jahre mit Deiner Familie (bist doch gerade erst Oma geworden) und Deinen Freunden verdient. Ich werde mir Mühe geben, das, was Du hier einmal angefangen hast, weiter zu führen und „Deinen Traum“ wahr werden lassen! Wenn Du da oben angekommen bist, schau ab und zu mal runter auf-Dein-Unser Bråbo. Gedanklich umarme ich Dich noch einmal,
Hälsing Astrid
13.10.2013
Auf einer Wohlfühl-Skala von 0-10 liege ich bei etwa 3.
Meine Erkältung will mich nicht verlassen, sie nimmt mal Anlauf, kehrt aber immer zurück. All meine Knochen tun mir weh und ich muss mich überwinden, das Bett zu verlassen. Ja, Astrid will im Bett bleiben, das kennt wohl keine von mir, ich selbst auch nicht.
3 Jahre sind vergangen, seit dem ich in Schweden bin. Gleich bei meiner Ankunft hatte ich eine Erkältung. Hohes Fieber und alles, was dazu gehört, zwangen mich für eine Weile nach Deutschland zurück zu gehen. Ich kannte noch niemanden, hatte keine Ahnung von dem Versicherungssystems hier und vor allem: wo gehe ich hin, wo finde ich hier einen Arzt?
Jetzt, wieder in dieser Situation bin, weiß ich die Antworten auf die Fragen, die ich damals hatte. Und ich habe Freunde, die mir helfen: Jürgen, der mich bei der Arbeit unterstützt oder Tommy, der ohne Worte mal zur Apotheke fährt, um die notwendigen Medikamenten zu holen, oder André, der mir einfach sagt, wie sche…. ich aussehe und mich ins Bett scheren soll.
Die Erinnerung, wie alleine ich damals war, ohne Ansprechpartner, hat mich veranlasst, darüber nachzudenken. Sicher stehen auch andere Einwanderer genau so hilflos da wie ich damals. Behörden und Ämtergänge sind notwendig. Alleine auf sich gestellt und ohne das notwendige Durchhaltevermögen schafft das keiner. Daher habe ich einen Endschluss gefasst… Ich werde im BEF mit Tommy einen Anlaufpunkt für diejenigen einrichten, die Hilfe in Anspruch nehmen wollen und brauchen. Wer die vielen Unterlagen komplett ausfüllen muss, aber die Sprache nicht beherrscht, erst recht nicht die Schriftform, dazu noch die Beamtensprache, der ist für jede Hilfe dankbar. Ich will niemandem Angst machen oder den Mut nehmen, doch muss man sich bewusst sein, dass einem nirgends auf der Welt etwas geschenkt wird oder man das Geld auf der Straße findet. Überall ist Mut, Durchhaltevermögen und ein gewisser Anteil Stolz notwendig. Dieser freilich nicht an falscher Stelle, das könnte nach hinten los gehen …
Sobald meine Frühstücksgäste weg sind und ich die Zimmer wieder hergerichtet habe, gehe ich ins Bett….glaube ich.
So und nun was Positives. Draußen strahlt die Sonne, es wird wieder ein wunderschöner Herbsttag. Farben, wie ich sie bisher nicht kannte, leuchten an den Bäumen und auf dem Waldboden. Das Grün ist nur noch an den großen Tannen zu sehen. Bis auf wenige Ausnahmen ist alles Gold, Kupfern und pures Rot, von den Farb-Variationen dazwischen ganz zu schweigen. So viele Farbtöne kann man nicht beschreiben, die muss man sehen!
9.10.2013
In dieser Woche hörte ich einen Satz von einem 5jährigen Mädchen. Es war meine Enkelin Mia: “Oma, hör mal, wie still die Ruhe ist.“
Bei diesem Satz bekam ich Gänsehaut, er zeigte mir, dass ich alles richtig gemacht habe mit meiner Entscheidung… ein neues Leben in diesem wunderschönen ruhigen Schweden. Wenn selbst einem Kind in diesem Alter die Stille auffällt, sollten wir doch einmal darüber nachdenken, warum das so ist. Lärm, Stress und Hektik bestimmen unser Leben, wir selbst stören die Ruhe bewusst oder unbewusst.
Michi hatte mich gefragt ob ich ihr die Kinder mal für eine Stunde abnehmen könnte, da sie einige Dinge zu erledigen hat. Sie hätte mich nicht fragen müssen, ist doch klar, für alle Zeit der Welt.
Also traf ich mich mit ihr in Filseryd an ihrem Ferienhaus. Die Nacht war so kalt gewesen, dass eine dicke Tautropfendecke auf dem Gras las. Michi sagte zu den Kindern, sie sollen nicht durchs Gras laufen, da sie sonst ganz nass werden.
Ich wäre keine Oma, wenn ich das natürlich widerrufen hätte. Ich nahm beide Kinder an die Hand und ging in Richtung Wald. Hohes Gras, Farn, das bereits braun gefärbt ist, und ein dicker Moosteppich lagen vor uns. Mittendrin Blaubeerbüsche, dick behängt mit den leckeren dunkelblau, fast schwarzen, saftigen Früchten, dazwischen leuchtend rote Preiselbeeren (hier „Lingon“ oder in Altsmåländisch „Krösa“). Da waren weder die Kinder noch ich zu halten, geschweige an die Worte von Michi denkend. Mitten in den Unmengen dieser Köstlichkeiten pflückten und steckten wir sie in den Mund. Mia hüpfte von Busch zu Busch. Johann blieb in meiner Nähe und versuchte mit seinen kleinen Fingern ebenfalls so viele Früchte wie möglich in seinen bereits blau verschmierten Mund zu bekommen.
In einen kleinen Behälter pflückten wir dann noch welche fürs Abendessen als Dessert.
Nachdem wir nass genug waren, machten wir uns auf den Rückweg. Als wir vor Michi standen und sie gerade mit den Kindern schimpfen wollte, sah sie mich und meine nassen Beine bis zu den Knien, dann sagte sie: „Na Oma, Spaß gehabt?“ Was ich natürlich bejahte. Da ich wusste, dass ich für uns drei gesprochen hatte, waren weitere Worte überflüssig.
Schweren Herzens ist Michi mit den Kindern wieder zurück nach Deutschland gefahren, zurück in den Alltag.
Michi war weg und Ilona kam….
Freitag früh um 8.00 standen sie hier, nach einer Nachtfahrt über die Ostsee und durchs schlafende Schweden. Ich hatte uns ein leckeres Frühstück bereitet, und so saßen wir eine lange Zeit gemeinsam am Tisch. Wir sprachen über all das, was wir uns in Skyp oder am Telefon nicht gesagt haben, weil es Dinge sind, bei denen man den anderen gegenüber haben muss. So schön das Internet auch ist, es ersetzt weder persönliche Gespräche noch einen Brief, handgeschrieben und vom Postboten überreicht. Unsere Herzlichkeit für einander kennt keine Grenzen, wir brauchen uns und wissen gegenseitig, wann es an der Zeit ist, einfach nur da zu sein und auch mal den Mund zu halten und zuhören, was der andere zu sagen hat.
Ich dachte, nach der langen Fahrt wollen sie sich etwas hinlegen, denn Ilona kann kein Auto fahren, so dass Ulli die ganze Strecke fuhr, aber nein, der Tag ging sofort los.
Ulli drückte mir seine Autoschlüssel in die Hand, sagte: „Du fährst!“ und ab ging es nach Oskarshamn, Milijöhuset, Schalom, dann noch nach Högsby und die Einkäufe waren erledigt.
Die kurze Urlaubszeit konnte beginnen. Das Wetter war der Hammer. Sonne satt, ein Herbsttag wie man ihn sich besser nicht wünschen kann. Der nächste Tag begann mit Regen und somit stand fest, wir bleiben zu Hause und genießen unsere Gegenwart. Sonntag war wieder bombastisches Herbstwetter, schon der Morgen versprach einen sonnigen warmen Tag, so war es auch. Wir machten uns auf zu einem Waldspaziergang, na die Kleidung war nicht gerade dem Wetter angepasst, denn wir hatten noch nicht den Ort verlassen, da schwitzten wir alle vier schon in unseren „Übergangsjacken“. Frage: Wer prägte den Namen „Übergangsjacke“? Waren wir es, die DDR-Bürger? Ich glaube mich schwach erinnern zu können, dass es eines der Wörter ist, dessen Geburtsort die DDR ist.
Sonntagnachmittag mussten Ilona und Ulli ihre Heimreise antreten. Wir tranken gemeinsam Kaffee und aßen Bananen-Sahnetorte. In Ilonas Gesicht erkannte ich Traurigkeit, sie wusste, dass gleich der Moment kommt, bei dem sie ins Auto steigen wird, um zurück nach Deutschland zu fahren, und sie so ihre zukünftige Heimat verlassen muss. Noch einmal fest in die Arme genommen, gegenseitig Kraft geschenkt und ab ging’s, Richtung Fähre nach Trelleborg. Um 22.00 legte sie ab. Bei sternenklarem Himmel über die Ostsee nach Saßnitz, von dort aus noch mal 4 Stunden und sie waren wieder zu Hause.
Den nächsten Termin für einen Besuch haben wir bereits im Kopf und im Kalender notiert.
Seit einigen Tagen schlage ich mich mit einer deftigen Erkältung rum. Schon als wir mit Ilona und Freunden aus Berlin einen gemütlichen Abend verbrachten, hatte ich Fieber und mir taten alle Knochen weh. Der Höhepunkt war am Montag. Ich hoffe auf die Faustregel, dass das Ganze in 9 Tagen vorbei ist: 3 Tage kommen, 3 Tage bleiben, 3 Tage gehen, so dass ich mich mit dem Ende der Woche von meinem Unwohlsein verabschieden kann.
Ich höre von allen Seiten. du musst dich mal ins Bett legen und ausruhen, aber ausgerechnet jetzt habe ich Gäste in der Zimmervermietung, sie wollen gerne etwas zu essen haben und die Zimmer müssen auch in Schuss gehalten werden. Soviel zum Ausruhen. Ich nutze die freie Zeit, um mich mal hinzusetzen und die Beine still zu halten. Die Hände und der Kopf sind davon nicht betroffen, Buchführung und das vernachlässigte Tagebuch warten.
Eigentlich sollte ich bei der Apfelernte sein, aber das bekomme ich im Moment nicht hin, sonst liege ich bald neben den Äpfeln unter den Bäumen, wo sich ihr Laub ins nasse Gras nieder lässt und den Äpfeln ein Polster gibt. Eine Woche Zeit haben wir ja noch, also hoffen wir auf die Faustregel und dann auf zur Apfelernte….
25.9.2013
Heute ist ein toller Tag…. Er begann mit einem Besuch der Direktorin der Milijöamtes Oskarshamn bei uns. Nichts Schlimmes, denn ich hatte sie gebeten, zu uns zu kommen, um sich selbst der Angelegenheit des Abwasserproblems anzunehmen, was sie auch sofort tat. Heute Morgen viertel vor Neun stand sie pünktlich vor der Tür und nahm eine Ortsbesichtigung vor und hörte sich mein Vorhaben an. Sie ist von meiner Idee der Historienerhaltung und den dafür notwendigen Veränderungen begeistert. Sie bot mir an, wenn ich Probleme hätte, könne ich mich direkt an sie wenden. Wo sie mir dann helfen kann, hilft sie mir. Die Genehmigung der Sammelgrube haben wir, diese gibt es für die Dauer von 3 Jahren, da ja der Bau eines 3-Kammersystems Pflicht ist. Weil wir in dem Haus jedoch zur Miete wohnen und sie weiß, das diese Maßnahme mit hohen Kosten verbunden ist, die wir noch nicht übernehmen können, stimmte sie der Übergangsvariante zu. „Tack Kristine!“.
Dann bekam ich die Nachricht, dass Ilona und Ulli in der nächsten Woche für 4 Tage nach Schweden kommen. Ich freue mich riesig, denn Ilona ist für mich einer der wichtigsten Menschen in meinem Leben, sie hat auch so ihre Sorgen und da ist es an der Zeit, dass wir uns endlich mal wieder in die Arme nehmen können und uns gegenseitig Kraft geben. Denn die brauchen wir beide. Ich dachte, dass mich nichts mehr umhaut, aber so manchmal kommt es doch anders, davon später.
Das Schönste an diesem Tag ist aber, Michi kommt heute mit den Kindern für eine Woche nach Schweden. Sie fehlen mir sehr, ich habe sie lange nicht gesehen und die letzten Besuche musste sie leider immer wieder aus verschiedenen Gründen absagen. Sie ist gesundheitlich sehr angeschlagen, ich denke, auch sie braucht einmal meine mütterlichen Arme und einen Stapel Taschentücher. Sorgen, die einen in der Seele treffen, kann man nicht so einfach zur Seite räumen, aber wenigstens für eine kurze Zeit zurückdrängen. Also freuen wir uns auf eine gemeinsame Woche.
Heute Abend ist hier im BEF das Meeting einer Vereinigung. Tommy hat dafür vieles vorbereitet und benötigte eine Leinwand für seinen Projektor. Bloß gut, dass ich im Osten groß geworden bin und die Einfälle mir nicht ausgehen. Eine große Presspappenplatte war da, einige Leisten, ein schneeweißes Betttuch und noch so einige Kleinigkeiten, schnell dazu Nägel und Hammer zur Hand und fertig war die Kinoleinwand. Ein Mix aus Fotos rund uns BEF und der Natur bildeten den Rand und gibt so auch gleich einige Momente wieder, die wir erlebt haben.
Eine kleine Wand, auf der er schreiben kann (das fiel im vor einer Stunde ein), braucht er auch noch. Kein Problem, wird schnell noch gebastelt, eine Alte Schulbank, deren Schreibfläche man hochstellen kann ist da, eine Platte daran befestigt, einige Fotos (zur Verschönerung) und einen Block zum Schreiben daran aufgehängt und fertig ist der Meeting-Raum…. mitten im Restaurant. Wie sagt man so schön: „Man kann noch so dumm sein, man muss sich nur zu helfen wissen“.
Dann machte ich noch das Essen für die Gruppe fertig und so wurde der Tag voller Erfolg. War auch nötig denn…
Gestern musste ich feststellen, dass nicht alles so ist, wie es aussieht. Man hat Wünsche, man hat Träume, ja ich hatte diese mein ganzes Leben, es wurde nur immer leider nichts daraus, es gab Menschen, die mir diese Wünsche und Träume genommen haben. Bis zu dem Tag als ich mich entschieden habe, nach Schweden zu gehen und meinen Traum zu leben. Dies tue ich seit 3 Jahren, ich habe noch nicht einen Tag bereut, keine Stunde. Es ist schwer und manchmal komme ich auch an meine Grenzen, erst wenn ich diese überschritten habe, weiß ich, dass es weiter geht und dass ich diese Grenzen mir selbst gesteckt hatte, sie jedoch nicht die wahren Grenzen sind. Die wahren Grenzen setzten immer andere, sie stellen sich dir in den Weg, nehmen dir die Kraft und versuchen dir deinen Traum klein zu reden. Ich lasse mir aber nichts mehr nehmen, schon gar nicht meinen Traum und meine Wünsche, denn solange ich daran glaube und mir diesen vor Augen halte, bin ich davon überzeugt, dass es kein Traum ist, sondern etwas, das bereits gedanklich fertig ist und nur noch in die Realität umgesetzt werden muss, egal wie lange es dauert und wie viel Mühe und Tränen es kostet.
Eines Tages werden aus den Tränen der Ratlosigkeit und Enttäuschung Tränen der Freude und des eigenen Glaubens.
23.9.2013
Eine weitere Woche ist um, große Schritte bringen uns nun in den schwedischen Herbst. Traumhaft schöne farbige Wälder, Morgennebel über Wiesen und den spiegelglatten Seen. Gestern war ich in Kristdala auf dem Markt, es war der Kristdaladag. Jedes Jahr ist dann ein buntes Treiben mit vielen Marktständen und Musik. Mit meinem neuen Verkaufshänger und Marians Auto (mein Jeep hat am 14. Oktober „seinenTag“, er wird schwedisches Auto, er erhält dann seine „Personennummer) bin ich am frühen Morgen losgefahren. Um 7.00 Uhr, Bråbo lag noch im Tiefschlaf, machte ich mich auf den Weg, vorbei am Badesee. Leider hatte ich keine Zeit, denn der Aufbau des Verkaufsstandes braucht schon seine Zeit, so musste ich den See links liegen lassen und seinen wunderbaren Anblick in Sekunden aufnehmen und speichern. Langsam erwachte der Tag, erste Vögel waren zu hören, der See schlief noch. Keine Bewegung, auch nicht die geringste, war auf der Wasseroberfläche zu sehen. Wie eine hauchdünne Glasscheibe sah er aus. Die bunten Bäume am Ufer, die zu dieser Tageszeit noch dunkel da standen, spiegelten sich darin.
Das Motiv einer Postkarte wurde mir geboten. Über dem See, etwa einen halben Meter über der Oberfläche, schwebte der Morgennebel, dick und undurchdringlich. Wie mit einem Messer abgeschnitten ließ er die Baumkronen herausragen.
Als ich am Abend zurückkam, war es ein ganz anderes Bild. Bereits am Nachmittag hatte es begonnen, windig zu werden, jetzt gab es starke Böen und ließen den See nicht verschont. Eine Welle nach der anderen schwappte ans Ufer, der See ähnelte einem Meer mit seinem Wellengang.
Ich glaubte eigentlich, dass es nun ruhiger werden würde, nachdem ich Café und Restaurant geschlossen hatte und nur auf Bestellung öffne. Gäste habe ich natürlich keine, oder sagen wir wenige, denn die Idee mit der Öffnungszeit auf Bestellung funktioniert, die ersten hatte ich bereits.
Jetzt beginnt die Vorbereitung der Apfelernte. Die Sammelkisten müssen aufgestellt werden und die Garage wird zum Wiegeraum. Mit einer alten Waage und den Gewichten kehre ich wieder einmal in meine Kindheit zurück. In diesem Jahr ist eine Ernte, wie wir sie im vergangenen Jahr hatten, nicht möglich. Nur wenige Bäume tragen Früchte und das nicht gerade in großen Mengen.
Lassen wir uns überraschen, wie viele Erntekisten, vollgefüllt mit saftigen Äpfeln, am Ende hier bei uns stehen und die Reise in die Mosterei antreten.
Heute werden wir die Gartenmöbel in ihr Winterquartier bringen und sie dort auf die neue Gartensaison warten lassen. Die großen Apfelkisten nehmen dann den Platz ein, wo bisher Tische und Bänke für meine Gäste standen.
Zu Hause haben wir ebenfalls mit weiteren Arbeiten begonnen. Das Brennholz hat im Holzschuppen seinen Platz gefunden. Mann, war das eine Plackerei: 15 Kubikmeter in 2 Tagen ab in den Schuppen mit Hilfe der Schuppkarre. Das war Jürgens Part. Ich habe es dann aufgestapelt, Holzscheit für Holzscheit. Der Schuppen ist nun wieder gefüllt und der Winter kann kommen.
Im Haus selbst haben wir begonnen, den Fußboden abzudichten. Mit Hilfe einer Sperrbahn aus speziell dafür hergestelltem Papier haben wir das Wohn- und ehemals Esszimmer ausgelegt, darüber kamen Fußbodenbelag und Teppiche. Somit hoffen wir der Kälte aus dem Keller keine Möglichkeit mehr zu geben, uns die Füße unangenehm aus kühlen zu lassen. Wir haben uns vorgenommen, den Kampf gegen die Winterkälte auf zunehmen, egal wie lange sie in diesem Jahr andauert, und ihr zu trotzen. Der letzte Winter hat uns die Schwächen des gemütlichen Hauses kennen lernen lassen und jetzt bemühen wir uns, diese zu mindern oder zu beseitigen.
Geld und Zeit sind notwendig, da wir uns aber fest vorgenommen haben, das Häuschen zu unserem Heim zu machen, werden wir alles daran setzen, es auch zu schaffen. Zu Beginn wurde von vielen meine Idee, das Haus wieder in den Ursprung zurückzusetzen, zumindest äußerlich, belächelt. Mir wurde vermittelt, dass dies unmöglich sei, denn dies wäre eine aufwändige und fast unlösbare Aufgabe. Jetzt aber glauben alle daran und werden mir helfen, wo sie können. Denn Historie ist in Schweden ein wesentlicher Bestandteil des Lebens. Man lebt zwar in der Gegenwart und plant eine Zukunft, aber die Vergangenheit wird geachtet, bewahrt und die gesammelten Erfahrungen werden von Generation zu Generation weitergegeben.
Es wird wohl einige Zeit ins schwedische Land ziehen, bis es fertig ist, aber es wird fertig. Ich glaube an die Idee, an die Durchführung und an mich. Jahrelang tat ich das nicht mehr, aber seit ich in Schweden bin und schon vieles erreicht habe, kam der Glaube an mich selbst wieder zurück. Zusammen mit dem Häuschen, der „Alten Telefonzentrale“, möchte ich in Bråbo alt werden und dazu gehören. Die Anfänge sind gemacht und ich hoffe, dass man mich auch weiterhin Schritt für Schritt weitergehen lässt…weiter bis zum Finale!
15. September 2013…..
Die Saison ist beendet… aber! Bei mir nicht. Ich mache weiter, rundherum schließen die Cafés und Restaurants, denn die Urlauber sind auf eine kleine Zahl gesunken und es rechnet sich nicht mehr für die Gastronomie. Ich trotze dem Ganzen. Ab heute öffne ich auf Wunsch des Kunden, egal, wann er kommen will, ich bin da! Im Internet auf der Website von Bråbygden unter meinem Namen finden mich die Interessierten und sie können dort eine Bestellung bei mir abgeben. Egal ob Frühstück Lunch oder Kaffee und Kuchen, sogar ein Abendessen bekommen sie bei mir ganz individuell.
Wild, das ist das, auf das ich nun setze, Wildschwein und natürlich Elch. Gerichte fallen mir hunderte ein, das bereite ich mit Leib und Seele zu. Schon in Deutschland, als ich im Hotel „Juliushof“ in Klein Briesen kochte, machte mir mein Job Riesenspaß. Leider gibt es dieses romantische Plätzchen nicht mehr. Vergessen mitten im Wald wird es nun als Wohnhaus und ich glaube Ferienhaus genutzt. Als ich im vergangenen Jahr einmal da war, war ich über den Zustand dieses einst so schönen Hotels erschüttert. Verborgen und vernachlässigt liegt es im Wald da. Die Häuser (4 an der Zahl) waren zu DDR-Zeiten das Domizil der Politiker, sie feierten dort ihre Orgien und gingen ihren Lüsten und Trieben nach. Luxus pur kam uns entgegen, als wir Nach dem Mauerfall das ganze Objekt besichtigten. Herr Walter-Julius Stolte machte daraus eine Hotelanlage, die gemütlich und trotzdem luxuriös war. Wellness stand an erster Stelle, Entspannung für die Gäste war sein oberstes Gebot. Sauna, Solarium, Kosmetik, Kneippkur und Trennkost, das war es, was die Gäste wollten und bei uns bekamen. Er war ein guter Chef, streng, oh mein Gott, richtig streng, aber du konntest mit allen Sorgen und Problemen zu ihm kommen.
Ich habe nie Koch gelernt, er gab mir die Chance, einer zu werden, es war ein 4Sterne Hotel, und er nahm mich als Köchin, ich konnte es kaum fassen, aber er tat es.
Ich setzte mich dann auf den Hosenboden und lernte alles über Trennkost, was ich wissen musste, um ein Menüplan für 4 Wochen zusammenzustellen und ihn aber auch verwirklichen zu können.
Alles war auf den Wald ausgerichtet. Natürlich gab es da hauptsächlich Gerichte vom Wild, Reh, Hirsch und Wildschwein. Oft rief er mich an und sagte mir, dass ein Jäger gerade einen Hirsch oder ein Wildschwein gebracht habe und ich musste am Morgen bedeutend früher zur Arbeit kommen. Das Schwein musste aus der Schwarte und der Hirsch aus der Decke geschlagen werden. Also nicht nur kochen, sondern auch das Zerlegen war meine Aufgabe. Da ich selbst Jäger war, erledigte ich das in kurzer Zeit und die Stunde Extra wurde gut bezahlt.
Zusammen haben wir auch den berühmten „Klein-Briesener-Weihnachtsmarkt“ gegründet. 1990 war es, glaube ich, genau kann ich es nicht sagen, aber so in dieser Zeit muss es gewesen sein. Mitten im Wald, gleich im ersten Jahr, war er ein toller Erfolg, mit dem wir nie gerechnet hätten.
Ein breiter Waldweg, die Wegränder dicht mit Mooskissen bewachsen und große, mit schweren, herab hängenden Ästen stehende Fichten bildeten eine romantische Kulisse für unsere Holzhütten. Weihnachtsstimmung ohne Gleichen. Rechtzeitig zum letzten Wochenende vor dem Weihnachtsfest, wir hatten den Markt an allen Advent Wochenenden geöffnet, kam dann auch meist der Schnee, so dass die Stimmung perfekt war.
Tja und mit Herrn Stolte ging auch der Weihnachtsmarkt…. Schade!
So und nun die gute Nachricht! Juliushof und Weihnachtsmarkt gibt es wieder, 2012 gab es nach Jahren wieder diesen idyllischen Markt und es war ein voller Erfolg. Schaut mal ins Netz, ihr werdet ihn finden und sicher auch Gast der nächsten sein. Ebenso ist das Hotel wieder eröffnet, es trägt einen neuen Namen, aber auch unter dem alten könnt ihr euch im Netz Infos holen. Wenn es nur halb so schön wie damals ist, ist ein Weg dorthin nicht umsonst…
14.9.2013
Gerade komme ich mit Tommy und Jürgen aus dem Sägewerk zurück, von dem ich bereits schon einmal geschrieben habe. Ich berichtete von der Gattersäge und von den Erinnerungen an meine Kindheit, die bei diesem Anblick erwacht sind.
Heute waren wir dort, um für Tommys Pergola Material zu holen, denn in der nächsten Woche steht ihr Bau an. Ich fuhr mit, weil ich wieder einmal den Holzgeruch riechen und tief einatmen wollte. Doch wurde heute nicht gearbeitet und damit hatte sich das mit dem frischen Geruch erledigt. Seit Tagen wurde kein Holz geschnitten, im Moment ist das „ved“ (Kaminholz) im Vordergrund. Auf Länge gesägt (30,35 und 40 cm) und dann gespalten, wird es eingelagert und für das nächste Jahr bereitgelegt. Die Vorräte haben auch im Sägewerk abgenommen, denn die Einwohner bereiten sich gegenwärtig auf einen langen und kalten Winter vor. Im vergangenen Winter wurde auch das letzte Holzscheit in den Ofen gesteckt, und die Bauern brauchten ihre Reserven auf. Da auch wir im vergangenen Winter Unmengen an Brennholz verheizten und es nötig war, teures Holz nachzukaufen, bestellten wir in diesem Jahr gleich 15 Kubikmeter.
Ein Monatslohn ist weg, aber wir sind beruhigt, wenn die Holzscheite im Schuppen eingestapelt sind. In der nächsten Woche wird es geliefert, dann sind wir für einige Tage damit beschäftigt.
In unserer Abwasserangelegenheit kommen wir hoffentlich auch weiter. Jürgen hob ein Probeloch im Garten aus, und die Kommune kann zur Kontrolle der Bodenbeschaffenheit kommen. Es geht dabei um die Filtrierung des Abwassers. Langsam läuft uns die Zeit davon und der Winter ist oft schneller da, als man glaubt.
Im Café beginne ich, den Gartenbereich zu räumen und auf den Winter vorzubereiten. Sicher gibt es noch einige sonnige Tage, aber bis auf eine Sitzgruppe wird alles eingelagert. Die Blumenkübel bekommen eine Bepflanzung mit Steingartengewächsen. Pflegeleicht und nicht besonders Temperatur empfindlich werden sie dann den Winter überstehen.
Jetzt ist abends, wenn ich nach Hause gehe, eine Stimmung in der Natur, die den Sommer aus unseren Gedanken vertreibt. Nebelschwaden ziehen durch die Straßen, lautlos hüllen sie die Weiden und die noch darauf äsenden Kühe ein.
Weil das Gras nicht mehr so saftig ist, suchen die Tiere über die gesamte Weidefläche verstreut nach leckeren Halmen, und der Bauer beginnt mit dem Zufüttern von Heu. Die großen Heuballen, die im Sommer bei der Heuernte entstanden und auf einem Platz nahe der Farm des Bauern gelagert wurden, kehren nun zurück auf die Wiese zu den Kühen und Kälbern. In einem Futtergatter spendet es zusätzliche Nahrung. Bald kommt die Phase, in der die Tiere im Stall stehen, bis sie wieder in ein neues Weidejahr laufen können und auf über und über mit Butterblumen übersäten Wiesen wachsen wieder kleine Kälbchen heran, die auf der Wiese vor dem BEF oder bei uns zu Hause direkt vor dem Küchenfenster geboren wurden.
Als ich gestern Abend nach Hause gehen wollte, zog gerade aus Richtung Stora Bråbo eine Nebelwand über die Wiese vor dem Café, ich holte schnell die Kamera hervor und hielt den Moment fest. Dann auf dem Weg nach Hause noch ein Bild: direkt am Missionshaus auf dem kleinen Parkplatz gerade gegenüber dem kleinen Café steht einer der selten Bäume unserer Region, die im September ihre Äste und Kronen verlieren, da sie gestutzt werden Er hat er ein lustiges Aussehen erhalten, wie zwei Gesichter, und schon haben wir ein altes Trollpärchen, das hier sein Unwesen treibt. Die Nebelwand im Hintergrund macht diesen Gedanken perfekt. Immer, wenn ich jetzt daran vorbei gehe, werde ich mit diese Gestalten vorstellen und in meinem Kopf entstehen Geschichten mit ihnen.
Irgendwann könnt ihr sicher auch etwas über diese Gesellen hier lesen können, im Kopf sind bereits viele kleine Geschichten fertig, doch fehlt mir im Moment die Zeit dazu, sie nieder zu schreiben. Wenn die langen Abende kommen, werde ich die Ideen in meinem Kopf Wirklichkeit werden lassen, und so lange ich immer und immer wieder Ideen hervorbringe und sie umsetze, so lange geht es mir gut und ich bin glücklich ….
9.9.2013
Und nun schreibe ich etwas zu meiner neuen Errungenschaft….. einem Släp (auf Deutsch: Anhänger) aus dem Jahre 1970. Kult also.
Ich möchte die ruhige Zeit im Herbst und Winter nutzen, um auf Märkte zu fahren und unsere Produkte verkaufen, so verdiene ich Geld und unsere Bestände nehmen ab. Mein Bulli-alter-VW will nicht mehr so richtig und hat auch eine Überholung nötig, da entschloss ich mich, ein neues „altes“ Gespann zusammenzustellen. Ein älterer Jeep und ein Anhänger, so war meine Idee. Am Jeep wird gerade gearbeitet, dann erfolgt die Zulassung und los geht’s. Problem: Anhänger.
Ich hatte ja so meine Vorstellung, es war nicht unbedingt die der anderen, aber ich hatte es mir in den Kopf gesetzt. Wozu gibt es das Internet, tagelanges Suchen brachte den Erfolg.
Ich fand besagten Släp ganz in der Nähe, ca. 70 Kilometer entfernt in Ålem, er sollte noch einiges kosten, aber ich dachte, das ist wohl Verhandlungssache. So dicke habe ich es ja nun nicht gerade, aber ein Hänger muss her, wenn ich überhaupt weiter Geld verdienen will.
Ich habe dann mit Tommy gesprochen und um ein „Lön“ (Kredit) gebeten, den ich über das BEF bekomme. Ich erzählte ihm von der Idee und zeigte ihm das ausgedruckte Bild.
Er schmunzelte und war wohl nicht so ganz überzeugt, doch glaubt er an mich und meine Ideen… „Danke Tommy!“ Also Tommy sagte mir die finanzielle Unterstützung beim Kauf eines Släps zu, doch soll es auch ein Gefährt sein, das uns repräsentiert und womit ich auch am Tage auf die Straße kann. Die Besichtigung und den Kauf überließ er mir allein, es war meine Entscheidung.
Ich hatte mich schon in das Bild des Anhängers verliebt und hoffte nun, von der Realität nicht enttäuscht zu werden. Dort angekommen, sah ich das Schätzchen unter einer Eiche auf dem Rasen stehen. Die Sonne schien und der Eigentümer hatte die Klappe geöffnet, so dass ich das gute Stück in ganzer Pracht bewundern konnte. Meine Liebe wuchs, doch musste ich mich erst davon überzeugen, dass auch alles o.k. mit ihm war: Bremsen, Reifen Karosse, Licht und, und, und….
Erleichtert stellte ich fest, dass alles bestens in Ordnung war. Der Anhänger wurde gehegt und gepflegt, denn dieser Släp war mehrfach auf großer Fahrt…nach Finnland und Norwegen, zu Meisterschaften der Segelschiffe. Wieder etwas Geschichte eingefangen… Nachdem eine Ummenge Papier erledigt und das Finanzielle geklärt waren, konnte ich mit „meinem Släp“ die Heimreise antreten.
Überglücklich fuhren wir zwei nach Bråbo zurück. Auf die Gesichter der anderen war ich gespannt. Am BEF angekommen, Tommy und Andre waren da, kam sofort der Satz: „Du siehst glücklich aus!“ Na klar. Wir gingen hinaus und da stand ER .
Nun kam die Besichtigung, überstehen sie der Släp und ich? Ja.
Ich erzählte, dass ich ihn richtig putzen und ein paar Veränderungen vornehmen werde, ihn also markttauglich mache und natürlich auch „beschriften“ werde. Am Freitag war es so weit, die Farbe konnte über Nacht trocknen und am Samstagmorgen ging es auf den Markt nach Berga.
Wir wurden von den Händlern bewundert und die Gäste und Kunden nannten meinen Stand „mysiga“, das heißt gemütlich und ansprechend. Na, dann habe ich doch erreicht, was ich wollte. Der Verkauf der Produkte lief auch super, ich war rund herum mit dem Tag zufrieden.
Die Termine für die nächsten Märkte stehen schon und ich hoffe auf noch viele erfolgreiche für mich und meinen „Bråbygden-Släp“.
8.September 2013….Sonntag, 14.00 Uhr und ein strahlend blauer Himmel, was will man mehr.
Gerade habe ich das Café für meine Gäste geöffnet und schon stehen zwei Autos vor der Tür, so kann es weiter gehen. Rechtzeitig waren meine zwei Torten fertig geworden, Bananentorte mit Sahne und eine Minztorte mit Kaffeecremglasur. Ist schon mal gut angekommen bei meinen Gästen.
Heute Morgen als ich die Augen öffnete, wollte ich sie gleich wieder zumachen, denn als ich aus dem Fenster sah oder sagen wir mal, als ich aus dem Fenster sehen wollte, ging das nicht. Nebel, dicker Nebel machte einen Blick nach draußen unmöglich, selbst der Apfelbaum, ca. 3 Meter vom Fenster entfernt, war nicht zu sehn. So war auch das Beobachten der Elster, die sich jeden Morgen den Bauch im Vogelbeerbaum vollschlägt, nicht möglich.
Jetzt, wo ich Zeit dazu gehabt hätte und die Kamera schussbereit auf dem Nachtisch liegt, hängt dieser undurchsichtige Schleier vor dem Fenster. Im Gras und in den Sträuchern am Straßenrand sind nun die Spinnengewebe zu erkennen, denn sie hängen dicht voll mit unzähligen klitzekleinen Tautropfen, es sieht gespenstisch aus, wenn man durch die Wälder läuft, tausende dieser Gebilde hängen an Grashalmen ,Blättern und Zweigen.
Wenn die Sonne hervor kommt, bekommen diese Kunstwerke der Natur einen ganz anderes Aussehen. Sie glitzern in den schönsten Farben, jeder Tautropfen ist eine Welt für sich, regenbogenfarben und glasklar verzaubern sie den Wald.
Diese Zeit heißt in Deutschland „Altweibersommer“, in Schweden kennt man diesen Ausdruck nicht, das Naturschauspiel läutet den Spätsommer ein und geht still in den Herbst über.
Warum aber gibt es diese Zeit der Spinngewebe? Den ganzen Sommer über findet man nicht die Netze der oft als abschreckend empfundenen Spinnen, erst jetzt arbeiten sie intensiv und unaufhörlich an den Massen von Netzen. Es beginnt die Zeit der absoluten Insektenjagd. Die Insekten, die im Frühling und Sommer in der Natur benötigt wurden, werden gefangen und getötet. Die Spinnen schaffen sich so einen Vorrat für den Winter und die Insekten nehmen keine Überhand. Tolle Einrichtung der Natur.
Gestern, als ich am Morgen um 8.00 Uhr zum Markt fahren musste (ich war in Berge, dort ist jedes Jahr am ersten Wochenende im September ein Markttag) sah es nicht viel anders aus als heute Morgen. Ich glaubte, mich in einer Waschküche zu bewegen, wenn der Deckel vom großen Wäschekessel genommen wurde, in dem die Wäsche zum Kochen gebracht wird. Keine 10 Meter konnte ich sehen und die Autos, die mir entgegen kamen, sahen aus, als hätten sie nur kleine flimmernde Kerzen als Scheinwerfer. Doch zurück zum Markt. Mit ihm wird der Sommer mit einem Fest verabschiedet. Country-Musik von einer Live-Band, ein Marathonlauf und viele Aktivitäten für Kinder bildeten ein super Paket. Und was das Schönste war, es war mein erster Markt alleine und mit meinem neuen Anhänger, den ich mir extra gekauft habe. „Nostalgie pur“…
3.9.2013
Ein Tag, wo meine Füße wissen,wozu sie da sind…
Um 11.00 kam eine Reisegruppe an, sie machten mit Mårten eine Promenade, eine Wanderung durch die sich nun langsam bunt färbende Natur. Erste Blätter fallen und bringen mir den Herbst auf die Terrasse hinter dem Café. Schaue ich aus dem Fenster, sehe ich eine kleine Weide. Sie ist von einem alten Staket umzäunt, dahinter stehen ein paar Apfelbäume, die auf ihre Ernte warten, auch das ist in diesem Jahr wieder unsere Aufgabe. Ein Birnenbaum ist direkt vor dem Fenster, er hängt dick voll, fast so viele Früchte wie Blätter. Ich werde sie für den Winter einwecken, perfekt für meine nun beginnende Wildschweingerichte Zeit.
Gegen 13.00 waren die 26 Personen zurück und freuten sich auf den Lunch, weiß nicht, ob den oder das, aber eins weiß ich ,sie freuten sich, denn sie hatten sich ausdrücklich Kroppkakor gewünscht, das sind Kartoffelklöße, gefüllt mit buntem Speck , dazu zerlassene Butter, Lingon (Preiselbeeren) und Sahne. Davor gab es einen Salatteller. Dazu gab es Säfte und Kaffee als Getränke.
Schnell waren die Teller leer, es muss wohl geschmeckt haben, und ein Besuch im Naturum konnte, frisch gestärkt, gestartet werden. Zu 15.30 hatten sie sich zurück gemeldet, um Torte und Kaffee zu sich zu nehmen. Pünktlich waren wieder alle zur Stelle und auch der Kuchen war nach dem Geschmack meiner Gäste, alle Teller leer.
So und was ist in der Küche los? Jürgen hatte mir am Morgen geholfen, die Kartoffeln zu quetschen, nach dem ich sie gekocht hatte, das Schälen hatte er am Vortag erledigt.
Eine Meinungsverschiedenheit über das Thema Vergangenheit und Zukunft sorgte dafür, dass er sich einer anderen Arbeit zuwandte, somit ist auch die Küche heute mein Bereich. Egal Teller und Tassen laufen nicht weg. Sie warteten, bis ich alle Gäste verabschiedet hatte und mich dann ihnen widmete. Bloß gut, das sich der Geschirrspüler aus Diskussionen heraushält, somit war er als Helfer vor Ort.
Gerade als ich die letzte Ladung fertig hatte, kamen Gisela und Ditmar, sie waren für ca. 2 Wochen hoch in den Norden gefahren. Urlaub, wo es schön ist, spontan und ungeplant. Auto, Wohnwagen und tolles Wetter, das wir ja in der letzten Woche hatten und auch heute ist ein superschöner Spätsommertag. Sie kamen entspannt und braungebrannt wieder. Wir tranken zusammen Kaffee, aßen ein Stück der Ananas-Cocos- Torte und sie erzählten von ihren zuletzt erlebten Tagen. Auf Facebook hatte ich ihre Reise verfolgt, täglich stellte Gisela neue Fotos ins Netz. um uns daran teilhaben zu lassen. „Danke Ihr Zwei“.
Nun habe ich den Backofen an gemacht, habe Hähnchenschenkel und Pommes zum Abend geplant und da die Sonne noch immer scheint, werden wir hier auf der Terrasse essen und dann nach Hause gehen, wenn meine Füße das noch wollen…
30.8.
Freitagabend, kurz nach fünf, ich habe gerade Kartoffeln aufgesetzt und die Bratwürste aus dem Tiefkühler geholt. Sauerkraut hatte ich schon am Nachmittag fertig gemacht, damit es gut durchzieht. Es haben sich Gäste angesagt, unsere Nachbarn, sie sind mal wieder für zwei Wochen hier. Sie leben in Norwegen und kommen 2 bis 3 Mal im Jahr für eine kurze Zeit nach Schweden. Am Tag, als Torbjörn Geburtstag hatte, waren sie gerade angekommen und bestellten sich deutsche Bratwurst bei mir.
Nun habe ich noch etwas Zeit und nutze sie für mein Tagebuch, morgen werde ich keine Zeit dafür finden, wir fahren nach Hultsfred auf einen großen Markt und verkaufen dort unsere Produkte aus der Butike. Es geht um 8.00 Uhr los, also heißt es um 6.00 Uhr Auto und Hänger beladen und ab. Angekommen müssen wir unseren Pavillon aufbauen und auf gutes Wetter und viele Besucher des Marktes hoffen. Er gehört zu den größten Märkten in unserer Region und wir erhoffen uns gute Umsätze. Geschieht das nicht, waren wir wenigstens da und haben es versucht.
Heute war noch einmal ein wunderschöner Tag. Temperaturen, die noch an einen Sommer glauben lassen, auch wenn die Nachttemperaturen schon drastisch fallen. Heute Nacht hatten wir 6 Grad und am Morgen war es sehr frisch, aber die Sonne war schnell am Horizont zu sehen. Der Himmel gestern Abend versprach bereits dieses Wetter für heute. Ein glühender Himmel und eine tolle Hintergrundkulisse, um einige Fotos von unseren momentanen Nachbarn am BEF zu machen: unser Bulle „Normen“ mit seiner Familie. Wenn sie sehen, dass ich zur Arbeit komme, stehen sie alle am „Staket“, das heißt hier Zaun, und warten darauf, dass ich mich ihnen zuwende und ihnen „Guten Morgen“ wünsche, was ich auch prompt mache.
Heute habe ich im Restaurant wieder an meiner Herbst-Dekoration gearbeitet. Gestern Abend nähte ich meine Gardinen. Anna besorgte mir grünen Leinenstoff, daraus schneiderte ich Vorhänge für die Fenster. Sonnenblumen bringen einige Farbtupfer in den Raum und auf den Tischen sieht es bereits herbstlich aus. Morgen werde ich mal einige Bilder machen, wenn ich es schaffe bzw. daran denke, sobald wir vom Markt nach Hause kommen, und sie dann ins Netz setzen.
Jürgen ist gerade von seiner 4-Kilometer-Runde zurück. Er sagt, er will noch weiter laufen. In letzter Zeit kommt er kaum dazu. Da er den ganzen Tag arbeitet, glaube ich, hat er auch nicht immer das Bedürfnis danach. Gerade sehe ich aus dem Fenster…und …es regnet. Da wird er sich aber freuen, denn er ist ja schon wieder los und bestimmt weit genug, um nicht umzukehren, sondern die Runde bis zum Ende zu laufen. Egal, nass ist nass.
Die Küche ruft und die Fertigstellung des Abendessen für meine Gäste, sie werden gleich hier sein, und ich hoffe, es sind nicht die einzigen, die sich am Abend bedienen lassen wollen.
So, also einen schönen Abend wünsche ich all meinen Lesern. Ich würde mich über Kritiken meines Tagebuches, egal ob positiv oder negativ, freuen. Schreibt mir einfach eure Meinung und Wünsche, was ich über Schweden erzählen soll, es gibt vieles zu berichtet, über Gedankenanstöße bin ich dankbar, einfach eine Mail und eine Antwort kommt in … Astrids Schwedentagebuch.
27.8.2013
Kann man einen Tag schöner beginnen…… Ich hatte die Gelegenheit ein Baby, 3 Monate alt, in den Armen zu halten, ein Gefühl das man nicht beschreiben kann.
Ich liebe Kinder, ich liebe Babys, sie geben so viel, es sind kleine zerbrechliche Wesen, die unsere Liebe und Geborgenheit brauchen. Ein neues Leben, keiner weiß, was aus ihm wird, welchen Weg es einmal einschlagen wird. Es trägt viele Möglichkeiten der Entwicklung in sich. Zu Beginn ist es die Aufgabe der Eltern, es zu beschützen und erkennbare Fähigkeiten zu fördern , später sind dann die Lehrer gefordert, mit an der Entwicklung eines jungen Menschen zu feilen, dann kommt das Berufsleben. Das Berufsleben ist nicht einfach, es beginnt mit der Ausbildung… Da fällt mir ganz spontan mein Sohn Joel ein. Er hat ja vor einer Woche seine Ausbildung begonnen. Nachdem es bei Elajo nicht geklappt hat, haben wir kurzfristig eine Ausbildung in der Oskarshamn-Kommune in dessen Gymnasium gefunden.Er lernt dort im Transportwesen, es gibt viele Bereiche, nach einer kurzen Zeit kann er sich speziell für einen entscheiden.
Die erste Woche war hart, keine Lust auf Schule, 12 Wochen Ferien sind ja anstrengend, da muss man ja nicht gleich voll loslegen. Ich hatte mich also darauf eingestellt, dass die schlechte Laune meines Sohnes noch eine Weile anhalten wird. Gestern war er hier und berichtete mir von den letzten Schultagen.
Ich traute meinen Ohren nicht. Das Wort“ Spaß“ fiel in Verbindung mit Schule und das aus dem Mund meines Sohnes. Seit dem Gymnasium in Högsby, wo es ihn sehr gut gefallen hat, hatte ich so ein Wort nicht mehr von ihm gehört, denn über seine Absage bei Elajo war er traurig und glaubte nicht daran, eine Ausbildung hier beginnen zu können. Nun hat er sie und es liegt an ihm, daraus etwas zu machen. Meine Unterstützung hat er, wenn er sie braucht, und es in meiner Macht steht.
Er hatte schon einige Tage in eine Auto- und LKW -Werkstatt schnuppern dürfen und auch schon mal schrauben. Man darf sich dreckig machen, ohne dass gemeckert wird, und es ist vor allem interessant. Er hat die ersten Kontakte geknüpft, und ich hoffe, dass er somit - wenn auch nicht mit riesiger Freude - aber gerne zur Schule geht.
Jetzt beginnt die Zeit, da wir so gut wie keinen Einfluss mehr auf die Entwicklung haben. Wir begleiteten und behüteten ihn auf dem ersten Abschnitt des Lebensweges. Danach beginnen die Kinder ihre eigenen Wege zu gehen und es ist wichtig, dass wir das zulassen und still beobachten, um im Notfall eine Umleitung bereit zu halten. Einfach da zu sein, wenn sie uns brauchen, wenn sie Fragen stellen und sich die erste Liebe findet und auch wieder verliert. Ratschläge sollten wir geben, nur wenn sie danach fragen.
Das sind Erfahrungen, die ich als dreifache Mutter gemacht habe. Nicht immer war ich eine hundertprozentige Mutter. Ich denke, das ist niemand, auch den Eltern sollte man Fehler und Schwachheiten zubilligen. Meine Drei sind total unterschiedliche Charaktere, das fordert auch drei Varianten der Erziehung, und ich denke, es hat funktioniert. Michi und Basti stehen mit beiden Beinen im Leben und wissen was sie wollen. Joel ist mitten drin und ein Bein steht schon.
23.8.2013
In der Nacht fallen die Temperaturen schon unter 10 Grad. Die Jahreszeit der Jacken und warmen Schuhe rückt näher. Wenn ich am Morgen aus dem Fenster schaue, direkt auf die Wiese, wo bis vor einigen Tagen unsere neu geborenen Kälbchen in der Sonne lagen, sehe ich nun den ersten Tau an den einsamen Grashalmen, welche die Kühe stehen ließen.
Wenn die Sonne die Tautropfen anstrahlt und sie in Regenbogenfarben gläsern leuchten, sind es Bilder, die man gerne festhalten möchte, doch schaue ich dann die Fotos an, fehlt der Glanz, und die Magie, die in der Realität da ist, ist im Bild nicht wiederzufinden. Ich denke, es liegt an meiner Kamera. Mein Weihnachtswunsch ist eine neue, eine, die das auch in den Fotos wiedergibt, was ich sehe.
Da fällt mir gerade auf, ich rede schon von Weihnachtswünschen. Tja, in vier Monaten steht wieder ein geschmückter Baum im Zimmer, Kerzen erhellen den Raum und leise Weihnachtsmusik vollendet das Ganze…. Wo ist das Jahr geblieben! Ich habe doch vor einigen Wochen erst die Sommersaison mit meinem Café und Restaurant begonnen, jetzt geht sie auch schon dem Ende zu. Es war eine tolle Zeit, ich habe viele Menschen kennengelernt und es waren auch wieder einige Besucher aus dem vergangenen Jahr hier, die ihren Urlaub in Småland in ihren Ferienhäusern verbringen. Sie fahren jetzt wieder zurück nach Deutschland. Ein großer Teil von ihnen ist zur Weihnachtszeit wieder hier, denn dann ist es hier besinnlich, romantisch und einfach schön….
Aber genug von Weihnachten und dem nahenden Winter… Mir wird ja direkt kalt bei dem Gedanken, es ist noch einige Zeit hin und wir freuen uns auf den Herbst.
Morgen Vormittag will ich in den Wald und Pilze sammeln, das habe ich mir zumindest vorgenommen, mal sehn ob es welche gibt. Es sind viele Urlauber und auch Einheimische im Wald, denn die Preiselbeeren sind reif, sie werden fleißig gepflückt, sind ja auch lecker. Das ist nun wieder etwas, wofür ich mich nicht so begeistere, das Essen ja, aber das Pflücken ist nicht so mein Ding. Ich verbinde damit Gedanken an längst vergangener Zeit und es sind keine schönen Erinnerungen.
Morgen haben wir Vorstandsitzung vom BEF, da werde ich mir mal etwas Besonderes einfallen lassen. Nicht immer Kuchen oder Toast, ich denke einfach mal „Gebackene Banane mit Vanilleeis& Honig“. Und weil ich gerade vom Essen schreibe, teile ich auch gleich mit, was es heute zu Abend gibt: „Elchrippe gebraten, mit Rotweinsauce, Kartoffelecken und Pilzgemüse“.
Als wir bei Torbjörn zum 60.Geburtstag waren, wurde rustikal gefeiert. Auf offenem Feuer waren die Steaks ruckzuck durch, der Kartoffelsalat, die Käseplatte und das Gebäck dazu ergaben ein deftiges Abendessen. Bier und Wein in typischen Wikinger Bechern machten das Ganze rund. Das offene Feuer sorgte für die passende Stimmung und gute Laune hatten alle Gäste mitgebracht, was will man mehr.
Ich denke, auch ohne den Anlass eines Geburtstages oder sonstigen Grundes werden wir solche Abende in der kälteren Jahreszeit öfter gemeinsam verbringen und einfach reden und lachen. Ich jedenfalls freue mich schon darauf…
21.8.2013
Was macht man, wenn man bereits morgens vor dem Aufstehen denkt: „Ich habe heute keine Lust.“
Tja es ist Mittwoch, und somit kann ich mir diesen Gedanken erlauben, ich brauche kein schlechtes Gewissen zu haben, denn es ist Ruhetag bei Astrid. Ich habe mir zwar einiges vorgenommen, doch konnte ich die ganze Nacht nicht schlafen und war am Morgen also etwas, na sagen wir mal, schlecht gelaunt.
Seit gestern plagen mich Zahnschmerzen, der Weg zum Zahnarzt ist programmiert. Den ganzen Tag habe ich mich mit den Schmerzen rumgeschlagen, am Abend sollte eine Schmerztablette dem Ganzen ein Ende machen. Für eine Weile ging es auch, also schnell ins Bett und versuchen einzuschlafen, dann schlafen die Schmerzen vielleicht auch. Sie machten mich aber um halb 12.00 wieder wach. Am Morgen ließen sie nach, doch war an Schlaf nicht mehr zu denken.
Habe also meine Arbeit aufgenommen, alle Zimmer für neue Gäste hergerichtet und einige Kleinigkeiten erledigt. Jetzt sitze ich am Lappi und wollte eigentlich an meinen Visitenkarten arbeiten, aber ich stellte fest, dass mir heute die Ideen fehlen, daher verschiebe ich das Ganze, schlage das Tagebuch auf und schreibe lieber etwas über mich und Schweden. Zumindest was hier passiert, Torbjörn hat heute Geburtstag. Anna hat für heute Abend eine Überraschungsparty geplant, um 19.00 Uhr soll es losgehen. Da es zwei ganz liebe Menschen sind, die ich ins Herz geschlossen habe, freue ich mich schon auf diesen Abend.
Torbjörn, unser Wikinger, ist eine Gestalt, das sage ich einfach mal, die sicher von vielen Menschen argwöhnisch betrachtet wird. Er lebt den Wikinger, er sieht aus wie ein Wikinger, er ist ein Wikinger und Anna, sie ist eine Hexe. Mit Leib und Seele. Auch das wird von vielen Menschen verachtet und belächelt. Wer sich jedoch mit ihnen beschäftigt, mit ihrer Art des Lebens, versteht sie und liebt sie, so wie sie sind. Anna hat in Oskarshamn eine Butike, dort bekommt man über verschiedene Steine, Mineralien, Ölen, Kräutern und Düften Kleider, die sie selbst schneidert. Sie ist eine Künstlerin ihres Faches. Im Winter haben wir uns vorgenommen, gemeinsam zu schneidern, darauf freue ich mich schon, denn früher habe ich so manchen Abend, ach was sage ich, so manche Nacht an der Nähmaschine verbracht. Habe Hosen, Blusen, Kleider und alles was man im Haus braucht genäht. Jetzt reicht meine Zeit gerade noch, um meine Gardinen und die Tischdecken fürs Restaurant zu schneidern.
In der nächsten Woche beginne ich meine Herbsttischdecken und dazu passende Servietten zu nähen. Dann verschwinden die Sommerfarben wieder, und Grün, das auch meine Farbe geworden ist, seit ich in Schweden lebe, ist dann die Hauptfarbe. Diese kombiniere ich mit typischen Herbstfarben. Ich verrate aber mal nicht zu viel, denn wenn alles fertig ist, setze ich ein paar Bilder ins Tagebuch und jeder kann sehen, ob der Herbst bei mir Einzug gehalten hat. Sicher werden wir im September noch einige schöne Tage haben, doch das Bikiniwetter sollte so gut wie vorbei sein.
18. August 2013.Es ist Sonntag…
Wenn ich aus dem Fenster schaue, kommen die ersten Gedanken an den Herbst. Es ist windig, etwas kühl und die ersten Blätter beginnen sich zu färben, die Natur zieht sich um, sie macht sich für den Herbst schön. Er ist schön, wunderschön, besonders hier, wo wir Mischwälder finden. Birken, Buchen, Eichen und Ahorn mischen sich unter die Nadelbäume.
Vor dem Haus steht eine Esche. Dicke Dolden mit leuchtend roten Beeren (hier heißen sie Rönnbeere) lassen mit ihrer Menge darauf hin deuten, dass es wieder ein strenger Winter wird.
Jürgen fuhr gestern mit Tommy in den Norden, sie machten eine Tour von etwa 1300 Kilometern. In der Nacht, so gegen halb zwei, waren sie zurück. Da ich wach war, haben wir noch über seinen Tag und seine Eindrücke gesprochen. Es war sein erster großer Ausflug in Schweden und das OHNE MICH! Aus seinen Erzählungen konnte ich heraus hören, dass er den Tag gut fand und durch Gespräche mit Tommy viel Neues über Schweden erfahren hatte. Ich habe das Gefühl, er liebt das Land schon fast genauso wie ich.
Ich nutzte gestern mal wieder etwas Zeit, um am Haus und im Garten so etwas wie „Altes Leben“ hervor zu holen. Um die dicke Eiche herum ist einst eine kleine Steinmauer gebaut worden, zwischen ihr und der Eiche wurde Erde aufgefüllt und dieser Hügel bepflanzt. Im Laufe der Jahre verwuchs alles und das Gras gewann die Oberhand, nun habe ich ihm den Kampf angesagt
Ich werde ein Beet mit Steingartengewächsen anlegen und dann kommt meine Schaukel an einen der dicken Arme der Eiche. Ich hatte ja von der Nichte berichtet, von Ing-Marie, und vom letzten schwedischen Eigentümer des Hauses, Leif. Sie schickte mir in der vergangenen Woche einen dicken Umschlag. Als ich ihn aufmachte, bekam ich Gänsehaut. Mit viel Liebe und Geduld hatte sie mir einen Familienstammbaum gezeichnet und Fotos aus längst vergangener Zeit mit Notizen dazu gelegt. Auf den Fotos sieht man sie und ihre Schwester mit einer Freundin, im Hintergrund die Eiche, zwar um einiges kleiner als heute, und…. eine Schaukel hängt am dicksten Arm von ihr!
Ich bekam auch Bilder vom Haus, wie es einst aussah… mein Schwedenhaus, wie ich es mir immer vorgestellt habe. Eine kleine Veranda davor mit einer Bank, auf der man am Abend das „Zu- Bett -Gehen des Tages“ beobachten kann und selbst zur Ruhe kommt.
Als wir die Außenstuga im vergangenen Jahr aufräumten, fanden wir im Dachstuhl eine alte zweiflüglige Tür, sie weckte sofort meine Aufmerksamkeit und….es ist die alte Haustür aus dem Jahre 1927! Die kommt wieder an „ihren“ Platz, das steht fest, so wahr ich Astrid heiße. Auch eine Veranda schwirrt in meinem Kopf umher, die Zeichnung ist schon in meinen Gedanken fertig, nun muss sie aufs Papier und dann in Form von Holz wieder vors Haus.
Ebenso haben wir ein altes Gartentor gefunden. Auch dieses ist auf dem Foto von 1952 zu sehen. Ich habe ein eigenartiges Gefühl bei Betrachtung der alten Gegenstände und fühle den Drang, sie in mein Leben einzubringen, warum auch immer.
Waren es meine Geburt, meine Namensgebung, die den Weg hierher nach Schweden vorgezeichnet haben? Meine Mutter hatte für mich keinen Namen, sie wollte einen Sohn, keine Tochter. Eine weitere (eine vierte) war nicht das, was sie wollte. Den Namen Astrid gab mir meine 12 Jahre ältere Schwester. Als meine Mutter mit mir aus dem Krankenhaus nach Hause kam und mich auf dem alten Sofa im Wohnzimmer ablegte, wurde sie von meiner Schwester gefragt: „Wie heißt meine kleine Schwester?“ Darauf meine Mutter: „Sie hat keinen N amen, gib du ihr einen.“ „Dann soll sie Astrid heißen“, kam zur Antwort. Ich denke, damit fiel die Entscheidung, dass ich erst in Schweden glücklich sein soll. Als ich vor rund drei Jahren nach Bråbo kam und im kleinen Café in die Knie ging, weil die Kraft versagte, war mein erster Satz: „Ich bin angekommen“.
Mein Weg dauerte 52 Jahre, er war lang, steinig und oft dunkel…
17.8. Eine positive Woche geht zu Ende….
Am Montag kamen meine Freunde und Geschäftspartner (ich nenne sie mal so) nach Schweden.
Geschäftspartner sage ich, weil sie mir den Start in ein neues Leben ermöglicht haben, allein wäre dies für mich nicht möglich gewesen, Harz IV, Probleme über Probleme und die Vergangenheit, die nicht an ein glückliches Leben glauben ließen. Sie waren es, die mir halfen den Kopf frei zu bekommen, für etwas „Neues“.
Nun, nach fast 3 Jahren, kamen sie, um zu sehen, wie es mir geht, ob mein Traum Form angenommen hat und ob ich in Jürgen einen Partner gefunden habe, der an meinen Traum glaubt.
Sie sahen, dass ich schon einiges geschafft habe und dass Jürgen mir und meinem Traum vertraut und bei der Verwirklichung hilft. Den Dienstag sind sie locker angegangen, ein Bummel nach Högsby und Oskarshamn stimmte sie auf Schweden ein und am Mittwoch kam das Leben hier „hautnah“.
Ein Besuch in Tuna im Elch-Park. Mit einer Safaribahn ging es ins Gatter, wo „Harald Svensson“ und seine Familie (weitere 24 Tiere) auf uns warteten. Ich hatte ja meine Erfahrung mit Elchen bereits gemacht, aber nun konnte ich sie anfassen, streicheln und füttern…. Ja, und „Harald“ küssen. Ich nahm eine Kartoffelscheibe in den Mund und Harald, ein Elchbulle von 8 Jahren, kam heran und ganz vorsichtig nahm er mir diese mit seinen großen Lippen ab. Ein tolles Gefühl… Ich habe einen Elch geknutscht….
Als ich aus dem Elch-Park zurück kam und Jürgen von diesem Kuss berichtete, machte er mir eine Eifersuchtsszene, nun rennt er ständig in die Küche und sucht nach Kartoffelscheiben...
Am Abend gab es Elch aus der Pfanne, für meine Freunde, somit die zweite Begegnung mit Elch an einem Tag, soviel Glück hat nicht jeder. Von diesem Tag beeindruckt, saßen wir lange und gingen erst spät in der Nacht zu Bett. Donnerstag, war ihr Heimreisetag, nach einem entspannten Frühstück machten sie sich auf den Weg nach Deutschland. Christine hat heute am Freitag Geburtstag, wäre schön gewesen, wenn sie diesen Tag noch hier in Bråbo hätte verbringen können, aber Geschäftstermine machten eine Heimreise notwendig.
Jürgen, Tommy, Marian, Olle und ich waren heute nach Skåne, das liegt an der Küste, 360 Kilometer ab in den Süden. Wir waren in einer Mosterei, um fürs BEF neue Geschäftspartner zu suchen. Ich hatte ein großes Picknick für uns zubereitet und obwohl der Tag anstrengend war, war er schön und interessant. Nach fast 800 Kilometern Autofahrt sind wir wieder zu Hause, ich bin hundemüde, aber um 17.00 Uhr gehe ich ja noch nicht ins Bett, also sitze ich hier und schreibe in mein Tagebuch.
Dann gab es heute auch noch eine gute Nachricht. Am Montag beginnt Joel seine Ausbildung, die er sich gewünscht hat, ich schreibe in den nächsten Tagen mehr davon, wenn er seine ersten Tage geschafft hat.
So nun gehe ich doch ins Bett, die Augen fallen zu……. Gute Nacht!
12.8.
So schnell werden Wünsche wahr…..
Man muss nur fest daran glauben. Gestern schrieb ich von meinen Wünschen, die ich am Abend als die Sternschnuppen vom Himmel fielen, mir ganz heftig gewünscht habe. Es ging um einen Heimplatz für Ilonas Mama…. Hier der Inhalt der Mail, die ich 11:26 (vor 20 Minuten) bekommen habe….. von Ilona Kotulla:
"Ja, das hast du wieder gut geschrieben, und wirklich ist der Wunsch in Erfüllung gegangen. Wenigstens ein Lichtblick, Danke!"
Also immer fest an Wünsche glauben, dann werden sie in Erfüllung gehen. Das musste ich schnell schreiben, dass ihr seht: es funktioniert!
11.8. Sonntag-Vormittag
Ich bin im Restaurant und bereite einiges für den Kaffeebetrieb am Nachmittag vor. Gerade noch war der Himmel schwarz behangen und es grollte, als würde wieder ein Gewitter aufziehen, aber nach 5 Minuten scheint die Sonne und die schwarzen Wolken sind verzogen. Der Wetterumschwung geht hier schnell. Wenn dann Regen kommt, kommt er gerade so, als ob jemand da oben ist und Eimer leert. Jetzt hat der Himmel nur noch ein paar kleine Wolken. Ich habe das Gefühl, der Himmel in Schweden sieht anders aus als wie ich ihn bisher kannte. Viele Besucher aus anderen Regionen der Welt haben mir das bestätigt.
Der Himmel ändert ständig sein Aussehen. Die Farbenvielfalt an den Abenden ist es schon wert, sich einfach hinzusetzen und in den Himmel zu schauen. Von Weiß über eine große Palette von Blau und Rot, Kupfern bis hin zu einem kräftigen Lila reicht das Farbenspiel. Würde ich dies in meinen Bildern auf die Leinwand bringen, niemand würde da an die Realität glauben.
Ich versuche diese Farben am Himmel in Fotos festzuhalten, aber auch das ist mit meiner Kamera nicht so einfach. Ich denke darüber nach, mir eine bessere zuzulegen.
Am Abend bei Tommy hatten wir einen superschönen Sommerabend und auch da wieder Farben am Himmel, dass selbst Marian, der seit vielen Jahren in Schweden lebt (er kommt aus Jugoslawien), das Farbenspiel auffiel. Der Abend hatte noch etwas Besonderes, es sollte eine Nacht der Sternschnuppen werden. Als wir dann uns auf den Heimweg machen wollten, begleiteten uns Eva-Lotte und Tommy vor die Tür, sahen wir allein in dieser kurzen Zeit viele Meteoriten vom Himmel fallen. Es heißt ja, dann soll man sich ganz schnell etwas wünschen, aber über diesen Wunsch darf man nicht sprechen, sonst geht er nicht in Erfüllung, da es aber ganz viele Sternschnuppen waren und ich mir also ganz viel wünschen konnte, kann ich von einem Wunsch ruhig erzählen… Ich habe mir diesen Wunsch so oft gewünscht, dass ich einen davon opfern kann….
Es geht um Ilona…. Ihre Mama ist ja sehr krank, das hatte ich ja bereits geschrieben. Seit einiger Zeit liegt sie wieder im Krankenhaus und jetzt ist die Zeit gekommen, wo sie in ein Pflegeheim muss. Ich hoffe, dass Ilona einen schönen Platz für sie findet, das ist gar nicht so einfach, wie sie erfahren musste. Tagelanges Herumtelefonieren brachte bisher keinen Erfolg. Gerne wäre ich jetzt bei ihr, um ihr bei der Suche zu helfen und mit ihr die nötigen Amtswege zu gehen bzw. zu fahren. Ilona hat keinen Führerschein und ist somit immer auf Hilfe angewiesen. Da gibt es Ulli, einen gemeinsamen Freund von Ilona und mir (was wir aber erst nach einiger Zeit fest gestellt haben, er) ist immer zur Stelle, wenn sie ihn braucht. Er war mit Ilona im vergangenen Jahr hier bei mir in Schweden und versteht, warum Ilona den Entschluss gefasst hat, später zu mir zu kommen. Er hat auch schon seine Besuche bei uns angekündigt.
Wenn alles klappt, kommen die zwei im September für ein langes Wochenende her, ich freue mich schon riesig und die zwei natürlich auch. Wir haben schon viel über das Leben gesprochen, das für Ilona hier noch einmal beginnt. Jetzt machen wir uns auf die Suche nach einem schönen zu Hause für sie und dann kann sie schon im nächsten Jahr, wenn sie dann hier ist, in ihrem „Schwedenhaus“ wohnen. Zur Zeit arbeitet sie noch in einem Büro, das ist ein Job mit viel Stress und Aufregung, da ist es wichtig, dass sie hier den nötigen Ausgleich findet und mit uns eine tolle Zeit verbringt…. Wir freuen uns schon riesig auf sie!
Der Himmel weiß nicht so recht, was er heute will. Gerade schieben sich wieder dunkle Wolken vor die Sonne, es wird sicher gleich regnen, und wir wollten doch noch den Rasen mähen. Na, dann muss das eben auf morgen verschoben werden, auch egal, uns drängt ja nichts, niemand steht da und sagt: mach mal! ….Wenn ich es nicht selber sage…was ich oft tue…zu mir und auch zu Jürgen. Dumme Angewohnheit oder einfach nur Organisation, das ist hier die Frage.
Aber ohne Organisation geht’s nicht, ich mache keine großen Pläne für den Tag, wie ich es früher gewohnt war. Im Groben habe ich im Kopf, was geschehen soll. Wichtig ist, dass man nicht nur so in den Tag hinein lebt, er muss einen Sinn haben und vor allem ein Gleichgewicht von Arbeit und Ruhe.
Es gibt viele Tage, an denen die Arbeit überwiegt, aber es kommen auch Zeiten, da ist es anders herum und ich kann wieder meinem Hobby der Malerei nachgehen. Da ich die Idee einer Galerie im kleinen Café hab und sie mit meinen eigenen Bildern eröffnen möchte, muss ich wieder zu Pinsel und Farben greifen. Motive habe ich viele im Kopf. Es ist Zeit, sie ersichtlich zu machen. Ein Bild habe ich in der letzten Woche geschafft, es hängt in einem der Hotelzimmer über dem Bett.
So also, es regnet wie angekündigt, dazu Sonnenschein, die Regenbogen-Werkstatt ist eröffnet. Ich versuche zumindest einen von ihnen mit der Kamera festzuhalten.
Gleich werde ich mit Jürgen einen Kaffee trinken, er sitzt vor dem Fernseher und schaut sich einen DDR Film an – im schwedischen Fernsehen mit deutscher Sprache und schwedischen Untertiteln, eine gute Möglichkeit, Schwedisch zu lernen. In einer Stunde mache ich das Café auf, also noch etwas Zeit für uns. Kaffee und Kuchen warten….
10.8.2013
Schon wieder ist eine Woche vergangen, es ist Samstag und endlich kommt etwas Abkühlung. Temperaturen, die mich nur noch zum Stillsitzen inspiriert haben, was bei meinem Arbeitspensum nicht möglich ist, sind nun hoffentlich erst einmal vorbei.
Am Donnerstag hatten wir ein Grillfest bei Tommy zu Hause geplant. Eva-Lotte, seine Frau, sowie Marian mit seiner Frau Bibbi hatten sich schon auf diesen Abend gefreut, doch das Wetter entschied anders. Am Nachmittag begann es zu regnen, ohne die gewünschte Abkühlung zu bringen. Wir entschieden, uns am Freitagabend zu treffen. Für den Tag war eine Schönwetterprognose gegeben worden.
Tommy und ich hatten abgesprochen, dass ich für Bowle und Torte sorge. Also begann ich mit einer Zitronenbowle, danach entstand eine leckere Schwarzwälder Kirschtorte in meiner Küche und als Krönung eine Banane-Vanille-Schoko- Eiskremtorte mit Baiserboden. Mit diesen Leckereien und einem Wildblumenstrauß machten wir uns um 18.30 Uhr auf den Weg. Joel kam auch mit, ich war erstaunt darüber, denn sonst ist er für so was nicht zu haben.
Auf dem Weg nach Applekulla fuhren wir an der Weide unserer Highländer vorbei und was stand da mitten auf dem Weg? Ein Kalb unserer Giganten, braun und zottelig . Es fraß am Wegesrand das saftige Gras. Als es feststellte, dass wir es wieder in die Koppel treiben wollen, zeigte es uns, dass es alleine den Weg dorthin findet. Ohne einen Stopp kroch es unter dem Elektrozaun wieder zurück zur Mutter. Jürgen und Tommy änderten etwas an der Anlage, so dass es nicht wieder flüchten kann.
Wir waren gerade angekommen, als auch Bibbi und Marian kamen. Eva-Lotte hatte auf der Terrasse, die mit Kieselsteinen aufgeschüttet ist, einen Tisch gedeckt, auf dem viele typische schwedische Salate, Dressings und Spezialitäten kaum noch Platz für die Bowle ließen. Das alles sollten nun sieben Personen essen. Meine zwei Torten standen nun ja noch gar nicht auf dem Tisch, und das Grillfleisch sowie die Würstchen ebenso nicht. Na dann mal „Guten Appetit“.
Tommy versorgte uns mit Getränken und los ging’s. Kaum war der Teller leer, gab es Nachschub. Wir saßen in entspannter Runde und sprachen über viele Dinge, wie zum Beispiel den Ängensdag und wie sich mein Leben in der Vergangenheit darin widerspiegelt. Wir sprachen über Maß und Mengeneinheiten aus alter Zeit, wie zum Beispiel Zoll…Schock…Mandel…Dutzend…Hektar und Morgen… Alles Begriffe, die heute keiner mehr kennt. In Dänemark sind sie noch immer die Grundlage der Maßeinheit.
Wir sprachen über die Jagd, das Problem, das nun auch in Schweden erreicht hat: die Überpopulation der Wildschweine und deren Bejagung. Auf dass es viele Jagderfolge für unsere Jäger hier gibt, denn ich möchte im Winter endlich mit meinen Wildspezialitäten im Restaurant beginnen. Ich heize sozusagen schon die Pfanne vor. Als ich in Deutschland im Juliushof als Köchin arbeitete, waren die Gerichte von Wildschwein und Hirsch die meistbestellten Gerichte. Typisch für die Winterzeit möchte ich sie auch hier in Schweden zum Winterhit machen.
Wir sprachen über meine Arbeit bei einem Ingenieurbüro für Wiederaufforstung und die Anpflanzung von Streuobstwiesen, die Wiederherstellung von Biotopen, die in Folge der damaligen Trockenlegungen von Wiesen und Ackerflächen wegrationalisiert wurden, ohne darüber nachzudenken, welche Folgen das für die Umwelt hat. Denn um eine leichtere Bewirtschaftung zu haben und jeden Quadratmeter ausnutzen zu können, wurden sie eingeebnet und so der Lebensraum vieler Lebewesen vernichtet. Vogel und Insektenwelt wurden dadurch stark geschädigt. Als dann die Erkenntnis darüber kam, dass man der Natur einen großen Schaden zugefügt hatte, war es für einige Tiere und Pflanzen zu spät. Sie zählen nun zu den bedrohten oder gar ausgestorbenen Arte. Ein Werk der Menschheit und der Gier nach Mehr.
Es tat gut mal wieder über dieses Thema zu sprechen, denn es hat mich schon damals, ich war etwa 20-25 Jahre alt, zornig gemacht, wie wir Menschen mit der Natur und en Tieren umgehen. Ich war Jäger, ich hatte so etwas wie einen Eid abgelegt, einen Eid der Hege und Pflege der Tier. Nicht das Erlegen eines Tieres war es, was uns stolz machte, sondern der Umgang mit den Tieren und mit deren Lebensraum.
Bevor ein Tier erlegt wurde, wurde es beobachtet, und erst nach Tagen entschied man sich, es zu töten oder es in seinem Revier zu belassen. Viele Kriterien mussten erfüllt sein, bevor ich den Abzug betätigte, ja und heute …. Heute gehe ich nicht mehr zur Jagd, ich könnte mit den anderen Jägern nicht mehr mithalten. Mithalten in dem Sinne von Wild töten. Heute werden das Reh, der Hirsch, das Wildschwein getötet, um es zu verkaufen. Da spielt es keine Rolle, ob es ein Zukunftsbock gewesen wäre oder nicht, er bringt Geld.
Nach dem Tod meines Vaters habe ich mich entschieden, meine Jagderlaubnis abzulegen. Ich gehe nun in den Wald, um mir die Tiere anzusehen und um mich an ihnen zu erfreuen. Das Töten überlasse ich anderen. Jetzt könnte man sagen: „Und da will sie Wildgerichte kochen und auch Geld damit verdienen!“ Ja, das will ich, aber ich möchte nur Wildschwein-Gerichte anbieten, kein Reh, keinen Hirsch und auch keinen Hasen. Wildschweine werden hier zu einem Problem. Durch die vielen unbegehbaren Waldgebiete und den zusammenhängenden Großflächen ist eine Bejagung sehr schwer. Tommy hat in Schweden seine Jagderlaubnis gemacht. Soweit mir bekannt ist, hat er noch einige Tests vor sich und dann kann er dafür sorgen, dass etwas in die Pfanne kommt.
Wir saßen lange zusammen und haben über vieles gesprochen und gelacht. En Abend, der, denke ich, allen Freude bereitet hat und nach weiteren solchen gemütlichen Runden verlangt. Ich glaube, Herbst und Winter werden uns die Möglichkeit dazu geben. Ich erzähle dann davon.
7.8.2013
Tja, da bin ich nun seit fast drei Jahren Bürger von Bråbo, es kommt mir aber vor, als hätte ich mein Leben hier verbracht, wären da nicht immer wieder diese Erinnerungen an meine Vergangenheit. Auslöser sind dazu Ereignisse wie unser Ängens-Dag oder Dinge, die hier passieren, wie ich sie selbst früher einmal erlebt habe.
Gestern habe ich ja bereits über Ingrid-Marie geschrieben und dass sie der Geschichte des Hauses, in dem wir wohnen, nun ein Gesicht gegeben hat. Die Bewohner sind mir vertraut, obwohl ich sie nicht gekannt habe. Es müssen herzliche, freundliche und zufriedene Menschen gewesen sein. Aus der Einfachheit des Hauses lässt sich schließen, es waren keine Menschen mit Reichtum, dennoch waren sie glücklich. Ingrid-Marie erzählte mir von einer glücklichen Kindheit hier, soweit sie sich erinnern kann. Sie berichtete mir auch, dass ihr Vater in Bråbo die Schule gebaut hat, die heute den Kindergarten und das „Naturum“ beherbergt. Es liegt genau neben meinem kleinen Cafe, das auf den Tag wartet, wieder seine Tür für Gäste zu öffnen. Ich habe dazu viele Ideen, angefangen bei einem Wein- und Bier Lokal über eine Bibliothek bis hin zu einer Galerie. Unterstützung wurde mir bereits von vielen bekundet, egal ob Mårten, der mich bei meinem Museumsprojekt für Landmaschinen hilft, oder Torbjörn bei der Verwirklichung des Wikingerplatzes oder einer Galerie für Künstler. Langeweile wird wohl auch in diesem Winter nicht aufkommen.
Die Bibliothek muss das erste sein, was fertig wird, denn meine Frauengruppe steht vor der Tür, sobald die Arbeiten im Garten und auf dem Feld beendet sind.
Schon vor Monaten hatte ich Tommy von meinem Tagebuch erzählt. Damals sagte er, warum ich meine Zeit mit etwas so Sinnlosem verbringe. Er verstand nicht, dass es eine Möglichkeit für mich ist, mir die Seele frei zu schreiben, aber vor allem zu zeigen, dass es einen so wunderschönen Ort auf der Welt gibt, der hilft, wieder ein glücklicher Mensch zu werden. Heute erzählte ich ihm erneut vom Tagebuch, er hörte mir aufmerksam zu und ich denke, jetzt versteht er den Sinn meines Tagebuches. Ich erzählte ihm von den Lesern, die mehr über Schweden und mich erfahren wollen. Nun wird er auch zu meinen Lesern gehören und er sagte: „Wäre ich noch besser in meinem Schwedisch, könnte ich ja eine Chronik schreiben über mich und Bråbo. Dann erführen auch die Einheimischen etwas, das sie noch nicht wissen.“
Auch mir ist die Geschichte - die Historie - dieses kleinen Ortes ans Herz gewachsen. Über alles, was ich erfahren kann, freue ich mich und lässt mich den Ort immer mehr lieben….
Jürgen kam gerade zu mir ins Restaurant, um mich abzuholen, denn es wurde mal wieder später als geplant. Da meine Übernachtungsgäste kurz entschlossen ein Abendessen bestellten, musste mein Feierabend noch eine Stunde warten.
Er erzählte mir, was er gerade entdeckt hatte.
Unsere Nachbarn haben drei Katzen. Eine davon hat Junge bekommen direkt an der Hauptstraße in einer Steinmauer. Zwei kleine Kätzchen, die nun mit ca. 9 Wochen, die Welt erkunden wollen.
Ich hoffe darauf, dass es ohne größere Schäden vonstatten geht und sie spielerisch heranwachsen werden. Über den Vater der Kleinen gibt es keine Diskussion. Einer meiner beiden Kater ist nun stolzer Katzen-Papa…
6.8.2013
Was mir passiert ist, ist wie aus einem Dreigroschen-Roman…
Es ist Sonntag. Die Gäste, darunter deutsche Urlauber, kommen in kleinen Gruppen auf eine Tasse Kaffee und ein Stück Bananen-Sahne-Torte vorbei. Viele interessieren sich für den Grund, warum ich in der Einöde … wunderschönen Einöde ... gelandet bin. Sie beneiden mich und mein Zuhause. Dann kam ein Pärchen, nett und freundlich, es hinterließ bei mir einen Eindruck, den ich zu diesem Zeitpunkt nicht einordnen konnte.
Der Mann fragte mich, was eine Frau alleine hierher verschlagen hat und ob ich denn permanent hier wohne. Die Frau an seiner Seite war ruhig und in sich gekehrt. „Sentimental“ ist, glaube ich, die richtige Beschreibung. Kurz erzählte ich meine Geschichte und dass ich hier wohne, in Bråbo. Ich berichtete von unserem kleinen Häuschen, unserer „Gammla Telephonzentral“, da passierte es… Die Frau begann zu weinen und fiel mir um den Hals. Was hatte ich gesagt, dass es diese Reaktion auslöste? Ich bekam die Erklärung sofort.
Vor mir stand Ingrid-Marie Anharberg, die Nichte von LEIF HULTGREN, dem letzten Eigentümer des Hauses, in dem ich wohne, der es in Erbfolge nach fünf Generationen an einen Deutschen verkauft hatte.
Ich erfuhr viel über das Haus, dessen Geschichte und seinen Bewohnern. Maries Großvater Gustav-Adolf fertigte in der Außenstuga, von der ich schon geschrieben habe und dass sich darin eine kleine Tischlerei befunden haben muss, Holzarbeiten für die Bewohner aus dem Umland an. Wenn ein Bewohner starb, ging er zu den Leuten. Mit Hilfe von maßfertigen Holzleisten wurde dann Maß genommen. In seiner Werkstatt baute er anschließend den Sarg für den Toten.
Auch über die Verabschiedung der Toten im Ort erfuhr ich etwas. Bevor sie nach Kristdala auf den Kirchhof gebracht wurden, zog man den Sarg (siehe Abbildung) auf einfachen Holzstämmen mit Stricken durchs Dorf, vorbei an allen Höfen. Die Bewohner standen davor und verabschiedeten sich durch Verneigen vor dem Verstorbenen.
Bei der Erzählung von Ingrid Marie lief mir eine Gänsehaut über den Körper, gespannt und gerührt hörte ich ihr zu. Mir war, als würde sie auch über mein vergangenes Leben sprechen, denn ich sah Bilder vor mir, die ich bis zu diesem Zeitpunkt nicht kannte. Nun könnte ich sie malen, so klar und deutlich sind sie in meinem Kopf.
Gustaf- Adolf verstarb 1955 im Alter von 90 Jahren. Wer mag seinen Sarg gezimmert haben? Hatte er es selbst zu Lebzeiten getan? Ja, er hat. Auch von ihm nahmen die Dörfler mit einer Verbeugung Abschied. Er fand seine letzte Ruhe in Kristdala auf dem Kirchhof am Fuße des Glockenturms.
Ingrid Hultgren und Ivan Anharberg hießen Mutter und Vater meiner Besucherin. Sie zogen mit Ingrid-Marie nach der Schließung, bzw. der Automatisierung der handbetriebenen Telefonzentrale, an die Westküste nach Halmstad. Ingrid Hultgren hatte in der Zentrale als Umsteckerin der Anlage gearbeitet.
Ingrid-Marie war damals ein Kind. Jetzt, nach 60 Jahren, kam sie an ihren Geburtsort zurück und fand ein Stück ihrer Vergangenheit in meiner Erzählung über das kleine Häuschen wieder. Und es ging ihr genau wie mir. Sie konnte sich an vieles hier erinnern.
Aber davon schreibe ich morgen. Also es bleibt spannend …
5.8.2013
Heiß des Sommers Sonnenstrahlen auf der Haut.
An den Seen, in den Wäldern tummeln sich die Kinder nun.
Springen, Kreischen, lautes Lachen zeigt ihr frohes Treiben
in der ach so kurzen Sommerzeit.
Bienen summen , Vögel singen in des Himmels Höh’,
Schmetterlinge auf den Blüten bunt und schön,
lassen mich in Träumerei verfallen,
wenn ich diese Schönheit seh.
Sattes Grün der Bäume und die Farne groß und stolz,
auf den Wiesen wogt ein Meer von Blumen,
Gräser tanzen mit dem Wind
und Libellen schweben durch die Luft.
Hab ein Kleeblatt grad gefunden, nehm es mit zu mir nach Haus,
soll es doch das Glück bedeuten, denn es hat der Blätter vier,
werde es gut auf bewahren für die Zeiten ohne Glück.
Ist der Sommer dann gegangen, holt es die Erinnerung zurück.
3.8. Der Tag danach…
Gestern am Freitag war das Begräbnis von Nils. Er war 93 Jahre alt und in den letzten Tagen seines Lebens sehr krank. Eira, seine Frau, umsorgte ihn voller Liebe. Tag und Nacht war sie an seiner Seite. So muss die wahre Liebe sein. Selbst an diesem Tage, an dem er zu Grabe getragen wurde, war es für sie wichtig, dass alles so war, als wäre er selbst dabei. Sein Lieblingsessen, seine Farben und Blumen, die er besonders mochte, bestimmten den Tag.
Es war kein trauriger Tag, denn alle wussten, dass es für ihn eine Erlösung war. Aus diesem Grund wurde auch das „Fest“ bei mir im Restaurant nicht mit Trauer verbracht. Es wurde entspannt miteinander geredet und auch gelacht, genauso wie es sich Nils gewünscht hätte. Es war alles in seinem Sinne.
Alle kamen um 18.00 Uhr ins Restaurant. Ich hatte ein Büfett hergerichtet. Sie waren begeistert und obwohl es so warm war, blieben sie bis 22.00Uhr. Heute kam Eira noch einmal zu mir, um sich zu bedanken und mir auszurichten, dass es allen gefallen, aber vor allem geschmeckt hat.
Diese Art Abschied von einem Menschen zu nehmen, finde ich schön, wenn es auch ein Anlass ist, den man gerne verdrängt. Es ist aber etwas, das zum Leben dazu gehört: das Sterben.
Heute am Samstag war das große Aufräumen angesagt. Schon um 8.00 Uhr gleich nach einem Fast-Food-Frühstück haben Jürgen und ich uns an die Arbeit gemacht. Tische aufstellen, sauber machen, neu eindecken und vor allem der viele Abwasch. Jürgen, mein „Saubermann“, wie er liebevoll genannt wird, ist mit dem Wasserhahn und dem Waschbecken bereits „per du“. Heute war die Küche bis zum Mittag sein Reich. Berge von Geschirr und Töpfen hat er bewältigt. Auch ihm gebührt hier mal ein „Danke“. Über die ausbleibenden Gäste am heutigen Tage würde ich mich sonst ärgern, aber nach den letzten Tagen bin ich über etwas Ruhe nicht böse.
Ich sitze draußen vor dem Café im Schatten und schreibe an meinem Tagebuch, schlürfe einen Eiskaffee und genieße die leichte Windbrise, die mich die Hitze nicht ganz so spüren lasst.
Heute ist hier auch wieder der Ängens-Dag, im vergangenen Jahr habe ich darüber geschrieben. Der „Wiesen-Sensen Tag“ weckt Erinnerungen in mir, ich schreibe in den nächsten Tagen etwas darüber, denn gerade kommt Jürgen mit seinem Drahtesel angeradelt. Mit einem lustigen Spruch macht er sich auf, um uns einen Kaffee zu holen, also schließe ich das Tagebuch für heute.
Und genieße eine Auszeit mit Jürgen und Kaffee…
2.8.2013 In der vergangenen Woche hatte ich ja mit Almut den Krabben-Weiber-Abend, es war ein schöner Abend. Wie bereits vermutet, wir sind uns sehr ähnlich und schwimmen auf einer Wellenlänge. Am Sonntag ist sie schweren Herzens abgereist, aber wir wissen beide, sie kommt wieder.
Unser Kälbchen auf der Nachbar wiese hat heute seine Ohrenmarke bekommen, so was wie die Personennummer hier in Schweden, sie heißt ab heute 0962.
Die anderen drei Kühe sind hochschwanger und wir freuen uns schon auf den Nachwuchs, denn es macht Spaß dem Treiben der kleinen Kälber zu zusehen. Fast wie bei den Menschen gibt es auch bei den Kühen ein Abendritual. Mama steckt die Kleinen ins Bett, aber immer wieder lugen sie aus ihrem Bettchen hervor.
Am Abend kommt die Sonne noch einmal hervor, nachdem es den ganzen Tag regnete. Die Regentropfen am Drahtzaun sehen aus, als seien sie dort zum Trocknen auf gehängt. In ihnen spiegelt sich die Umwelt wieder, als sei sie darin gefangen.
Auf dem Schotterweg sind Nacktschnecken unterwegs, was wollen sie hier und dann auch noch so viele. Gerade erst habe ich neue Blumen in meine Kübel gepflanzt. Haben sie es etwa auf diese Farbenpracht abgesehen? Meine Sonnenblume hatte keine Chance, eine Blüte für einen Tag, nun steht ein einsamer Stiel in der Natur.
Am Montag, als ich von einem Termin in Högsby zurück kam, stand endlich jemand vor unserer Tür, um sich das Problem des Abwassers in unserem Haus anzusehen. Ich hoffe, wir können in den nächsten Tagen an unserem Vorhaben weiter arbeiten, denn hier im Ort wurde in den letzten Tagen in vielen Gärten gebuddelt und gebaggert. Diese Aufgabe steht uns auch bevor, gehen wir es an…
Sommernacht in Småland
Golden liegen Sonnenstrahlen
auf des Baumes Blätterdach.
Langsam geht der Tag zu Ende,
die Nacht bleibt hell… des Sommers Macht.
Abendröte steigt zum Himmel,
See bekommt ein Hauch in Gold.
Sanftes Rauschen in den Bäumen.
Lied der Vögel, leise und vertraut.
Und ein Reh am Weg verweilend,
sagt mir: „Jetzt ist meine Zeit“,
während in der Blumenwiese
tief versteckt ihr Kitz die Lauscher zeigt.
Träumend und mich selbst vergessend
sitz ich auf des Felsen Riff,
schau zum Himmel, in die Weite.,
such für diese Schönheit den Begriff …
27.7. Wochenende. Ich bin zu Hause, habe gerade die Katzen von Torbjörn und Anna gefüttert, die beiden sind zurzeit wieder zu einem Wikinger Fest, diesmal in Deutschland auf Rügen. Habe gerade ein paar Himbeeren und Johannesbeeren gepflückt. Wären die nicht so lecker, wäre ich weit geflüchtet. Durch die Wärme seit Tagen gibt es viele Mücken, besonders in den Sträuchern. Das Resultat: völlig zerstochene Arme und Beine.
Wenn ich jetzt aus dem Fenster schaue (mein Stammplatz beim Schreiben: direkt vor dem Fenster im Esszimmer) sehe ich den Garten und auf der anderen Straßenseite die Weide.
Gestern kaufte ich eine Sonnenuhr, ein typisches Utensil in den schwedischen Gärten. Wenn möglich, mähen wir morgen den Rasen und stelle sie dann mit anderen Dingen in den Garten.
Für Morgen haben sich bereits Gäste angemeldet. Gegen 10.00 möchten sie einen Kaffee und dann bestellen sie ein Mittagsessen.
Zurzeit habe ich einen Gast aus Deutschland, eine Frau, die mir sehr ähnlich ist. Spontaneität und Unternehmensgeist führten sie hier her. Sie macht einen 3-Wochen- Trip durch Schweden. Eine Woche hat sie hier eingecheckt und macht Tagestouren. Jeden Tag, wenn sie zurück kommt, strahlen ihre Augen mehr. Sie ist begeistert von diesem schönen Land. Ich denke, ich werde sie öfter als Gast haben und sicher mit Freunden, denen sie das Erlebte dann vor Ort zeigen kann. Heute war sie in Vimmerby im Geburtshaus von Astrid Lindgren. Sie brachte mir ein kleines Souvenir mit, über das ich mich sehr gefreut habe. Ein Magnet mit Pippi als Motiv, originell und lustig .
Morgen werden wir einen Weiberabend machen. Sie reist am Sonntag ab, weiter nach Göteborg. Da wir beide sehr gerne Krabben und Garnelen essen, ziehen wir das Krabbenfest in Schweden etwas vor, und machen es uns am Abend gemütlich. Hoffen wir mal auf schönes Wetter, nicht zu warm, aber auch keinen Regen.
Joel fährt wieder zu seinem Vater. In der kommenden Woche kommt er zurück, wir wollen die Dacharbeiten beenden, und weil er so groß ist, dass er fast keine Leiter benötigt, ist er eine gute Hilfe. Ich plane auch den Bau einer Schaukel in der großen Eiche. Der Plan steht, aber ob die Schaukel auch hängen wird, mal sehn…
26.7. Es war ca. 3 Uhr in der Nacht, ich erschrak und war sofort hellwach. Ein Gewitter zog über Bråbo, es gab schon lange nicht mehr ein so starkes, Blitze und Donner wechselten sich ab, aber es war ja nach nicht anders zu erwarten. Die Temperaturen waren unerträglich gewesen, die Luft stand, seit Tagen lag ein Gewitter in der Luft, und jetzt entlud es sich. Ich lag lange wach, im Zimmer war immer noch die drückende Hitze, ich hatte nur eine dünne Decke und trotzdem war es noch viel zu warm.
Kann man sich die Wärme nicht speichern, für den kommenden Winter? Der kommt schneller als wir denken, ich habe das Gefühl, die Zeit rennt, sie rennt an uns vorbei. In fünf Monaten ist schon wieder Weihnachten. Jürgen schlug vor, in den Wald zu gehen und uns den Weihnachtsbaum fürs Fest zu sichern. Ein Band an einem Zweig signalisiert, der ist bereits vergeben, niemand würde dir diesen Baum wegnehmen. Von dem Moment an, an dem er dein Zeichen trägt, ist er dir sicher. Brennholz muss auch her. Ich will gar nicht drüber nachdenken, wie viel wir brauchen. Wird es wieder ein so strenger und langer Winter wie der letzte, na dann…. Weil wir aber heute Hochsommertemperaturen haben, lassen wir die Wintervorbereitungen noch etwas warten.
Seit meinem letzten Eintrag sind einige Tage vergangen. Meine Tochter hat hier ja auch ein Ferienhaus und ich nahm ihr einige Dinge ab, die sich von Deutschland aus nicht so gut regeln lassen. Joel ist im Moment bei uns, in 4 Wochen sind hier die Ferien um und dann geht er aufs Ausbildungsgymnasium. Er ist dann „Utbildningsstudent“. Da er die vergangenen zwei Jahre gut genutzt hat, um die schwedische Sprache zu lernen, glaube ich, dass er das gut angeht und Spaß daran haben wird.
Am Mittwochabend waren Jürgen und ich wieder einmal in Kristdala in der Kirche. Karin, die Tochter von Tommy, ist Opernsängerin, sie lebt in Stockholm und war hier, um einen Gastabend in der Kirche zu geben. Mit einer Harfenspielerin und einer Blockflötenspielerin wurde eine Stunde französische Kammermusik vorgetragen. So eine Harfe hat einen Klang, traumhaft. Ich bin absolut keine Kirchengängerin, aber zu so einem Abend würde ich jederzeit wieder gehen. Die Atmosphäre und der Klang in diesen Gemäuern sind bewundernswert. Ich machte ein Foto von der Harfe, ich hatte bisher keine genaue Vorstellung über derer Größe, ich war verblüfft.
Heute am Morgen, bevor ich das Café öffnete, pflückte ich Waldhimbeeren gepflückt, genug, um eine Torte damit zu belegen. Sahne durfte nicht fehlen und so entstand eine süße Leckerei.
Ich schaue gerade aus dem Fenster. Es ist absolut windstill, kein Blatt am Baum bewegt sich. Ich stelle mir gerade den See vor, spiegelglatt liegt er da und wartet, dass ich am Abend komme, um eine Erfrischung zu holen. Auch das ist etwas, was ich vernachlässigt habe, das wollte ich nicht, nun stelle ich mir die Frage, warum tue ich das?
Gerade kommt Jürgen rein und erzählt mir, unsere „Nachbarn“ haben Zuwachs bekommen, total süß. Auch davon gibt es einen Schnappschuss. Noch wacklig auf den Beinen hat es die Milchbar hat bereits gefunden. So passiert hier jeden Tag etwas, was mir bestätigt, dass Leben auf dem Land ist schön, und immer wieder wird mir bewusst, Reichtum ist nicht das, was glücklich macht, es ist das einfache Leben. Ein Leben ohne Neid, Hass und Streben nach mehr, zufrieden sein mit dem, was man hat, und glücklich darüber zu sein, dass man so ein Leben führen kann.
21.7.2013 Die Vergangenheit ist wieder in meinem Kopf. Ich hatte sie verdrängt, geglaubt, sie sogar vergessen zu haben. Aber die zwei letzten Tage, mit dem Lesen der Geschichte aus dem Internet, wurde mir bewusst, dass ein Erlebnis von mir weder vergessen noch verarbeitet werden kann.
Solche Erlebnisse prägen den Menschen fürs ganze Leben, egal ob sie schmerzend oder schön waren, sie bleiben im Menschen, wenn nicht in seinem Kopf, so doch für immer in seiner Seele. Er beginnt, sein Leben danach auszurichten, entweder um Wiederholung zu erwarten oder zu verhindern, dass man ihm jemals wieder weh tut oder erniedrigt. Es ist wie mit den Feldsteinen. Der Bauer glaubt, alle Steine nach dem Pflügen aufgelesen zu haben, aber im Folgejahr sind wieder viele da. Und wieder beginnt er mit der Beseitigung.
Als Kind musste ich hart und viel arbeiten. Sogar meine Ferien waren vollgestopft mit landwirtschaftlichem Unterricht, Kartoffeln setzen, Aussaat der verschiedensten Gemüse und Getreidearten, und was in den Boden kam, musste auch wieder raus, so will es die Natur. Astrid beherrschte diese Regeln. Ebenso die der Tierwelt, zumindest der Haustiere. Angefangen vom Füttern über die Stallpflege bis hin zum Geburtshelfer, Astrid war immer zur Stelle. Nicht genug damit, meine Geschwister bekamen Kinder, auch die mussten versorgt werden, damit sie von ihren Kindern mal Urlaub machen können. Wann, bitte schön, hab ich mal Ferien oder wenigstens einen freien Tag?
Tja und dann ,eines Tages, die Worte meiner Mutter höre ich noch heute: „Astrid, du kannst drei Wochen in die Ferien fahren, kannst dich mit den Kindern deiner Schwester jeden Tag auf den Spielplatz unten vor dem Neubaublock in der Wohnsiedlung setzen und dich sonnen, ab und zu solltest du dann mal zum Schrebergarten gehen. Die Grünen Bohnen sind soweit, müssen ab und in Weckgläser, na und abends wenn die drei im Bett sind, fährste schnell noch mal hin, um zu gießen, aber nicht am Tage, bei der Sonne verbrennt sonst alles. Achte aber drauf, dass die Wäsche der Kinder nicht knapp wird, solltest zwischendurch mal ne Maschine Wäsche machen, unten gleich beim Spielplatz ist der Trockenplatz. Achte auf die Wohnung, nimm mal den Staubsaugen und auch mal einen Wischlappen zur Hand, dass die Wohnung wieder zu erkennen ist, wenn deine Schwester zurück kommt. So und nu mach dir ein paar schöne Wochen, erhol dich, hier wartet das Feld auf dich, die Rüben und Kartoffeln sind dann so weit“.
Eine knappe Woche später wurde ich in den Interzonenzug Hannover- Görlitz gesetzt, zum Abschied: „Viel Spaß! Dein Schwager ist ja zu Hause. Wenn du Fragen oder Probleme hast oder du ihm was helfen kannst, er ist ja da, er freut sich auf dich.“
Mit dem Zug ging es 300 Kilometer zu meinem „Ferienort“. Meine Schwester war noch da, sie holte mich vom Bahnhof ab, mit dem Auto ging es ins Neubauviertel der Stadt. Unterwegs in Steno hörte ich noch einmal meinen Urlaubsplan, da sie am frühen Morgen los müsse und wir uns nur kurz beim Frühstück sehen würden. Sie machte ihr Staatsexamen und musste zu einer Prüfung.
Am nächsten Tag versuchte ich mir einen Plan zu machen, Orientierung in Wohnung und Garten, und im Schlepptau immer die drei Kinder, im Alter von 4 Monaten bis zu 5 Jahren. Urlaubserholung pur.
So vergingen zwei Wochen. Ich freute mich, dass ich sie ohne große Schwierigkeiten gemeistert hatte, ich hatte sogar Farbe bekommen. Beim Bohnen pflücken zog ich meinen Badeanzug an, anders wäre der gar nicht zum Einsatz gekommen. Massen an grünen Bohnen türmten sich vor mir, sie sollten verarbeitet werden, sollten in die Kühltruhe, in Weckgläser und Eintopf kommen. Ich begann damit am Nachmittag, zwischendurch Abendessen und die Kinder ins Bett, und dann .. Doch ich kam ich nicht mehr zu meiner Arbeit.
Mein Schwager hatte einen anderen Plan, wie ich heute weiß. Ich war 15. Ich hatte mich auf mein Leben gefreut, er zerstörte es in Minuten. Noch in der Nacht machte ich mich auf den Weg, egal wohin …nur weg …einfach weg.
Er ist längst tot, aber der Schmerz lebt.
Fortsetzung vom 20.7.
Da wollten wir doch erst am Abend die Geschichte weiter lesen und erleben. Und nun…
Ich hatte alle Vorbereitungen für den Cafébetrieb am Nachmittag (Öffnung ab 14.00) erledigt, da sah ich auf die Uhr. Erst 11.00, also drei Stunden „Freizeit“. Jürgen war am Vormittag wieder in seinem Keller und ging seiner Aufgabe als Troll nach.
Gerade als ich mit allem fertig war, stand er im Café, ich versuchte, ihn zu überzeugen, mit mir in die Pilze zu fahren, dazu war er jedoch nicht zu überreden. Ich fragte: „Oder weiter Geschichte erleben?“. Sofort saß er auf unserem „Gammla Sofa“ und wartete, dass ich begann. Und kurz darauf sahen wir uns an die Orte versetzt, die dort so naturgetreu beschrieben waren.
Das Gelesene machte mich so nachdenklich, dass es mich sofort Tagebuch trieb. Also sitze ich jetzt vor dem Laptop und bringe meine Gedanken zu Papier. Nein, das stimmt ja gar nicht. Satz für Satz haue ich in die Tastatur und verfolge auf dem Bildschirm, was ich da schreibe. Es geht wie von selbst. Ich denke kaum nach.
Die gelesene Geschichte schildert eine Suche und ein Finden. Beides aber hat nichts miteinander zu tun. Gefunden wurde etwas das Leben Verändernde gefunden und etwas bisher Geglaubte ließ es in einem ganz anderen Licht erscheinen.
Das eigene „Ich“ - plötzlich ist man gar nicht der, der man bisher selbst glaubte zu sein, aber im Inneren doch immer ahnte. Und das lag daran, dass man Gefühle, die einem wirklich gut tun, nicht leben durfte, man musste sie unterdrücken. Verletzende Vorgänge musste man geschehen lassen, man hatte keinerlei Einfluss auf ihren Verlauf, man war machtlos.
Aber wer gibt uns die Regeln des Lebens auf? Sind wir es selbst oder sind es die Menschen in unserer Umgebung? Menschen, die uns nahe stehen, die wir lieben? Nach dem lesen dieser Geschichte sind diese Fragen wieder in mir erwacht. Unakzeptanz und Unverständnis können ein Menschenleben zerstören, sogar auslöschen.
Nie ausgesprochene Worte führen zu Missverständnissen. Hass und Verachtung, selbst bei Menschen, mit denen man glaubte, eins zu sein. Mir wird bewusst, dass man gerade den Menschen, die man am meisten liebt, am schnellsten weh tut, weil man sich ihnen sooo sicher ist. Ist aber einmal das Herz des anderen verletzt, gar gebrochen, gibt es keine Heilung, nur Linderung des Schmerzes. Warum können wir nicht einfach Wünsche und Träume äußern, ohne dass man gleich für verrückt erklärt wird. Warum müssen wir erst sterben, dass Menschen, die wir lieben, auch uns lieben und endlich verstehen…
Lördag, 20.Juli 2013, jag har ….
Nein wir lassen es beim deutschen Schreiben, aus verschiedenen Gründen. Zum ersten ich bin noch nicht in der Lage, meine gesamten Gedanken in schwedischen Worten wiederzugeben, es wäre ein Zusammenwürfeln von Worten, die weder Sinn noch Verstand hätten.
So ist es zwar oft im wahren Leben, aber nicht in meinem, ich habe es ja „sortiert“, als ich hierher kam. Ich lebe nun bewusster und einfacher. Nicht Reichtum an Geld und Gegenständen macht das gute und glückliche Leben aus, nein, wie man lebt ist es, was uns lächeln lässt. Herzhaftes Lachen kann man mit keinem Gold der Welt aufwiegen, wäre es so, ich wäre nun, glaube ich, der reichste Mensch der Welt.
Ein weiterer Grund ist, warum ich heute schreibe, ist etwas, das ich gestern gefühlt habe, das möchte ich meinen Lesern nicht vorenthalten, vor allem aber soll es für jeden verständlich sein.
Gestern Abend blätterte ich im Internet unter Literatur eines mir bekannten Schreibers, ich fand etwas, das ich lesen musste. Schon nach den ersten Zeilen begann ich die weiteren in mich aufzusaugen. Ich war gefangen, gefangen einfach darum, weil ich diese Worte und Zeilen sofort in Bildern vor mir sah. Die Hauptperson war mir vertraut, ich glaubte fast, er selbst erzähle mir das, was ich da las. Personen, die in die Handlung eintraten, waren mir bekannt, als würden sie mir jeden Tag begegnen und als würde auch ich heydå sagen, wie es dieser Mann in der Geschichte tat. Ich druckte mir diese Geschichte aus dem Internet aus, nummerierte und lochte die Seiten, zog ein Band durch und schon lag ein kleines Buch in meinen Händen. Als Jürgen zu mir kam, war es das erste, was ich ihm zeigte.
Wir waren uns beide sofort einig, dass wir diese Geschichte nun gemeinsam lesen, am Abend, was sag ich: in der Nacht. Als wir endlich nach Hause kamen, kochten wir uns einen Tee, eine Tüte mit gerade gekauften Leckereien auf den Tisch, ich aufs Sofa und Jürgen in den Sessel, dann begann ich zu lesen. Jetzt begann auch Jürgen diese Geschichte zu erleben. Ich las 35 Seiten vor, wir beschlossen mein selbst gebundenes Buch zuzuschlagen und morgen am Abend weiter zu lesen.
Heute am Morgen, beim Frühstück, sagte ich: „Lass den Tag schnell vergehen, ich will diese Geschichte weiter erleben!“ Jürgen geht es ebenso, auch er freut sich darauf und will wissen, wie es dem Mann in der Geschichte erging.
Ich denke, ich werde heute nicht nach 35 Seiten aufhören, ich will mit dieser Geschichte einschlafen und so dieses schöne Leben, das ich gerade führe, am nächsten Tag noch bewusster weiter leben….
Es ist immer noch Mittwoch, der 17. Nun schreibe ich doch öfter als gedacht in mein Tagebuch. Ich glaubte, es gibt im Moment nichts mehr zu schreiben, aber dann brachten mich die Ereignisse der letzten Zeit in dem kleinen Örtchen Bråbo/Småland zum Nachdenken.
Ich denke, selbst Erlebnisse, die mich in meiner Vergangenheit stark verletzt, mich sogar gedemütigt haben, haben aus mir gemacht, was und wie ich heute bin.
Ich bin zufrieden und glücklich, kleine Wehwehchen sollte man nicht erwähnen und schon gar nicht jammern. Es gibt Menschen, die ein großes Leid ertragen müssen, und wir jammern wegen Kopfschmerzen oder wenn wir uns auf den Finger hauen. Gerade in den letzten Tagen ist mir das wieder bewusst geworden. Ich erlebe hier Dinge, von denen ich nie zu träumen gewagt hätte.
Meine Einstellung zu Vielem hat sich um 180 Grad gedreht. Was mir einst so wichtig und notwendig war, übersehe ich heute und lege es zur Seite.
Man muss sich einfach mal die Zeit nehmen und in seiner sogenannten Schatzkiste kramen, ob da nicht wertlose Stücke dabei sind, die man behütet, die aber den Aufwand nicht wert sein. Als ich den alles verändernden Schritt tat, den Schritt nach Schweden, habe ich eine Inventur in meinem Leben gemacht. Angefangen beim Kleiderschrank, bei Literatur über Möbel bis hin zu Freunden und Bekannten. Ja richtig, auch Freunde wurden aus sortiert, denn mit der Bekanntgabe meines Vorhabens wurde ganz schnell klar, wer Freund und wer nur vorübergehender Lebensweg-Begleiter war, denn Freunde hat man sein ganzes Leben lang, nichts kann sie trennen.
Kann man Freunde eigentlich beschreiben? Nein, sie passen in keine Schublade, in kein Schema, sie sind einzigartig und unersetzbar. Ich wage auch zu behaupten, dass es nur einen wahren Freund oder Freundin gibt, bzw. zwei. Ich habe zwei Freundinnen, Sunny und Ilona.
Mit Sunny bin ich geistig so verbunden, wie man sich kaum vorstellen kann. Wir fühlen, wenn es dem anderen schlecht geht, er Hilfe und Rat braucht. Leider sehen wir uns nicht mehr, sie glaubt die Reise hierher aus gesundheitlichen Gründen nicht zu schaffen. Wenn ich in Deutschland bin, werde ich wieder zu ihr fahren, denn sie fehlt mir. Ich hoffe, dass sie eines Tages doch einen Besuch bei mir hier in Schweden schafft. Oft muss ich an vergangenes Erlebtes denken.
Und dann ist da Ilona, ich habe ja schon des Öfteren von ihr geschrieben. Sie war auch schon einige Male hier, sie musste doch wissen, wie und wo ich lebe. Im September kommt sie wieder. Später lebt sie ja dann für immer hier und wir werden sicher Einiges miteinander erleben, was ich dann ins Tagebuch schreiben werde.
Auf diesem Wege will ich Ilona auch mal ganz doll „Danke“ sagen – dafür, dass sie an mich und mein Vorhaben hier immer geglaubt hat! Jederzeit ist sie für mich erreichbar. „Wozu gibt es denn sonst das Internet?“ Sie ist eine Freundin, eine richtige Freundin, nach allen Regeln, die eine Freundschaft ausmacht. Im Moment hat sie aber viele Sorgen, ihre Mutter ist sehr krank und sie muss hilflos daneben stehen. Gerne wäre ich in dieser Situation bei ihr, um sie einfach in den Arm zu nehmen.
Sie soll sich in diesem Moment gerade mal ganz doll gedrückt fühlen! Richtig machen wir das, wenn wir uns in ca. 6 Wochen sehen.
Ich schaue aus dem Fenster und sehe, wie die Abendsonne in den Birkenkronen ihre Strahlen golden auf den Blättern ablegt. Der Tag geht zur Ruhe, auch ich werde nun den Feierabend genießen ..
Mittwoch, 17.Juli 2013. Astrids Café und Restaurant haben Ruhetag.
Meine Übernachtungsgäste sind heute nach Gotland gefahren, sie kommen in der Nacht zurück, zum Frühstück sind sie wieder hier. Ich kümmere mich um meine Buchhaltung, um die Herrichtung der Zimmer für die neuen Gäste, die morgen anreisen, und versorge nebenbei Tommy, Andre und Jürgen mit Kaffee und einem kleinen Imbiss.
Jetzt habe ich mich auch mal hingesetzt und mir eine Tasse mit Eiskaffee gemacht. Keiner da, nur ich und der Lappi, na, und was mache ich da… Ich schreibe in mein Tagebuch.
Eigentlich gibt es nichts Aufregendes zu berichten, und so nehme ich einfach mal mein Gästebuch zur Hand und kopiere einige Einträge daraus. Die Gäste, vor allem Kinder, holen es gerne zu sich an den Tisch, um darin eine Notiz zu schreiben oder ein Bild zu malen. Ich kopiere den Eintrag einer großen Familie, ich fand ihn echt schön, als ich am Abend das Buch aufschlug und dieses Bild entdeckte.
Ich fand auch ein paar Zeilen meiner Gäste aus Amerika. Sie haben mir versprochen, wieder zu kommen. Da es zwei ganz liebe Gäste waren, glaube ich auch daran. Es gibt viele Beiträge von Gästen, die mich im vergangenen Jahr noch in meinem kleinen Cafè besuchten und sich über die Entwicklung freuen, dass jetzt ein Cafe und Restaurant mit meinem Namen in Bråbo zu finden ist.
Ich sitze direkt am Fenster, und die Sonne scheint heiß durch die Scheibe, es brennt auf meinem Arm. Nur gut, dass wir hier im Haus eine Klimaanlage haben, denn die Temperaturen liegen im Moment bei 28-30 Grad. Die Luft steht, und eine Schwüle macht sich breit, mein Kopf signalisiert Gewitter. Ich hoffe, es wird nicht schlimmer, Kopfschmerzen kann ich im Moment überhaupt nicht gebrauchen. Ich habe so viele Ideen, die durchdacht, geplant und berechnet werden müssen. Ein weiterer Grund, dass ich mir für heute eine Pause verordnet habe. Alles mal wieder runter fahren und auf Neustart gehen, dann lösen sich Probleme beim PC, mal sehen ob es im wahren Leben auch so ist.
Ich habe ja berichtet, dass wir unser kleines Häuschen modernisieren wollen. Innentoilette und Dusche stehen als Erstes auf dem Plan, dazu brauchen wir viele Genehmigungen, und dann muss noch besichtigt und vermessen werden. Aber die Ämter machen „Semester“, so heißt hier der Urlaub. Und der Urlaub der Ämter dauert oft 4-6 Wochen, uns dagegen läuft die Zeit davon.
Das ist ja das, was ich im Normalfall an den Schweden so mag: Nichts bringt sie aus der Ruhe. Geht es aber um so wesentliche Dinge wie Bewilligungen (hier Beschluss genannt), werde ich schon etwas nervös und ungeduldig. Naja, auch der schönste und längste Urlaub geht mal vorbei.
Jürgen ist zurzeit ein „Kellertroll“. Aus einem ganz niedrigen Keller, der immer feucht war, soll ein fast normaler werden, vor allem soll er trocken werden. Er verlegt Drainagerohre, nachdem er zuvor Gräben geschaufelt hat. Die Arbeit ist unbequem und schwer, am Abend hat er „Rücken“. Ich denke diese Arbeit ist ein Startschuss für weitere Aufträge solcher Art, denn diese „Kriechkeller“ sind hier die Normalität. Alte Häuser wurden hier fast ebenerdig auf einem niedrigen Feldsteinfundament gebaut. In der Vergangenheit waren die Vorratskeller oft im Nebengebäude in Verbindung mit den Stallgebäuden, andere hatten nur kleine Räume unter dem Haus, zugänglich durch eine Holzklappe im Boden des Hauses. Diese kleinen Räume - mitunter gerade ein Meter im Quadrat - waren komplett aus Fels gemauert und darin herrschten immer kühle Temperaturen, gerade richtig für alle Vorräte.
Soeben klopfte es an meiner Tür, ich habe ja geschlossen, ich ging zur Tür, es war Ehra mit ihrer Schwester und ihrem Sohn. Ehra ist eine ältere Dame von etwa 90 Jahren, in ihrem Garten machen wir Alltjänst (das heißt, wir pflegen ihn). Sie kam mit einer sehr traurigen Nachricht. Nils, ihr Mann, ist verstorben, er war 93 Jahre und sehr krank. Wir haben ihn begrüßt, wenn wir zu ihnen in den Garten kamen. Er lächelte immer, trotz der Last seiner Krankheit.
Ich bin im Moment sehr traurig, obwohl ich wusste, dass dieser Tag kommen musste, er kommt für jeden, der Tod gehört zum Leben. Ehra hat den Wunsch geäußert, dass ich mich um die gastronomische Versorgung der Gäste kümmere, die zur Beisetzung kommen. Es wird eine große Beisetzung, denn Nils arbeitete bei der Bank und war bei allen sehr beliebt. Sie sagte mir, ich müsse sicher mit 70 Gästen rechnen. Es ist selbstverständlich, dass ich ihr diesen Wunsch erfülle.
Wir haben ein Menü zusammen gestellt, um an diesem Tag für Nils einen schönen Abschied zu organisieren.Meine Idee war, sein Lieblingsgericht den Gästen anzubieten, „Lachs“, und das machen wir nun auch.
Ich merke, dass ich das Tagebuch für heute schließen sollte.
"Mach's gut, Nils! Hejdo!"
16.7.2013
Schweden in Farbe….
Heute musste ich nach Högsby zur Bank. Auf dem Weg dorthin kam ich an den Stellen vorbei, wo ich im vergangenen Jahr viele Pfifferlinge gefunden hatte. Ich dachte nicht lange nach, ich entschloss mich anzuhalten und zu schauen, ob auch in diesem Jahr dort welche zu finden waren. Tatsächlich: noch mehr als im letzten Jahr waren in kürzester Zeit in meinem Korb. Morgen gibt es für meine Gäste Kassler, Potatis-Ecken und Pfifferlinge.
Als ich dann weiter fuhr, fiel mir auf, dass die Blumen, die zur Zeit blühen, in der Hauptsache gelb waren, und so begann ich, die Monate nicht mit ihrem Namen zu nennen, sondern benannte sie mit Farben:
Weiß, das ist die Farbe des Januars. Alles tief verschneit und zauberhaft schön.
Ein gläsernes Weiß, so ist der Februar. Verharschte Schneedecken, die in der Sonne glitzern, schöner kann es kein Diamant. Läuft man darüber, bricht diese gläserne Decke unter den Füßen.
Grün, zart und matt, vermischt mit den weißen Resten des Winters, so kommt der März daher. Zum Monatsende kommt die erste richtige Farbe ins Jahr: leuchtend gelbe Winterlinge.
Blau-Anemonen am Waldesrand, Krokusse im Garten geben sich mit den Schneeglöckchen ein Stelldichein. Mit April ist der Farbtopf fürs Jahr geöffnet.
Rot und Gelb, die Farben der Tulpen und Osterglocken, die an den Wegen zum Haus Parade stehen, ebenso die über und über mit gelbem Löwenzahn bedeckten Wiesen zeigen uns: wir haben Mai.
Lachsfarben und Blau, der Juni. Zeit der Lupinen, sie säumen die Straßenränder, im Hintergrund sattes Grün der Wälder.
Gelb, so weit das Auge blickt. Rainfarn, Greiskraut, Labkraut und Hornklee. Mehr Farbe des Lebens geht nicht. Ab und zu sind Kamille und Margeriten lustige Begleiter, sie runden den Juli ab. Selbst der Wald beginnt Farbe zu zeigen. Aus dem Moos heraus leuchten gelbe Pfifferlinge.
Rot, die Farbe des Augustes. Fliegenpilze mit kleinen weißen Tupfen, Karthäusernelken (als Klosternelke bekannt), Weidenröschen, Wiesenklee und leuchtend roter Mohn. Das Auge saugt die Masse an Farbe auf. Im Wald Preiselbeeren saftig und rot.
Orange und Crem, der September kommt. Ringelblumen, eine der Lieblingsblumen der Schweden, ebenso die Hydrangea (Hortensie), die als Strauch, aber auch als Baum hier in fast jedem Garten steht. Sie ist ein Wunder der Natur. Mit den Monaten wechselt sie ihre Farbe und passt sich somit dem Jahr an.
Braun, nun geht es los, der Oktober schüttet den Farbtopf aus. Goldbraune Rostfarben und kupfern leuchten die Blätter an den Bäumen. Die Kastanien schauen aus ihrer stachligen Behausung. Der Farn der so lange viele Grüntöne hatte, wird nun braun. Steinpilze und Maronen lösen die Pfifferlinge auf dem Waldboden ab.
Grau, das ist der November. Wiesen und Wälder liegen unter einer Nebeldecke. Die Seen atmen tief und bereiten sich auf den Winter vor. Man glaubt, es ist traurig und deprimierend, nein, es ist eine magische Zeit.
Grün, satt und schwer, das ist der Dezember, die Zeit der Tanne. Schwer behängt mit dickem Nadelkleid und großen Zapfen stehen sie da und warten auf ihre Zeit als Weihnachtsbaum.
Die Natur mit solchen Augen zu sehen, sie so bewusst zu spüren, ist wunderschön. Ohne sie wäre die Welt traurig und leer. Ich denke, wir müssen sie beschützen und so ihre Farben auf dieser Welt bewahren. Unsere Kinder und Kindeskinder sollen ebenso eine Fahrt oder einen Spaziergang machen können, wie ich es heute getan habe, und genau wie ich lächelnd durch die Natur gehen und all dies in sich aufsaugen, denn es tut ….. …richtig gut!
15.7.2013
Eine Geschichte, die das Leben schrieb…..
…sie klingt unglaublich.
Gerade habe ich von unserer Ausreißer-Kuh berichtet, sie wurde zurück auf den Hof gebracht.
Bauer Tord, der die Kuh in seinem Stall auf genommen hatte, bemerkte ein eigenartiges Verhalten an ihr. Er sagte, sie habe eine innere Unruhe in sich, die darauf schließen ließe, sie habe ein Kalb geworfen, wahrscheinlich eine Totgeburt, denn die Kuh sei bereits 14 Jahre alt.
Wir glaubten also, sie suchte ihr totes Baby, als sie ausriss. Aber es war alles ganz anders….. Sie lebte zuvor in Berga auf einem riesigen Areal, das aus Wald und Wiesen bestand, in einer Herde von 150 Tieren. Die trächtigen Kühe kalben in freier Natur und ihre Kälber bleiben oft 2-3 Tage oft verborgen. Da sie alleine auf der Koppel stand, wurde sie verladen und kam zu uns. Aber sie hatte ein frisch geworfenes Kalb, das ahnte niemand beim Verladen der Kuh.
Als sie bei uns ankam, verlangte ihr Mutterinstinkt nach ihrem Baby, so können wir uns jetzt das Geschehene erklären und verstehen. Als wir das begriffen, setzten wir sie in einen Tiertransporter, sie ging geradezu freiwillig in den Laderaum, sie wusste sicher, nun kommt sie zurück zu ihrem Baby…. Hoffentlich nicht zu spät. Es waren 3 Tage her, als sie das Kalb verlassen musste. In Berga auf der Weide angekommen, wurde die Laderampe wurde herunter, sofort lief sie aus dem Hänger in den Wald … und sie kam zurück … mit ihrem Baby.
Es hatte die drei Tage gut überstanden, ohne Milch und vor allem ohne Mama, es wartete auf die Rückkehr von ihr. Beide sind wieder glücklich vereint.
Gerade erst geboren und gleich geht das Leben aufregend los … Mir hat das Geschehen der letzten zwei Tage Gänsehaut verpasst, ich denke, dass es auch so einigen Lesern ergehen wird.
15.7.2013
24 Stunden voller Ereignisse sind vorbei. Wir hatten ja unsere Highländer bekommen, die Herde war auf 10 Tiere angewachsen. So eine Herde wird von einer Leitkuh geführt, es ist ein stattliches Tier von ca. 16 Zentner. Aber unsere Herde hatte zwei. Eine musste die Unterlegene sein, und sie war es auch schon immer, wie uns der Eigentümer sagte, und so beschloss sie, gestern am späten Abend, die Herde zu verlassen. Einfach so: die 16 Zentner über den 1,20 m hohen Zaun und los. Mein Respekt solchen Tieren gegenüber ist nun komplett. Und so machte sich die Kuh auf den Weg, eine neue Herde zu finden, und das gegen 22.00 Uhr… Na toll….
Also los und Cowboy spielen. Wie vom Erdboden verschluckt war sie, es wurde langsam dunkel, zwar nicht so richtig, aber finde mal eine schwarze Kuh, nicht gerade die idealste Bedingung. Uns wurde auch noch gesagt, dass wir unbedingt Abstand zu ihr halten sollen, denn diese Tiere mögen keinerlei Bedrängnis. Gegen 23.30 haben wir sie dann gefunden, und sie ihre „neue Herde“. Aber….da gab es schon ein Leittier, einen mächtigen Bullen. Da diese Herde aus weißen Kühen besteht, fiel unsere Ausreißerin sofort auf. Weil wir jedoch in der Nacht nichts mehr erreichen konnten, beschlossen wir, sie erst einmal auf dieser Weide zu lassen und erst am nächsten Morgen weiter Wildwest zu spielen. Wobei das Ganze nichts mit einem Spiel zu tun hatte, das wurde uns nun allen klar.
Tags darauf kamen uns zwei richtige Rinderzüchter zur Hilfe, mit Unterstützung eines anderen Tieres führten sie unsere Kuh zurück auf unsere Weide, zurück zu ihrer angestammten Herde. Keine zwei Stunden später war sie wieder in Freiheit.
Diesmal entschied sie sich jedoch, eine Runde durchs Dorf zu machen. Im Garten von Andre machte sie Rast, und unser Rinderzüchter Bauer Tord sah sie dort stehen, sein Bauernhof liegt genau gegenüber, so konnte er sie mit Helfern seines Hofes in eine Stallanlage treiben, die zur Zeit leer steht, da seine Tiere alle auf den Koppeln sind. Bråbo war nun wieder sicher vor unserer Weltenbummlerin. Stephan, der Eigentümer, von dem wir sie bekommen hatten, kam mit einen Jeep und Transporter, um sie wieder in ihre alte Heimat zu holen.
Da sagte Bauern Tord etwas Besonderes zur Kuh: Sollte sie den Drang nach Freiheit weiterhin verfolgen, werden wir sie sicher bald wieder sehen …. … in Form von…. „Saftigem Highländersteak“.
Im Café hatte ich mächtig zu tun. Viele Gäste - neben meinen Übernachtungsgästen - waren gekommen. Am Abend betraten zwei Wanderer das Café. Sie waren total auf geregt und mit ihren Kräften am Ende. Sie wollten zuerst einmal nur „Wasser“, nachdem sie das getrunken hatten, begannen sie zu erzählen.
Sie waren hier in einem Ferienhaus in Urlaub, Gott sei Dank kannten sie wenigstens dessen Namen. Am Morgen machten sie sich zu einer Wanderung auf, um die Gegend zu erkunden, das geschah so ausgiebig, dass sie sich dabei verliefen. Erst am Abend kamen sie hier an und wussten nicht mehr weiter.. Andere Gäste erklärten sich bereit, mit ihnen im Auto umherzufahren, um das Haus zu suchen. Sozusagen „die Nadel im Heuhaufen“ . Zum Glück kam Tommy, ich nannte ihm den Namen des Hauses, und er wusste, wo es steht. Klaus, ein Gast, lud die zwei Überglücklichen in sein Auto und brachte sie in das ca. 8 Kilometer entfernt stehende Ferienhaus.
Ohne Wasser, ohne Handy hatten sich die zwei auf den Weg gemacht. Ich denke, in Zukunft ist das wohl das Erste, was sie einpacken, wenn sie das Haus verlassen und vor allem: sie werden sich an vorgeschriebene Wege halten. Worte, die ich meinen Gästen der Pension immer ans Herz lege, wenn sie das Haus verlassen, um auf eine „Promenade“ zu gehen.
Sie sind da ….. die Highländer!
Heute Mittag kam Tommy ganz aufgeregt ins Kontor. „Kommt schnell… Sie kommen… unsere Rinder kommen…“ Ein aufregender Moment! Natürlich sind wir sofort losgefahren, um vor Ort zu sein, wenn sie ankommen.
Keine Minute zu früh. Das Auto mit den ersten Tieren kam an, fuhr rückwärts ans Koppeltor und schon hörte man das kräftige Trampeln der Tiere. Die Klappe wurde geöffnet und drei wunderschöne Tiere kamen ans Tageslicht, sie flößten sofort Respekt und Bewunderung ein. Ohne zu zögern gingen die drei Tiere los, um die neue Umgebung zu erkunden. Nach etwa 10 Minuten rief der Besitzer ein paar Worte mit einem gewaltigem Ton und die Highländer kamen zurück .
Jetzt ist auch der „Boss“ der künftigen Herde da, ein Bulle. Ein Tier das Kraft und Wildheit in geballter Masse verkörpert.
Ich denke, ich werde jetzt sicher wieder öfter einen Abendspaziergang oder Fahrt machen, egal wie spät oder wie viel Zeit ich habe, ich nehme sie mir einfach.
Nun zur vergangenen Nacht. Wie vermutet, regnete es und das ganz schön heftig, so dass alles wieder frisch und von Staub befreit ist. Ich ging erst so gegen 23.00 Uhr ins Bett, schlief schnell ein, aber um halb drei war ich wach, hellwach, ich drehte mich in meinem Bett hin und her. Plötzlich sagte Jürgen: „Kannst du auch nicht schlafen? Und wartest du auch, dass der Pieper wieder anfängt mit seinem Geträller?“ Im Gegensatz zu mir nervt ihn der Gesang in der Nacht, ich finde es beruhigend.
Und wie bestellt ging ein Geschrei los. Es war der Singschwan, aber nur einer, wir haben ein Paar hier auf einem See im Reservat. Einer bewacht die Jungtiere, sie sind noch leicht Beute für den Fuchs. Mit dem Geschrei erwachte die gesamte Vogelwelt in Bråbo und Umgebung.
Ich bin hinunter gegangen, habe für Jürgen einen Kaffee und für mich einen Pott Tee gekocht und wieder ab ins Bett, mit dem Gedanken, na, danach schlafen wir wieder ein. Nix war mit schlafen! Als sich der Wecker bemerkbar machte, verließen wir das Bett und gingen hinüber ins BEF, um das Frühstück für die Gäste vorzubereiten. Nach deren Abreise hoch und die Zimmer wieder für neue Gäste machen, dann kam, wie bereits gesagt, Tommy mit der tollen Botschaft. Jetzt muss ich noch einkaufen fahren. Auf dem Rückweg einen Stopp am Waldesrand, will wieder eine Mahlzeit Pilze sammeln und dann zu den Highländern, um zu sehen, wie ihnen der erste Tag in ihrer neuen Heimat bekommen ist. Zum Abendessen gibt’s sicher wieder eine schöne Portion Pfifferlinge und dann ist mal Feierabend. Oder auch nicht, wer weiß, was noch so kommt.
Davon berichte ich morgen, denn am Wochenende habe ich volles Haus, das Tagebuch bleibt dann zu. Am Samstag gibt’s hier ein Rockkonzert, mal sehn wie es wird, davon mehr, wenn alle Gäste wieder abgereist sind.
Und wieder ist eine halbe Woche rum, Mittwochabend, nach 22.00 Uhr, gerade sind wir aus dem Restaurant gekommen. Es sind Übernachtungsgäste da, kurz entschlossen bestellten sie Lachs zum Abendessen, also flink in die Küche und ein Abendessen gebrutzelt. Währenddessen trudelten weitere Gäste ein, sie wollten Eis und Säfte. Sie setzten sich vors Cafe in die noch kräftig scheinende Sonne, Wanderer, die hier Rast machten.
Plötzlich hörte ich ein eigenartiges Geräusch, es war von einem Motor, ich sah nach draußen. Da fuhr eine etwas ältere Frau mit einem dreirädrigen Moped vor, es ist aus dem Jahre 1960, fast so alt wie ich. So ein Gefährt sah ich zum ersten Mal, einfach cool, was hier so noch auf den Straßen so herum fährt, und vor allem noch so gut in Schuss ist. Sie bestellte einen Salatteller und Schinkentoast, na das machte ich doch auch schnell noch, vor dem Nach-Hause Gehen, denn eigentlich hatte ich ja schon seit 17.00 Uhr geschlossen.
Da mir die Arbeit großen Spaß macht, macht es mir nichts aus, auch um diese Zeit für einen Gast etwas zu zaubern. Mit Worten und Gesten kommt so viel Dank rüber, dass ich mich darüber sehr freue. Morgen werde ich mal aus meinem Gästebuch einiges, was die Gäste geschrieben und gezeichnet haben, kopieren und in meinem Tagebuch zeigen.
Schnell noch ein paar Worte mit Ilona im Internet gewechselt, damit ich weiß, wie es ihr geht, denn Kummer und Sorgen gehen auch an ihr nicht vorbei. Es wird Zeit, das sie ihre sieben Sachen packt und hier her zu uns kommt…für Immer… Wenn sie Pensionärin ist, wird sie zu uns kommen und mit uns gemeinsam das Leben in Schweden leben. Ich freue mich schon riesig darauf, sie ist ein sehr wichtiger Mensch in meinem Leben und gehört zu mir. Sie ist nicht nur Freundin, sie ist so was wie eine Schwester für mich. Schon vor Jahren gaben wir uns das Versprechen, im Alter füreinander da zu sein.
Jürgen war heute den ganzen Tag mit Rasenmähen beschäftigt, kümmerte er sich um die Grundstücke in Bråbo, die uns gehören. Wenn er so weiter macht, können wir hier bald einen Golfplatz anlegen, die Rasenflächen sehen schon fast so aus. Selbst bei uns am Haus wird es langsam ein schöner Rasen. Er war bisher sehr dünn und schilfig, nun aber wird es ein Teppich aus sattem Grün.
Es war heute sehr warm und nun ist es schwül, ich denke, in der Nacht wird ein Gewitter über uns ziehen und Abkühlung bringen. Meine Gedanken kreisen zurzeit um unser Familienmitglied „Haus“, ich schrieb ja im vergangenen Jahr, wie es in unsere Familie kam. Wir haben es lieb gewonnen und wollen es modernisieren. Da es nur eine Außentoilette hat, ist es notwendig und seit ein paar Wochen auch ein „Muss“.
Die Woche geht zu Ende, Sonntag, es ist schon wieder spät, weil es hier aber nicht dunkel wird, kann man sich einreden, dass es Nachmittag ist.
Um 7.00 Uhr klingelte der Wecker, wach war ich schon seit ca.drei Stunden, denn dann fangen die Vögel mit ihrem Gesang an. Ein schöneres Wecken, kann man sich nicht vor stellen, aber so mitten in der Nacht, na ja .. Ein paar Minuten noch „Wachwerden“ und dann aus dem Bett, Jürgen wecken mit einem Pott Kaffee, und dann auf zumBEF.
Gemütlichfrühstücken und dabei den Tagesplan aufstellen. Sonntags öffne ich um 14.00 das Cafe, also noch ist Zeit. Kurz auf die Buchhaltung schauen und ins Internet, ob neue Buchungen gekommen sind, ja, 8 Gäste haben sich angemeldet.
Mir wird klar, dass „meine Zeit“ damit weniger wird, als sie ohnehin schon ist, daher kam mir ein spontaner Entschluss. „Jürgen, wir gehen in den Wald“ sagte ich. Er sah mich an, als würde ich von Außerirdischen reden. „Du in den Wald - dazu hast du doch keine Zeit“, antwortete er und war sprachlos, als ichsagte: „Komm, wir gehen sofort los.“
Zwei Flaschen Wasser eingepackt und los ging’s. Heute sollte es warmwerden, und so wurde es. Kaum 100 Meter gelaufen, spürte ich es, aber der Drang nachNatur, Freiheit und Pilzen konnte mich nicht bremsen. Schon nach 10 Minuten hatte ich die ersten Pfifferlinge – Kantareller auf Schwedisch – in meinem Korb.
Die Pilzjagd war eröffnet, Mücken undFliegen hatten zufällig den gleichen Weg wiewir. Rechtzeitig hatten wir uns mit Teebaumöl eingerieben, so haben sie wenigstens den direkten Hautkontakt mit uns vermieden, kreisten aber immer um uns herum.
An den Wegrändern leuchtet es unter Blättern rot hervor. Walderdbeeren .. sie sind besonders süß und lecker. Ebenso die Blaubeeren, sie hängen in Massen in dem dichten Grün, das den gesamten Waldboden bedeckt.
Na und die Pilze nicht zu vergessen, bei unserer Runde, die 1,5 Stunden dauerte, fand ich eine tolle Mahlzeit für uns Zwei.
Auf dieser Runde kamen wir an einer Stelle vorbei, wo sich zwischen den Birkenzweigen im Hintergrund eine große Fläche in Weiß zeigt… Wollgras… soweit das Auge sehen kann... Beeindruckend schön!
Nach dem Spaziergang ging’s entspannt ins Café. Musste ja noch Torten backen.
Zwei „Bananen-Sahne-Torten wurden gerade fertig, da kamen schon die ersten Gäste, sofort begann der Torten-Anschnitt, weitere Gäste folgten und so verging derNachmittag. Jetzt kamen auch meine Pensionsgäste, sie hatten Abendessen bestellt: „Potatis, fläsk, grönsacker, salad, torta och kaffee“.
Unser Abendessen war aber auch nicht schlecht: ein Pilzgericht. Anschließend Küche von den täglichen Arbeitsspuren befreien und dann Feierabend… Aber nein.
Wir hatten Torbjörn versprochen, seinen Rasen zu mähen, der bereits eine Wiese mit hohem Gras war. Also marsch auf den Weg und eine Stunde mit Mücken und anderem Getier den Sonntag-Abend verbringen.
So, endlich geduscht und vom Tag gezeichnet, ebenso von den Mücken, am Abend war die Wirkung des Öls wohl gleich Null. Jetzt sitze ich an meinem Schreibtisch mit dem Blick aus dem Fenster, ich schreibe meinen heutigen Tag in „Mein Schweden-Tagebuch“.
Verändern …ja was will ich verändern, es hat sich bereits Vieles verändert. Ich wollte keinen Partner mehr an meiner Seite, ein Vorhaben; welches aus meiner Vergangenheit heraus entstanden ist…aber Jürgen kam in mein Leben. Mein Leben war zu Ende und unser Leben begann. Es ist schön, aber auch anders. Wir planen gemeinsam, wobei ich die Pläne und Ideen bereitstelle und Jürgen mir bei der Umsetzung hilft.
An Altem fest halten…das ist mir wichtig…denn…die alte Geschichte der Schweden ist auch meine Geschichte. Ja, merkwürdig: 56 Jahre und von eigener Geschichte reden. Ja das tue ich, Jeder hat seine Geschichte, Historie heißt das hier in Schweden. Viele alte Dinge, Handwerk und Arbeiten in der Landwirtschaft oder im Haus sind die gleichen, wie ich sie in meiner Kindheit kennen gelernt und ausüben musste.
Die alten Bauern schmunzeln, wenn ich davon erzähle, wie ich Arbeiten auf dem Feld oder Hof - hier heißt das „Farm“ (hört sich gut an oder?) - erledigt habe. Sie können es sich nicht vorstellen, dass ich das alles bereits als Kind tun musste. Weil ich ihnen aber vieles davon auch vorführen kann, wissen sie, dass ich die „Geschichte der Astrid“ erzähle: meine „Historie“.
Vor diesem Hintergrund beginnen wir jetzt alte Acker- und Wiesengeräte aufzufrischen und zeigen sie dann in einem kleinen Landwirtschaftsmuseum im Garten meines kleinen Cafés den Touristen, Durchreisenden und den Gästen meines Cafes und Restaurants. Schilder an den Geräten sollen mitteilen, welche Dienste diese Dinge in damaliger Zeit leisteten. Ich hoffe auf Fotos aus der vergangenen Zeit, die ich mir von den älteren Einwohnern erbeten habe, um sie mit einer Beschreibung in Schaukästen im „Gammal Trädgård“ anzubringen.
Freitag 5.Juli 2013, 21.40.
Ruhe im Haus, Ruhe in ganz Bråbo, heute nehme ich mir mal meine Zeit.
Gerade habe ich noch eine Maschine Wäsche gewaschen und aufgehängt. Es sieht aus, als bliebe es in der Nacht trocken, und ich kann die Wäsche am Morgen abnehmen. Ich hatte in den letzten Tagen viele Pensionsgäste, somit auch viel Wäsche.Morgen reist wieder eine Familie an, mit einem Sohn 4 1/2 Jahre alt, da kann ich wieder etwas von meinem Oma-Drang ablassen.
Jürgen und Joel waren heute auf der Koppel, die Arbeit am Zaun abschließen, denn am Wochenende sollen endlich die Highländer kommen, Mann, bin ich aufgeregt. Es ist eine Herde aus Muttertieren mit Kälbern.
Seit zwei Wochen soll es viele Pilze geben, ich werde auch dafür Zeit abknapsen müssen. Ich habe bereits Korb und Messer im Auto, immer im Glauben, eine halbe Stunde findet sich da schon….. Aber ich habe sie noch nicht gefunden.
Am BEF auf dem Grundstück, steht eine kleine Scheune, hier Stuga genannt. Ich habe beschlossen, darin einen kleinen Laden einzurichten, für Dinge, die ein Mensch nicht braucht, aber haben will und kauft. Angefangen von bemalten Briefkästen über lustig bepinselte Vogelhäuser, Namen- und Türschilder, alle mit der künstlerischen Note „Astrid“, Wandleuchten aus Metall und was mir sonst noch so einfällt und mir fällt viel ein. Ob es immer gut ist, frage ich mich selbst manchmal, aber dann habe ich wieder neue Einfälle und trauere den misslungenen Dingen nicht nach. Bilder will ich auch wieder malen, in orginellem Rahmen montiert. Ich hoffe ich, dass auch diese Käufer finden.
Wird sicher eine süße kleine „Schnökerscheune“, ob es dieses Wort auf Schwedisch gibt, weiß ich nicht. Ich lasse mir schon noch einen tollen Namen einfallen, so dass die Vorbeifahrenden und die Besucher des Cafés oder Restaurants neugierig werden und hereinschauen.
Unser Wikinger ist nun seit dem 27.Juli verheiratet. Anna und Torbjörn sind auf Hochzeitsreise. Wir versorgen die Katzen, Blumen und den Garten, somit ist der Abendspaziergang gesichert. Zu Beginn der nächsten Woche kommen sie zurück, dann werden wir wieder einen gemütlichen Grillabend zusammen verbringen und Pläne für den Winter machen.
Heute ist der 29.Juni 2013. Die Zeit vergeht, das sehe ich besonders daran, dass Jürgen nun auch schon 1 Jahr hier ist. Am 10 Juni 2012 kam er am Abend in Nässjö mit dem Zug aus Deutschland hier an, er kam und blieb.
Das mit dem Kennenlernen im Winter, so wie wir es uns vorgenommen hatten, hat nicht so richtig funktioniert, immer wieder kam etwas dazwischen, so haben wir es auf den nächsten Winter verschoben. Es klappt aber ganz gut mit uns, bis auf ein paar Meinungsverschiedenheiten und mit kleinen Reibereien, wenn mal einer einen schlechten Tag hat, aber wir kommen gut zu recht.
Er hat nun auch Arbeit, sie heißt hier „Alltjänst“. Alle Arbeiten, die bei den Auftraggebern an deren Häusern anfallen, übernimmt er, egal ob Rasen mähen, Holzarbeiten an den Häusern oder andere Dinge.
Oh Mann, wie lange war ich nicht aktiv, aktiv im Sinne von Berichterstattung in meinem Tagebuch. Doch jeder Tag fordert mich neu und lässt mir keine Zeit mehr für Dinge, die ich sonst für wichtig empfand, sie sind auch wichtig, aber ich muss sie hinten anstellen.
Zur Zeit ist die Arbeit das Wichtigste. Ich habe ja im Mai mein großes Café und Restaurant begonnen, angefangen von Einrichtung bis hin zur kompletten Außenanlagen-Gestaltung, mit Bänken und Tischen, Blumenkästen und Rasenflächen. Im Haus sind im Obergeschoss Pensionszimmer, auch diese wurden nun komplett neu eingerichtet und hoteltauglich gemacht. Da wir uns über ein großes Buchungsnetz (Booking.com) in der ganzen Welt präsentieren, soll es auch mit anderen Unterkünften mithalten … und es hält. Die Buchungen beweisen es, Gäste aus England, Japan und Spanien gehörten bereits zu unseren Gästen. Also diese Arbeit hat sich schon mal gelohnt. Im Restaurant habe ich nun auch des Öfteren große Gruppen, sie kommen, um Seminare und Kurse abzuhalten, und da bieten sich die Zimmer natürlich an, wenn Übernachtungen benötigt werden, eine Kombi dieser Einrichtung ist hier in Schweden sehr willkommen.
Habe ich dann solche Buchungen, wünschen sie meist Abendessen und Frühstück, gut für mich und mein kleines Unternehmen.
Das kleine Café ist ja nun zu, irgendwie tut es mir in der Seele weh, denn es ist mein Herz hier in Schweden, aber ich kann nur auf einer Hochzeit tanzen und da muss ich mich für die größere entscheiden, denn der Winter ist lang und hart, da braucht man ein Polster.
Ich erlebe immer wieder, wie Urlauber herkommen und nicht verstehen können, wie ich diesen Schritt gehen konnte. Auch wenn ich in Deutschland Harz IV hatte, war ich doch abgesichert, sagen sie. Ja klar war ich das, aber ich bin kein Mensch, der sich was schenken lässt, ich kämpfe und erwirtschafte mir lieber mein Brot. Am 1 April waren es zwei Jahre, die ich hier lebe, und was soll ich sagen …. Noch nicht einen Tag bereue ich, dieser Schritt war richtig und macht mich glücklich.
Ich habe, als ich herkam, damit begonnen, jeden Tag eine Stunde für mich allein zu haben. Im Moment geht das nicht, das fehlt mir sehr, ich versuche, jeden Tag diese eine Stunde zu finden, aber der Tag hat auch in Schweden nur 24 Stunden, und manchmal denke ich, ich habe Arbeiten erledigt, für die eigentlich zwei Tage nötig gewesen wären. Aber ich wollte ja sowieso nicht mehr nach Uhr leben.
Ich erlebte jetzt zum dritten Mal den Frühling hier. Das war wie einer Explosion der Natur. Buchstäblich über Nacht wurde es grün. Zart und verletzlich sahen die Blätter an den großen Birken aus und strahlten etwas Geheimnisvolles aus. Wenn im Hintergrund dann noch die Sonne zu sehen war, war es faszinierend und magisch. Nach etwa zwei Wochen wandelte sich das zarte Grün in ein sattes, warmes, duftendes Grün, und jetzt sah man, wie vielfältig die Farbpalette allein beim Grün ist.
Dazu kamen dann das Weiß der Buschwindröschen, das Blau der Anemonen und das Gelb, ebenfalls in einer großen Auswahl, von ganz hell bis zu einem grell leuchtendem. Sumpfdotterblumen, die in Deutschland bereits vom Aussterben bedroht sind (durch die Trockenlegung vieler Wiesen und Sumpfgebiete) sind hier noch an jedem Wasserlauf zu finden. Das erinnerte mich sofort an meine Kindheit, denn sie säumten bei uns in Fredersdorf den Bach. Ich erlebte noch, wie diese schöne Wildblume immer mehr aus der Natur verschwand.
Hier ist es auf Wanderungen nicht selten, dass man am Wegesrand oder mitten auf der Wiese Orchideen findet, die als ausgestorben galten. (Achtung! Pflücken oder ausgraben verboten!)Die Tiere haben bereits ihre Familien gegründet oder vergrößert, ob Meise, Specht oder Reh. Überall hört man unter den Dächern Gepiepse des Vogelnachwuchs, und auf den Wiesen sieht man die Ricken mit ihren Kitzen äsen.
Seit ein paar Tagen, gleich nach Mittsommer, hat sich der Sommer rar gemacht, es hat sich abgekühlt und es regnet. Da haben die Mücken wieder das perfekte Wetter. Ohne den richtigen Schutz kann das schon lästig sein . Ein Spaziergangsollte sollte deshalb in entsprechender Kleidung und mit einem Hautschutzmittel unternommen werden.
Nun ist wieder ein Anfang gemacht, das Tagebuch wieder aufgeschlagen ,ich habe mir vorgenommen wieder den Stift in die Hand zu nehmen und Euch an meinem Leben hier in Småland teil haben zu lassen. Es wird nicht jeden Tag einen Eintrag geben, aber lange Schreibpausen sollen es auch nicht sein. Danke für eure Treue und freut euch auf mein weiteres Leben in Schweden….
Der Kampf- und Feiertag neigt sich zu Ende, um siebzehn Uhr habe ich das Cafe zugemacht. Wieder kam eine spontane Idee, die ich Jürgen gleich mitteilte: Wir fahren noch zum See.
Es war eine gute Idee, die Sonne stand schon tief, ein traumhafter Anblick.
Leichter Wind streicht über den See, kleine Wellen reihen sich aneinander. Wo die Sonne darauf fällt, sorgen ein Glitzern und Funkeln dafür, dass wir die Augen zusammenkneifen. Diamanten können nicht schöner strahlen. Ich stehe auf dem Badesteg und gehe Richtung Stegkante, als Jürgen leise sagt: „Bleib stehen!“, langsam drehe ich mich um. Am Ufer läuft eine Bachstelze auf und ab, sie jagt Mücken. Ein aufgeregtes Gepiepse in einer Baumkrone lässt uns aufsehen, dort sitzt eine weitere Bachstelze, ein Männchen. Es kommt ebenfalls auf den Steg, läuft hin und her und schimpft, zumindest dachten wir dies. Die andere Bachstelze hatte sich in der Zwischenzeit in eine kleine Erdvertiefung geduckt und war total regungslos. Es ist ein Weibchen.
Das Männchen hat es dann doch entdeckt und fliegt ganz in ihre Nähe, und die Balz beginnt. Der Vogel gibt sich die größte Mühe, ihr zu gefallen, doch sie ist nicht so interessier, wie er es erwartet.
In diesem Moment sagt Jürgen: „Da im Wasser - eine Schlange!“ Ca. 70 Zentimeter lang. Ein Anblick, einfach schön. Ich habe kein gutes Verhältnis zu Schlangen, kann mich nicht für diese Tiere begeistern, aber wie sie so durch dieses golden glänzende Wasser schlängelt, das muss man gesehen haben, wegsehen geht gar nicht. Mit der Kamera hat Jürgen fleißig Fotos gemacht, schon von dem Vogelpaar und jetzt auch von der Schlange, die nun auch uns bemerkt hat, starr verharrt sie im Wasser. Es sieht aus, als treibe ein Ast dort. Dann weiß sie, dass wir keine Gefahr bedeuten und sie schwimmt weiter in Richtung ihrer Höhle am Ufer. Ich denke, dass sie eine dort hat, denn im vergangenen Jahr hatte ich mit Joel an dieser Stelle eine solche Schlange im Wasser gesehen.
Jetzt sind wir zu Hause zurück, schnell die Bilder auf den Lappi und hochladen, tja Pech: Kamerafehler wird angezeigt, aber keine Fotos, schade…
Ich werde jetzt wieder öfter an den See fahren und Jürgen wird mich mit einer intakten Kamera begleiten. Wir gehen sozusagen auf Fotosafari, wilde, liebestolle Bachstelzen und gigantische Wasserungeheuer sind unser Fotomotiv. Wenn wir sie haben, kommen sie sofort ins Tagebuch. Und jetzt ab aufs Sofa und Feierabend …
1. Mai 2013… Ganz viel Sonne und warm wird es auch. Na,da haben wir ja Glück.
Rote Mai-Nelke ins Knopfloch, Regenschirm kann zu Hause bleiben, um 10.00Uhr geht’s los, war das nicht immer so? Solimarke und die obligatorischen 5.-Mark in die Hand gedrückt, aber nur wer da war und mitmarschiert ist. Der Maimarsch kann beginnen.
Stopp. Machen wir nicht mehr ….war mal.
Aber … hier in Schweden ist das noch! Heute wird in Oskarshamn unserer Kommunestadt um 10.00 Uhr marschiert, mit Musik und viel Drumrum. Zu Fuß und hoch zu Ross, wurde mir berichtet, wird hier der Tag gefeiert. Ich liebe zwar dieses Land, aber das ist etwas, was mich zu sehr an meine Vergangenheit erinnert, also belassen wir es bei diesem wunderschönen sonnigen 1.Mai 2013.
Dafür ein Bericht der letzten Tage.
Ich schrieb ja schon, dass ich ein zweites Café einrichte. Nun ist es fertig, innen und außen. Es war eine Woche, die sich gewaschen hatte. Morgens um 7.00 Uhr klingelte der Wecker. Unser sonst so gemütliches Frühstück wurde zum Fastfood, Minuten später wieder, im BEF angekommen, geplante Arbeiten verteilt und auf ging’s.
Ich plane nicht mehr, was ich am Tag mache, denn das wurde mein ganzes bisheriges Leben getan, nicht von mir, sondern das taten andere, ob ich wollte oder nicht. Aber das ist Vergangenheit. Da wir aber fast im Akkord standen, denn alles musste heute fertig sein, war es notwendig, uns einen groben Plan unserer Arbeiten zu machen. Das Wetter war oft anderer Meinung als wir, es warf alles um, es ist ja April und somit auch das entsprechende Wetter. Heute hat es zum Beispiel geregnet, dann wieder Sonne satt und Sekunden später ein Hagelschauer mit großen Körnern.
Warum musste am Sonnabend alles fertig sein? Weil, am Sonntag, in der gesamten Kleinkommune Kristdala eine Tipp-Promenade stattfinden sollte. Das ist eine Naturwanderung mit Führung und mit einer Art Schnipseljagd. Das Ganze endet vor dem BEF. Ein Ratespiel für Groß und Klein, wobei auf der gesamten Wanderstrecke Fragen versteckt sind, welche beantwortet werden müssen. Wer alle 12 Fragen gefunden und richtig beantwortet hat, nimmt an einer Verlosung teil. Kleine Preise warten auf die Gewinner. Der Tag endet dann bei mir im Cafe mit Kaffee und Kuchen, dafür habe ich 140 Kanelbuller (Zimtschnecken) gebacken und ein paar Bleche Hefekuchen mit Waldfrüchten.
Am späten Nachmittag (ich bezeichne es so, Jürgen sagt Abend dazu, na ja ein bisschen dunkel ist es ja schon) machten wir uns auf den Nachhauseweg. Das Abendessen glich dem Frühstück, schnell und einfach. Dann mal den Fernseher angucken, was in der Welt so passiert, war aber auch nicht so das, was man hören will. Nur schlechte Nachrichten, etwas Positives suchten wir vergebens. Da freut man sich dann auf einen schönen Film oder eine interessante Reportage und was passiert? Man schläft auf dem Sofa ein oder hält die Augen mit Gewalt auf, so dass der Inhalt des Programms im Kampf gegen die Müdigkeit verschwindet. Darum: „Jetzt aber ins Bett, morgen früh klingelt wieder der Wecker.“
Hoffentlich ist dann schönes Wetter mit viel Sonne, dann können wir damit offiziell den Frühling einläuten, obwohl er seit ein paar Tagen schon da ist (endlich!).
Und dann kam der Sonntag. Es war hart, aber super schön. Meinetwegen kann jeder Tag so sein, erst recht, wenn er diesen Erfolg bringt.
Anfang und Ende der „Schnipseljagd“ war mein neues Café, es haben sich 71 Personen angemeldet. Bei herrlichem Wetter sind sie durch die Natur gewandert und beantworteten die gestellten Fragen über Natur und Menschen. Wer seinen ausgiebigen Spaziergang beendet hatte, kam in mein Café, um bei Kaffee und Kuchen noch ein wenig zu sitzen und miteinander zu plaudern. Einige der Teilnehmer haben in diesem Jahr Familienfeier, bei denen ein Menü sowie Kuchen auf dem Plan stehen. Nachdem ihnen mein Café so gefallen hat, haben sie beschlossen, ihre Feste bei mir und von mir ausrichten zu lassen. Über diese Vorbestellungen bin ich natürlich glücklich.
Gestern brach auch das letzte Eis zwischen uns und denen, die noch etwas zurückhaltend uns gegenüber waren. Aber nachdem sie sahen, was Jürgen und ich in der vergangenen Woche geschafft haben wissen sie jetzt, dass ich es mit meinem Leben hier ernst meine und hier für immer leben will. Es hätte ja auch anders sein können. Menschen aus den verschiedenen Ländern kommen hierher und wollen die Welt verändern, aber sie reden mehr, als dass sie handeln. Durch das kleine Café, den Ausbau des Dachbodens, meine Ferienhäuser, die jetzt auch den Stempel „Made of Astrid“ tragen oder durch meine Bemühungen in der Gemeinde hatte wir schon viele für uns gewonnen.
Zwei Familien hielten sich noch zurück. Am Sonntag war es dann soweit. Eine der Familien, ein älteres Ehepaar, war bei mir im Café, trank Kaffee und schlemmte ein Stück Waldfruchtkuchen dazu. Ihre Blicke gingen durch den Raum, blieben hin und wieder an den Wänden mit meinen kleinen Borden hängen (mit meinem „Schnickschnack“). Als sie gingen, verabschiedeten sie sich mit einem Lächeln (ist bei ihnen sehr selten, wurde mir gesagt) und sagten „jättebra“, das heißt „sehr schön“. Das Lob von diesen beiden ging runter wie Öl, denn sie sind Perfektionisten, selbst ihr Gras im Garten weiß das. Und die andere Familie, ebenfalls ein Paar, etwa mein Alter, nun ja, da stimmt wohl die Chemie nicht - und somit ist auch das geklärt.
Um noch mal darauf zurückzukommen: Mund und Hände in eins ..
Als Kind stand ich den Jungs in nichts nach (sollte ja eh einer werden). Auf dem Feld und auf dem Hof war das ein Vorteil, sonst hätte ich die mir morgens aufgegebenen Arbeiten nie geschafft, zum Beispiel 8-10 Schubkarren Mist vom Stall bis in den Garten zu transportieren, oha, ein weiter Weg.
Meine Spontaneität brachte mich nach Schweden. Sie veränderte mein Leben total und zwar so positiv, dass ich vieles aus meiner Vergangenheit nicht mehr als so schlimm ansehe - oder sagen wir lieber: ich sehe das Gute darin. Hätte ich nicht so hart arbeiten müssen, ich hätte vieles nicht gelernt. Und ich weiß, was ich bin. Kein Theoretiker, ein „Macher“.
Bin gerade aufgestanden, 7.00 Uhr, es ist zwar Sonntag, aber die Arbeit ruft.
Ich habe im BEF (das Haus unserer Vereinigung) Übernachtungsgäste, eine Familie aus Norwegen, sie haben ein kleines Baby von einem Jahr dabei, da sind sie schon früh in Gang. Ich fahre nun hin und kümmere mich um den Frühstückstisch, am Abend reisen sie ab, dann heißt es für mich, die Zimmer wieder her richten.
Das Baby weckt meine Omainstinkte wieder auf, ich bin ja „Mehrfachoma“ durch meinen Lebensumbruch, als ich vor 2 Jahren nach Schweden gezogen bin, und sehe meine Enkel natürlich sehr selten.
In zwei Wochen kommt Michi mit Johann für eine Woche hier her, dann ist Knuddeln angesagt. Der kleine Kerl muss dann "herhalten".... Nachholbedarf! Michi freut sich schon riesig auf ein paar Tage hier in Schweden, sie liebt es genauso wie ich, auch sie bemerkt eine sofortige Entspannung, wenn sie auf die Fähre steigt und ab geht’s in den frühlingshaften Norden. Ich werde von ihrer Zeit später berichten und ob ich Jojo „ganz“ gelassen habe. So mein Kaffeepott ist leer, ich muss erst mal los, schreibe nachher weiter, auch in meinem Tagebuch gibt es Nachholbedarf.
Die Gäste sind zufrieden abgereist, sie haben sich bereits für einen neuen Besuch angemeldet. Die Sonne steht hoch am Himmel und ich fühle eine wohlige Wärme. Jacke aus und los geht’s.
Werbeschilder für mein „neues Café“ müssen her. Nun fragt ihr euch, was bedeutet das, lasst es mich mal so erklären: Mein bisheriges Café hatte eine Innenkapazität von max.25 Gästen, ich habe bereits einige Vorbestellungen für die Saison, bei denen handelt es sich aber um 35-45 Gäste, das heißt ich, hatte ein Problem, entweder ich sage ab oder ich muss Plätze schaffen. Die Lösung: Im BEF haben wir einen großen Seminarraum, daraus könnte man ein Café machen. Geplant…getan. Stühle waren genügend vorhanden, Tische mussten her, Dekoration an die Wände, kleine Regale und Borde (für mein „Schnickschnack“) wie in meinem kleinen Cafe dürfen nicht fehlen und ein Tresen. Das alles wurde in der vergangenen Woche auch geschafft…und ich bin etwas ausgelaugt.
Aber keine Müdigkeit vorschieben, ausruhen kann ich mich im Winter, war mein Leitspruch im vergangenen Jahr, und so auch jetzt wieder.
Die Platten für die Schilder habe ich mir zu Hause zugesägt und vorbereitet, Farbe ist auch schon da, es geht los. Eins fürs „Gästhus“ mit dem Service, den ich anbiete, und eins fürs Café und das Restaurant. Die Sonne scheint und es ist warm, so gibt es keine Probleme mit dem Trocknen, im Gegenteil, ich muss mich beeilen, die Farbe trocknet schnell. Morgen beginne ich mit der Gestaltung vor dem Haus. Ich möchte den Eingangsbereich farbenfroh und gemütlich herrichten. Ein paar Tische und Bänke sowie Blumenkübel, die ich aus alten Bienenstöcken mache, werden das schon schaffen. Auch davon werde ich dann ein paar Bilder ins Netz setzen. So nebenbei: sollte der eine oder andere schon Lust auf einen Urlaub einen Kurztrip hierher bekommen haben, er wird es nicht bereuen.
Energie pur wartet hier auf ihn. Ich würde mich freuen, wenn ich Interesse an Schweden geweckt und neugierig gemacht hätte, und es kommen Gäste vorbei mit dem Gedanken: „Wir gucken mal, ob das auch alles stimmt …“
Samstag 20.April 2013, Bråbo, Småland (Schweden).
Hier bin ich wieder, das Tagebuch geht weiter. Zuerst einmal möchte ich allen danken, die immer wieder schauen, ob ich mein Leben in Schweden täglich niederschreibe, und feststellen mussten, dass nichts Neues da steht, und trotzdem treu blieben.
Es gab hier viel Neues, sehr viel Neues, positiv und negativ. Über das Positive werde ich berichten und das Negative nur so mal am Rande erwähnen, denn ich habe gelernt, mich nicht an negativen Dingen und Ereignissen festzuhalten. Sie gehören einfach zum Leben, man muss sie akzeptieren.
Das Schönste ist, der Frühling kommt …endlich. Ich habe ja schon berichtet, dass es die Jahreszeit ist, auf die ich mich riesig freue. Die Natur erwacht aus ihrem tiefen Winterschlaf und diesmal war es ein sehr tiefer Schlaf. Es ist wahrhaft eine Explosion, gerade noch lag Schnee und nachdem die Sonne den Kampf gewonnen hat, leuchten dort Blumen in weiß, gelb und blau. Mit diesem Erwachen kommt wieder Leben auf die Straßen und vor allem auf die Weiden.
Seit Wochen konnte man die Kühe in ihrem Winterquartier rufen hören, ihnen fehlte der Weidegang. Nun sind es wieder glückliche Kühe, die Wiesen sind zum großen Teil noch sehr nass und oft sogar ein See, aber sie begnügen sich mit dem, was ihnen an Platz bleibt. Auch sie saugen die Sonne förmlich auf.
Morgens um 3.00Uhr geht hier die Post ab. Da wir ja nur 20 Kilometer von der Ostseeküste wohnen, haben wir hier eine Kolonie Lachmöwen, sie lärmen schon in dieser frühen Morgenstunde. In unserem Garten und in dem des Nachbarn muss es etwas ganz Besonderes geben (Würmer wahrscheinlich). Eine Stunde später gesellen sich die Elstern dazu, die sich um die kleinsten Äste streiten, die sie für ihre Kunstwerke in den Baumkronen brauchen. Untermalt wird es durch den Backround der kleinen gefiederten Freunde.
Mit ihrem Gesang bedanken sie sich bei uns für die Fütterung in dem harten Winter, den sie überstehen mussten. Ich habe vier Nistkästen gebaut und angebracht, sie sind alle bereits bewohnt. Vor ca. 2 Wochen waren die Besichtigungen. Eine Maklermeise zeigte den Meisenpaaren die bunten Bauwerke und nun wird eingeräumt. Kleine Zweige, Moos, Federn und Haare von Kuh und Pferd sind perfektes Einrichtungsmaterial. Die Vögel sind Architekten vom Feinsten. Ob in Kästen oder in Astgabeln, einfach bewundernswert, was da gezaubert wird.
Die Kraniche sind kilometerweit mit ihrem Balzgesang zu hören. Auf den Wasserflächen, egal ob Natursee oder Tauwassersammelsee, beginnen Schwäne und Gänse ihre Familienplanung.
Ich nenne das Ganze ein „Festival der Natur“, es ist ein Ereignis, das nur eine kurze Zeit wahrzunehmen ist. Bald beginnt eine gewisse Ruhe bei den Tieren, jeder hat seinen Partner gefunden, alle Zeit und Kraft gehört dann dem geplanten und heranwachsenden Nachwuchs. Aber noch ist es nicht so weit, die Tiere stehen unter Stress, auch ihnen fehlen etwa vier Wochen Frühling.
29.3.2013
Fast eine Woche habt ihr nichts von mir gehört, ich hatte leider keine Zeit, da ja das Osterfest, oder wie wir es auch immer nennen wollen, vor der Tür steht. Weil ich mein Café geöffnet habe, musste ich einige Vorbereitungen treffen, obwohl ich kaum glaube, dass sich jemand auf den Weg zu mir nach Bråbo macht.
Es schneit auch wieder, na, hat auch was Gutes, die Sucherei der bunten Ostereie dauert nicht so lange, ist bei der Kälte also günstig. Wir hatten uns auf den Frühling gefreut, der ja bisher mit dem Osterfest meist auch begann, vielleicht auch mit Temperaturen, die nicht so zum Frühling gehören, das wäre in Ordnung, aber diese Schneemassen müssen nun wirklich nicht mehr sein.
Ich bin etwas frustriert über diesen Zustand. Ich habe das Café farbenfroh und frühlingshaft dekoriert, die Fenster sind österlich gestaltet. Sieht aber merkwürdig aus, denn vor dem Fenster häufen sich die Schneeberge. Na ja hat auch was.
Seit Donnerstag ist mein Sohn hier, ich holte ihn von der Schule ab. Da er nach Ostern eine Woche Ferien hat, bleibt er solange hier, es ist eine Zeit, auf die ich mich freue. Er hatte ja seinen 18. Geburtstag, den haben wir „nachgefeiert“ mit einer Torte und einem Geschenk von uns, von dem ich glaube, dass er sich darüber freut. Er macht im Frühjahr seinen Autoführerschein, dazu bekommt er von uns einen Zuschuss.
Mal sehen, was wir in der kommenden Woche gemeinsam unternehmen, ist aber wetterabhängig, es ist ja nicht das bisher schöne Winterwetter, nein, es ist nasskalt und trübe, die Kälte kriecht durch die Jacke. Hoffen wir also auf Sonne.
Heute habe ich Ostereier gefärbt. Ich nehme da immer noch die altmodische Art: Zwiebelschalen. Damit sie nicht so schlicht und trist aussehen, habe ich mir etwas einfallen lassen. Mit Hilfe von kleinen Blätter und Blüten zaubere ich deren Struktur aufs Ei. Es war ein Problem, etwas Grünes zu finden, bei dem Schnee. Langes Suchen und Geduld brachten den Erfolg an Stellen, wo die Sonne es geschafft hatte, den Schnee zu schmelzen.
Seit Mittag schneit es. Nun bringen uns die Batikeier die Natur und somit etwas Frühling ins Haus. Romantik pur, Knistern im Ofen, ständiges heizen und Holz holen. Die Hoffnung stirbt zuletzt, heißt es, darum hoffe ich auf ein baldiges Ende des Schwedischen Winters. Ich finde ihn noch immer traumhaft, aber auch ein Traum sollte einmal enden.
Wie wollen wir es nennen?
Laut Kalender heißt es Ostern.
Bunte Eier, Bänder, Federn,
lustig wehen sie am Strauch.
An den Birken grüne Knospen,
überm Land ein Frühlingshauch.
Kinder tanzen, laufen hastig
über Wiesen grün und weit.
Mit dem Fest des Osterhasen
kommt die warme, schöne Zeit.
Doch so war es einst gewesen,
nun sind Wiesen, Felder weiß,
nichts vom Grün und Bunt zu sehen
keine Blume läutet leis....
Aus dem heitren Fest geworden,
wurde eines frostig kalt:
Ganz egal, wohin wir schauen,
überall ist Schnee und Eis.
21.3.2013
So, nun scheint die Beziehung zwischen Frau Holle und Väterchen Frost wieder in Takt zu sein, denn nur eine perfekte Zusammenarbeit vollbringt diese Leistung. Schnee und Kälte machen dem Winter alle Ehre. Gestern schneite es den ganzen Tag, am Abend hatten wir ein Meeting im BEF, ca. 20 Gewerbebetreibende hatten uns zugesagt, doch nachdem es zum Abend immer mehr wurde, was da vom Himmel kam, sagten viele ab. Die Straßen sind dicht verschneit, da geht keiner vor die Tür, wenn er nicht muss. Gegen 20.30 fuhr ich nach Hause, vor meinen Scheinwerfern tanzte ein Ballett aus Flocken wild durch einander, was mir für den Morgen bereits eine Aufgabe vor gab.
Als ich um 7.00 die Augen öffnete, ging mein Blick sofort nach draußen, ich sah nur „Weiß“. Der Schneefall hat nicht nachgelassen, „so viel Winter“ gab es schon lange nicht. Das ist auch in Schweden ungewöhnlich, Ende März so viel Schnee zu haben, das heißt, Neuschnee zu haben, denn dass Schnee noch im April liegt, ist nicht so unnormal, das sind dann aber „Altbestände“.
Ostern kommt ja nun, ob Schnee oder nicht Schnee, so steht es auf dem Kalender, und wir erleben eine personelle Umbesetzung: Der Osterhase gibt seine Aufgaben an den Schneehasen ab, sicher eine würdige Vertretung, ich denke, die Kinder müssen sich um die Befüllung der Nester keine Sorgen machen.
Die Kinder im Kindergarten direkt neben meinem Café genießen die weiße Zeit, sie toben und kreischen, dick eingepackt in mollig warmen Schneeanzügen, den ganzen Tag auf der sonst satt grünen Wiese. Nur zwei Dinge fehlen…ihre Hühner und Hasen …sie verbleiben in ihren Gehegen.
Das sind sommers die Gefährten der Kinder, wenn diese im Sandkasten oder auf der Wiese spielen. Handzahme Tiere sind es, es macht Freude, zu zusehen. Die Mädchen sitzen mit Puppe und Teddybär auf der Wiese, haben kleines Kochgeschirr vor sich und spielen, die Hasen sitzen dann mit in der Runde. Ist das nicht eine glückliche Kindheit, so aufzuwachsen mit den Tieren und zu wissen, was das ist: ein Hase, eine Kuh, ein Huhn. Viele Kinder glauben doch, dass die Milch aus dem Supermarkt kommt. Anders ist das hier. Es kann auch schon mal passieren, dass das Huhn, das neben den Jungs, die im Sandkasten mit ihren Autos spielen, im Sand scharrt, sich nieder lässt und ein Ei legt. Jubelnd nehmen sie dann das Ei und laufen zur Erzieherin, damit es in der hauseigenen Küche verwendet wird.
Das ist Leben hautnah …...Leben pur…... und das Wichtigste: kinderfreundlich!
19.3.2013
Dienstag, heute beginnt Winter Nummer7, das sollte der letzte sein in diesem WINTER laut meiner Oma. (Bitte, lasst sie Recht haben, denn nun wäre ich glücklich, wenn der Frühling käme. Laut Kalender beginnt er heute.) Wenn ich aus dem Fenster schaue, verliere ich den Glauben daran, dass die Natur in ihrer ganzen Schönheit explodiert, so ist es eigentlich in Schweden.
Am Mittag fielen einzelne Flocken, wenn ich hinaus sehe, tanzen tausende in den eisig kalten Wind. Es ist wirklich sehr kalt und der Wind sorgt dafür, dass die Temperaturen uns viele Grade kälter ins Gesicht schlagen.
Ich war am Vormittag in Kristdala einkaufen, um die Vorräte aufzustocken, denn wenn der Wetterbericht und die Vorhersage für die nächsten Tage recht haben sollte, bekommen wir noch einmal richtig Schnee, ca. 40 Zentimeter, und Temperaturen, die uns lieber im warmen Wohnzimmer verweilen lassen sollten. Zum Thema „warme Stube“. Holz muss nochmal her. Da wir nur zwei Öfen haben, ist es erforderlich, diese ständig in Gang zu halten, da geht ganz schön Brennmaterial drauf. Die älteren Einheimischen sagen, dass es so einen Winter schon lange nicht mehr gegeben hat und auch ihre Vorräte bald erschöpft sind.
Es ist eine sibirische Kälte, die sich auf den Klimawandel zurückführen lässt. Wie lange geht das noch gut, frage ich mich.
Eine ernste und wichtige Frage ist…wann werden die Menschen auf dieser Welt wach? … Wann tun sie etwas für Mutter Erde? ... Wann wird ihnen klar, dass es nur diese eine Erde gibt?
Gerade hier wurde es mir bewusst, wie wichtig es ist, all diese Schönheit zu erhalten und beschützen, nicht nur für uns, sondern für unsere Kinder und Kindeskinder. Wir sind es ihnen schuldig. Sicher kommt nun der Spruch, was kann ich als Einzelner schon tun….viel ganz viel. Denn wenn wir alle etwas machen, sind wir Retter der Zeit - Lebenszeit.
In Schweden fiel mir auf, dass – anders als in Deutschland - die Straßenränder nicht mit weggeworfenen Abfällen bestückt sind. Sie sind hier sauber, grün und mit blühenden Blumen, eine Augenweide, vorausgesetzt, es ist nicht Winter.
Diese Naturpflege wünsche ich mir auch für andere Länder, ich sage. ..schaut nach Schweden! Sieht es so nicht schöner aus? Bei einer Fahrt mit dem Auto, Motorrad oder mit dem Fahrrad möchte man doch nicht die Spuren bereits Dagewesener erblicken.
Du bist ein Kind der Natur.
Du gehst in den Wald und findest ihn schön,
du gehst über Wiesen und Felder, bist beeindruckt von ihnen.
Du sitzt auf einem Hügel, schaust in die Ferne.
Erfreust dich am Gesang der Vögel, lauscht dessen herrlichem Klang,
nimmst die Schönheit einer Blume wahr, ist sie auch noch so unscheinbar.
Folgst mit den Augen dem Flug eines Schmetterlings, der vor kurzem noch eine Raupe war.
Nimmst die Wärme und das Licht der Sonne in vollen Zügen auf,
du siehst das alles als selbstverständlich an im Verlauf deines Lebens.
Vergiss dabei nicht, auch du hinterlässt eine Spur,
ob Kippen, Taschentuch, Glas oder Plast…. Du tötest sie…..unsere „Mutter Natur“.
Jetzt sind die Straßen bereits dicht weiß überzogen, die auf Feldern und Wiesen verlaufenden Spuren von Reh, Hase und Fuchs sind verschwunden, das strahlende Weiß des Winters ist zurück.
Ich hatte „Ragger“ (auf Deutsch: Kartoffelpuffer) mit Apfel-Pfirsich-Mus auf meinem Speiseplan, einen Latte Macchiatto dazu, Jürgen einen Kaffee, er ist nicht so für solche Exoten. Somit stand ein leckeres Essen auf dem Tisch. Wieder viel zu viel gegessen und das bei der viel zu wenigen Bewegung, na die Quittung erhalten wir in Form von „Hose zu eng“. Ich tröste mich damit, dass wieder andere Zeiten kommen. Mit dem schöneren Wetter kommen die Gäste, mit ihnen Arbeit und Bewegung und somit „Fett weg“.
13.3.2013
Meine Oma hat Recht… Nachdem gestern die Sonne dafür sorgte, dass der am Wochenende gefallene Schnee den Rückzug antreten musste und die Schneeglöckchen wieder das Tageslicht sahen, schneit es nun, was das Zeug hält. Der Tag hatte so schön angefangen.
Wir wurden von der Sonne geweckt. Ich hatte heute den Plan, die Werbeschilder für das BEF zu beginnen. Die großen Platten müssen vorbereitet werden, damit ich mit den Malerarbeiten beginnen kann. Da es nach einem schönen Tag aussah, wollte ich die Platten im Freien grundieren, aber das war eine Idee, die nicht in die Tat umgesetzt werden konnte .Gegen Mittag begann es zu schneien. Ich dachte, Frau Holle, die alte Dame ist nicht mehr in der Lage, das Bettzeug zu schütteln und ein junges Mädchen packt das auch nicht, also hat sie jetzt einen Gesellen, jung, muskulös und voller Power. Sah ganz so aus.
Am Frühstückstisch hatten wir festgelegt, dass Emma heute in ihr neues Reich einzieht. Hütte und Veranda habe ich mit Auslegware ausgestattet und im hinteren Raum eine dicke Schaumgummimatte mit einen auswechselbaren Bezug, dazu eine kuschlige Decke und fertig war ihr Eigenheim. Im Sommer kommt noch Kunstrasen auf ihre Terrasse, Häuschen und Zaun bekommen einen schwedentypischen Anstrich.
Als wir die Tür eingesetzt und einen Riegel zum Schließen angebracht hatten, schien noch die Sonne, perfekt für den Einzug. Los ging's… Emma drehte ein paar Runden und dann ab ins Haus. Als ob sie ahnte, dass der Himmel die Pforten für weitere Schneemassen öffnet, legte sie sich in „ihr Wohnzimmer“ und dachte gar nicht daran, raus zu kommen, warum auch, es ist super schön …ihr „Eigenheim“. Habe zwei Bilder dazu gemacht, das erste zeigt den Moment des Einzugs und eine viertel Stunde später schaut sie, ob es nicht mal aufhört zu schneien. Schon fünf Zentimeter Schnee bedecken den Boden.
Mein Grundanstrich auf den Werbeplatten ist trocken und ich kann beginnen, die Einteilung für die Aufschrift zu markieren und dann loszulegen. Farbe und Pinsel stehen bereit.
Winter Nr. 6 nimmt Gestalt an, es schneit ohne Ende, ein Blick aus dem Fenster lässt an Weihnachten und nicht Ostern denken. Denke über einen „Osterweihnachtsbaum“ nach. Zu welchem Entschluss ich gekommen bin, davon später. Für heute nun genug.
Die Arbeit ruft….
12.3.2013
Das vergangene Wochenende war schön, am Freitag habe ich Joel von der Schule abgeholt, er verbrachte das Wochenende bei uns. Da er am kommenden Samstag Geburtstag hat, er wird 18 Jahre, möchte er dann auch bei uns sein und mit uns diesen Tag feiern. Ich werde mir einige Dinge einfallen lassen, um ihm ein paar schöne Tage bereiten. Angefangen von einer riesigen Geburtstagstorte und Kerzen auf dem Tisch. Darüber berichte ich mehr nach „seinem“ Tag.
In den letzten Tagen habe ich von viel Sonne und dem kommenden Frühling geschrieben ...stopp: alles auf Winter zurück. Heute Nacht begann es wieder zu schneien und den ganzen Tag über kam die weiße Pracht und verhüllte alles.
Im Futterhäuschen herrscht Hochbetrieb, der fröhliche Gesang, den wir in der letzten Woche vernehmen konnten, ist verstummt. Die Elstern hatten mit dem Aufstocken ihres Nestes im Kirschbaum am Café angefangen, nun ist „Baustopp“. Sie fliegen hektisch umher und schimpfen aus der Baumkrone heraus.
Gestern am Sonntag hat Emma aufgeregt gebellt, zuerst glaubte ich, wir bekommen Besuch. Ich schaute aus dem Fenster und sah… meinen Kater. Er wird im Mai 2 Jahre alt, wollte einen dicken, sehr dicken Artgenossen zeigen, dass er hier wohnt und ihm die Katzen in der Nachbarschaft gehören – Fehler -, der Dicke und Ältere gab ihm eine Lektion, die er wohl so schnell nicht vergessen wird. Nach anfänglichem Fauchen ging es in einem Kampf über. Mein „Halbstarker“ zeigte dem Rivalen, wo der Hammer hängt…ganz oben im Baum… Damit der Dicke ihn fand, rannte und kletterte meiner voraus. Er kam erst wieder runter, als ich mich in den Streit einmischte. Ich jagte den Revierkater davon und lockte meinen total verschreckten aus seinem Baumgipfel. Er saß dann lange vor dem Fenster und leckte seine Wunden. Fellbüschel und Blut im Schnee erinnerten an den Kampf Jetzt bedeckt ihn der heut gefallene Schnee.
Meine Oma sprach immer davon, dass der Winter sieben Winter in sich hat. Heute begann der Fünfte … Sollte sie Recht haben?
Schnee fällt wie ein weißer Schleier
und verhüllt das erste Grün.
Wollte doch schon Frühling werden,
musste über Nacht weg gehn.
Meise, Specht und auch die Elster
bauten schon an ihrem Heim.
Ihnen ging der Mut verloren,
wird’s noch lange Winter sein?
Dicht geschlossen liegt die Decke
aus dem strahlend weißen Schnee.
Frühlingsträume, sie entschwinden,
wenn ich aus dem Fenster seh.
9.3.2013
Gemeinsam mit der Sonne aufstehen, das lässt doch den Tag ganz anders anfangen.
7.00 Uhr in Småland… Ich komme die Treppe hinunter und schaue aus dem kleinen Fenster am Treppenaufgang direkt in ein strahlendes Lächeln - was will ich mehr -, als so am Morgen begrüßt zu werden. Die Sonne beginnt gerade hier bei uns ihren Job, es wartet eine Menge Arbeit auf sie, es liegt noch viel Schnee und Eis bedeckt die Straßen. Das muss alles weg, denn in knapp drei Wochen haben wir Ostern. Es wäre schön, wenn dann der Frühling Einzug halten würde, die Bäume das erste Grün zeigen und die Rasenflächen, die an allen Häusern den Garten darstellen, auch wieder ihr gewohntes Grün bekommen.
Gestern waren wir in Kristdala zum Einkaufen, auf dem Weg dorthin, quer durch den Wald. Es ist noch ein Weg, nach den Regeln der Natur, man konnte die ersten Versuche des Frühlings erkennen. An den Birken werden die Knospen immer dicker und ab und zu blinzelt ein wenig Grün heraus. Das Moos, an den sonnigen Stellen und dort wo der Schnee dem werdenden Grün Platz gemacht hat, lässt sich die Schönheit der erwachenden Natur erkennen. Ich freue mich riesig darauf, Jürgen all das Schöne zu zeigen, das ich im vergangenen Frühling sehen und erleben konnte. Ich glaube, der Frühling in Schweden ist die beste Möglichkeit, Kraft und Energie zu tanken, abzuschalten und Sorgen zu vergessen. Ich kann jedem, der vor hat, Schweden zu besuchen, um das Land zu erleben, dazu den Frühling oder den Herbst zu nutzen. Die Natur ist dann unglaublich vielfältig und für Naturliebhaber fast schon ein Muss.
Ich freue mich auf die blühenden Wälder, blau, gelb und weiß erscheinen dann die Waldböden. Wie ein Teppich aus Blüten gewebt, liegt der mit Moos und Blumen durchwachsenen Boden vor uns, so weit das Auge schauen kann. Winterlinge, Leberblümchen, weiße und blaue Anemonen sowie natürlich die Buschwindröschen und Gänseblumen. Einfach traumhaft schön. Einen Vorgeschmack haben wir gestern auf diese Blütenpracht bekommen. In einem Garten in Kristdala standen Unmengen von leuchtenden gelben Winterlingen, ihr strahlendes Gelb lässt uns bei ihren Anblick nicht unberührt und es zaubert uns ungewollt ein Lächeln ins Gesicht. Wem das nicht passiert, geht mit geschlossenen Augen durch die Welt und verpasst das Größte … das Leben.
Für heute haben wir uns einiges vorgenommen. Um 9.00 holt mich André ab, ich fahre mit ihm nach Oskarshamn, um einige Dinge zu erledigen. Wenn ich zurück bin, beginnen wir mit der tollen Arbeit, die wir uns für heute vorgenommen haben. Im Außenhaus befinden sich drei Räume, ein kleiner, in dem werden die Gartengeräte aufbewahrt, im mittleren lagern wir das Brennholz (mal so nebenbei, der war voll und nun sehen wir die Rückwand wieder, es ist ein kalter Winter) und im rechten, es ist der größte, befand sich früher eine Werkstatt. Der Alteigentümer stellte aus Holz Werkzeug wie Spannsägen und Fuchsschwänze her. Die Griffe des Fuchsschwanzes waren mit Liebe und Sorgfalt mit Schnitzerei verziert. In der heutigen Zeit sind diese aus Kunststoff und müssen nur den Zweck erfüllen. Die Handwerker früher behandelten ihr Werkzeug liebevoll und gingen fürsorglich damit um. Die vielen Nägel an der Wand lassen erkennen, dass hier einst Ordnung herrschte. Nach Art und Größe sortiert, hingen alle Werkzeuge an der Wand, dies erinnert mich an zu Hause. Mein Vater war ebenfalls Zimmermann, er hatte eine gut sortierte Werkstatt, denn er besaß viele Werkzeuge und diese waren ebenso an den Wänden angebracht. Schickte er mich, um Nägel, Schrauben oder das benötigte Arbeitsgerät zu holen, musste ich nicht suchen, sondern nur zugreifen. Heute sieht das anders aus, meist bleibt es dort liegen, wo es zuletzt benutzt wurde. Wenn es dann wieder gebraucht wird, beginnt man mit der Suche, was man ja eigentlich nicht muss: einfach dahin gehen, wo zum Schluss gearbeitet wurde und schon hat man alles wieder. Ist aber nicht mein Ding, ich halte mich lieber daran, was mein Vater zu mir sagte: „Bring es da wieder hin, wo du es hergeholt hast, es erspart dir die Zeit der Suche.“ Und er hat Recht.
Ich sehe die Räume und die viele Arbeit und glaube, wenn der große Raum fertig ist, werden auch wir fertig sein.
Nun ist es 18.00, wir sind im Haus, gebadet und fußlahm komme ich zu dem Entschluss, das meine Arbeitswut voll befriedigt ist und ich nur noch sitzen will.
PS. Jürgen ist noch 10 Kilometer gelaufen, ich glaube, auch er hat heute kein Arbeitsbedürfnis mehr.
…Feierabend….
5.3.2013
Zehn vor Acht. Gerade der richtige Moment, um den Sonnenaufgang mitzuerleben, den vierten Tag in Folge scheint die Sonne am Morgen. Bin gespannt, was der Tag bringt, wir haben uns was vorgenommen… draußen!!!
Doch als ich raus kam, um unser Außenklo zu besuchen … - mein lieber Mann: frisch - ziemlich frisch. In der Nacht hatte es mächtig gefroren und somit ergab das Tauwasser von gestern eine gute Möglichkeit, sich auf den Hintern zu setzten. Gestern hatten wir begonnen, die Bretter anzuschrauben, die das Hundezwinger-Bauwerk vollenden sollten. Jürgen war nicht so begeistert, daran weiter zu arbeiten, weil noch Schnee liegt und wir uns der Bereich erst frei schaufeln mussten. Ich hatte aber Lust, draußen etwas zu tun. Nicht spazieren gehen, sondern etwas zu machen, richtig machen. Da war das Nächstliegende diese Arbeit. Hatten auch eine Seite fertig, als die Sonne, die bereits viel Kraft hatte und wärmte, verschwand, wir setzten die Arbeit im Haus fort. Heute soll es weiter gehen, Emma soll mit dem Frühling zusammen einziehen. Ihre Hütte besteht aus zwei Räumen und einer Terrasse, die ich umzäunt habe. Das mit dem Blumenkasten lass ich aber, könnte kitschig wirken.
Jürgen habe ich gerade mit einer Tasse Kaffee aus dem Bett gelockt. Auch er war sichtlich durchkühlt, als er vom Gang zur Toilette wieder ins Haus kam. In der Zwischenzeit hab ich den Frühstückstisch gedeckt, wir sitzen am Tisch und unser Plan für den Tag wird gemacht.
Es sah so gut am Himmel aus, die Sonne ist aber jetzt hinter grauen Wolken verschwunden, will mal hoffen, dass sich das bald ändert. Nachdem etwa zwei Stunden vergangen sind, ist sie wieder da, sie bringt den Schnee zum Strahlen, es blendet in den Augen. Ich kneife beim Hinausgehen die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen. Jacke und Handschuhe sind ein absolutes Muss, wenn es auch nicht so aussieht. Man glaubt, dass die Wärme der Sonne ausreichend ist, es ist aber noch nicht so. Bei so einem Wetter wird man zum Leichtsinn verleitet. Jacke auf, wenn man sich zuvor dick eingepackt hatte, denn mit der Bewegung beginnt man bald zu schwitzen. Seit ich in Schweden lebe, habe ich meine Einstellung dazu geändert. Im vergangenen Winter schippte ich in T-Shirt Schnee, …mir war ja warm… tja das stimmt, aber kurz danach: kalt. Trägt nicht gerade für eine gute Gesundheit bei, jünger werde ich ja auch nicht, sollte also mehr auf die Knochen achten. Wenn ich sehe, wie die jungen Leute so Bauchnabel-frei laufen, sobald der goldene Stern am Himmel steht, denke ich an meine Jugend zurück und beginne zu schmunzeln: hätte sich im Schweinestall oder bei der Getreideerntesicher gut gemacht, andere Gelegenheiten hatte ich ja nicht. Und schlimmer noch … wenn ich genauer nachdenke … ich wurde geboren, war etwas Kind … und dann Arbeitstier … Hallo, wo war da die Jugend? Ich hatte keine. Dies ist mir nun bewusst.
2.3.2013
Sonne satt, wieder ein Tag der auf den Frühling hoffen lässt. Seit dem Morgen steht der goldene Planet hoch am Himmel, gut fürs Auge und vor allem für die Seele. Ich liebe den Winter in Schweden, aber ein wenig Sonne ab und an tut doch gut. Es macht gleich nochmal so viel Spaß, aus dem Haus zu gehen. Da die Schneedecke am Tage antaut und die Minustemperaturen im der Nacht eine hauchdünne Eisschicht darüber zieht, ist es ein Funkeln und Glitzern, da kommt kein Diamant der Welt mit, bin eh kein Freund von diesem Geglitzer an Hals und Hand. Ich mag Schmuck aus Naturprodukten, ja Diamanten sind auch Naturprodukte, aber nicht meine Liga. Ich mag Holz und Edelsteine, die man so findet und nach denen nicht gegraben werden muss.
Da fällt mir ein Erlebnis ein, das ich mit meiner Freundin Susanne erlebt habe. Wir arbeiteten bei einem Forstunternehmen, das sich auf Wiederaufforstung in Naturschutzgebieten spezialisiert hatte. Ein Auftrag führte uns an die Ostseeküste, hört sich gut an, aber… nicht Urlaub, sondern harte Arbeit! Wir waren in Wieck, eine wunderschöne Gegend.
Wir bekamen die Aufgabe, 8000 Bäume zu pflanzen. Susanne und ich…alleine. Soweit so gut, dachten wir, ist ja machbar, dann kamen wir in das Gelände, wo diese zarten Bäumchen ihr neues Zuhause finden sollten. Es war der Ort, wo sich Fuchs und Hase “Gute Nacht“ sagen, dies war uns sofort klar. Naturreservat mit allem was dazu gehört, vor allem viele umliegende Bäume, vermodert und mit Moos bewachsen, wie in den schwedischen Wäldern. Dazu Farn, so hoch gewachsen, das wir uns hätten darin verstecken können, aber wovor…vor der vielen Arbeit vielleicht. Dazu kam Regen viel und ständig, tolle Voraussetzung für eine schöne Arbeit. Aber was sollte es, wir trösteten uns damit, wir wollten nach der Arbeit immer an den Strand fahren und genießen. Daraus wurde es nichts, zumindest die ersten Tage nicht, denn die Gesamtumstände machten es erforderlich, dass ich Hilfe anforderte, die auch spontan kam, als sie hörten: Arbeiten an der Ostsee.. Haha. Eine Bekannte von mir und meine Nichte waren zu der Zeit Hausfrauen und wollten gleich helfen kommen, als ich nachfragte. Gesagt, getan, die Arbeit ging dann schneller voran. Als wir dem Auftragsende näher kamen, fuhren sie wieder nach Hause, Susanne und ich mussten bleiben, um eine Übergabe ans Forstministerium (oder wie sich das damals schimpfte) zu machen. Als Belohnung für unsere Arbeit bekamen wir noch zwei Tage zur Erholung.
Am Abend des Übergabetages wurde es spät, aber wir entschlossen uns, egal wie fertig wir waren: heute geht es an den Strand und wenn wir eine Taschenlampe mitnehmen müssen, egal, das Rauschen der Wellen hören wir ja. Schnell in unser Ferienhaus, zumindest das hatte den Namen „Ferien“ und nicht so was wie „Arbeitsunterkunft“, andere Klamotten an, und los ging’s an den Strand. Es war noch nicht so dunkel, wir konnten auf dem Boden die Muscheln, Steine und was sonst so am Strand rum liegt, noch erkennen. Nach einem Marsch, es war mehr Schlendern am Strand, sah ich ihn… einen Rosenquarz - groß und schön. Ich hob ihn auf, befreite ihn vom feuchten Sand und hielt ihn in meiner Hand. Alle Last der letzten Tage fiel von mir ab. Lag es an diesem Stein (man sagt ihm nach, er beruhige und entspanne, sei gut fürs Herz und die Seele) oder war es einfach nur der Spaziergang am Meer mit seinem Rauschen?
Wir fuhren nach Hause und nach all den Jahren ist dieser Stein noch heute mein Begleiter. Ich glaube an ihn und seine Kräfte.
Der Winter geht…
Tage, Wochen sind vergangen,
tief verhüllt im weißen Schnee.
Diese Weite, diese Stille,
traumhaft schön, was ich da seh.
Eiskristalle, von Natur geschaffen,
türmten sich in Wald und Flur.
Unberührt des Waldes Wege,
geheimnisvoll der Tiere Spur.
Sonne lässt das Kunstwerk schmelzen,
es zerfließt zu einem Rinn,
und es kommen Tage, Wochen,
wo ich froh und glücklich bin.
26.2.2013
Dienstagabend. Ich sitze am Lappi und lade geschossene Bilder von der Kamera auf meine Ordner, die ich in verschiedene Rubriken eingeteilt habe, angefangen bei Familie über Natur und Café bis hin zu einem Ordner, in den ich alles stecke, bei denen ich denke, das müssen die Leser meines „Schwedentagebuchs“ sehen. Der Tag war heute gefüllt mit bombastischem Wetter, Sonne vom frühen Morgen bis hin zum Abend und auch die Temperaturen lassen ein wenig an den kommenden Frühling glauben.
Gerade habe ich meine Augen vom Bildschirm gelöst und was sehe ich: einen leuchtenden, roten Himmel, in allen vier Richtungen, ich will gar nicht wegschauen und einfach nur genießen. Seit Wochen das erste Mal wieder, an dem ein solches Lichtspiel am Himmel steht. Natürlich sofort die Kamera gegriffen und raus, Klick, Klick sagt die Kamera und die Momente sind fest gehalten. Auch diese Fotos kommen in den Ordner –Tagebuch-.
Jetzt einige Sätze zum vergangenen Tag, er war ruhig. Da heute kein Plan stand, haben wir es einfach mal langsam angehen lassen, ich bin nicht so richtig gut drauf gewesen, weiß nicht warum, war aber so. Jürgen gab sich die größte Mühe, mir alles recht zu machen und meine Wünsche zu erfüllen, bevor ich sie geäußert habe. Waren im Café und haben einen alten Kronleuchter angebaut, denn wir haben uns entschieden über die großen Tische alte Leuchter zu hängen. Sieht irgendwie romantisch aus. Bilder kommen, wenn alle hängen –versprochen-.
Dann noch einen Abstecher zu Tommy ins Kontor und die Bilder alle aufgehängt, auch von dort werde ich mal einige Bilder ins Tagebuch setzen. Im Haus befindet sich die Pension, die ich betreue. In den Zimmern habe ich einen Hauch „Astrid“ hinterlassen. Hier und da so mal ein „Hingucker“ verändert einen Raum, man sollte es nicht glauben, seien es nur ein paar Blumen, eine Schale oder ein Bild.
Ich habe jetzt das Bedürfnis, mich aufs Sofa zu legen, ein paar Streicheleinheiten von Jürgen genießen und eventuell schauen, was der Fernseher so her gibt. Wir haben hier das deutsche Fernsehen, wollen in den nächsten Tagen aber eine Anlage installieren, mit der wir schwedisches TV empfangen können. Das hilft beim Erlernen der Sprache, es wird Zeit, dass wir sie beherrschen.
Alles in allem .. der Tag war super, wenn auch meine Stimmung nicht immer die beste war. Aber morgen sieht es wieder anders aus. Der Himmel sagt uns tolles Wetter voraus und somit auch beste Aussicht auf gute Laune.
23.2.2013
Samstagmorgen, ich habe gut geschlafen und bereits mein Frühstück in vollen Zügen genossen. Da es ja viele Glückwünsche waren, die mich erreicht haben - ob über Telefon, Mail oder persönlich, es waren ganz liebe Wünsche - habe ich jetzt an alle ein Dankeschön gesendet. Hat man das Alter wie ich erreicht, beginnt man doch ernsthafter zu leben, es kommt die Zeit, wo sich Wehwehchen einstellen und Signale des Körpers ernst genommen werden sollten. Ich tue dies seit langem, denn meine vergangenen Jahre waren nicht die gesündesten, erst seit ich hier in Schweden bin, geht es mir besser. Es liegt sicher daran, dass ich mich nicht selbst so unter Druck setze, wie es früher andere getan haben. Ich lebe entspannter, kann aber behaupten, ich arbeite nicht weniger, nur anders. Das ganze Klima hier hilft mir dabei. Natur, Menschen und ich selbst strahlen Ruhe und Gelassenheit aus. Die mich kennen, werden denken: die doch nicht! Ja, ich gebe zu, es kostete viel Arbeit und Überwindung, so zu werden. Aber ich habe an mir gearbeitet und dieses kleine Wesen auf meiner Schulter, das mich immer antrieb, einfach runter geschuppst und gesagt: „Mit mir nicht mehr! Ab heute entscheide ich.“ Alle, die mich jetzt so kennen lernen konnten, sagen, ich sei nicht älter, sondern wieder jünger geworden, aus dem Inneren heraus. Danke! Doch älter wird man, man muss es nur zulassen, dann ist es kein Problem und wird nicht zur Last. Ich kann damit umgehen, ich weiß, dass es zum Leben gehört und sich niemand davon freikaufen kann, wenn es auch viele äußerlich versuchen.. Es ist immer ein Fehlschlag!
22.2.2013
So, der Tag ist auch vorbei, den würde man in meinem Alter ja lieber auslassen, wenn das den Erfolg hätte, dass dann auch das Älterwerden nicht so voran ginge. Ich will aber nicht meckern, sondern das Leben so nehmen wie es ist, vergänglich. Ich habe seit langem auch mal wieder diesen Tag lachend verbracht, die vergangenen Jahre war das nämlich nicht so. Sie haben dazu bei getragen, dass ich meinem Leben einen neuen Sinn gegeben habe, denn es kann nicht sein, dass der eigene Partner vorbei geht, ohne ein liebes Wort, wenigstens an so einem Tag. Im vergangenen Jahr verbrachte ich diesen Tag zusammen mit meinen Sohn, mit selbst gebackener Torte und leckerem Abendessen. André, von dem ich auch schon geschrieben habe, war auch bei mir und wir saßen gemütlich am Kaffeetisch und schmiedeten Pläne über das, was ich hier alles vorhabe. Nun nach einem Jahr kann ich sagen, ich habe viel von dem geschafft, nicht alles, aber viel. Ich bin zufrieden mit dem Erreichten. Den heutigen Tag verbrachte ich mit Jürgen, er war schön, bereits am Morgen. Wir fingen den Tag mit Späßen und Lachen an, so ging es den ganzen Tag. Über Internet erhielt ich Glückwünsche von meinen Kindern und Freunden, es ist ein schönes Gefühl, wie viele an einen so denken, an diesem Tag.
Gestern hätte mein Vater Geburtstag gehabt, er ist vor zweiundzwanzig Jahren verstorben, er fehlt mir aber noch heute, an so einem Tag besonders. In meiner Kindheit und später wurde sein Geburtstag mit allen Geschwistern gefeiert, die meines Vaters (6)und die meiner Mutter (12). Meiner wurde kurz erwähnt, war ja unvermeidbar. Als ich so alt war, dass ich kochen und backen konnte, begann dann eine Woche voller Arbeit, noch mehr als sonst, denn die Tage waren im Normalfall bereits sehr ausgefüllt. Wenn die Feierlichkeiten anstanden, war Akkord angesagt. Drei, vier Tage zuvor wurde geschlachtet, ein Schwein aus dem eigenen Stall, Hausschlachten. Das ist was, das sag ich euch: ein Erlebnis für sich. Viel Arbeit, aber etwas Besonderes. Mein Patenonkel (Heinz) war der Hausschlächter, der in den umliegenden Dörfern zu den Leuten ging und dort Schweine oder Rinder schlachtete und zu Wurst verarbeitete…lecker… Da ich schon als Kind immer in der Waschküche, die zum Schlachttag umfunktioniert wurde, umher turnte und bei allem meine Nase reinstecken musste, brachte er mir ganz viel bei, alles was ich wissen sollte, um aus einen Fleischberg leckere Wurst zu machen, ob im Glas oder im Darm. Die wenigsten können sich so etwas vorstellen, wie ein solcher Tag abläuft, denn an der Fleischtheke im Supermarkt bekommt man ja alles… Woher… das fragen die wenigsten. Aber zurück zu den Familienfeiern.
Bei so vielen Gästen hieß es, Kochen von Suppe und über mindestens zwei Gerichte bis hin zu drei Puddings und Desserts anderer Art. Die Kuchen wurden in der wieder gesäuberten Waschküche gelagert, die jetzt zum Vorratsraum wurde, mindestens acht Bleche Hefekuchen aller Art und zwei, drei Torten. In großen Schlachtemollen wurde der Kartoffelsalat angesetzt und aufbewahrt. Diese Massen an Essen: unvorstellbar. Aber was das Schlimmste war…. es wurde auch alles gegessen.
Für mich war das Schlimmste aber…der Abwasch: Teller Tassen, Schüsseln, Töpfe und Gläser und kein Ende in Sicht …...an meinem Geburtstag…..und somit unvergesslich!!!
21.2.2013
Seit drei Tagen schneit es, mal mehr, mal weniger. Die Flocken fallen eine Zeit lang dicht, so dass ich keine fünf Meter gucken kann, und auf einmal kommen ganz kleine Kristalle, die kaum zu erkennen sind. Gehe ich aber vor die Tür, bekomme ich einen Schreck, was da vom Himmel gefallen ist. Fast stündlich muss der Schneeschieber seine Aufgabe erfüllen, nicht nur unser Handschieber, nein, auch der Traktor mit den Schiebeschildern rast über die Straßen, ja rast. Der Pflug, der hinter dem Traktor angebracht ist, schmeißt den Schnee hoch und weit. Da sollte man nicht in der Nähe sein, wenn doch, dann heißt es, rette sich wer kann. Der Schnee kam mit viel Wind. Sturm ist zu viel gesagt, aber es pfeift schon ganz schön um die Ecken, wo sich dann der Schnee türmt und bizarre Gebilde hinterlässt.
Da ich das Problem der Wetterfühligkeit habe (viele sagen jetzt: ist doch Blödsinn), kann ich nur sagen, seid froh, dass es euch nicht so geht. Ich bin das lebende Beispiel für diese-Krankheit. Kommt ein Temperaturwechsel mit viel Wind, merke ich das schon ein, zwei Tage vorher, dank Migräne. Die verbleibt dann bei mir, bis sich das Wetter eingependelt hat, wie es die Natur vorgesehen hat. Ich liebe die Natur mit all ihren Fassetten, aber das ist etwas, worauf ich verzichten könnte. Leider sucht man sich das aber nicht aus, und nun muss ich damit leben und über mich ergehen lassen. Da es nun aber bereits der dritte Tag ist, würde ich mich über das Ende dieser „Kopfparty“ freuen.
Das Wetter hat aber noch ein Problem mit sich gebracht. Ständig fällt das Internet aus. So lebt man etwas ruhiger, nicht immerzu die Kontrolle: Hat einer was an meine Seite geschrieben, was ich unbedingt wissen muss, ob wichtig oder unwichtig? Es ist aber auch ein Nachteil, so kann ich nicht mit meinen Kindern und Freunden den Kontakt halten, sind es auch manchmal nur ein paar Worte, gesprochen oder geschrieben, aber das Schlimmste ist … Das Tagebuch …ich kann euch mein Erlebtes nicht mitteilen bzw. verspätet, ich hoffe einfach, dass es sich in den nächsten Tagen bessert und kann euch auf dem Laufenden halten.
Von meiner neuen Idee „Historie zum Leben erwecken“ habe ich ja schon berichtet, ich bin dabei, sie zu wecken. Auf Leinwand habe ich eine alte Postkutsche gemalt und dieses Bild wird am Außenhaus darauf hinweisen, was sich hinter dem Eingangstor verbirgt. Jetzt werde ich das Wetter nutzen, um Dinge zu bauen wie zum Beispiel einen großen Schaukasten, in dem unter anderem das Bild hängen wird. Da das aber sicher nicht von mir alleine geschafft wird, werden Jürgen und ich das gemeinsam tun. Er weiß noch nichts davon, aber wie ich ihn nun doch schon kenne, glaube ich, er wird nicht „Nein“ sagen und wir legen morgen los.
Ich plane und weiß noch gar nicht, ob ich morgen schon wieder „fit“ bin, aber ich denke schon. Sollte es dann nicht so sein, dann steht zumindest der Plan. Der Winter wird uns sicher noch eine Weile erhalten bleiben, die Arbeit läuft mir nicht davon, und darum: Gehen wir es entspannt an…
19.2.2013
Nach unserer Wanderung am gestrigen Tag wurde von mir am Abend beschlossen, Sonntag ist Sonntag, nicht wie sonst ein Tag wie jeder andere, mit Arbeit ausgefüllt. Der Plan stand: ausschlafen, frühstücken und zwar gemütlich, und lange „Fernseher an-Füße hoch und Nichts tun“.
So war der Plan, ausgeschlafen haben wir und das erst um 10.00, das tat ich noch nie, selbst als Kind nicht: „Da läutete der häusliche Glockenturm in Form des Futtereimers bereits morgens um 6.00“. Die Brötchen aufgebacken und das ausgiebige Frühstück, so dass der Mittagstisch gleich mit erledigt ist, „ein Brunch zu zweit“ den Punkt zwei meines Planes. Bis dahin alles super, jetzt begannen die sogenannten „Hummeln im Hintern“ zu summen. Ich überlegte, was kann ich machen, der Fernseher läuft,- Sport-, somit ist Jürgen versorgt. Da ich dem nichts abgewinne, suchte ich nach Beschäftigung. Haare schneiden könnte ich, also los, in wenigen Minuten ist das auch erledigt, dann noch kurz ins Netz geschaut, wer von meinen Freunden on ist, um ihm mal schnell Hallo zu sagen, ..keiner da.. machen alle Sonntag. So, jetzt kommt der Moment, wo die Langeweile anfängt. Um ihr keine Chance zu geben, sich breit zu machen, setze ich mich an den PC und schreibe in mein Tagebuch.
Gestern wurde es sehr spät, ich war nicht müde und nutzte das aus, um mir Gedanken zu machen. Was kann ich noch unternehmen, um „meinen Traum“, den ich hier lebe, für andere noch interessanter zu machen. Mir sprudeln ja die Ideen nur so aus dem Kopf und ich setze auch möglichst alle um, aber bei einigen Vorhaben benötige ich Hilfe, so auch bei der neuen Idee. Dass im Außenhaus, der Scheune aus sehr alter Zeit, ein kleines Museum entstehen soll, habe ich ja schon geschrieben. Kürzlich erfuhr ich, dass beide Gebäude eine Geschichte haben. Das Haus, in dem sich das Café befindet, wurde um 1720 erbaut, genaues Datum weiß ich noch nicht, es war die Poststation in dieser Zeit, als es noch mit Postkutschen über die Straßen ging. Hier in Bråbo wurden die Pferde gewechselt und versorgt, im genannten Außenhaus waren die Pferde untergebracht und warteten auf den nächsten Gespannwechsel. Diese Informationen machten mich so neugierig, dass ich einen Teil dieser Historie wieder zum Leben erwecken will. Ich weiß noch nicht genau wie, aber eins weiß ich, es soll der Clou werden. Ich habe bereits einige mobilisiert, alle Erinnerungen, die von ihren Vorfahren weiter gegeben wurden, zusammenzutragen und mir so die Möglichkeit zu geben, sie zum Leben zu erwecken. Ich bin so in diese Idee vertieft, ich kann es kaum erwarten kann, dass die Vergangenheit zu leben beginnt…und ich weiß …sie wird leben….
16.2.2013
Samstag, hier heißt dieser Tag Lördag. Ich bin am Morgen völlig gerädert, ich habe die ganze Nacht nicht geschlafen. Mir war kalt und stündlich habe ich auf die Uhr gesehen und gewartet, dass die Nacht vorbei geht, aber wie es so ist, wenn man auf etwas wartet, vergeht die Zeit soooo langsam. Ich stand auf und wir tranken einen Kaffee, der meine Lebensgeister mobilisierte, schnell die Brötchen in die Backröhre unserer Hexe in der Küche und nach zehn Minuten saßen wir am Frühstückstisch. Für viele bedeutet das „so zwei Tage Entspannung“, jedoch bei mir geht es los. Gestern hatte ich Gäste im Restaurant und es wurde sehr spät, es war eine gemütliche Runde und somit hatte niemand das Bedürfnis nach Hause zu wollen. Ich habe dann die grobe Reinigung gemacht, aber den Feinschliff ließ ich mir für den Morgen, was bedeutete, keine Müdigkeit vortäuschen, sondern ab an die Arbeit. Jürgen kam mit, um mir zu helfen, was das Ganze natürlich beschleunigte und ruck zuck war alles erledigt. Die Vorbereitung für den Abend wurde auch in kürzester Zeit erledigt und wir konnten zurück zum Haus gehen. Da es ja nur ca. 150 Meter entfernt steht, ist es nur ein Katzensprung und ich kann die Zeit, bis ich am Abend öffne, noch zu Hause verbringen. Als wir zu Hause waren, beschlossen wir: “Wir machen einen Spaziergang, auf einem der ausgeschriebenen Wanderwege.“ Also andere bequeme Schuhe an, Winterjacke, Handschuhe und Schal sowie eine Kopfbedeckung geschnappt, Emma an die Leine und los ging‘s. Über den Sportplatz in Richtung Naturum führte uns der Weg zum Ausgangspunkt der verschiedenen Wanderwege. Wir entschieden uns für Nummer 4, der Weg ist durch ein rotes Schild mit einer 4 ausgezeichnet.
Ich habe das Gefühl, die Rehe der Region interessieren sich genau wie wir für diese Wanderrouten, denn in dem tiefen Schnee fanden wir viele Spuren von ihnen. Da das Tauwetter eingesetzt hatte, war der Schnee nass und schwer, somit auch das Laufen, das sollte mir noch sehr bewusst werden. Wir hatten uns für einen kurzen Weg entschieden, ca. drei Kilometer, na hört sich doch gut an oder? Ich kann nur sagen, sie sind lang, es sind so etwa sieben Kilometer, wenn man vom „rechten Pfad“ abkommt. Es waren aber wunderschöne lange Kilometer, vorbei an einem kleinen Wasserfall, er war zu gefroren und nur kleine Öffnungen im Eis ließen uns das brodelnde Wasser erkennen. An einer der alten Steinmauern, die hier typisch sind, zeigte mir Jürgen, wie er bei einem Mauer-Bau-Kurs Steine aufgebaut hat. Wie Teenies malten wir dann ein Zeichen unserer Zuneigung in den Schnee. Ist ein tolles Gefühl, auch in diesem Alter noch solche Dinge zu tun.
Na, dann beschlossen wir, den Heimweg anzutreten, dieselbe Strecke zurück und „kein Rundgang“. Hätten wir man bloß, aber wir wollten es ja nicht übertreiben mit dem „Spazieren gehen“. Als wir dann an eine Abzweigung kamen, kam ich auf die Idee, lass uns doch geradeaus weiter gehen, es gehen dort doch auch Fußspuren lang. Emma wollte die Abbiegung nehmen, sie hatte unsere Fährte aufgenommen, auch Jürgen hatte vor, dort lang zu gehen Ich konnte beide überzeugen, dies nicht zu tun. Also frohen Mutes geradeaus weiter, weiter und weiter. Da wir wussten, dass unser Ausgangspunkt links lag, wir jedoch immer weiter nach rechts gingen, wurde uns so langsam klar, es war eine Fehlentscheidung, aber man ist ja Optimist und läuft weiter. Jürgen machte schon Späße: “Eine kleine Lampe habe ich ja bei, aber etwas zum Essen, für ein Picknick wäre gut gewesen“, so kam dann doch der Wendepunkt, nach einen Kilometer durch Schnee, tiefem Schnee. Schal, Handschuhe und Mütze verschwanden eins nach dem anderen in den Jackentaschen, denn mir war warm. Meine Beine wollten gar nicht mehr, aber was soll‘s, hinsetzen und Pause machen ist nicht. Endlich wieder in der Nähe des Wanderweges mobilisierte ich meine Restkräfte und nichts wie nach Hause. Eine halbe Stunde war mir geblieben, um mich fertig zu machen für die Arbeit im Restaurant. Andere Schuhe und Hose an und mit schweren Beinen, sehr schweren Beinen los. Ich will gar nicht an morgen denken, eins weiß ich, es ist…. „Sonntag“
14.2.2013
Donnerstag, mit Tempo Richtung Wochenende. Morgen Abend ist das Café wieder geöffnet, ich habe Gäste, die sich bereits angemeldet haben. Es gibt ein deutsches Gericht: Käsecremsuppe, Schweinebraten, Speckbohnen und Klöße, als Leckerei danach Vanillecrem auf Minzspiegel. Hört sich doch gut an oder? Ich werde auch damit beginnen, schwedische Gerichte zu kochen, denn wenn man in einen Land lebt mit anderer Nationalität, stehen andere Speisen auf den Speiseplan als in Deutschland. Ist doch natürlich, dass ich mich darauf einstellen muss, um den Einheimischen einen Besuch bei mir schmackhaft zu machen. Viele Schweden lieben die deutsche Küche und den Kuchen aus „Großmutters Backbuch“, das ich schon viele Jahre besitze und gern daraus backe. Ich habe es vor vielen Jahren auf einem Trödelmarkt gekauft, nicht weil ich die Rezepte haben wollte, sondern weil ich dieses alte Buch so schön fand. Die Zeichnungen darin waren nur wie Skizzen, aber sie verrieten genau das, was das Buch ausdrücken wollte: die Lust auf Kochen und Backen. So holte ich oft an den Wochenenden das Buch aus dem Schrank und suchte mir etwas heraus, um es nachzubacken, was nicht immer gelang, aber es ist ja noch kein Meister vom Himmel gefallen, warum sollte ich also der Erste sein. Nach mehreren Versuchen gelangen mir aber dann diese Kunstwerke, wie ich diese Torten nannte. Jetzt kann ich sie auch ohne das Buch herstellen, das mein ständiger Begleiter blieb, egal wo ich arbeitete, im Hotel, in einer Pension oder im Privathaushalt. Viele konnten eine Kostprobe daraus genießen.
Hier wird viel mit Äpfeln gebacken, es gibt die verschiedensten Arten von Torten, Blechkuchen und Muffins, überall mit Äpfeln. Ist ja kein Wunder, die Schweden verwenden gerne Produkte aus ihrer Region und das sind hier nun mal die Äpfel. Von unserer Ernte im Herbst habe ich selbst noch drei Obstkisten voller roter Äpfel, saftig und lecker. Diese werden wir in der nächsten Zeit in meinem Café den Gästen mit einem Hauch Heimat schmackhaft machen. Sie schmecken süß und sauer zugleich, einzigartig und wieder erkennbar. Viele werden jetzt schmunzeln und denken, was redet die denn da für einen Quatsch, Kenner werden aber wissen, wovon ich schreibe.
Ich habe dieses Obst auch für meine Bilder als Motiv ausgewählt. In all der Vielfalt, die es gibt, dürften mir die Möglichkeiten der bildlichen Darstellung nicht ausgehen. Ich male sie auf Leinwand und werde einige der Bilder in unserem Seminarraum der Vereinigung aushängen. So löse ich auch das Problem der kahlen Wände, denn als ich hierher kann, fand ich einen großen Saal vor, der keine Wärme ausstrahle. Das sollte er wohl auch nicht, er sollte dem Zweck dienen und das war, Platz für Schulungen und Meetings zu geben. Nachdem ich aber begonnen hatte, im BEF zu kochen, wollte ich die Atmosphäre verändern und wenn am Freitagabend und samstags der Wein und Bierausschank war, sollten sich die Gäste wohlfühlen und gern wieder kommen. Ich begann mit Gardinen, na sagen wir mit Vorhängen und Tischdecken, später kamen dann Regale und Borde an die Wände, auf denen kleine „Geschichtenerzähler“ und Produkte aus unserer Butike ihren Platz fanden. Wenn man genauer hinschaut, fehlt aber etwas, ich weiß noch nicht genau was, ich versuche es erst mal mit den Bildern.
Jetzt sitze ich ab und zu an meiner Staffelei und übe mich wieder in meiner Malerei. In den letzten Tagen sind es sechs Bilder geworden. Ein Anfang ist gemacht, doch werde ich nach der Eröffnung des Cafés nicht mehr so viel Zeit haben. Es muss immer mal eine Auszeit für dieses wunderschöne Hobby genommen werden. Weil ich gemerkt habe, dass es nicht gut ist, seine eigenen Wünsche hinten an zustellen, habe ich beschlossen, dies auch nicht mehr zu tun und dazu gehört eben das Malen, Basteln und das Produzieren von kleinen Filmen auf dem PC. Ich werde mich in nächster Zeit daran machen, einen Film mit Eindrücken aus meiner Wahlheimat Schweden herzustellen, mit all ihrer Schönheit der Natur in Form von Pflanzen, Tieren und alten Bauwerken. Ich sammle bereits Material dafür, ich warte nur noch auf den Tag, der mir sag: Astrid, leg los!
10.2.2013
Samstagabend, in Bråbo, dem kleinen idyllischen Örtchen in Småland. Wieder neigt sich ein Tag dem Ende entgegen. Es hat aufgehört zu schneien, alles ist tief in Schnee verhüllt, ein Grau fällt vom Himmel auf das am Tage blendende Weiß. Ich habe früher immer geschmunzelt, wenn ich Leute mit Sonnenbrille im Winterurlaub in den Bergen gesehen habe, dache dann „Angeber“ (Entschuldigung dafür an alle Betroffenen). Die Straßenlampen werfen ein Lichtschein auf den Boden aus Lila und Orange, ein warmes Licht liegt auf der Schneedecke. Ruhe durchzieht die Natur, hin und wieder hört man einen Hund bellen, er schlägt wohl an, um diese Ruhe zu verjagen. Das gelingt ihm natürlich nicht, denn sie gehört zu Schweden, ja, sie ist Schweden.
Torbjörn ist für ein paar Tage unterwegs, darum habe ich wieder den Job des Dosenöffners für seine Katzen übernommen, somit ist auch unser täglicher Spaziergang gesichert, wobei ich heute nicht laufen musste. Ich habe ja einen Schlitten und natürlich einen Jürgen. Decke geschnappt, eingewickelt und hingesetzt. Emma steht erwartungsvoll neben dem Schlitten: „Ein Blick, ein Sprung und schnell brav hingelegt, dann merkt keiner, dass ich auch auf dem Schlitten bin und meine Füße nicht dieses kalte Etwas spüren, was mein Frauchen so liebt, denn ich habe im Gegensatz zu ihr ja schließlich vier Berührungspunkte, das zu meiner Verteidigung. Ich glaube, Frauchen und Jürgen haben Mitleid mit mir, ich darf liegen bleiben und bekomme sogar noch etwas von der Decke ab.“
So, nachdem nun Emma auch mal zu Wort gekommen ist, zurück zu mir. Ich kam in die Küche und entdeckte gleich das Dankeschön, das der „Wikinger“ für mich hingelegt hatte, einen selbst genähten Filzbeutel, wie ihn die Wikinger an ihrer Kleidung tragen. Ich freue mich natürlich über so ein Geschenk, weil ich weiß, mit wie viel Liebe und Herzlichkeit er diese Dinge näht. Er gibt ein Stück aus längst vergangener Zeit als Dank für etwas ganz Normales: Nachbarschaftshilfe. Schnell noch Schnee vor seiner Tür gefegt, damit er spät nachts, wenn er nach Hause kommt, nicht erst noch diese Arbeit zu erledigen hat. Nach einer vierstündigen Autofahrt bei den Straßenverhältnissen ist es nicht das, was man dann noch braucht. Nur ein in die warme Stube zu einem Glühwein, heißen Tee oder Grog im großen Wikingerkrug, das ist angenehmer und sorgt schnell für Entspannung.
Nachdem der Schnee bewältigt wurde, machten wir uns auf den Rückweg. Wieder dieselbe Idee wie bei der Herfahrt, ich in Decke und los ging‘s. Aber bevor ich mich setzen konnte, beabsichtigte Emma meine Position einzunehmen. Ich konnte sie überzeugen, dass wir tauschen mussten, und so traten wir die Heimfahrt an. Jürgen gab alles, es tat mir leid, wie er kämpfen musste, denn stellenweise war der Schnee auf der Straße locker durch die Schneeketten der riesigen Forstfahrzeuge, die hier Tag und Nacht im Einsatz sind.
Von den Arbeiten im Wald ist nicht viel zu hören, aber zu sehen. Jeden Tag verlassen hunderte von Bäumen den Wald, die Natur und somit ihre Heimat. Schweden lebt von der Holzindustrie und diese hinterlässt natürlich ihre Spuren, große Flächen werden abgeholzt und gerodet. Es ist verblüffend, in welchem Tempo das geschieht. Gerade begonnen und nach zwei, drei Tagen ist alles weg. Die auf Länge geschnittenen Stämme liegen am Waldesrand und warten auf Abholung. Die Baumkronen werden ebenfalls zerkleinert und auf große Halden gelagert, diese werden erst nach Jahren abtransportiert und zu Pellets verarbeitet. Somit findet alles seine Verwendung.
Nachdem die Wurzeln ans Tageslicht geholt wurden, beginnt die Wiederaufforstung. Oh Mann, ich habe das in Deutschland mit meiner Freundin Susanne zusammen fast drei Jahre gemacht. Tausende von Bäumen stehen in Naturschutzgebieten in ganz Deutschland, die wir gepflanzt haben. Der Gedanke daran löst in mir ein schönes Gefühl aus, wenn ich daran denke, wie klein und verletzlich die Setzlinge waren, als wir sie fast liebevoll gepflanzt haben, und welche stattliche Größe sie im Laufe der vergangenen Jahre wohl erreicht haben. Die Generation meiner Enkel und Urenkel wird sie dann schlagen und den Kreislauf der Natur mit zarter Grünbepflanzung fortführen.
8.2.2013
Nun sind es noch drei Tage, bis ich das Cafe und auch Restaurant für das Jahr 2013 eröffne, ich freue mich auf die kommende Arbeit, aber vor allem auf die Gäste aus aller Welt.
Ja, ich kann sagen aus aller Welt, denn im vergangenen Jahr hatte ich Besuch aus Frankreich, Spanien, Amerika, England, Belgien und Kroatien sowie aus Holland, Thailand und Italien. Gäste aus Bulgarien und Deutschland sind mehrmals im Jahr hier, denn sie haben ihre Ferienhäuser im Umland und nutzen jede Gelegenheit, eine Auszeit zu nehmen und hier in Schweden Energie zu tanken.
Morgen wird der Feinschliff im Garten gemacht: die Spuren der Baumfällarbeiten beseitigen, kurz mit der Harke übern Rasen rennen, bevor noch mal Schnee fällt und im Frühling das Chaos zum Vorschein kommt. Aus den Zweigen der Hängebirke habe ich einen ganz großen Kranz gewickelt, mit Birkenrinde verziert und die Mitte werde ich mit Dekoration aus Moos und anderen Materialien aus der Natur bestücken, das Ganze dann mit Kerzen in Gläsern vollenden. Im Garten haben wir eine der Apfelkisten seitlich gekippt, darauf thront nun dieser riesige Reisigkranz, ich denke, er wird in diesem Jahr viele Blicke auf sich ziehen und meine Gäste anspornen, selbst einmal ihrer Kreativität freien Lauf zu lassen. Ob als Inspiration für selbst gebastelte Dinge, die einen tristen verregneten Urlaubstag zu einem Erlebnis machen, oder die von mir gefertigten Dinge können die Gäste als kleine Mitbringsel aus Schweden für Freunde so ohne den typischen Panikkauf mit nach Hause nehmen und ein Stück Schweden weiterreichen.
Heute sollte es ja laut Wetterbericht schneien, aber nein, die Sonne hatte bereits am Morgen das Rennen gewonnen, den ganzen Tag stand sie hoch am Himmel Neben dem Cafe ist der Kindergarten angrenzend, die Kinder haben das herrliche Wetter ausgenutzt und den Tag draußen verbracht. Sie haben in der Mittagszeit mit den Erzieherinnen einen Grill hervor geholt, mit Würstchen bestückt und später gemütlich bei heißem Tee ihre Grillwürstchen verputzt. Es war so süß, diesem Treiben zuzuschauen, da wäre man doch gern Kind gewesen und hätte sich ihnen am liebsten angeschlossen. Jetzt geht der Tag zu Ende, am Himmel sind Farben von Blau über Lila bis hin zu Rot zu sehen, sie verlaufen in einander und es sieht aus, als würde sich ein riesiger Regenbogen über uns wölben, langsam kommt die Dunkelheit.
So nun habe ich vom kommenden Frühling geschrieben oder sagen wir lieber vom Wartenden, und jetzt alles zurück auf Winter, denn es begann in der Nacht an zu schneien, was der Himmel her gibt. Am Morgen, als ich die Nase unter meiner Bettdecke hervor steckte, hu, es war frisch im Zimmer, sehr frisch und ich ahnte schon, was mich erwartet. Augen auf, Blick zum Fenster und ein gewohnter Anblick der letzten Wochen war wieder da. Dick behängt mit Schnee steht der alte Apfelbaum vor dem Fenster. Na wenn der Baum schon so viel weiße Pracht geladen hat, was liegt dann auf dem Boden. Es ist so viel, dass der Schneeschieber ran muss, dicke Jacke und Stiefel an und ab an die Arbeit.
Ganz wichtig das Vogelhaus mit Leckerbissen auffüllen, denn im Baum sitzen wartend die Meisen und der Buntspecht mit seiner Frau, ja richtig mit seiner Frau. Seit ein paar Tagen haben wir beobachten können, dass er bereits im Liebestaumel ist. Er gräbt mit seinem Schnabel im alten Ameisenhaufen, als suche er nach Öl, er will wohl damit die Spechtdame beeindrucken, die in der großen Eiche sitzt und ihn intensiv beobachtet. Nach einer Weile fliegen sie gemeinsam davon und sobald einer zurück kommt, ist der andere nicht mehr weit. Also ab ins Haus, die zubereiteten Leckereien für unsere gefiederten Freunde geholt, und der Frühstückstisch ist gedeckt. Ich bin gerade mal zwei Meter weg vom Vogelhaus und schon sitzen die kleinen Meisen auf dem Rand der Talgschale, in die ich zusammen mit dem Talg viele Körner und Nüsse eingefüllt habe. So, die sind versorgt. Emma, die wartend auf dem Weg sitzt, bekommt ebenfalls ihr Frühstück und bleibt eine Weile draußen im Garten, wobei sie gern sofort wieder mit ins Haus gehen würde ….. Frostbeule ..
In der Zwischenzeit hat Jürgen das Frühstück fertig und die Öfen beheizt, der Tag kann starten. In der Backröhre der Küchenhexe werden der Toast und die Brötchen knusprig aufgebacken, Honig von Appelkulla und Marmelade aus unseren selbst geernteten Äpfeln, ein gekochtes Ei und ein Pott Kaffee ergeben unser Frühstück. Wir genießen es, ja dafür lassen wir uns Zeit. Ich hätte mir nie gedacht, dass ich dazu mal Zeit habe, sonst immer schnell einen Kaffee getrunken und ab an die Arbeit. Nee, stimmt nicht ganz, einmal im Jahr, als ich noch in Deutschland lebte, gab es eine Woche im Jahr in meinem Leben, die „Meine Woche“ war, meine und die meiner Freundin Susanne. Wir fuhren gemeinsam zu unseren Geburtstagen an die Ostsee, das war dann unsere Zeit. Uns beide verbindet eine Freundschaft, die es wohl nicht oft gibt, obwohl wir uns nicht immer regelmäßig trafen, wir waren uns immer nah. Wir fühlten, wenn der andere einen brauchte, und es gab nichts, was dann wichtiger sein konnte, als den anderen aufzusuchen. Also hatten wir ein „Muss“ in jedem Jahr: eine Woche Urlaub von der Familie, eine Woche Sunny und Astrid. Kann ich nur jedem raten, macht das, denn Freunde sind mit das Wichtigste auf dieser Welt und wenn ihr sie verliert, weil ihr euch so sicher wart - die habe ich ja als Freundin - muss ich sagen: nein, habt ihr nicht, denn eine Freundschaft will gepflegt und behütet werden, sonst geht sie ein. Das dann für immer. Wieder beleben zwecklos.
Susanne und ich hatten eine Weile nicht voneinander gehört. Missverständnisse, falscher Stolz und andere Kleinigkeiten, verpassten unserer Freundschaft einen Knacks. Schon bevor ich nach Schweden ging, brach der Kontakt ab, es verging fast ein Jahr, in dem wir nicht voneinander hörten.
Nur das Internet zeigte uns gegenseitig, dass wir noch auf der Welt waren und dieses sollte uns auch wieder zusammenführen. Ich lass da so sentimentale Sprüche über Freunde und Entfernung, beim Lesen kam mir sofort Sunny in den Sinn, in Gedanken sagte ich „Sunny du fehlst mir“, ich setzte diesen einen Spruch, der mich so tief bewegte, ins Netz, und als ob sie nur darauf gewartet hätte, kam sofort eine Antwort. Sie schrieb, dass sie all meine Aktivitäten hier oben verfolgt und weiß, dass es mir gut geht, denn sie fühlt es so, wie es immer war. Nun werden wir uns in diesem Jahr hier in Schweden wieder sehen, ihr könnt euch nicht vorstellen, wie ich mich freue. Jetzt weiß ich, dass keine Entfernung, egal wie groß sie ist, eine Freundschaft nicht zerstören kann.
6.2.2013
In den letzten Tagen hatte ich voll zu tun, ich habe wieder das Cafe am Freitag- und Samstagabend geöffnet, mache Abendessen und - nicht zu glauben - ich bekam auch die Erlaubnis, alkoholfreien
Wein und Bier bis 3,5 % Alkohol zu servieren, das kann man hier ja auch im Geschäft frei kaufen. Ich brauchte nur noch die Erlaubnis für den gewerblichen Ausschank, diese habe ich heute gerade
erhalten. Ist schon mal ein Schritt vorwärts und wenn ich denke, das alles
gelang ohne die berühmt-berüchtigte Personennummer, so ist das schon ein Riesenerfolg.
Wir haben heute begonnen, im Garten am Cafe Bäume und Sträucher umzusägen, eine Heidenarbeit. Aber es muss ja gemacht werden, wenn das Geschäft erst läuft, haben wir keine Zeit mehr dazu. Da fing
es wieder an zu schneien und wir mussten unsere Arbeit abbrechen. Zwei Tage lang soll es wieder schneien, hoffentlich nicht mehr so viel, und nachts wird es zudem noch mächtig kalt. Die Straßen
sind soweit frei, aber auf den Feldern und Wiesen liegt noch Schnee, so hart, dass man darauf laufen kann, ohne einzusinken. Es hört sich gut an, wenn der verharschte Schnee unter den Füßen
bricht und wenn man sich umschaut, sieht man nur einen ganz flachen Abdruck der Spur.
Beim Sägen der Bäume entdeckt man, wie nah aber der Frühling sein muss, denn die Birken und Ahornbäume haben dicke und pralle Knospen, die nur darauf warten zu explodieren. Weil die Sonne bereits
eine gewisse Wärme hat, wird
es auch schnell grün an den Bäumen, wenn die Natur der Meinung ist,
"genug Winter, jetzt ist der Frühling dran" .
Die Vögel beginnen auch wieder mit ihrem morgendlichen Gesang, gestern
schien den ganzen Tag die Sonne, man konnte glauben, als würde der Frühling von den Vögeln geweckt Aus jedem Baum und Strauch hörte man es zwitschern. Die Elstern sind kräftig am Nestbau,
unglaublich was diese Tiere für Material heranschaffen und in welch einem Tempo der Nestbau voran geht. Da können wir uns noch so manchen von abschauen in Bezug auf Bautempo und Qualität.
Was
diese schönen, aber auch oft nervenden Baumbewohner da schaffen, hält Sturm und Hagel stand, was wir nicht von allem sagen können, was wir so fabrizieren.
Am Sonntag war im BEF eine erfolgreiche Veranstaltung, von dem Wochenende Habe ich schon früher berichtet, an dem alte Landmaschinen in Einsatz kommen
und die Arbeitsweise aus den 50iger Jahren gezeigt wird.
Wir haben einen Schriftsteller und Filmemacher, er war vor Ort und filmte alles, daraus wurde ein Dokumentarfilm, interessant und ergreifend. Bei der Vorführung des Films, die wir uns zusammen
mit allen Mitwirkenden erlebt haben, bekam ich Gänsehaut, und es hört sich sicher blöd an, aber es war so, ich hatte Tränen in den Augen.
Ich sah dort auf der Leinwand meine Kindheit, was schreibe ich,.. ich hatte ja gar keine Kindheit, zwar war ich ein Kind, aber ich konnte diesen Abschnitt meines Lebens nicht leben. Er wurde mir
genommen, ich lernte das Laufen am Kartoffelkorb auf dem Feldweg, während der Ernte. So war es nicht so erschreckend, dass diese Dinge meine Begleiter wurden, sie wurden mir vertraut und ich
verband sie nicht mit Arbeit. Es war für mich selbstverständlich, täglich mit ihnen Umgang zu haben. Genauso war es später mit Harke und Kartoffelhacke, Schubkarre und Heugabel. Nach der Schule
ging es täglich aufs Feld während der Saat und zur Ernte. War das nicht notwendig gab es auf dem Hof genug zu tun, Schweine, Hühner, Enten und Kaninchen waren zu versorgen und somit hatte ich
keine Langeweile, geschweige die Zeit, das zu tun, was Kinder machen ...zu spielen!
Diese Gedanken in meinem Kopf waren für meinen Gefühlsausbruch verantwortlich. Den ganzen Abend und die folgende Nacht hatte ich damit zu tun die Erinnerungen wieder weit weg zu schieben, wobei
ich mir sicher bin, dass sie immer und immer wieder kommen werden, denn sie gehören zu meinem Leben und lassen sich nicht verdrängen.
Ich muss lernen mit ihnen umzugehen und das positiv sehen: ich kann mitreden, wenn sich Menschen unterhalten, die altersmäßig meine Eltern und Großeltern sein könnten und sie stellen mich nicht
als Besserwisser hin, denn sie sehen in meinen Augen, dass ich das alles selbst erlebt habe, sie sehen meine Tränen.
27.1.2013
Samstag und herrliches Winterwetter. Nachdem wir von unserem Spaziergang zurück sind, haben wir uns eine Tasse Kaffee und ein Stückchen Kuchen geschnappt, im Wohnzimmer aufs Sofa gekuschelt und noch einmal über unser gestriges Erlebnis gesprochen. Obwohl das Tier noch klein war, denn es war nicht mehr als drei Jahre alt, gewann diese Elchkuh Jürgens Respekt. Jetzt wollte er mehr über diese Giganten Schwedens wissen, ich legte los:
„In Schweden gibt es ca. 300 000 Tiere, sie ernähren sich vorwiegend von den jungen Sprossen und Blätter der Bäume, bevorzugt sind da Birke, Weide und Pappel, um größere Schäden zu vermeiden, werden jährlich an die 90.000 zum Abschuss freigegeben. Aber auch Wasserpflanzen sind Leckerbissen für sie, ebenso Blaubeerreisig. Da der Elch sehr alt werden kann (15 bis 20 Jahre, es wurden aber auch schon Tiere von 27 Jahre gefunden), zählt er nicht zu den bedrohten Arten. Seine Feinde sind der Wolf und der Bär.
Ein Elch hat mit 10 bis 15 Jahren eine Länge von 3 m und eine Schulterhöhe von 2,30 m. Danach schrumpft seine Gestalt etwas, die Schulterhöhe liegt dann bei etwa 1,90. Das Gewicht kommt schon mal auf 800 kg. Der Körperbau sieht durch die nach hinten geknickten Beine eigenartig aus, das Massigste sind der Brustkorb und die muskulöse Schulter. Dass ein Elch einen Schwanz hat, wissen die wenigsten, er ist ja nur etwa zehn Zentimeter lang und versteckt sich im Fell. Urig sieht die überhängende Oberlippe aus, die breit über das ganze Maul fällt. Ein 5jähriger Bulle trägt auch einen ausgewachsenen Kinnbart. Da Elche sich gern in Moorgebieten aufhalten, sind die Beine zwischen 80 und 110 cm lang und die Hufe mit Schwimmhäuten versehen.
Im Januar und Februar kann man manchmal bei einem Waldspaziergang eine Abwurfstange finden. Die Geweihe erreichen eine Spannweite bis zu 2 m und ein Gewicht von 20 kg. Ein Elchbulle trägt schon im zweiten Lebensjahr ein Geweih, allerdings nur mit einer Stange. Damit ist er in der Brunftzeit jedem Platzbullen unterlegen, der seinen Elchkühe-Harem verteidigt. Nach einer Tragezeit von acht Monaten wirft eine Elchkuh ein Kalb, bisweilen auch Zwillinge. Diese können schon nach zwanzig Minuten auf ihren wackligen Beinen laufen, wiegen 10 bis 15 kg und sind etwa 80 cm groß. Nach der Geburt ist die Elchkuh gefährlich, sie greift einen Menschen sofort an, wenn er sich ihr nähert. Sie attackiert mit den scharfkantigen Hufen und mit hoher Schlagkraft, was für den Attackierten meist tödlich endet. Ebenso gefährlich ist ein Bulle während der Brunft oder nach einer Verletzung, aus diesem Grund sollte man einer Begegnung ausweichen.
Auch wenn ein Elch noch so groß ist: sein dunkles Fell ist besonders im Straßenverkehr von Nachteil. Im Jahr kommen zwischen 4500 und 5000 Elche bei Autounfällen uns Leben, von den Menschen will ich gar nicht sprechen. In Schweden gibt es daher ein ungeschriebenes Gesetz: Ein Elch hat immer „Vorfahrt“.
Jetzt fragt mich Jürgen: „Woher weißt du das alles?“ Meine Antwort: „Internet.“
26.1.2013
Es war ein superschöner Tag, es war sehr kalt, minus 17 Grad, aber Sonne satt. Da am Wochenende Brennholz bei Michi am Ferienhaus geliefert wurde, mussten wir dorthin fahren, um die Einfahrt von Schnee zu befreien. Schnee in fast eineinhalb Meter Höhe erwartete uns. Aber zu zweit hatten wir die Schneemassen schnell beseitigt, wir machten uns auf den Heimweg. Weil die Straßen immer noch stark vereist waren, wählten wir den längeren, aber sicheren Weg nach Hause, und das lohnte sich. Jürgen und ich fuhren schweigend nebeneinander sitzend in Richtung Ruda, beide saugten wir die tief verschneite Landschaft auf. Schon allein das war diesen Weg wert, denn dort sind viele der typischen Birkenwälder, wie wir sie aus den Schwedenfilmen kennen. Ihr Anblick ist im Winter "gänsehautsicher“, er hat etwas Magisches. Das war auch der Grund, warum wir beide zur linken Seite blickten.
Ein Wäldchen war zu Ende, eine tief verschneite Wiese, umsäumt von einem alten Koppelzaun, schloss sich an. Einzelne Birkenbäume, umhüllt von Kristallen aus Eis, dass sie verletzbar aussahen, aber jeden als ein Kunstwerk erscheinen ließ, durchbrachen die Weite. Eine Vertiefung, die sich über die Wiese schlängelte, ließ einen Graben erahnen, zugefroren und mit Schnee bedeckt. Und da stand er, der König des Schwedischen Waldes, ein Elch, eine Elchkuh, ich schätze dreijährig. Respekt und der Wow-Effekt wurden gleichzeitig bei uns ausgelöst. Wie immer die Kamera in der Handtasche, und Jürgen hatte seine in der Jackentasche, so dass wir eine Zeit brauchten, um sie hervor zu holen. Die Elchkuh hatte Geduld mit uns, sie blieb stehen und blickte uns an. Ganz langsam ging sie den Hang hoch in Richtung des nur etwa fünf Meter entfernten Birkenwaldes. Kamera raus und schnell abgedrückt, keine Zeit für Einstellungen, so dass das geschossene Bild nicht gerade profihaft wurde und nur schemenhaft das wunderschöne Tier zeigt, bevor es im Wald verschwand.
Es war mein sechster Elch, den ich sehen durfte, für Jürgen der erste. Seit einer ganzen Weile wartete er auf diesen Augenblick, denn jeder, der nach Schweden kommt, ist erst angekommen, wenn er einem Elch begegnet war. Ich hatte ihm bereits viel von den Giganten erzählt, von meinen Begegnungen mit ihnen, von den Erzählungen Einheimischer und auch aus Erlesenem. Seine Vorstellungen von diesem Tier wurden heute weit übertroffen, da bin ich mir sicher. Er sitzt jetzt da und verarbeitet das heut Erlebte.
25.1.2013
Neunzehn Grad Minus, da heißt es tüchtig einheizen, und wenn es ins Bett geht, die Decke bis an die Nase gezogen. Da wir im Schlafzimmer erst am Abend das Feuer im alten gusseisernen Ofen anmachen, ist es, wenn wir schlafen gehen, kuschelig warm. Fallen die Temperaturen aber so weit unter Minus, wird es im Haus schnell kalt, sobald im Ofen nicht nachgelegt wird. Wenn ich am Morgen meine Augen öffne, schaue ich direkt aus dem Fenster und sehe die Krone des Apfelbaums in unserem Garten. Noch dicht mit Schnee bedeckt steht er da und beherbergt in einer Gabelung mein selbstgebautes Vogelhaus. Zeit für Meise, Buntspecht und Elster, das erste Frühstück einzunehmen, da geht es in der Morgendämmerung aber zur Sache, kann ich euch sagen, jeden Morgen läuft dasselbe Ritual ab. Zwei kleine Meisen schauen hinein, ob der Tisch gedeckt ist. Sobald sie beginnen, in den Körnern herum zu picken, erscheinen die Elstern, eine nach der anderen, bis es fünf Stück sind und die Meisen sich in der Baumkrone einen sicheren Platz suchen, abwartend bis die Elstern gesättigt sind oder der Buntspecht im Anflug ist. Denn dann gehört der Futterplatz ihm, und sie dürfen sich ab und zu etwas von den Körnern holen.
Ein zaghafte Piepsen der Meisen und ein Gezänk der Elstern im Baum nebenan wecken den Tag. Er beginnt auch schon mal mit Sonnenstrahlen, die sich durch den Morgenhimmel zwängen. Die Farben am Himmel reichen von grau über blau bis hin zum Rot, durch die Sonne wirken sie noch intensiver. Eigenartig erscheint auch das Licht, dafür ist wohl das viele Weiß verantwortlich. Schon eine halbe Stunde später gibt es ein Glanz- und Schattenspiel am Boden mit Bildern, die im Kopf abgespeichert werden und mich den Tag mit einem Lächeln beginnen lassen. Gartenmöbel, die nicht rechtzeitig ihr Winterquartier gefunden haben, sind lustige Gebilde mit einer Haube aus Schnee, die an eine Baiser-Leckerei erinnern.
Selbst ein kleiner Spaziergang durch den Ort trägt zu Entspannung bei. Merkwürdig wie anders man die Natur und die verschneiten Gärten aufnimmt. Alles sieht verschlafen und geheimnisvoll aus. Ein Spaziergang, und ist er noch so kurz, schafft es gerade noch, das Durcheinander im Kopf zu ordnen und zu entschleunigen. Du wirst von der Natur heraus gefordert, den Kampf aufzunehmen. Ein Kampf gegen Stress, Alltagshektik und vor allem gegen sich selbst, denn wir sind es, die sich zum Sklaven der Zeit und Arbeit machen.
Heute hatte ich ein interessantes Gespräch mit Eva Lotte, einer lieben Freundin von mir, sie hatte mich abgeholt, um mit ihr nach Oskarshamn zu fahren. Sie hatte einige Dinge zu erledigen und ich nutzte die Gelegenheit. Wir waren noch nicht sehr weit aus Bråbo gefahren, da fiel mir auf, dass eine Entspannung durch meinen Körper ging. Ich begann intensiv durchzuatmen. Obwohl ich im Auto saß, glaubte ich, die frische Luft zu fühlen. Ich begann darüber nachzudenken, Eva Lotte bemerkte es und fragte, was mich beschäftige. Ich fasste meine Gedanken in Worte und bekam eine ausführliche Antwort. Sie sagte: „Ja, du fühlst diese frische Luft, diese Weite und unsagbare Stille, das ist der Zauber Schwedens. Im Sommer werden unsere Gedanken daran von den Eindrücken der Schönheit Schwedens unterdrückt oder sagen wir lieber, wir nehmen sie nicht bewusst wahr. Dann sind es unsere Augen und die Nase, die Sinnesorgane, die uns die Schönheit des Landes näher bringen, das Grün in den Wäldern, die Blumenpracht an den Wegrändern oder die Menschen in farbenfroher Kleidung. Im Winter dagegen gibt es diese Farbenpracht nicht, nur das Weiß, das typische Schwedenrot der Häuser und die eher triste Farbe der Bäume. Das Auge, aber vor allem die Ohren werden jetzt Vermittler. Sie reichen die Eindrücke weiter, weiter an unser Herz. Jeder weiß, wenn das Herz angesprochen wird, werden Gefühle geweckt, egal ob positiv oder negativ. Jetzt sind es die Gefühle, die uns lächeln machen und den Stress des Alltags vergessen lassen. Hier gibt es keinen Stress.“ Nach diesen Worten wurde ich noch stiller, aber nicht lange, ich musste ihr zustimmen. Ich sagte: “Du hast recht. Ich kam hierher, ein Mensch, der nach Terminplan lebte. Ich war ein knappes halbes Jahr hier, da bemerkte ich an mir eine Veränderung. Ich machte mir abends keine Vorwürfe mehr, wenn ich eine mir morgens gestellte Aufgabe nicht geschafft hatte. Ich dachte einfach: ‚Ist doch egal‘. Früher wäre ich gar nicht in den Schlaf gekommen, ohne es noch schnell zu erledigen.“
Auch ich wurde von Schweden „entschleunigt“…
PS: Jürgen war wieder mit seinem Schlitten unterwegs, zwanzig Kilometer, Kristdala hin und zurück, da haben sie ihm doch das Ganze etwas erschwert..Straße gestreut… Mann, war der fertig!
21.1.2013
Das neue Jahr ist schon fast einen Monat alt ist, Zeit, die Vorbereitungen für die Urlaubssaison zu beginnen. Ich glaube nämlich, dass jetzt im Internet gestöbert wird, wohin es in diesem Jahr hin gehen soll, egal ob großer Familienurlaub oder ein langes Wochenende, um Energie zu tanken. Ob Freunde zum Angelurlaub, Wanderfreunde oder frisch Verliebte, jeder kommt hier auf seine Kosten. Da in Småland die Seen so reichhaltig an Fische sind, hat auch ein Anfänger der Angelkunst Glück, etwas an die Angel zu bekommen. In jeder Kommune bekommt man für einen angegebenen Zeitraum eine Angelkarte, die ich als günstig ansehe. In der Nähe meiner Ferienhäuser befinden sich Seen, die nicht nur das Anglerherz höher schlagen lassen sondern auch als Badestelle mit viel Liebe hergerichtet sind. Badesteg, Leitern und oft auch Rutsche gehören dazu, Umkleideräume und Toiletten sind in einem ordentlichen Zustand und ein Grillplatz rundet das Ganze ab. So kann man mit der Familie den ganzen Tag dort verbringen. Picknickkorb gibt es bei mir, ganz nach Wunsch gefüllt. Die Badestrände sind kinderfreundlich und obwohl das Wasser sehr eisenhaltig ist oder gerade deswegen, ist es Wellness pur.
Wer es aber mit dem Baden nicht so hat oder die Saison des Badens nicht gerade die Urlaubszeit ist, der hat hier optimale Voraussetzungen zum Wandern, Pilze und Beeren sammeln, beides gibt es in Hülle und Fülle. Kantarelle, bei uns Pfifferling genannt, sind hier die meist gesammelten Pilze, Stein und Birkenpilz sowie Rotkappe werden nur von wenigen Einheimischen gesammelt. Also für Pilzliebhaber (und die die wissen, was lecker ist) viel Potential. Im vergangenen Jahr habe ich selbst hundertvierzig Kilogramm gesammelt oder besser gesagt geholt, denn kennt man erst einmal die Stellen, muss man nicht mehr suchen. Zum größten Teil habe ich die Pilze getrocknet und jetzt verfeinern sie im Winter die Elchgerichte, sehr lecker kann ich nur sagen.
Ganz in meiner Nähe ist ein Elchpark. Das letzte Jahr war das Jahr der Mehrlingsgeburten, es war ein rasanter Anstieg der Elche im Park zu verzeichnen. Schon vom ersten Tag nach der Geburt konnte man die Elchkälbchen bewundern. Nicht zu glauben, welche Größe diese kleinen Kerle bekommen (sie erreichen nicht selten ein Gewicht von Achtzehn Zentnern) und wie schnell sie sich bewegen können, denn die Kolosse erreichen eine Geschwindigkeit bis zu sechzig km/h, wenn‘s sein muss. So einen Tag nach der Geburt ist es noch eine wacklige Angelegenheit auf diesen ewig langen Beinen zu stehen und sie alle vier unter Kontrolle zu halten.
Für Familienurlauber mit kleineren Kindern ist es ein Muss nach Vimmerby, in den Astrid Lindgren Park zu fahren. Ein Familienticket macht das erschwinglich und ein ganzer Tag Spaß ist programmiert, garantiert. Bei den Erwachsenen werden Kindheitserinnerungen wach. Oft haben sie mehr Spaß als die Kinder, denn einige kennen Pippi und Michel gar nicht oder höchstens deren Namen. Die Geschichten sind den Kindern von heute leider unbekannt, aus diesem Grund sollte also ein Besuch in Lönneberga und im Park im Urlaub unbedingt vorgesehen sein, denn was uns aus Kindertagen in Erinnerung geblieben ist, sollten wir unseren Kindern nicht vorenthalten.
Da mein Waldhaus „Paradies Sätra“ ganz in der Nähe von Vimmerby ist und mitten im Wald liegt, also Natur und das Leben dort noch einfach ist, ohne Elektrizität und Wasser aus dem Hahn, ist es eine Möglichkeit, absolut abzuschalten, Lappi und Handy in die Schublade zu legen, sich Zeit für sich und seine Familie oder Freunde zu nehmen und sich Ruhe und Entspannung zu gönnen.
Es ist aber ratsam, mit dem Auto anzureisen oder zumindest ein Fahrrad zu haben, denn bis an die öffentliche Straße sind es ca. sieben Kilometer. Um das jeden Tag zu Fuß zu machen, bedarf es einer guten Kondition und sind Kinder dabei, schafft man das nicht. Soll ja Urlaub sein und kein Kraftakt werden.
Nun sitze ich also vor dem Laptop und schreibe meine Freunde und Bekannten an, die schon im vergangenen Jahr zu mir nach Schweden kommen wollten, um Urlaub zu machen, woraus aber aus verschiedenen Gründen nichts wurde. Einige haben sich bereits vorangemeldet und nun werde ich mit ihnen absprechen, wann denn nun der Schwedenurlaub los geht. Gäste, die mich im vergangenen Jahr in meinem Café besuchten, wollen ebenfalls einen Urlaub bei mir verbringen. Für sie stelle ich auf Wunsch Wochenpläne zusammen, weil hier die Möglichkeit besteht, altes Handwerk wie den Bau des typischen Schwedenzauns oder die Errichtung der Grundstücksmauern zu erlernen, außerdem kann man hier Interessantes aus der Vikingerzeit erfahren. Auch Fahrten mit einem alten Pferdefuhrwerk, Kutschfahrten und Führungen durch die Natur mit seltenen, oft ausgestorben geglaubten Pflanzen sind möglich.
All das kann einen unvergesslichen Urlaub bescheren. Ein romantisches oder rustikales Picknick mitten in der Natur gehört natürlich dazu ebenso wie eine gemütliche Unterkunft. Wer also noch nicht weiß, wohin der Urlaub in diesem oder auch im nächsten Jahr gehen soll, kann sich gern bei mir von dem überzeugen, was ich bisher über dieses schöne Land geschrieben habe, über die Menschen und die Geschichte Schwedens ...
20.1.2013
Freitagabend, wir starten ins Wochenende. Laut Wettervorhersage soll es super werden, ist auch gut so, denn… die Schlittenfahrt von heute war die erste nach dreißig Jahren. Ich fass es nicht, wie kann man so etwas Schönes so lange nicht machen. Ja warum, keine Zeit, keine Gelegenheit, keine Lust oder kein Mut? Zeitmangel kann es nicht gewesen sein, Zeit hat man, denn wie viel Zeit verbringt man mit unsinnigen Sachen. Gelegenheit hatte man auch genug. Klar, Schnee sollte schon liegen, aber den gab es ja auch des Öfteren, wenn auch nicht in jedem Jahr. Lust, das ist schon mal ein Punkt, die hat man seltener, denn das Schlittenfahren sollte man zu zweit machen, es macht Spaß, Riesenspaß. Bleibt der Mut, er ist das Hauptproblem. Ab einem bestimmtem Alter glaubt man nämlich zu alt für eine solche Gaudi zu sein. Quatsch, das weiß ich aber auch erst wieder seit heute. Da fahren zwei Menschen, beide zusammen hundert Jahre alt, durch die tiefverschneite schwedische Landschaft, auf vereisten Straßen fährt es sich besonders gut. Ohne Schlitten würde man wahrscheinlich nur auf dem Hinterteil sitzen und hoffen, dass man die Strecke unfallfrei übersteht. Natürlich ist es wichtig, sich richtig warm anzuziehen, hier geht es nicht um Schönheit, sondern darum, nicht schockgefrostet zu werden. Es wird kalt, wenn man so locker und gemütlich auf dem Schlitten sitzt im Gegensatz zum Schlittenführer, dem wird warm, sehr warm.
Wir haben eine Tour von ca. sechs Kilometern gemacht. Sie führte uns durch einen tief verschneiten Wald. Wir waren die ersten dort nach dem Schneefall, keine Spuren im Schnee, weder Hase noch Reh hatte es hierher geführt. Ist ja auch schwer jetzt, unter der Schneedecke Futter zu finden, sie sind auf uns Menschen angewiesen.
Wieder zu Hause angekommen, sitzen wir im Wohnzimmer, trinken einen heißen Tee und sind uns beide einig: so eine Schlittenfahrt machen wir morgen wieder und nicht erst in dreißig Jahren.
18.1.2013
Es schneit und schneit, mal mehr, mal weniger, einmal kleine Schneekristalle und beim nächsten Mal Kunstwerke, groß und einzigartig. An Bäumen und Sträuchern sind Skulpturen aus Schnee und Eis aufgetürmt. Es ist erstaunlich, dass diese Massen von noch so kleinen Ästchen und am Baum verbliebenen Blättern getragen werden. An den vergangenen Tagen kam auch die Sonne hervor, dann war es ein Traum in Weiß, der zu Spaziergängen einlädt, aber leider war die Zeit knapp. Ich habe mir ja vorgenommen, die Scheune als kleines Museumscafé einzurichten.
Da die Temperaturen nicht so einladend waren, habe ich diesen Plan geändert, Kamin im Café angeschmissen und da losgelegt. Ich werde im Februar das Café an den Wochenenden bereits öffnen, zumindest am Abend, dann gibt es Mat, Wein und Bier, denn zu meiner großen Freude habe ich die Erlaubnis erhalten, mein Angebot zu erweitern, es ist nun nicht „Astrids Café“, sondern es ist jetzt „Astrids Café & Restaurant“. Juhu geschafft! Da waren so einige Veränderungen notwendig, aber die Auflagen konnten erfüllt werden. Bier und Wein, das ist hier ein Problem, na eigentlich kein Problem, aber ein Thema, das viel voraussetzt. Zuerst muss die Örtlichkeit stimmen, Eigentümer und Räumlichkeiten haben Kriterien zu erfüllen, die kann man sich gar nicht denken. Aber es sind Forderungen des schwedischen Staates, die sich auch Deutschland abgucken sollte. Es sind Dinge, die schützen und vorbeugen. Ja und dann kommt der Hammer. Wenn das alles stimmt, dann geht es an den Lizenzbewerber. Mann, ist das hart. Es ist eine Schulung zu absolvieren und das heißt nicht nur anwesend sein, sondern auch zuhören und sich merken, denn es kommt eine Prüfung und die hat es in sich, kostet auch viel Geld. Also nicht ganz einfach, aber machbar. Da ich der schwedischen Sprache noch nicht mächtig bin, fielen die Schulung und die abschließende Prüfung flach. Weil Tommy die Alkohollizenz hat, bekamen wir trotzdem die Ausschankerlaubnis. In den nächsten Tagen kommen die zuständigen Ämter zur Abnahme, das heißt ranklotzen, Alkoholschränke bauen und die sollen ins Café passen, aber nicht auffallen. Ich habe meine Ideenkiste im Kopf durchstöbert und wie soll es anders sein, ich fand etwas. Zwei Tage Arbeit und fertig ist das Kunstwerk. Jetzt können sie kommen, gucken und genehmigen. Drückt mir die Daumen!!!
Bei unserer Aufräumaktion in dem alten Außenhaus haben wir einen Schlitten gefunden. Ich will nicht wissen, wie viele Winter der schon erlebt hat. Aber eigentlich will ich es doch, denn er könnte uns sicher so manche Geschichte erzählen. Der Schlitten ist Jürgens Begleiter geworden, er machte schon zwei Touren damit. Er fuhr nach Kristdala um einzukaufen, voller Begeisterung kam er zurück. Morgen möchte er mit mir eine Spazierfahrt machen, bin gespannt darauf. Die kurze Strecke vom Café nach Hause bin ich schon in den Genuss des „Schlitten Fahrens“ gekommen. Ich saß drauf, Jürgen hat geschoben und Emma war happy, die rannte neben uns her als sei sie ein Windhund.
Jürgen sitzt neben mir auf dem Sofa. Da er ganz still ist, habe ich ihn gerade gefragt, ob er etwas hat. Er verneinte, kann mir jedoch jeden Muskel von Wade bis Kopf nennen. Er freut sich auf morgen, ich vermute nicht wegen der geplanten Schlittenfahrt, sondern auf das Ende der Schmerzen, man sagt wohl Muskelkater zu. Na abwarten, was der Tag bringt.
14.1.2013
Freitag, 11. Januar 2013, seit gestern Abend schneit es ununterbrochen, ganz fein und dicht. Wenn man aus dem Fenster schaut, sieht man einen Vorhang aus tausenden Schneekristallen. Die Bäume und Häuser lassen sich nur erahnen. Nur gut, dass Besen und Schneeschieber nicht weit weg gestellt wurden, Dinge die wieder in häufigem Gebrauch sind. Das ist Wetter, so wie wir uns Schweden immer vorgestellt haben, kalt und ganz viel Schnee.
Natürlich ist es wie in Deutschland auch hier regionsbedingt, wo und wie lang der Winter ist, im Norden zieht er Wochen früher als hier in Småland ein und verweilt auch Wochen länger. Der Sommer ist nicht lang und ist in diesem Jahr hoffentlich wieder ein Sommer, der seinem Namen Ehre macht, denn den des letzten Jahres können wir in einer Woche zusammenfassen. Na abwarten, jetzt hat gerade der zweite Winter begonnen und der wird sicher andauern, alle geplanten Dinge für den Winter werde ich nun in Angriff nehmen. Ich beginne mit der Scheune, aus ihr soll ja das kleine Museumscafé werden. Der Grundstein ist gelegt, viele kleine Gegenstände sind bereits vorhanden, jetzt ist es daran, sie in dem alten Gebäude zu präsentieren und Geschichten über ein jedes zu sammeln. Arbeit, die Spaß macht und mir sicher meine neue Heimat noch viel näher bringt. Ich freu mich drauf und starte morgen damit und versprochen: ich halte euch auf dem Laufenden über Neuigkeiten und Altes, was ich hier finde.
Alles vorbei
Was sind wir gerannt, was sind wir gelaufen,
in Geschäfte gestützt, um Geschenke zu kaufen
gebastelt, verpackt, geschmückt festlich das Haus,
denn nur nach langer Arbeit sieht's weihnachtlich aus.
Wir haben gebacken, gekocht und geputzt,
jede freie Minute zur Festvorbereitung genutzt.
Wir hatten Geheimes, es wurde geflüstert, durchs Haus geschlichen,
geplant das Menü, zur rechten Zeit - es soll ja gelingen -
die Ente im Ofen, der Salat abgeschmeckt und Würstchen gebraten,
das beste Geschirr auf den Tisch und Kerzen angesteckt.
Die Lichter am Baum, warum sind sie nicht an,
eine Kerze kaputt, ein Problem, das man jetzt nicht mehr lösen kann.
Päckchen und Tüten festlich verpackt unterm Baum,
Kärtchen mit Namen daran, nur der kriegt eins, der ein Gedicht aufsagen kann.
Die Älteren bekommen das grade noch hin,
bei den Kids hat das Drängen und Betteln überhaupt keinen Sinn.
Sie stammeln ein Lied, modern, kaum zu verstehn,
wolln schnell nur ihre Geschenke sehn.
Nicht jeder bekommt, was er sich gewünscht, doch brav wird „Danke“ gesagt,
und still gedacht: Warum wurde ich nicht nach meinen Wünschen gefragt?
Und so geht vorbei das Fest der Liebe und Freude,
doch kommt noch ein Tag, der 1. Feiertag heute.
An diesem Tag ist der süße Teller schon leer,
da schmeckt natürlich das liebevoll gekochte Essen nicht mehr.
Der Vater, zu tief in die Flasche geschaut,
schläft auf dem Sofa und schnarcht dazu laut.
Die Mutter in der Küche, sie ist es gewohnt,
sie macht den Abwasch, denkt: „Hat sich der Aufwand gelohnt?“
Sie kommt zum Entschluss: Das tu ich mir nie wieder an!
Doch genau das geschieht im nächsten Jahr dann.
Zwar dacht ich mir diese Geschichte aus,
doch sah es bestimmt so in vielen Familien aus.
Mein Weihnachtsfest war seit langem wieder schön!
Astrid
12.1.2013
Eine weitere Woche meines Lebens in diesem zur Zeit winterlichen Schweden ist vergangen, eine Woche, in der meine Kindheit in mir geweckt wurde. Bereits vor Wintereinbruch hatten wir begonnen, für Emma einen großen Zwinger zu bauen. Da aber der erste Winter uns gleich viel Schnee brachte, mussten wir unsere Arbeit unterbrechen.
Die Zweizimmerhütte mit Terrasse stand und der Zwinger ebenfalls als Rahmengestalt. Jetzt, nachdem der Schnee fast geschmolzen war, sollte die Arbeit daran weiter gehen. Marian, ein guter Bekannter, erzählte mir von einem Sägewerk ganz in unserer Nähe. Es ist ein Familienbetrieb und seit vielen Generationen in Betrieb. Das weckte bei mir Interesse, da ich als Kind viel, ich kann sagen sehr viel Zeit mit Holz und dessen Verarbeitung zu tun hatte.
Mein Vater war Zimmermann und Polier von Beruf, obwohl er den größten Teil seines Lebens im Stahl und Walzwerk Brandenburg als Ofenmaurer verbrachte. Jede freie Minute war er bei den Bauern und baute dort Scheunen für Landmaschinen, Speicher für die Ernte oder Stallungen für die Tiere.
Der Wunsch meiner Eltern, besonders der meiner Mutter, war nach drei Töchtern ein Sohn. Dieser Wunsch wurde von mir als vierte Tochter nicht erfüllt zum Schaden meiner eigenen Person, denn mir war es nicht vergönnt, die Liebe einer Mutter zu genießen. Sie war aufgebraucht bei meinen drei Schwestern. Zur Verteidigung meines Vaters muss ich jedoch sagen, einen besseren hätte ich mir nicht wünschen können. Er gab sich große Mühe, damit mir meine Kindheit und seine Gesellschaft in guter Erinnerung bleiben. “Papa danke dir da oben, du hast mir viel gezeigt, mich gelehrt und mit auf den Weg mit gegeben, das ich in meinem Leben auch schon oft angewendet habe.“
Etwas sehr wesentliches war der Umgang mit Werkzeug und vor allem, was man damit tun und lassen sollte. Bei seiner Tätigkeit als Zimmermann zeigte er mir als kleines Mädchen, was alles aus Holz entsteht. Ich bin in der Lage, selbst einen Hammer in die Hand zu nehmen und loszulegen, so zum Beispiel beim Bau des Hundgårds, so heißt nämlich Hundezwinger auf Schwedisch.
Da also der Rohbau des Gårds steht, hieß es Maß zu nehmen für die Bretter, die zwei Seiten begrenzen werden. Gesagt, getan und dann mit Marian zum Sägewerk. Er kennt den Betreiber, er heißt Magnus und ist noch jung, er hat das Familienunternehmen vor kurzer Zeit übernommen. Er ist Schreiner und reinrassiger Holzwurm.
Zusammen mit meinen Stück Papier, auf dem ich die benötigten Maße notiert hatte, betrat ich das Lager. Schon da musste ich stehen bleiben und tief einatmen, Holz... richtiger Holzgeruch. Ein Geruch, den man heute nur noch selten riechen kann. Alles wird getränkt, imprägniert und mit Chemie veredelt. Blödsinn! Holz, das ist es… Holz pur.
Angefangen vom einfachen Brett bis hin zur gehobelten Zierleiste, alles war vertreten. Mein Herz begann höher zu schlagen, aber vor allem schneller. So hatten wir auch gleich die nötigen Bretter gefunden, natürlich zu lang, viel zu lang. Die von mir angegebenen Maße wurden angezeichnet und weil ganz in der Nähe eine Bügelsäge lag, glaubte ich, dass diese nun zum Einsatz kam.
Nein, sie wurde nicht eingesetzt. Da es sich ja um einige Bretter handelte, die zugeschnitten werden mussten, kam Technik ins Spiel. Die Bretter wurden dafür in einen anderen Teil der Halle gebracht. Durch ein großes Tor betrat ich diesen Bereich, da standen sie… Eine alte Band- und eine Gattersäge...
Mein Herz machte Luftsprünge und ich hätte das am liebsten auch getan, aber was sollten dann die anderen von mir denken. Doch hatte der Seniorchef bereits in meinen Augen gesehen, dass ich hin und weg war. In diesem Moment wurde meine Vergangenheit zur Gegenwart. Ich muss so ein Strahlen in den Augen gehabt haben, so dass die zu schneidenden Bretter für eine Zeit vergessen waren.
Der Seniorchef erklärte mir auf Schwedisch, dass diese Sägen nur noch sehr selten zum Einsatz kämen, es sei aus wirtschaftlichen Gründen erforderlich, auf moderne Maschinen zuzugreifen. Ist ja auch verständlich.
Jahre meiner Kindheit rannten an mir vorbei, ich sah mich an der Hand meines Vaters zur Stellmacherei in Fredersdorf gehen, ich war noch sehr klein, aber aus mir sollte doch ein Junge werden, zumindest, was das handwerkliche Geschick anging. Damals staunte ich, wie aus einem gewaltigen Baum am Ende der Säge Bretter wurden, zwar noch nicht fix und fertig, aber es waren Bretter. Das Besäumen übernahmen andere Maschinen.
Heute ist das anders und geht viel schneller und körperlich leichter. Ich kann mich gut daran erinnern, wie schwer für die Männer damals das Arbeiten an den Sägen war: alles per Hand. Jetzt steht am Anfang ein Baum und am Ende liegen Bretter im gewünschtem Maß, Leisten oder Balken, was man gerade so braucht. Also alles anders, aber eines ist geblieben ... der Geruch des Holzes.
Der Grund meines Besuches im Sägewerk fiel mir wieder ein beim leisen Geräusch einer Tischkreissäge, mit deren Hilfe meine Bretter die gewünschte Länge bekamen. Die Arbeit war schnell erledigt, die Bretter ins Auto verladen und ab nach Hause. Jetzt liegen sie da und warten darauf, den Zwinger zu vollenden. Weil es jedoch seit zwei Tagen wieder kräftig schneit und ein eisiger Wind weht, habe ich dies vertagt. Emma ist bei diesem Wetter sehr wenig draußen und somit kommt es auf einen Tag mehr oder weniger nicht an.
In dieser Woche ereignete sich aber auch etwas anderes, etwas was mich traurig und wütend macht. Es ist etwas, das ins Herz geht, nachdenklich macht und die Frage aufwirft „Warum tut man so etwas?“. Seit diesem Zwischenfall denke ich nach, intensiv nach über Rechte, die wir Menschen uns nehmen, um andere zu verletzen, damit wir unseren Freuden und Lüsten nach gehen können…..
Was ist das, was mich traurig und wütend macht?
Es ist der Umgang mit den Tieren, Tiere, an denen wir uns erfreuen, wenn sie zu uns in den Garten kommen, egal ob es die Besucher meines selbst gebauten Vogelhauses sind. Dazu gehören Meisen, Drosseln und ein Buntspecht, die Katzen, die die Höhe des Schnees schlecht einschätzen und dann darin versinken oder „ unser Reh“. Ich sage unser, weil es zu uns in den Garten kam, von den Äpfeln fraß, die wir für die Tiere am Baum gelassen hatten und auf den Boden gelegt hatten, nachdem der Vorrat vom Baum verzehrt war. Abends, wenn ich noch einmal raus ging, stand es oft auf dem Weg zu unserem Grundstück, es sah mich dann an und blieb ohne Scheu stehen. Sein Vertrauen zu den Menschen wurde ihm nun zum Verhängnis.
Selbst am Tag entfernte es sich nur wenig von unseren Grundstücken. Ob es nun beim Nachbarn oder auf der Koppel gegenüber war, es blieb in unserer Nähe. Egal ob Kind oder wir Erwachsene, jeder erfreute sich an dem Anblick, wenn er es sah.
Am letzten Sonntag sah ich es zum letzten Mal, gehetzt von einem Hund. Bereits seit einigen Tagen hörten und sahen wir immer einen schwarzen Hund, ausgestattet mit Signalgurten und Sender durchquerte er unsere Gärten. Mir wurde auf Nachfragen erzählt, das die Jagdhunde hier so ausgestattet würden, um den Jägern den genauen Standort ihre Hunde mitzuteilen. So ausgerüstet stöbern sie Tage und Nächte umher. Auch dieser Hund gehörte einem Jäger. Schon am Vormittag war der Hund im Ort zu hören, mal östlich, mal nördlich, er kreuzte hin und her. Plötzlich war aus seinem Bellen zu erkennen, dass er etwas aufgestöbert hatte und es jagte. Da es ganz in der Nähe unseres Hauses war, ging ich vor die Tür und musste zusehen, wie er das Reh, das zum Menschen Vertrauen gefasst hatte, von einem anderen Tier gehetzt wurde. Bereits sichtlich erschöpft, verschwand es dann aus meinem Blickfeld. Kurz darauf war ein Schuss zu hören.
Ich war einfach erschüttert. Wozu doch der Mensch fähig ist! Ich war selbst Jäger, als ich in Deutschland lebte, aber ich schäme mich für so eine Art und Weise der Jagd. Wenn man dieses Vorgehen überhaupt als Jagd bezeichnen darf. Es widerspricht allen Regeln der Jagd. Da wird ein Tier gehetzt und dem Erleger in die Arme bzw. vor die Flinte getrieben. Stolz kann er nun berichten. er hat ein erschöpftes Tier, von seinem Hund fast zu Tode gehetzt, erlegt…Weidmannsheil!!!!!!
Ich hoffe, dass dieser Vorfall ein Einzelfall ist, sonst verliere ich den Glauben an das stille Gelöbnis eines Jägers… Hege und Pflege…
Als Nachruf an alle Tiere des Waldes: Nicht der Wolf ist euer Feind, es ist der Mensch mit seinem Tier als Helfer!!!
10.1.2013
Sonntag 6.Januar diesig, kalt und leichter Regen, Wetter bei dem man im Bett bleiben sollte und schlafen, „verschlafen“, denn das habe ich getan. Tja für die, die mich kennen, unvorstellbar, aber wahr. Na, und ausgerechnet heute, steht Fenster zwei wartend an der Hauswand. Das Problem des Arbeitens an einem Sonntag ist hier nicht gegeben, aus allen Richtungen hört man Geräusche, die auf Aktivitäten diese Art zurückzuführen sind. Hier hat man sein Zeitgefühl für Stunden und oft auch für Wochentage vergessen. Am Morgen muss ich zumindest des Öfteren nachdenken, was ist heute für ein Tag? Als Jürgen hierher kam, belächelte er diese Äußerung von mir, doch schon nach kurzer Zeit sagte er, er denke nun auch schon in größeren Zeitmaßen. Woran das liegt, ich erklär es mir so. Wir Menschen sind im Laufe der Zeit dazu erzogen worden bzw. haben uns selbst dazu erzogen, mit der Uhr und nach der Uhr zu leben, alles läuft nach Zeit. Auch bei mir war es nicht anders, bereits am Morgen, noch nicht einmal die Beine aus dem Bett, ist man schon im Stress, Stress, den ein jeder am Abend mit ins Bett genommen hat.
In Gedanken dann den Tag durchgegangen, mit dem Spruch, „Wie soll ich das alles schaffen?“ Also schon mal zum Scheitern verurteilt, der Tag wird dann abgespult und ständig ein Blick auf die Uhr. „Und noch so viel zu tun!“ sagt das zweite Ich. Und das Tag für Tag, Jahr für Jahr, und auf einmal, alles anders!!
Ich kam hierher mit diesem inneren Turbo. Um ihn abzuschalten, brauchte es eine gewisse Zeit. Ich arbeitete in dem mir gewohntem Tempo, morgens mit den ersten Sonnenstrahlen raus und abends fand ich oft auch kein Ende. Freunde und Nachbarn sagten mir, hier ticken die Uhren anders, ich verstand es zu Beginn nicht, nun weiß ich, was sie meinten. Ich begann also zeitig am Morgen mit meinen Arbeiten, die natürlich nicht immer leise waren, wie das auf einer Baustelle nun mal so ist. Bald hatte ich ein schlechtes Gewissen, ich machte mir Vorwürfe , dass ich eventuell die Nachbarn wecken könnte, denn ich sah sie ja schließlich erst viel später auf der Straße oder im Garten.
Somit veränderte sich schon mal meinen Arbeitsbeginn. Ich verbrachte mehr Zeit für mich persönlich. Arbeitspläne für den Tag gab es nicht mehr, nur grobe Planung sozusagen.
Was ich nicht schaffe, schaffe ich nicht, das nimmt mir ja eh keiner weg, geschweige denn ab. Der Feierabend wurde oft von meinen Freunden bestimmt, denn sie standen unangemeldet vor der Tür und verlangte, gemeinsam etwas zu unternehmen, mal ein Bier oder einen Wein im Garten sitzend trinken. War das mal nicht der Fall, begann ich selbst die Abendruhe einzuläuten und fuhr an meinen geliebten See. Diese neue Lebensweise hört sich so an, als ob man so vor sich hin lebt, aber das ist nicht so. Ausgeglichener und entspannter ist die Arbeit und überhaupt kein Stress.
Jürgen lernte diese Art von Leben und Arbeit auch erst kennen, da sein bisheriges Leben genau wie das meine von der Uhr geprägt war.
Hoffen wir nun auf Sonnenschein, da wir nun beginnen wollen, das zweite Fenster zu montieren. Gestern war das Wetter perfekt, Sonne und ein paar Grad Plus. So, schnell einen Kaffee getrunken und dann zum Café, es sind ja nur 150 Meter bis dorthin. Kurz nach uns kam auch Klaus, es konnte los gehen. Nach zweieinhalb Stunden war es vollbracht, das Café hat ein neues Gesicht, geprägt von zwei schönen neuen Fenstern. Morgen geht es daran, einen Heizungskanal ins Dachgeschoss zu bauen, mal sehen, ob ich am Abend mit dem Resultat zufrieden bin. Nun schnell noch Katzen von Torbjörn füttern und dann ist „Sonntag“.
PS: Wetter war nicht so gnädig, es war kalt und etwas feucht, aber uns haut ja nichts um!!!
8.1.2013
Die ersten Tage des neuen Jahres sind nun vergangen, sie brachten uns Aufräumarbeiten nach dem Schnee in anderer Form im Keller, Brennholz für den Kamin vom Bauern holen und in der Außenstuga einlagern, und etwas, worüber ich mich sehr freue, neue Fenster im Café , große Schaufenster, Isoglas und dicht. Da es sich um ein Häuschen älteren Baujahres handelt, haben auch die Fenster schon einige Winter und Unwetter erlebt, die nicht spurlos an ihnen vorbei gegangen sind. Häuser müssen hier eine Generation überleben, so war es auch für das Café geplant, dass ich es aus dem Dornröschenschlaf wecke und wieder fit mache, hatte sicher niemand gedacht, tja niemand glaubte hier, dass ich das alles wirklich mache. Die Menschen sind mir gegenüber sehr freundlich, aber ich glaube, trotzdem erwarteten sie nicht, dass ich das so durchziehe. Sicher haben sie auch gedacht, da kommt sie alleine hierher und lädt sich so etwas auf, mal sehen, wie lange sie das durchhält.
Sie hält durch und das jetzt schon fast zwei Jahre. Ich bin mir sicher, dass es noch viele weitere Jahre geben wird.
Die alten Fenster hatten nicht gerade dazu beigetragen, Heizkosten zu sparen, eine Scheibe, groß und dünn, das musste geändert werden. Eine Neuanschaffung war notwendig, darum biss ich in diesen sauren Apfel. Als die neuen Fenster so da standen, freute ich mich schon auf den Augenblick, wenn sie eingebaut sein würden. Wozu hat man Freunde, ich lud sie ein zu einem schönen Essen und als Vorspeise: Fenstermontage.
Rechtzeitig vor dem zweiten Wintereinbruch, begannen wir mit der Montage. Am Sonnabend ging es los, Weihnachtsdeko aus dem Fenster, die Arbeit konnte beginnen. Wir hatten verabredet, dass Petra ebenfalls mitkommt. Ein gemütliches gemeinsames Essen sollte für uns vier den Tag ausklingen lassen. Weil am Morgen jedoch etwas Frost war, einigten wir uns, erst am Mittag zu beginnen und nur ein Fenster zu montieren, war ja auch Wochenende, wollten es mit der Arbeit nicht übertreiben, noch dazu, da ich die Folgen meines Wasserschöpfens sehr schmerzhaft spürte. Die zwei Männer arbeiteten Hand in Hand, es war ein Vergnügen, ihnen bei der Arbeit zuzusehen. Auch mal schön, selbst nichts machen zu müssen, na ja fast nichts, denn meine Aufgabe kommt später. Sauber machen, und Gardinen und Deko bringen sich auch nicht alleine an, das ist mein Part.
Am Nachmittag war das Werk vollbracht, Fenster Nummer eins ist montiert und gehört nun zu meinem Café und die Besucher dürfen es bewundern. Es ist ein Unterschied wie Tag und Nacht, Fenster alt und neu. Nach getaner Arbeit kam unser gemütliches Essen: Schweinebraten und Klöße nach Großmutters Rezept, lecker, sollte mal wiederholt werden. Morgen früh geht es weiter. Fenster Nummer zwei ist dran und natürlich auch wieder ein gemütlicher Abschluss.
Jetzt noch einen Spaziergang zum Wikinger, er ist über das Wochenende weggefahren. In solchen Fällen versorge ich seine Katzen, das sind Dinge, die hier in der Nachbarschaft selbstverständlich sind. Fortsetzung folgt
6.1.2013
Regen und kräftige Herbststürme hatten der Farbenpracht in der Natur ein Ende gesetzt, an den Bäumen verweilten nur noch wenige Blätter, deren Farbe jedoch bereits gewichen war. Erste Nachtfröste verwandelten das kupferfarbige Farn in dunkelbraune Gestalten, es zeigte uns, dass die Natur sich auf den Winter vorbereitet, der hier hart werden kann. An den Bäumen hingen die Äste voller Flechten und in den Wäldern roch es modrig. Bei einem Spaziergang sah man eifriges Wuseln. Eichhörnchen, Mäuse und Eichelhäher waren emsig bei den letzten Vorratssammlungen für den Winter. Es ist erstaunlich, dass diese Tiere keine Scheu vor den Wanderern haben, nur wenige Meter von mir entfernt blieben sie sitzen und beobachteten mich genauso wie ich sie.
Am Himmel war zu erkennen, dass der Schnee nicht mehr lange auf sich warten lässt, denn er bekommt hier dann eine eigenartige Farbe und die Wolkenformen verändern sich, eben Schneewolken.
Rechtzeitig zum Weihnachtsfest war es soweit, an einem Nachmittag begann es zu schneien. Es fielen Flocken in einer Größe und Menge, als wollten sie einen Rekord brechen. Stündlich hieß es nun, Schippe und Besen zur Hand, warme Sachen an und ab an die Arbeit. Bald türmten sich am Wegrand Berge von Schnee, der Schnee war puderzuckerartig, mit Schneemann bauen war nichts. So vergingen einige Tage, an denen wir mit der weißen Pracht beschäftigt waren. An einem Tag, an dem es nicht so stark schneite, beschlossen wir, unseren Weihnachtsbaum aus dem Wald zu holen. Jan, ein Freund hatte uns erlaubt, uns selbst „unseren Weihnachtsbaum“ zu schlagen. Wir fuhren mit dem Auto zu Jans Wald und es dauerte nicht lange und wir standen vor „unserm“ Baum. Dick mit Schnee behängt stand er da und jetzt begann seine Zeit als Weihnachtsbaum. Er begleitete uns nach Fågelfors, denn dort verbrachten wir die Festtage. Joel kam über die Weihnachtstage zu uns und somit war das Notwendige für ein glückliches Fest zusammen. Es war das erste gemeinsame Weihnachten mit Jürgen und meinem Sohn, es war sehr schön, besinnlich und vor allem entspannend und ruhig, aber wie man so sagt, das war die Ruhe vor dem Sturm.
Nachdem mein Sohn wieder abgereist war, um den Jahreswechsel mit seinem Vater zu verbringen, hatten wir vor, Silvester in Bråbo in unserem neuen Heim zu verbringen, kurzfristig haben wir beide aber dieses Vorhaben verworfen. Wir beschlossen, in Fågelfors zu bleiben und das sollte sich als gut herausstellen.
Am vorletzten Tag des Jahres fuhren wir nach Högsby, um ein paar Einkäufe zu machen, wir wollten die nächsten zwei Tage in trauter Zweisamkeit verbringen und etwas Zeit für uns nehmen und zum „Kennenlernen“. Am Abend saßen wir bei knisterndem Kaminfeuer, spielten Karten und freuten uns auf den gemeinsamen Jahreswechsel, da wir beide in der Vergangenheit eher einsam und ruhig das nächste Jahr begrüßt hatten.
Den Morgen des letzten Tages des Jahres begannen wir gemütlich mit einem ausgiebigen Frühstück, wir saßen länger als sonst am Tisch, als plötzlich der Nachbar an der Tür stand, ich begrüßte ihn und er stellte mir etwas aufgebracht eine Frage auf Schwedisch. Da ich schon einiges verstehe, konnte ich mir den Rest denken. Er fragte mich, ob ich auch Wasser im Keller hätte, denn bei ihm sei es bereits zwölf Zentimeter hoch. Ich machte auf den Hacken kehrt und verschwand im Keller, um sofort wieder nach oben zu kommen, mit dem erschreckenden Ergebnis: ca. fünfzehn Zentimeter Wasserstand. Na toll “Guten Rutsch“. Einen Notdienst am Silvestertag, die werden sich freuen, aber im Ort gibt es einen, nix wie hin, ihm das Ganze erklärt und eine halbe Stunde später begannen wir mit der Pumperei. Drei Stunden Arbeit, kalte, nasse Arbeit. Nachdem wir unseren Helfer verabschiedet hatten, glaubten wir an etwas Entspannung, aber nein, sie war uns nicht gegönnt. Das viele Schmelzwasser konnte von der Kanalisation nicht bewältigt werden und so kamen wir in den Genuss einer zweiten Sintflut im Keller. Jetzt war Hand- und Rückenarbeit gefordert. Wir machten uns wieder schick für die Arbeit, mit dem Schneeschieber (er eignet sich vorzüglich zur Bewältigung großer Wassermengen), Eimer und Besen. Der Keller und die Nacht gehören uns, rechtzeitig und erschöpft waren wir endlich fertig und konnten das „Neue Jahr“ begrüßen. Die Feinarbeiten hatten wir uns für den Neujahrstag gelassen, somit hatten wir etwas, worauf wir uns freuen konnten. Nach dem Ereignis zum Jahreswechsel sind wir sicher, dass das Jahr 2013 nur besser werden kann.
All meinen Lesern wünsche ich ein gesundes neues Jahr und ich verspreche, euch weiterhin über mein Leben in Schweden auf dem Laufenden zu halten.
Aus einer Tagebucheintragung
Okt. 2012
So nun geht auch der Herbst dem Ende zu, die Natur zeigt eine Schönheit, die kein Maler, keine Fotographie wiedergeben kann. Wir machen Spaziergänge und Fotos ohne Ende. Sehe ich sie mir dann zu Hause auf dem PC an, sage ich, es ist doch in Natur viel schöner als auf diesen Bildern. Mag es zum Teil an meiner Kamera liegen, ich bin überzeugt, dass die Natur der größte Künstler ist und sich diesen Rang auch nicht von der tollsten Technik wegnehmen lassen wird.
Gold und Kupfer sind die Hauptdarsteller. An den Seen zeigt sich ein bezauberndes Bild, wenn die am Ufer stehenden Laubbäume, ein jeder in schönerer Farbenpracht als der andere, sich im stillen Wasser widerspiegeln.
Die Wanderung durch den Wald ist das beste Mittel gegen Stress. Auf den Felsen ist das Moos so dick gewachsen wie ein Polster, das einlädt zum Hinsetzen und Träumen, doch Vorsicht, das Kissen ist tief getränkt mit Wasser und kleinen Lebewesen, denen wir sonst nie Beachtung schenken. In großen Mengen wächst auch Silbermoos, es wird aber nicht gerne gesehen, wenn man es pflückt, denn die Natur ist hier heilig und das mit Recht. Wie schnell sind wir Menschen dabei, sie zu zerstören.
Die Felsen, auf denen das Silbermoos wächst, sind sehr tückisch und hinterlassen schmerzhafte Spuren am Hinterteil, das kann ich bestätigen. Bei einer Klettertour durch die von Felsen überfluteten Wälder mit meiner Tochter, gab sie mir den Rat, nicht auf die Felsen zu steigen. Der Satz war von ihr noch nicht ganz beendet, da saß ich schon auf meinem edlen Hinterteil. Jetzt gebe ich jedem diesen Rat weiter, denn nicht immer geht es so glimpflich ab wie bei mir. Oft ist Fels an Fels gereiht mit kleinen Spalten dazwischen, in denen man mit dem Fuß die Tiefe messen kann und ihn dann mit Verletzungen unterschiedlichster Art heraus zieht.
Der Herbst ist natürlich auch Erntezeit. In der Vereinigung haben wir eine Butike, in der verkaufen wir Produkte rund um den Apfel. Most und Gelees sind die Renner. Diese Leckereien lassen wir in einem großen Unternehmen produzieren, das in Schweden wohl das Beste aus Äpfeln herstellt, die Äpfel liefern wir.
Drei Wochen Zeit hat man für die Ernte, aber was macht man, wenn es regnet, regnet, regnet? Die uns zur Verfügung stehende Zeit begrenzte sich so auf sage und schreibe eine Woche.
Wenn aber der Ankauf von Äpfeln sehr schleppend läuft, kann man die Äpfel als Vitaminspender den Elchen überlassen, nicht im eigenen Garten, sondern sie werden den Jägern übergeben zur Speisung der Könige der schwedischen Wälder, den Elchen. Um das zu verhindern, mussten wir selbst in die Apfelernte einsteigen.
Die älteren Garten- und somit auch meist Apfelbaumbesitzer erlaubten uns, die Ernte zu übernehmen. Die Zeit lief uns aber davon. Apfelmassen an den Bäumen und leere Erntekisten motivierten uns zur in Höchstleistung. Drei Tage lang ging es mit den ersten Lichtstrahlen raus zu den Apfelbäumen, die nur darauf warteten wie bei Frau Holle geschüttelt zu werden. Drei Tage und sogar drei Nächte, die erfüllt waren von Äpfeln in verschiedenen Sorten und Reifezustand.
Am Abend des letzten Tages kam die Abrechnung. Wir drei - mein Sohn half uns - hatten eine halbe Tonne Äpfel geerntet. Kaum vorstellbar, aber wahr. Die Produktion war gesichert, es konnte losgehen, Most und unser berühmter Apfelglögg wurden produziert, und im Winter beim Kaminfeuer können wir den Lohn unserer drei harten Tage genießen.
Im nächsten Jahr werden wir wieder in der Erntezeit Apfel pflücken und sammeln, denn es ist ein Erlebnis, das uns den Schweden in unserer Region wieder ein Stück näher gebracht hat. Hier wird viel Wert auf heimische Produkte gelegt, und so nehmen auch wir diese Tradition auf und bewahren sie.
Das Leben hier ist kein bisschen langweilig, es ist eine Mischung aus Arbeit, Spaß und Ruhe, und diese Mischung ist perfekt. In meiner Ruhezeit sitze ich vor meiner Leinwand und bringe durch Farbe meine Eindrücke auf sie, oder ich sitze vor dem PC und schreibe, schreibe Gedichte oder dieses Tagebuch ...
Mach’s gut, mein Freund!
Ich ging spazieren im Schwedenwald.
Es war Dezember und es war kalt,
da standest du, bezaubernd schön,
das hatte ich noch nie gesehn.
Ich war sofort in dich verliebt
ich wusste jetzt, wo es dich gibt.
Hab immerzu an dich gedacht
und eines Tags nach Haus gebracht.
Die Zeit mit dir war wunderschön,
doch heißt es heute: Du musst gehn.
Denn jedes Jahr kommt dieses Trennen,
der Tag, den wir als „Knut“ hier kennen.
Zu Ende ist ein Wintertraum.
Mach’s gut, mein Freund, mein Weihnachtsbaum!
2.1.2013 Astrid Manz
1.1.2013
Nachdem wir uns das süße Häuschen als Familienmitglied zugelegt hatten, denn es gehörte vom ersten Moment an mit zur Familie, begann die Aufgabe, ihm meinen „Touch“ zu geben. Innen hatten wir bereits viel Farbe ins Spiel gebracht, die Außengestaltung sollte das Ganze vollenden. Wir haben begonnen, den Rasen zu mähen und einen Weg, der vor Jahren angelegt wurde, wieder ans schwedische Tageslicht zu holen. Gras und Moos hatten die Überhand auf dem Schotterweg. Nach ein paar Tagen und einem schmerzenden Rücken war er da… Der Weg zu unserem neuen Heim. Dann noch hier und da etwas Deko, der jedem zeigte: hier wohnt Astrid.
Freunde, die uns aus Deutschland besuchten und durch Bråbo fuhren, suchten nicht lange, sie sahen das Haus und den Garten, sie wussten sofort, hier wohnt sie. Im Außenhaus befinden sich die Toilette, ein kleiner Abstellraum für Gartengeräte, der Lagerraum fürs Kaminholz und ein Raum, der erahnen lässt, dass er vor langer Zeit eine Werkstatt war. Der der Erbauer und ursprüngliche Besitzer dieses Hauses stellte wohl Handsägen her, er hatte alles, was ein Schreinerherz begehrte. Einige der alten Werkzeuge fanden wir noch, als wir diesen Raum durchforsteten. Da die Werkzeuge viele Spuren der Vergangenheit tragen, bilden sie eine gute Grundlage, sie als Teile einer kleinen Ausstellung über die Handwerksgeschichte Schwedens zu nutzen.
Neben dem Holzhandwerk ist in Schweden das Weben eines der meisten Handwerke, die Schwedens Einwohner zu Hause ausübten. In vielen alten Häusern findet man Webstühle und Spinnräder. Auf den Bauernhöfen gab es oft Schafe, aus deren Wolle die weiblichen Bewohner des Hofes Fäden sponnen, diese wurden zu allem verarbeitet, was man aus Wolle machen kann und dann verkauft oder man nutzte sie als Tauschmittel für Lebensmittel.
Mir wird nachgesagt, ich sammle alten Krempel, da passt natürlich all dieser Nachlass in meine Sammlung, auch aus Deutschland habe ich viele Dinge mitgebracht, die uns eine Geschichte erzählen könnten. Es sind Arbeitsgeräte aus der Zeit meiner Uroma, die aber auch noch in meiner Kindheit zum Einsatz kamen. Viele der alten, auch noch heute genutzten Feld- und Haushaltsgeräte, die ich hier vorfand, haben mich in meine Kindheit zurück versetzt.
Hier wird in der Erntezeit an einem Wochenende „ein Museumstag in Aktion“ durchgeführt. Dann fühle ich mich wirklich 10 oder 12 Jahre alt, dann werden Gras und Getreide mit der Sense gemäht, auf „Schwatt“ wird das Heu gehängt, das heißt es wird zum Trocknen auf Dreibocks aus dünnen Stämmen gehängt. Das Getreide wird „Arm voll“ mit Hilfe eines Bandes, das ebenfalls aus Getreide besteht, zu einem Bund gebunden und dann auf Mandel gestellt. So bleibt es einige Tage stehen und wird, wenn es getrocknet ist, mit dem Pferdefuhrwerk vom Stoppelfeld gefahren, wobei die Pferde bei dieser Arbeit gute Helfer sind, weil sie im 2er Gespann vor dem Wagen selbständig laufen und stehen bleiben, und das alles nur durch Zurufe des Fuhrwerkführers.
Das Getreide wird anschließend in großen Stadeln gelagert und gedroschen, auch davon berichten alte Landmaschinen, die liebevoll gepflegt und von den älteren Bauern mit Herz erklärt werden, wenn du davor stehst und sie bewunderst.
Ich selbst musste in meiner Kindheit tagein, tagaus diese Arbeiten verrichten, heute versteht es ein Kind nicht, wie hart wir Kinder damals mithelfen mussten, heute ist der Mülleimer zur Mülltonne tragen schon eine Leistung für die ganze Woche. Wenn diese Kindheit auch keine richtige Kindheit war, so kann ich aber sagen, die Zeit unserer Großeltern lebt in mir weiter. Jetzt, hier in Schweden, spüre ich sie an diesem Wochenende besonders intensiv.
Das Gebäude, das auf dem Grundstück meines Cafés steht, ist eine alte Scheune, das älteste Gebäude in Bråbo, es war die Poststelle. Dort wurden die Pferde gewechselt oder getränkt, wenn die Postwagen unterwegs waren nach Kristdala, einem größeren Ort 8 Kilometer entfernt. In diesem alten Gebäude richte ich eine kleine Reise in die Vergangenheit ein. Dort werden nicht nur Schätze aus der Vergangenheit zu sehen sein, sondern auch kleine Mitbringsel aus Schweden käuflich zu erwerben sein, aber wie gesagt, ich arbeite noch daran.
Das Gebäude steht unter Denkmalschutz, ich habe die würdevolle Aufgabe, das Meisterwerk der früheren Baumeisterkunst zu erhalten. Es gibt dort noch alte Handwerkerstücke wie Schnitzereien in der Tür sowie eine Regenrinne ganz aus Holz. Schon das Alter der Scheune ist Grund genug, sie für jedermann zugänglich zu machen und ihn in die Vergangenheit zurück zu versetzen.
Wir haben in Bråbo einen „Wikinger“, einen begeisterten Fan der Wikingerzeit, von Beruf Journalist und ein Mensch, den man gerne haben muss, wenn man ihn kennen gelernt hat, er steht mir mit Rat und Tat zur Seite, wenn es um Fragen der längst vergessenen Zeit geht. Torbjörn, so heißt er, seiner Lebensgeschichte zuzuhören oder seine Schnitzarbeiten zu bewundern, ist ein Erlebnis, das mir Gänsehaut verpasst. Ich werde ihn einmal fragen, ob ich mehr über ihn berichten kann, denn ich denke, er ist es wert ist.
Offenbar habe ich ein Gespür für das „ Alte“, denn es stellte sich heraus, dass das Häuschen, das wir jetzt bewohnen, die Telefon- Zentrale des Ortes war. Hier kamen alle Telefonate an und wurden per Hand weitervermittelt. Es war das Umsteck-Prinzip, das wir aus amerikansichen Filmen kennen. Einige kleine Nachlässe entdeckten wir bei der Innenrenovierung und wurden würdevoll „gehoben“. Wie man sieht, die Geschichte Schwedens lebt bei und mit mir. Oft habe ich das Gefühl, schon immer hier zu leben, ich sage dann, ich bin in meiner Heimat, die vergangenen 52 Jahre war ich nur zu Gast in Deutschland. Ältere Schweden, mit denen ich rede und die meinen Namen hören, sagen zu mir: „Bei deiner Geburt und bei der Namensgebung `Astrid´ wurde dein Weg bereits beschlossen und besiegelt, nur gehen musstest du ihn alleine“. Und das habe ich ja nun begonnen.
Fortsetzung folgt
29.12.2012
Ja, wie möchte man wohnen, wenn man in Schweden lebt? Nicht viel anders als in anderen Ländern. Wohnung oder Haus, das sind die Optionen. Für uns stand immer nur eins zur Diskussion: Haus. Dabei sollte man aber beachten, dass ein Haus in Schweden etwas anderes ist als ein Haus zum Beispiel in Deutschland. In Schweden erfüllt ein Haus den Zweck des Wohnens und nicht den der Persönlichkeitsdarstellung. Die Häuser hier sind zweckmäßig und einfach gebaut und eingerichtet.
Typisch sind die Einbauschränke in jeder ungenutzten Ecke eines Hauses, eine fantastische Lösung, denn Platz für alles Mögliche braucht man immer. Ebenso in der Küche die „Kochhexe“, das ist ein Teil, das ich nicht mehr missen möchte, Wärmespender und Kochstelle zugleich, in jedem Haus auf dem Lande ein „Muss“.
Genau so typisch die Außentoilette, viele unter dem Begriff „Plumpsklo“ bekannt. Dieses kleine Häuschen führt uns in unsere Vergangenheit zurück, in Schweden aber ist es ein „Örtchen“, das oft geradezu liebevoll hergerichtet ist und benutzt wird, selbst dann, wenn im Haus eine moderne Toilette zur Ausstattung gehört.
Romantisch im Haus ist der Kamin, auch er ist ein Detail, das in fast allen Häusern vorhanden ist als offene Version ein Auslöser für Träumereien. In der heutigen Zeit werden moderne Varianten eingebaut, aber auch diese sind ein Hingucker. In meinen Ferienhäusern sind noch die alten Modelle vertreten, ich kann nur sagen, das Knistern und Lodern der Flammen ist etwas, das man erleben muss, es löst Entspannung und Gelassenheit aus.
Der Schornstein ist das Herzstück des Hauses, man sieht oft ein wahres Meisterstück aus dem Dach ragen, es sind Schmuckstücke des Hauses.
Das sind alles Dinge, die in einem schwedischen Haus vorhanden sind, gut erhalten und manchmal weniger gut. Dabei spielt eine wesentliche Rolle, welche Generation in diesem Haus wohnt. Da die Häuser hier meist nur eine Generation bewohnt, erkennt man das schon am Zustand des Hauses.
Wir haben uns dann gedanklich damit vertraut gemacht, auch für uns muss nun ein Haus her.
Das Wo? hatten wir nicht so durchdacht. Durch Bekannte hatten wir von einem Mann aus Berlin gehört, der nur noch selten nach Schweden kommt, sollen wohl gesundheitliche Gründe sein. Er hat ein kleines süßes Häuschen in Bråbo, 150 Meter entfernt von meinem Café, war das der typische Wink mit dem Zaunpfahl?
Bei einem Spaziergang schauten wir uns dieses Häuschen an, es sah in der Tat unbewohnt aus, zumindest war eine längere Zeit niemand dagewesen und hatte die anfallenden Arbeiten erledigt. Das Interesse an dem Häuschen war geweckt. Keiner konnte mir sagen, wie ich Kontakt zu diesem Mann bekam, ich gab die Hoffnung fast auf, was mir schwerfiel, aber da sollte der entscheidende Tag kommen.
Bei unserem täglichen Spaziergang sahen wir, dass sich ein Auto mit Berliner Kennzeichen auf dem Grundstück des Häuschens befand.
Kaum waren wir zu Hause, machte ich mich auf den Weg zu diesem Haus, ich hatte nicht mal überlegt, was ich sagen oder fragen will, ich ging einfach los und stand dann dort vor der Tür. Spontan klopfte ich an den Nebeneingang, ist hier auch typisch, dass dieser der meist genutzte Eingang ist, der Haupteingang ist wie der Kamin ein „Schmuckstück“ des Hauses. Die Tür ging auf und vor mir stand dieser Mann, der mir als Eigentümer beschrieben worden war, etwas zurückhaltend und zurückgezogen lebend. Man sagte von ihm, er sei verschlossen und manchmal auch unfreundlich. Freundlich wie ich bin, stellte ich mich vor, er sagte: „Ach Astrid, schön dass wir uns kennenlernen, habe schon viel von dir und deinem Café gehört, was führt dich zu mir?“
Das Eis war gebrochen, er lächelte mich an, genauso wie es die Schweden tun und nicht wie ich es von früher gewohnt war. So polterte ich mit meiner Frage heraus: „Verkaufst oder vermietest du dein Haus?“ Das Duzen ist hier normal, auch wenn man sich nicht kennt, das „Sie“ würde eher als unhöflich empfunden werden.
Nachdem ich diese Frage ausgesprochen hatte, dachte ich, Mann, Astrid, poltriger ging es wohl nicht, ich war aber erstaunt, ich bekam eine freundliche Antwort und wurde sogar ins Haus gebeten.
In ein paar Sätzen erzählte ich, wie ich auf ihn und das Haus gekommen war, dann verabredeten wir uns für den nächsten Tag und dann ging alles ganz schnell, Hausbesichtigung, Zahlen und Fakten austauschen, Handschlag und fertig. Die Beschreibung, die ich von diesem Mann erhalten hatte, traf nicht zu, zumindest nicht, wenn man mit ihm gesprochen hatte und ihn etwas kennengelernt hatte.
Auf dem Heimweg wurde mir klar, dass das wieder ein weiterer Schritt auf meinem „Neuen Weg“ war.
Jürgen kam vom Laufen zurück, das macht er täglich, so schnell mal 15 Kilometer, nix für mich, ich berichtete von den Geschehnissen der letzten Stunde, auch er empfand es genau wie ich, ein weiterer Schritt war getan.
Nach zwei Wochen begannen wir das Haus zu renovieren, das war für mich schon Routine und auch Jürgen ist darin geübt, sodass wir nur wenig Zeit dafür benötigten. Eine Woche später war unser kleines gemütliches Heim bezugsfertig und so war es dann auch, wir zogen ein, und wieder etwas mehr schwedische Heimat war geschaffen.
Ich habe jetzt einen Grundstein, auf dem ich eine Familie haben werde, ich schreibe, haben werde, weil wir zurzeit noch keine sind, Jürgen und ich stecken mitten im Kennenlernen. Mein lieber Mann, das ist manchmal ganz schön hart, aber die Erfahrungen von Beziehungen, die nicht funktionierten, haben wir ja, nun ist es an uns, „es“ anders zu machen. Fürs Kennenlernen haben wir uns den Winter vorbehalten, da sind die Tage bedeutend kürzer und die Abende lang, also viel Zeit zum Reden.
Und um die Familie dann vollständig zu machen, gehört Joel, mein Sohn dazu, er war mir ja hierher nach Schweden gefolgt, nach dem Abschluss seiner Schule in Deutschland - aber nicht nur er.
Ein Rückblick:
Im September 2011 erfuhr ich durch einen Anruf, dass in wenigen Stunden mein Ex-Mann vor meiner Tür stehen wird, ich traute meinen Ohren nicht, er hatte vor, seinen Wohnsitz ebenfalls nach Schweden zu verlegen. Fragt nicht warum, ich kann euch keine plausible Antwort geben, denn wir hatten uns geeinigt, dass unser Sohn bei mir lebt und in den Sommerferien, die hier ca. 11 Wochen sind, bei ihm in Deutschland, sodass er den Kontakt zu seinen Geschwistern und Freunden in Deutschland halten kann.
Aber es sollte alles anders kommen, mitten in der Nacht meldete sich mein Ex-Mann bei mir und teilte mir mit, dass er so gegen 2.30 Uhr bei mir sein würde, was dann auch so war. Was sollte ich mit ihm tun, da stand er, Koffer in der Hand und 1000 Kilometer hinter sich, ich ließ ihn herein und bei mir im Haus schlafen.
Am folgenden Morgen klärte ich die Fronten, denn so ein Papier, das wir beide in den Händen hatten, bedeutet schließlich, jeder geht nun seinen Weg. Er suchte sich dann im Nachbarort eine Wohnung und zog dort ein, wo er bis zum heutigen Tage lebt.
Da ich im März nach Bråbo gezogen bin, wo ich mein Cafe eröffnete, wurde dieser Abstand größer, aber auch der zu meinem Sohn, wenn auch nur räumlich. Er geht in Högsby, der Kommune, zu der Fågelfors gehört, aufs Gymnasium.
Der Umzug nach Bråbo hätte für ihn bedeutet, auf ein anderes Gymnasium zu wechseln, nach Oskarshamn. Ich überließ ihm die Entscheidung. Da er das Gymnasium nicht wechseln wollte, war es für ihn nahe liegend, zu seinem Vater zu ziehen.
Anfangs tat mir diese Entscheidung sehr weh, aber ich habe sie akzeptiert, mir war und ist wichtig, dass Joel glücklich ist, und da ich nun weiß, dass er im nächsten Jahr wieder bei mir leben wird, ist auch diese Situation für mich in Ordnung. Wenn die Möglichkeit besteht, ist er an den Wochenenden und an Festen sowie Feiertagen bei mir. Auch das Weihnachtsfest gehört uns gemeinsam, diesmal zu dritt, nein zu viert, Joel, Jürgen, ich und Emma, meine Dackeldame, denn auch sie ist ein Familienmitglied.
Weil mein Sohn nach den Sommerferien 2013 wieder zu uns ziehen wird, steht der Ausbau des Dachbodens an, ihr seht, es wird nicht langweilig…
Fortsetzung folgt
28.12.2012
Jetzt war das Leben als Single wieder so gut wie vorbei, ich sage „so gut wie“, weil ich mir meine Freiheiten trotz dieser neuen Beziehung bewahre.
Als ich nach Schweden ging, begann auch dieses „Denken“ an mich selbst. Dieses „An mich denken“ bedeutet, ich frage nicht erst, warum, weshalb, nein, ich tue es einfach, weil ich weiß, es ist gut für mich und ich fühle mich dabei wohl. Niemandem muss ich einen Tagesrapport abgeben: „Was steht heute an, was ist zu tun, was hast du erledigt, warum hast du dein Tagespensum nicht geschafft?“ So einen Jemand gibt es in meinem Leben nicht mehr. Ich bin für mein Leben verantwortlich, auch wenn hier nicht alles so funktioniert, wie man mir erzählt hat, als ich hierher kam. Es wird sicher noch mehr solcher Berg- und Talfahrten geben, aber ich gehe sie gelassen an. Zum Ersten: ich habe in der Vergangenheit vieles gelernt und kann es auch anwenden, und zum Zweiten habe ich ja nun Jürgen an meiner Seite. Als er hierher kam, brauchte er einige Tage, um alles aufzusaugen, was er sah, Land, Leute und die chaotische Astrid. Beim Land konnte ich ihm helfen, wir fuhren an all die schönen Orte, die ich schon entdeckt hatte und die mir lieb geworden waren.
Egal ob eine Tour zur Ostsee mit einem Spaziergang am felsigen Strand, ein Picknick mitten auf einem Felsen, der nur mit sportlichen Fähigkeiten erreichbar war, oder eine Fahrt zu meinem Paradies Sätra. Kleine Bemerkung: auch er wollte dort nicht wieder weg! Er brauchte genau wie ich Tage, um diese Schönheit der Natur zu verarbeiten.
Beim Kennenlernen der Leute konnte ich auch helfen, denn all meine Freunde, die ich in der vergangenen Zeit hier gefunden hatte, haben ihn freundlich aufgenommen in unseren Kreis.
Es heißt, die Schweden sind schwer zugänglich, das gilt nur bedingt, denn wenn ich mich ihnen gegenüber nett und freundlich verhalte, sind sie es auch. Im Gegenteil, als ich hierher kam, begegnete ich wildfremden Menschen auf der Straße, die mich anlächelten und freundlich grüßten, was ich in meiner Vergangenheit leider immer mehr vermisst hatte, jetzt begegne ich auf der Straße Menschen, die nicht ihr „mit-sich- selbst-unzufrieden-sein“-Gesicht herum laufen. Jeder, der ein paar Tage in Schweden verbracht hat, kommt zu dieser Erkenntnis, versprochen!
Das Dritte, die chaotische Astrid kennenlernen, dabei kann ich ihm nicht helfen, das muss er alleine tun.
Vom ersten Tag an verstand er mich und meinen Traum, es machte ihm Spaß, mich im Café zu unterstützen und mit mir gemeinsam Schweden kennenzulernen.
Die Spaziergänge, die ich solange alleine gemacht hatte, machen wir jetzt gemeinsam. Nun kommt sicher die Frage: Wo ist der Sohn? Ja, das ist ein Kapitel für sich, nicht schlimm, aber trotzdem hätte ich es mir anders gewünscht. Es kam zu Ereignissen, die nicht geplant waren, aber eben geschehen sind. Später mehr dazu, ich weiß, dass Joel bald wieder da ist, es ist eine momentane Situation.
Ich habe ja im Café unter dem Dach eine Wohnung in Miniatur bewohnt, Marke „Eigenbau“, diese wurde jedoch zu klein für uns, ich sage mal für uns drei, es musste eine Lösung her. Die war so schnell gefunden, dass ich über mich selbst, über meine Spontanität und über meine Entschlussfreudigkeit erschrocken war…. Fortsetzung folgt
26.12.2012
Der Frühling ging nahtlos in den Herbst über, rein wettertechnisch, das Thermometer hatte vergessen, dass es über 25 Grad steigen konnte. Es gab viel Regen und Tage, wo man eben sagt: „Na det is ja nu nich gerade Sommer“. Nur durch den Blick auf den Kalender war der Sommer zu erkennen. Wenn sich die Sonne mal zeigte, nutzte ich die Möglichkeit, zum Badesee zu gehen.
Ab März 2012 hatte ich begonnen, im BEF das Restaurant zu führen und den Hotelbetrieb zu betreuen. Jetzt war es an der Zeit, nicht nur das Café zu öffnen, um Kaffee und Kuchen anzubieten, ich konnte auch im BEF meine deutschen Kochkünste den schwedischen Gästen schmackhaft machen. Ich öffnete zwei Tage die Woche. Am Mittag gab es „Lunch“, am Wochenende gab es „Mat“, das ist Abendessen.
So füllte ich die Freizeit, die ich nach Fertigstellung der Ferienhäuser gewonnen hatte, mit neuer Arbeit auf, aber ich muss sagen, trotzdem fehlte mir etwas. Es dauerte eine Weile, bis ich dahinter kam, was es war ... Privatleben. Ich hatte es, bzw. ich hatte es nicht. Es war Zeit, auch auf diesem Gebiet etwas zu tun.
Nach meiner zweiten gescheiterten Ehe hatte ich mich entschlossen, kein männliches Wesen in meinen Dauertoleranzbereich von 15 Metern zu lassen. Ich stellte aber fest, dass es wohl eine Fehlentscheidung war, denn will ich alleine alt werden und das alles hier allein erleben? Nein, das will ich nicht.
Tja, welche Möglichkeiten gibt es denn, einen potentiellen Bewerber zu finden? Eigentlich hätte ich nicht suchen müssen, denn hier herrscht ein Defizit an weiblichen Wesen. Zu Beginn hatte ich des Öfteren allein stehende Herren im Café zu Gast, welche auf Brautschau waren. Es war interessant, wie es so mancher anstellte, ein Gespräch mit mir zu beginnen, es gab aber auch die Variante, dass erst die Eltern bei mir im Cafe waren und dann drei Tage später mit dem Sohn im fortgeschrittenen Heiratsalter wieder als Gast erschienen und den Sohn einfach mal so ins Café schuppsten, um mir eine belanglose Frage zu stellen.
Da ich aber nicht nach Schweden gekommen war, um eine neue Beziehung zu suchen und zu beginnen, sondern um Neues aufzubauen und dann zu leben, waren all diese Bemühungen umsonst. Ich hatte mit mir zu tun. Im Mai war aber der Punkt erreicht, an dem ich feststellte, ich bin für eine neue Beziehung bereit. Doch es gab keinen Anwärter hier, der dafür in Frage kam.
Wozu gibt es denn das Internet? Meine Freundin erzählte mir von einer Dateting Line, na denn mal los, ein Wochenende mal getestet, was da so passiert. Freitags habe ich mich dann angemeldet, ich will jetzt nicht näher darauf eingehen, was sich da so alles meldet und sofort heiraten will und vor allem von der großen Liebe spricht. Das war nichts für „Astrid“. Ab Montag bin ich da wieder „raus“, sagte ich zu meiner Freundin.
Plötzlich kam eine Anfrage in Skyp. Ehe ich noch reagieren konnte, klingelte es auch schon, ich nahm an und das Ganze nahm seinen Lauf.
Geredet, geredet, geredet. Am Montag kaufte er sich eine Webcam und am Abend sahen wir uns dann über Skyp. Zwei Wochen redeten wir jeden Tag miteinander, die Entfernung von 1000 km stand nicht zwischen uns, sie stellte kein Problem dar. Wir beschlossen bereits nach einer Woche, er würde aus Deutschland hierher kommen, so dass wir uns gegenüber stehen und dann entscheiden konnten, denn wir waren beide nicht von einer reinen Internet-Beziehung überzeugt. Wir entschieden, dass er mit dem Zug aus Deutschland hierher nach Schweden kommt. Gesagt, getan. Ja und dann stand er da, mitten auf der Rolltreppe auf dem Bahnhof in Nässjö. Er, Jürgen, und was soll ich sagen, er ist geblieben.
Von diesem Tag an begann ein weiterer neuer Abschnitt in meinem Leben. Fortsetzung folgt
20.12.2012
Das Frühjahr 2012 kam über Nacht, am Abend lag noch Schnee, am nächsten Tag verschwand er. Nun ging es rasant in der Natur los, täglich entdeckte ich neues Grün. Ich hatte fast das Bedürfnis, es vor einer etwaigen Winterrückkehr zu schützen. Nach ganz kurzer Zeit sah ich die ersten blauen Anemonen an den Wegrändern, ich staunte, wie schnell sich alles hier in den Frühling verwandelte. Jetzt kamen auch die weißen Buschwindröschen dazu, so weit man sehen konnte weiß und blau auf dem Waldboden. Verschiedene Farne begannen aus dem Boden zu treiben, sie sind die festen Begleiter von moosbewachsenen Felsen.
In den Wäldern sind Stein und Farn genauso viel vertreten wie die Bäume. Besonders schön und die Blicke fesselnd sind alte, halbvermoderte, abgeknickte Bäume, die zwischen den Felsen liegen und ebenfalls dick mit Moos bewachsen sind, und nicht selten haben sich kleine Pflanzen darauf angesiedelt. In der Dämmerung kann man sich oft Figuren und Gestalten aus dieser Mischung von Baum und Fels vorstellen, eine perfekte Kulisse für einen Märchenfilm oder diese neumodernen Filmen, die uns in eine Traumwelt versetzen. Bei Spaziergängen entdeckt man täglich etwas Neues und freut sich schon auf den nächsten Spaziergang. Ich habe meine Kamera immer dabei, um dies alles festzuhalten (muss ja meine Freunde auf dem Laufenden halten). Zuhause angekommen, werden die Bilder sortiert und ich durchlebe den Spaziergang noch einmal.
Das Eis auf dem See war genauso schnell weg, wie es gekommen war, die Sonne hatte bereits Kraft, das Wasser war zwar kalt, aber die Füße durften es schon mal testen. Na, für einen Badenachmittag sollte ich noch ein paar Tage warten, aber nicht zu lange.
Anbaden am 25. März 2012. War ein Ereignis für sich. Es war Sonntag, ich war bei meiner Tochter, sie war für zwei Wochen in ihrem Ferienhaus. Am Nachmittag hatte ich das Bedürfnis, eine Weile rauszufahren, ich sprach es mit Michi ab, nahm einen Schreiblock, Stift und ein Badetuch, dann fuhr ich nach Aboda Klint , das ist ein Aussichtsturm und im Tal ein wunderschöner Badesee, ich setzte mich auf einen Felsen, den die Sonne an diesem Tag angenehm aufgeheizt hatte. Ich nahm meinen Schreiblock und fing wie immer in solchen Situationen zu schreiben an, ich sah nicht auf die Uhr, aber ich denke, so etwa eine Stunde muss ich da gesessen haben, ich packte meine Schreibutensilien ein und zog mich aus, um kurz das Wasser zu testen.
Da der Boden mit von Algen besetzten Steinen übersät war, musste ich vorsichtig sein, und warm war das Wasser ja auch nicht gerade, ca. 5 Grad. Ich ging ganz langsam hinein, plötzlich rief jemand: „Stopp, stopp!“ Auf Schwedisch redete ein Mann auf mich ein, er dachte wohl an etwas anderes als baden, was ich da tat. Es dauerte eine Weile, bis ich ihn überzeugen konnte, dass ich nichts Böses vor hatte.
Kopfschüttelnd ging er wieder, ich zog mich an und fuhr nach Hause zu Michi. Ich erzählte ihr das Geschehene und sie musste lachen. Ich fand es aber gut, dass dieser Mann so gehandelt hatte, er hatte sich Sorgen um einen wildfremden Menschen gemacht, was heute ja nicht der Normalfall ist.
Sollte uns vielleicht zum Nachdenken bringen, oder!!!
Fortsetzung folgt
18.12.2012
Die vergangenen Monate gaben mir die Möglichkeit, noch einmal über die Ereignisse nachzudenken. Ich habe lange nicht mehr über Vergangenes nachgedacht, denn ich hatte für mich entschieden, dass es nicht gut für mich war, weil es viele Dinge in meinem Leben gegeben hatte, die ich einfach nur vergessen wollte. Nun musste ich feststellen, dass ich das, was ich hier bisher erlebt hatte, nicht vergessen wollte. Bis auf ein paar Kleinigkeiten war es nämlich so, wie ich es mir vorgestellt hatte: „Mein neues Leben“.
Es gab Tage, die mir ein Lächeln ins Gesicht zauberten, hier ein Beispiel:
Im August war ich für ein paar Tage in Deutschland. Den Rückweg nutzte meine Freundin Ilona, um mit mir nach Schweden zu kommen, um zu sehen, wo denn ihre Freundin nun lebt. Allein diese Fahrt zurück nach Schweden war eine derer, die ich nicht vergessen werde, da im Gegensatz zu meinen bisherigen Fahrten an diesem Tag mal tüchtiger Wellengang war und Ilona dieses Schaukeln derart mitnahm, dass sie seekrank wurde.
Am nächsten Tag kamen meine Freunde, die mir bei meiner Traumumsetzung unter die Arme gegriffen hatten, nach Schweden, sie machten eine Woche Urlaub, und ich konnte ihnen viel von „meinem Schweden“ zeigen. Es waren Tage voller Spaß und guter Laune.
An einem Abend grillten wir zusammen auf der Terrasse des Hauses, tranken Wein und redeten über das Erreichte. Der Abend war lang, sehr lang, in meinem Transporter hatten Ilona und ich uns ein Notbett hergerichtet. Todmüde und vom Wein die erforderliche Bettschwere getankt, zogen wir uns in dieses zurück, an Schlaf war auf einmal nicht mehr zu denken, wir begannen zu reden, zu reden und zu reden. Irgendwann sind wir dann doch dem Schlaf zum Opfer gefallen, der Morgen zeigte deutliche Spuren der vergangenen Nacht. Unsere Freunde erwarteten uns mit einem leckeren Frühstück im Haus. Wir beschlossen, so ein spontanes Treffen zu wiederholen.
Mann, da wird man 53 Jahre, meine Freundin 59 und erst jetzt erlebt man solche Dinge, und ich sage euch, das würde ich jederzeit wieder machen, war cool. Na, und wenn man in Schweden lebt, was gehört noch dazu? Natürlich, einen Elch zu sehen, auch dieser Wunsch sollte mir erfüllt werden. Mit André, einem deutschen Freund, der ebenfalls hier in Schweden lebt, war ich einen Tag unterwegs, um etwas mehr von meiner neuen Heimat kennen zu lernen. Ca. 1 Kilometer vor Bråbo stand er, der Elch. Er zeigte sich in voller Größe vor uns auf der Straße, ich war von dem Tier fasziniert.
Mein Glück, einen Elch zu sehen, sollte am Folgetag verdoppelt werden. Ich war unterwegs nach Högsby und auf einem Waldhang standen gleich zwei, eine trächtige Elchkuh und ein stattlicher Bulle. Mein Respekt vor diesen Tieren war groß, sehr groß und ich wusste nicht, dass man dies noch steigern kann, was auch bald geschehen sollte.
Im November 2011 nutzte ich die Möglichkeit, als André nach Deutschland fuhr, um mitzufahren, er holte mich am Morgen in Fågelfors ab, so gegen 7.30 Uhr, da unsere Fähre um 12.37 Uhr von Trelleborg ablegte. Wir waren noch nicht ganz aus dem Ort gefahren, hatten gerade beschleunigt, da erschraken wir. Von links sprang ein Elch auf die Straße. Wow! Ein Tier von dieser Größe, das so hoch und weit springen kann, ich hätte das nie geglaubt, wenn man mir das erzählt hätte.
Er stand vor uns, eine Vollbremsung und schon war‘s passiert, so nah wollte ich eigentlich keinen Elch sehen, das war eindeutig zu nah, nur die Autoscheibe trennte uns noch. Er stürzte und lag vor dem Auto. Nach ein paar Sekunden stand er auf, schüttelte sich, machte einige Schritte zum Straßenrand, ging dann langsam die Böschung hinunter und drehte sich noch einmal um. Hätte ich nicht gesessen, spätestens in diesem Moment wäre mein Herz in den Hosenbeinen gelandet, der Respekt vor einem solchen Tier ist jetzt unermesslich.
Jeder, der mich kennt, weiß, dass ich selbst Jägerin war und keine Angst vor Tieren habe, egal wie groß oder gefährlich, aber bei einem solchen großen Tier halte ich doch lieber Abstand. Mal so nebenbei, ich kann dennoch sagen, dass „Elch“ in vielen verschiedenen Varianten aus der Pfanne lecker ist. Da man von den Jägern hier während der Elchjagdzeit Fleisch kaufen kann, nutze ich das natürlich.
Im Februar2012, nachdem ich meinen zweiten Antrag hier eingereicht hatte, bekam ich dann meine Steuernummer und meine Gewerbeerlaubnis zum Betreiben meines Cafés. Mein Kampf war erfolgreich, ich wusste nun, zum Osterfest eröffne ich es, was dann auch geschah, seitdem hatte ich schon Gäste aus vielen Ländern, sie waren von meinem Entschluss und meiner Spontanität ebenso begeistert wie ich selbst, ich war zwar immer schon spontan, aber das, was ich hier begonnen hatte, übertraf alles.
Fortsetzung folgt
17.12.2012
Wenn es morgen wieder kommt
Grade ist es hier gewesen,
stand ganz still im tiefen Schnee,
hat gesucht und hat gefunden
eines Baumes kleine Knospen
gegen Hunger, der es plagt.
Muss durch Schnee und Strauchwerk laufen
und durch Wehen hoch und hart,
schwere Zeit muss es ertragen,
es wird kalt und immer kälter,
nichts zu sehn vom Wiesenflor.
Keine Gräser grün und saftig,
dort liegt Schnee und raues Eis.
Morgen werd ich Heu hinlegen.
Kehrt es wieder hier zurück,
muss es gar nicht lange suchen,
dieses wunderschöne Reh.
16.12.2012
Im Frühjahr 2011 ergab sich die Möglichkeit, zwei Ferienhäuser zu übernehmen, das war etwas, was ich mir nicht entgehen lassen konnte.
Das eine ist in Fågelfors, ganz in der Nähe von Högsby, es gab aber einen Schreck als ich das Haus betrat, da war alles zu machen, aber auch alles. Der Vorbesitzer hatte vollkommen vergessen, was zu einem intakten Haus gehört, angefangen bei dem fehlenden Fußboden bis hin zu zerschnittenen Elektrokabeln. Das sah nach weiterer Arbeit aus, aber was soll‘s, man hat ja sonst nichts zu tun, losgelegt und die Vorstellungen eines schönen Ferienhauses in die Realität umgesetzt. Morgens war ich die Erste und am Abend die Letzte am Ort, die den Lichtschalter betätigte.
Durch die Arbeiten, die so manchen Handwerker erfordert hätten, wuchs ich über mich selbst hinaus. „Danke Papa, durch dich hab ich viel gelernt, hast eben doch so etwas wie einen Jungen aus mir gemacht.“ Oft hatte ich das Gefühl er schaut mir über die Schulter, wenn ich vor meinem Berg Arbeit kniete, wahrscheinlich schmunzelt er auch oft über meine provisorischen Lösungen, ich denke aber, er wäre stolz auf mich gewesen. So manche Arbeit stellte ein Riesenproblem für mich dar, dann setzte ich mich in eine Ecke des Zimmers, dachte: „Was würde Papa jetzt machen?“ und ihr werdet es nicht glauben, mir fiel die Lösung ein.
So mancher Tag verging, ich sah kein Ende, aber der Mut verließ mich nie, soviel auch zum Willen. Im Sommer war das Haus fertig und die Feriengäste konnten kommen, sie kamen und waren begeistert, ein Folgeurlaub wurde auch sofort gebucht.
Ich bekam damit einen Dank für meine tägliche, ach was sage ich: auch nächtliche Arbeit wurde so belohnt.
Den Winter verbrachten mein Sohn und ich in diesem Haus, da das Wohnen über dem Café nicht so das Wahre war. Im März zur Eröffnung des Cafés ging es dann zurück nach Bråbo.
Der Winter im Haus war unser erster Winter in Schweden und natürlich auch das erste Weihnachtsfest sowie der Jahreswechsel. Mit viel Schnee hatte ich gerechnet, denn wir waren ja in Skandinavien, aber nein, der Schnee blieb aus, erst als ich von meinem Deutschlandbesuch im Februar zurückkehrte, kam auch der Schnee, dann aber richtig. Es hieß einige Mal am Tage raus und Schnee schippen. Jetzt wusste ich auch, was Winter hier oben im Norden heißt. Diese Zeit war wunderschön trotz dieser Arbeiten, die ja notwendig waren.
Jeden Tag machten wir Spaziergänge durch die verschneiten Wälder, bis hin zu unserem Badesee, eine dicke Eisdecke machte es sogar möglich, dass Elche den See überqueren konnten.
Diese Wanderungen gaben mir neue Kraft, wenn es mal wieder an der Zeit war, „aufzutanken“. Ich hatte ja weitere Pläne, ich schrieb ja bereits von zwei Häusern.
Tja, ich nenne es „mein Paradies“, ich hatte nämlich nicht nur das Haus in Fågelfors renoviert, ich bezeichne es einfachheitshalber mal so, sondern ich hatte auch das Haus in Sätra in der Nähe von Vimmerby, 20 Kilometer vom Astrid-Lindgren-Park entfernt, „gästefein“ gemacht.
Warum Paradies? Naja, weil es eben das Paradies ist. Das Haus steht mitten im Wald, das Wasser kommt aus einem Brunnen und das Licht aus Kerzen. All der Stress, den das tägliche Leben so mit sich bringt, fällt dort von einem ab.
Als ich sicher war, dass dieses Haus den Besitzer gewechselt hatte, packte ich meine Sachen für 4 Tage, füllte eine Kiste mit Lebensmittel und einen Kanister mit Wasser und ab in den Wald, in „mein Paradies“. Es waren 4 Tage, die ich nicht vergessen werde, denn diese gaben mir so viel zurück von dem, was ich in den vergangenen Jahren verloren hatte.
Der Abschied am letzten Tag fiel mir schwer, ich hatte das Haus so lieb gewonnen, die Vorbesitzer waren sehr alt gewesen, sie hatten das Haus mit so viel Liebe und Herz gehegt und gepflegt, dass ich glaubte, sie wären noch dort. Wenn ich weiß, dass ich nach Sätra fahre, habe ich schon Tage zuvor Herzklopfen und kann es kaum erwarten, dort zu sein.
Es ist mein eigentliches zu Hause hier in Schweden, jedoch muss ich immer wieder Abschied nehmen, denn dort ganz leben, geht nicht. Wasser, Strom und andere Dinge lassen das nicht zu, schade, aber das ist die Realität.
Urlauber werden im nächsten Jahr sehen, wovon ich hier schreibe, sie werden mich verstehen und ich denke auch so fühlen, wenn sie im Haus sitzen und durch die Fenster die sogenannten Haustiere beobachten können. Es sind „Haustiere“, die einen Besuch abstatten, wenn am Abend Ruhe einzieht. Elch und Auerhahn haben die zwei alten Leutchen durch so manches Jahr begleitet, ich freue mich nun auf meine Jahre dort.
Fortsetzung folgt
15.12.2012
Der Waldspaziergang
Still verträumt sind Wald und Felder,
Schnee behängt das Tannengrün,
und geheimnisvolle Spuren
sind als einziges zu sehn.
Ruhe, Stille, leises Rauschen
in der Bäumewipfel Höhn
lassen uns hier stumm verweilen,
bleiben wir versunken stehn.
Durch die hohen Tannenbäume
fallen Sonnenstrahlen sanft herab,
silbern glänzen Eiskristalle, Schönheit
die ich so noch nie gesehen hab.
Es ist Kälte, die wir hören,
wenn wir laufen auf dem Schnee
oder auf dem dick gefrornen,
einstmals sommerlichen See.
13.12.2012
Nun verging Woche für Woche mit der Umgestaltung meines kleinen Cafés. Farbe an die Wand und natürlich viele Bilder, die ich male, um frei im Kopf zu werden. Kleine Regale und Borde sind ein Muss, denn wo sonst sollen die kleinen vielen Dinge hin, einer sagt Staubfänger dazu, andere können sich nicht satt sehen daran. Jedes dieser Dinge hat eine Geschichte, ob meine oder die eines lieben Menschen, der mir das geschenkt hat, was ich nie vergesse.
In jede Ecke des Cafés habe ich mein Herzblut eingebracht, das kann jeder sehen, wenn er ins Café kommt, es ist mein ganzer Stolz. Mit Liebe und Mühe habe ich Dinge vollbracht, an die ich selbst nicht geglaubt hatte. Man kann über sich hinaus wachsen, das weiß ich nun. Nicht immer gleich sagen: „Das kann ich nicht“, nein, nie sich selber klein machen, das tun andere zu genüge, einfach versuchen. Man wird staunen, was man alles kann, wenn man will oder muss.
Jetzt begann die Tortur, schwedischer Bürger zu werden, ich sage nicht umsonst Tortur, es wurde eine. Zu Beginn hatte man mir gesagt, es ist kein Problem, einige Unterlagen einreichen und innerhalb kurzer Zeit, hast du dann deine Personennummer. Ja, das ist hier das Wichtigste, was du zum Leben brauchst: die Personennummer.
Nach einigen Wochen kam aber nicht die Nummer, sondern eine Ablehnung, päng voll ins Gesicht, ein Schlag, den man erst mal verdauen muss, aber wie gesagt, nie gleich aufgeben.
Was macht man? Das Ganze noch einmal, einige Unterlagen mehr als beim ersten Mal, denn man hat ja bereits begonnen etwas aufzubauen, soll das umsonst gewesen sein? „Nein!“
Zwischenzeitlich hatte ich schon weitere Projekte angeleiert und auch schon fleißig dran gearbeitet, aber davon etwas später.
Es war nun bereits Mai, Ostern, ich holte meinen Sohn aus Deutschland, er sollte sehen, wie ich lebe und vor allem wo. Gesagt getan. Schon kurz nachdem wir von der Fähre runter gefahren waren, ging das Prozedere los: „Ohhh, ist das hier langweilig! Mann, bloß Wasser und Bäume!“ Der Satz war kaum verhallt, begann er von vorn.
Diese Fahrt wurde zur Folter und das 400 Kilometer lang. Die letzten 50 schlief er, es war Nacht
geworden und er sah eh nichts von diesem vielem Wasser und den Bäumen, denn diese wurden immer mehr, je näher wir meiner neuen Heimat kamen.
Ich weckte ihn auf, als ich am Café angekommen war, zeigte ihm sein Bett und kaum bis drei gezählt, war er im Tiefschlaf.
Am Morgen saß er dann beim Frühstück, ich glaubte, na gleich kommt doch dieser schöne Satz, der sich in meinen Ohr breit gemacht hatte: „Ohhhhh…“ Aber nein, er fragte, ob er raus kann, sich die
Umgebung ansehen. „Klar, mach!“, sagte ich, gab ihm noch einige Tipps mit auf den Weg und weg war er.
Ich denke, knappe zwei Stunden später kam er zurück, sein Gesicht zeigte nicht mehr diesen Satz in den Augen, er fragte mich, wo er denn wohl zur Schule gehen kann. Da ich mich auch darüber bereits informiert hatte, konnte ich ihm seine Frage beantworten und sein Interesse an Schweden wurde größer. Geweckt hatte es wohl sein Spaziergang.
Er fuhr wieder nach Deutschland zurück, weil die Schule ja noch nicht zu Ende war, die Prüfungen standen noch aus, er sagte mir, nach diesen kann ich ihn abholen, er will hier bei mir in Schweden leben. Damit war mein Glück vollendet, mein Sohn hatte meine Entscheidung hierher zu gehen akzeptiert und folgte mir nun sogar.
Er geht nun seit Sommer 2011 in Högsby aufs Gymnasium, lernt super gut Schwedisch und hat auch bereits eine Zusage, in einem großen Elektronikunternehmen im nächsten Jahr eine Ausbildung zu beginnen.
Als er hier dann ebenfalls einen neuen Lebensabschnitt begann (August2011), stellte ich für ihn den Antrag auf die besagte Nummer. Nach kurzer Zeit bekamen wir Post, die Freude war groß, hielt aber nicht an. Es war für uns beide ein Aufenthaltsrecht, aber keine Personennummer. Wie oft ich den Brief auch las, es war keine da.
Nun war der Schlag noch härter, denn nicht nur mich betraf das Ganze, ich hatte auch die Verantwortung für meinen Sohn. Jetzt kam in mir Kampfgeist hoch, ich gebe nicht auf. Ich wäre nicht Astrid, wenn mich das umgehauen hätte und ich die Sachen gepackt und geschrien hätte: „Deutschland, ich komme wieder!“. Denn das kommt für mich nicht in Frage.
Sollte mein Sohn einmal den Wunsch äußern, wieder zurückzugehen oder in ein anderes Land, dann werde ich ihn mit all meinen Möglichkeiten unterstützen, da ich weiß, was es heißt, seine Wünsche begraben zu müssen.
Zwischenzeitlich hatte ich schon Menschen in Bråbo kennen gelernt, die mir halfen. Mein Schwedisch ist nichts, ich verständige mich mit Deutsch, Englisch, mit Schwedischbrocken, Hand und Fuß, es funktioniert. Ich bin auf Hilfe angewiesen, bei Amtssachen taugt meine Multikulti-Sprache nicht.
In Bråbo gibt es eine Vereinigung, die Kleinunternehmer betreut, das BEF. Der Geschäftsführer Tommy ist mit der Zeit ein guter Freund geworden und unterstützt mich, wo er kann. Mit ihm haben wir dann Versuch Nummer drei gestartet und wieder einen Teilerfolg verbuchen können. Ich erhielt eine Samordningsnummer, sie erklärt, dass man steuerlich erfasst ist und schon einige Rechte in Schweden erhält.
Wieder ein großer Schritt nach vorne. Fortsetzung folgt
11.12.2012
Ankunft in Bråbo, es ist gleich 24.00 und ich will nur noch ins Bett. Bett, das ist das Stichwort, doch hundemüde, total aufgedreht und voller Schwung und Elan, dieser Mix wird mich wohl nicht schlafen lassen. In meinem Kopf arbeitet es wie verrückt. Was mache ich am Morgen zuerst? Auto ausräumen, Lebensmittel einlagern, die ich aus Deutschland mitgebracht habe (denn nicht alles, was hier in Schweden den gleichen Namen wie in Deutschland hat, ist das Gleiche) und natürlich mein kleines Zimmer über dem Café wohngerecht einräumen. Na, das reicht ja für zwei Astrids, aber egal, ich tue es für mich und meinen Traum.
Mit diesen Gedanken bin ich dann ein geschlafen. Um 5.00 Uhr war ich wieder wach, die Nacht war kurz, aber ausreichend. Runter in die Küche, Kaffee kochen und raus auf die Treppe am hinteren Hauseingang. Die Sonne ist auch am Aufwachen, um die Nachtwolkenreste ist ein goldener Kranz gezogen, ich sitze mit meinem Kaffeepott in der Hand einfach nur da und lächele vor mich hin.
Aus den Gedanken - ich weiß nicht mal, was ich dachte - wurde ich von Tränen, die mir in die Augen traten, zurückgeholt. Es waren Tränen der Freude, dass ich es bis dahin schon mal geschafft hatte.
Dann hieß es, die Arbeiten zu erledigen, die ich mir in der Nacht selbst aufgegeben hatte und die sowieso kein anderer für mich hätte tun können, ich auch nicht gewollt hätte.
Am späten Abend war alles geschafft, ich klopfte mir selber auf die Schultern und sagte zu mir: “Du hast dir eine Belohnung verdient“. Ich musste nicht lange nachdenken, ich wusste längst, was ich nun tun würde: auf zum Badesee. Ich machte mir eine Kanne Tee und einige belegte Brote. Eine Tomate und ein Apfel vollendeten das Fest- und Begrüßungsmahl (mir war eingefallen, dass ich den ganzen Tag nichts gegessen hatte), ich stieg in mein Auto und fuhr zum See ca. 3Kilometer entfernt. Es war niemand da, der 1.April ist ja auch nicht gerade Badesaison und schon gar nicht in Schweden.
Emma, mein Dackelfräulein - sie durfte mit mir nach Schweden auswandern - kam natürlich mit. Sie hatte fast den ganzen Tag geschlafen, die Strapazen der Herfahrt waren sicher die Ursache für ihr Schlafbedürfnis. Ich hatte auch nichts dagegen, denn so lief sie mir nicht vor den Beinen rum. So saßen wir zwei am Wasser und ich schaute auf den See, spiegelglatt, keine Welle, nichts, gar nichts, nach eine Weile bemerkte ich erst einmal die Stille, es war so ruhig, das ich meinen Atem hören konnte. Ich war fasziniert von dem allen, mein Tag sollte von sofort an so immer enden. Ich nahm mir vor, jeden Abend hierher zu gehen, was ich auch tat, mit Emma. Es war dann unsere Zeit, auf die ich mich den ganzen Tag schon freute.
Dieser Tagesausklang war die Möglichkeit, mich „runter zufahren“, denn die Arbeit machte mir so viel Spaß, dass ich wirklich oft Zeit und Essen vergaß, so halfen mir am Abend diese zwei Stunden, das nachzuholen.
Es war meine Zeit, die ich mir selbst verordnet hatte, und sie tat mir gut.
Fortsetzung folgt
10.12.2012
Es war ein Moment, der alles verändern sollte. In meinem Kopf begann es zu arbeiten, ich fing an, in Gedanken die Tische und Stühle umzustellen, Bilder an den Wänden aufzuhängen, Regale mit altem Geschirr zu füllen.
Michi war die Erste, die aussprach, was nun kam. "Ach du grüne Neune, Mutti räumt ihr Leben um!“ Ja damit hatte sie Recht. Ich fragte: „Was muss ich tun, wenn ich das kleine Café haben will?“
Bernd sah mich an und glaubte, ich mache Witze, aber es war kein Witz. Von diesem Moment an stand fest, hier will ich leben und das Café wieder zum Leben erwecken. Ich glaube, ich hatte zu diesem Zeitpunkt meinen Verstand ausgeschaltet, denn es gab ja doch noch so einiges, was dem Vorhaben entgegen stand. Ehe, Sohn, der noch zur Schule ging, Minijob, Harz IV, also kein Geld und viele Probleme.
Ist wohl nicht gerade eine gute Ausgangsposition für meine neue Idee, war mir aber alles egal. Ich wusste, dass ab jetzt mein Leben dran ist, mir fiel ein, dass es nämlich in meinem bisherigen Dasein zu kurz gekommen war.
Also die Idee, ein Bewohner Schwedens zu werden, war geboren, nun ging es darum, das Ganze in trockene Tücher zu bringen. Am Nachmittag wusste ich bereits, was alles erforderlich war, um hier zu leben, zu arbeiten und vor allem, was notwendig war, das kleine süße Häuschen in Bråbo in ein gemütliches Café zu verwandeln.
Die nächsten Tage arbeiteten wir noch am Ferienhaus meiner Tochter, hier und da noch Schönheitsarbeiten, gedanklich war ich mit meiner Idee beschäftigt, eigenartigerweise hatte ich überhaupt keine Zweifel, dass es nicht funktioniert.
Es bestätigt sich wieder, man soll an seine Träume glauben und überzeugt sein, dass er eines Tages Wirklichkeit werden kann. Mir wurde klar, dass das, was hier geschah, unbewusst bereits einige Zeit in mir reifte, das sollte ich aber erst später erkennen.
Mit Michi begann ich zu planen, wie alles werden soll, was so alles möglich ist, und wir zweifelten nie, dass es nicht geht.
Es kam der Tag, an dem wir wieder nach Hause fuhren. Da mir dieser Weg schon schwer fiel, wusste ich, ich komme bald zurück, denn je länger ich darüber nachdachte, um so mehr wurde mir deutlich, ich fahre nur nach Deutschland zurück, um Dinge zu regeln, die man eben regeln muss, wenn man sein bisheriges Leben verlässt.
Nun heißt es Klärung in der „Nochfamilie“, denn es war mir in der letzten Zeit bewusst geworden, dass auch dieses Kapitel mit meiner neuen Idee geschlossen wurde. Das geschah kurz und schmerzlos, nach meiner Heimkehr kam es natürlich beim Abendessen wie gewohnt wieder zu „Meinungsverschiedenheiten“ zwischen meinem Mann und mir. Ich blieb erstaunlich ruhig, denn ich wusste, es war der letzte Streit, ich war es müde zu streiten, aber voller Power für meine Zukunft, eine Zukunft in Schweden und ohne diesen Mann.
Ich sagte ihm, dass ich Deutschland verlasse und somit auch ihn.
Ich denke, er hat mir nicht geglaubt, zumindest hat er mich so angesehen und gesagt: „Na denn mach mal.“
Meine Antwort kurz und knapp: „Ja, mach ich.“
Dann kam die Realität in das bisher gewohnte Leben zurück, mir wurde in aller Schärfe bewusst, was ich getan hatte. Mein altes Leben hatte ich endgültig beendet, endgültig, das glaubte ich wenigstens. Man sagt ja: „Die Hoffnung stirbt zuletzt“. Es wäre schön gewesen, wenn sie an diesem Tag nicht gestorben wäre, aber dann hat mein Kopf wieder die Kontrolle übernommen, er sagte mir: „Astrid, wie willst du das alles machen?“ Ja wie? Darüber musste ich mir jetzt ernsthaft Gedanken machen…
Kein Geld in der Tasche, eine kaputte Beziehung und einen 15jährigen Sohn, der sicher nicht gleich „Hurra!“ schreit, seine Sachen packt und mit nach Schweden geht. Also nun hieß es, klaren Kopf behalten und an der Verwirklichung des Traumes arbeiten. Ist man nicht gut drauf ist, hat man Sorgen und Probleme, ist man so belastet, wohin geht man, wem klagt man dann sein Leid? Natürlich seinen Freunden.
Gesagt, getan, die Umsetzung der Idee war für mich kein Problem, das wissen auch meine Freunde, doch oft fehlt da das gewisse Etwas. So wie in meinem Fall mit Harz IV. Einige Freunde waren so begeistert von meiner Idee, dass sie sofort sagten, sie würden mir helfen, meinen Traum in die Realität zu holen.
Was dann auch geschah. Auf diesem Weg ein ganz liebes „Danke!“ an die Zwei. Sie glauben an mich und meinen Traum, die Hoffnung auf das Gelingen meine Plans wurde auch für sie interessant, sie nehmen großen Anteil an dem, was ich hier erlebe.
Im Winter, es lag Schnee und es war mächtig kalt, war ich wieder in „meinem“ Schweden. Alle Formalitäten waren erledigt, das Café hatte den Besitzer gewechselt.
Ich machte nun konkrete Pläne, am konkretesten war mein Umzugstermin. Ich erklärte den 1. April 2011 offiziell zu dem Tag, an dem ich morgens in Schweden in „meinem“ Bett aufwache.
Mit meinen sieben Sachen, na waren wohl doch ein paar mehr, ging es dann los. Als der LKW auf die Fähre fuhr, fiel aller Stress, alle Spannung von mir ab, ich war einfach nur glücklich. Die Stunden auf der Fähre, gaben mir die Möglichkeit, noch einmal über das Vergangene nachzudenken, ich kam zu dem Entschluss, nicht mehr darüber zu grübeln, sondern mich auf das Kommende zu konzentrieren.
Im Hafen von Malmö angekommen, fühlte ich Gelassenheit und Vorfreude, auf das, was nun kommen sollte. Vierhundert Kilometer pure Natur lagen nun vor mir, es war eine Fahrt, bei der ich aufsaugte, soviel ich konnte, meine Kamera hat erfahren, was es heißt, Kamera zu sein. Bilder über Bilder habe ich gemacht, so als ob das alles am nächsten Tag nicht mehr da wäre. Außerdem musste ich ja meinen Freunden ganz viele Eindrücke aus dem Land schicken, um dessen willen ich sie verlassen habe, denn diesen Schritt, den ich gegangen bin, hat nicht jeder verstanden.
Er hat mich auch einige Freundschaften gekostet, ich denke aber, eine echte Freundschaft trennt keine Entfernung, egal wie groß sie ist. Was schließe ich daraus? So richtige Freunde waren wir dann wohl nicht. Es gab Missverständnisse, vor allem machte ich wohl auf sie den Eindruck, als verlasse ich den Erdball. Ich bin doch nur tausend Kilometer weiter gezogen, was ist das schon im heutigen Zeitalter. Ach, und soll ich mal was sagen? Seit meinem Flug damals würde ich jederzeit wieder fliegen, denn es ist wunderschön.
Fortsetzung folgt
9.12.2012
Hallo, mein Name ist Astrid Manz, ich habe im November 2010 begonnen, mein neues Leben zu leben.
Wie und warum… Ich versuche es mit meinem Tagebuch, nennen wir es „Schwedentagebuch“, aufzuschreiben. Es fing alles ganz harmlos an, ich wusste auch nicht, was alles in der kommenden Zeit auf mich zukommt und was ich plötzlich alles tue.
Ich lebe im Harz, bin verheiratet, habe drei Kinder, zwei haben eine eigene Familie und mein jüngster Sohn ist 15 Jahre, ich gehe stundenweise arbeiten und bin ein Mensch wie viele andere.
Ich bin zu diesem Zeitpunkt 52 Jahre alt, also eigentlich erwachsen, berechnend und planend.
Nichts von dem habe ich in den folgenden Monaten getan, nein ich habe das getan, was mir mein Herz gesagt hat.
So nun aber los , was ist passiert?
Meine Tochter kaufte im Sommer 2010 in Schweden ein Ferienhaus, mit ihrem Mann und Baby Mia May fuhren sie dann im November nach Schweden, sie begannen das Haus zu renovieren, berufliche Gründe zwangen meinen Schwiegersohn, nach Deutschland zurückzufahren.
Meine Tochter rief mich an und teilte mir mit, dass ich doch bitte sofort nach Schweden kommen müsse, da sie nicht mit dem Baby alleine in einen fremden Land bleiben möchte, aber noch viel am Haus zu erledigen wäre. Ehe ich sagen konnte “Das geht nicht!“ teilte sie mir mit, dass sie bereits einen Flug für mich gebucht habe, so mal nebenbei, und ich habe Flugangst!
(Als ich 14 Jahre war, erlebte ich den Flugzeugabsturz bei Königswusterhausen, ich war Augenzeuge)
Ich tat dann das Folgende für meine Tochter und meine Enkelin: ich stieg in den Flieger und ab nach Schweden.
Michi, so heißt meine Tochter, holte mich vom Flughafen Växjö ab, es war 19.00 Uhr, also finster, richtig finster, hier in diesem Schweden.
Ich wusste nicht, was mich erwartet, ich war gespannt nervös und doch war mir alles vertraut, ich glaubte schon einmal hier gewesen zu sein, denn obwohl es ja dunkel war, fühlte ich mich nicht fremd in diesem Land.
Bereits bei der Fahrt zum Ferienhaus, sagte ich zu Michi: “Wenn ich nun schon mal hier bin, will ich auch was vom Land sehen, also ein Tag muss drin sein, um sich was anzusehen. Ich will wissen, ob es wirklich so ist wie in den Filmen Schwedens. Mach dir also Gedanken darüber, was wir uns ansehen."
Sie erzählte mir von einem Typen, welcher ihr das Haus vermittelt hat, dieser könne mir ja die Gegend zeigen, mir auch einen Blick in ein typisches Schweden- Häuschen verschaffen.
Es vergingen drei Tage harte Arbeit bei der Renovierung, wir haben alles geschafft, hier mal auch gleich noch ein Dank an Mia May…Mann, war die lieb!!!!!
Tja und dann begann mein neues Leben….
Frühstück… ja klar, normal ist nichts Neues, dann kam der Anruf, ob wir heute Zeit hätten. Es war Bernd, so heißt der Typ, von dem ich schon geschrieben habe.
Wir machten einen Treffpunkt aus, machten uns „schwedenfein“ und los ging`s.
Bernd zeigte mir einige typische Häuser hier in Schweden, es war interessant zu sehen, wie die Schweden leben, sie leben anders, einfach anders als wir.
Sie leben normal, ohne Prunk, ohne großen Luxus, ohne Neid auf den Nachbarn.
Sie leben so, wie ich es wollte, das wusste ich mit dem Moment, als ich in Richtung Bråbo fuhr.
Der Weg führte uns durch einen Wald, romantisch, verträumt, magisch. Ich bekam Gänsehaut, ich konnte mir nicht erklären, was mit mir geschah, ich wusste nur, dass etwas geschah, auf dieses Gefühl wurde ich neugierig.
Bråbo, ein kleiner Ort in Småland/Südschweden, ist eine perfekte Kulisse für so einen Film, welcher von der Schönheit Schwedens berichtet , und das Leben der Menschen zeigt, wie wir von Michel oder Pippi Langstrumpf kennen.
Alte Zäune aus Wacholder und die Steinmauern vollenden den Eindruck.
Mich überfiel ein Gefühl der Geborgenheit und Wärme, hey, es ist November und das Thermometer zeigt fast 0 Grad. Was ist das?
Vor einem kleinen Häuschen hielten wir an, wir standen vor einem kleinen Cafe. Es war geschlossen und ein Schild im Fenster sagte: „Ich stehe zum Verkauf“ .
Bernd war der Verkäufer … und was nun geschah ... Der Schlüssel drehte sich im Schloss, die Tür ging auf, drei Schritte ins Cafe reichten.
Mir traten Tränen in die Augen, ohne nachzudenken sagte ich: “Ich bin angekommen.“
5.12.2012
Wir wollen nun zu Abend essen und dann ist Feierabend.
Haben die 150 Meter vom Haus bis zur Straße hinten lang vom Schnee frei geschippt, damit wir mit dem Auto raus kommen, das reicht für heute.
Bråbo, 2.12.2012
Besinnliche Zeit.
Ein Blick auf den Kalender
die Zeit vergeht, es wird Winter,
die Uhr des Jahres wurde schnell weiter gedreht.
Heute wurde das erste Licht angezündet,
es erhellt nur kaum,
die nächsten Wochen verrinnen,
noch drei Wochen, dann ist hell erleuchtet der Raum.
Ich schau aus dem Fenster,
auch die Natur bereitet sich vor,
es rieselt lautlos vom Himmel,
der kristallene weiße Schneeflockenflor.
Schneepracht, Kerzenschein,
stille Stunden in kuschlich warmen Stuben,
heiße Schokolade, Stollen und Marzipan
stellen uns auf die Weihnachtszeit ein.