Satire
Schauspieler: 3 m, 3 w
Die Personen sind
Otto SANDBERGER, Eigentümer der Sandra-Nudelwerke
seine FRAU
Seine TOCHTER
SOHN des Sterbenden
Seine MUTTER
ONKEL, Bruder des Sterbenden
Das Bühnenbild
Ein schlichtes Wohnzimmer: Tisch, Stühle, Sessel, Couch mit Stehlampe, Kommode etc. Rechts eine Tür, in der Mitte die Wohnungstür.
Das Zimmer ist leer. Es klingelt, nichts rührt sich, es klingelt wieder, immer noch keine Bewegung, es klingelt heftiger, der Sohn kommt aus dem Zimmer nebenan, öffnet. Ein in einem auffallend guten Mantel gekleideter älterer Mann.
SANDBERGER: Junger Mann, bin ich hier richtig bei Nagels?
SOHN: Steht doch draußen.
SANDBERGER: Ist er nebenan?
SOHN: Wer?
SANDBERGER: Ihr Herr Vater.
SOHN: Was geht Sie das an?
SANDBERGER: Er lebt doch noch?. Sie gestatten? (Er drängt sich ins Zimmer) Sandberger, Sie wissen, Sandra Fertiggerichte und so weiter ... Einen Platz brauchen Sie mir nicht
anzubieten, ich mach es kurz. Es wird Sie vielleicht erstaunen, aber es ist menschlich, sehr, sehr menschlich. Ich möchte … Sie bieten mir wirklich keinen Platz an?
SOHN: Nein. Was wollen Sie?
SANDBERGER: Ich würde mich gern setzen.
SOHN: Nein. Ich geb Ihnen zehn Sekunden, dann sind Sie draußen..
SANDBERGER: Gut. Passen Sie auf. Ich weiß, von Ihrem Kummer. Ja doch. Ich will Sie unterstützen. Wieviel brauchen Sie? Ein anständiges Begräbnis ist nicht billig, ich weiß.
(zieht seine Brieftasche, holt einen Schein heraus) Eintausend. Sagen Sie einfach „ja“, wenn es langt...Ja, das
ist sicher zu wenig. (holt einen zweiten Schein heraus) Zweitausend... Sie haben Recht. Das Begräbnis ist schließlich was Einmaliges. (legt einen Schein dazu)
Dreitausend. Das Begräbnis soll doch was hergeben. (legt noch einen Schein dazu) Viertausend. Wie viel verdienen Sie?
SOHN: Nicht genug.
SANDBERGER: Na sehn Sie..(legt einen Schein dazu) Fünftausend. Und das, noch eh Ihr Herr Vater gestorben ist. Aber es ist kurz davor,
nicht wahr?
SOHN: Woher wissen Sie das?
SANDBERGER: Von Ihrem Arzt.. er kam gerade von Ihrem Herrn Vater.
SOHN: So ein...
SANDBERGER: Nein, nein, er ist ein Sozi. Und zu Ihrem Kummer kämen noch finanzielle Sorgen, sagte er. Na, da kann ich doch helfen. Als er das hörte, rückte er mit der Adresse heraus.
SOHN: Gut, lassen Sie Ihre Kohle hier und verschwinden Sie.
SANDBERGER: Moment.. Wie gesagt, ich helfe Ihnen gern. Unter einer Bedingung.
SOHN: Na klar.
SANDBERGER: Gestatten Sie mir, dass ich Ihrem Herrn Vater bei seinem letzten Kampf beistehe.
SOHN: Raus!
SANDBERGER: Nun lassen Sie doch mal Ihre Gefühle beiseite! Sehn Sie, die moderne Entwicklung, der
ganze Fortschritt, Computer, Roboter, KI, das alles schafft den Arbeiter ab, das ist Fakt, mein Lieber. Eine traurige Sache. Und das tut mir leid. Ich möchte,
dass Sie es wissen. Ich bin sozusagen hier als der Vertreter der Unternehmerschaft, und Ihr Herr Vater ist Vertreter der Arbeiterschaft, Was er alles geleistet hat, die harte Arbeit, ein ganzes
Leben lang, Ich will ihm meinen Respekt zeigen, ja, auch Dankbarkeit. Er hat sich um die Wirtschaft verdient gemacht. Er darf doch nicht in
seinem Kämmerchen so unbeachtet aus der Welt gehen, er soll sehen, dass man auch in seiner letzten Stunde an seiner Seite steht… Sagen Sie mal, hier die Straße, ist da Parkverbot?
SOHN (drängt ihn zur Tür): Hau ab!
SANDBERGER: Schon gut. Es ist ja noch Zeit. Denken Sie darüber nach. (steckt das Geld in die Brieftasche, zieht eine Visitenkarte, wirft sie auf den Tisch) Rufen Sie mich an.
Aber rechtzeitig. Tote hab ich schon gesehen. (SOHN schiebt ihn durch die Tür) Sachte, sachte, ich geh ja schon! (ab)
(ONKEL kommt aus der rechten Tür.)
ONKEL: Mein Junge, es ist vorbei.
SOHN (läuft ins Zimmer, ONKEL genehmigt sich einen Schnaps. SOHN kommt mit MUTTER aus dem Sterbezimmer): Ich wusste nicht, dass ... Dieser Kerl, der verfluchte..
ONKEL: Wie sprichst du von deinem Vater!
SOHN: Ich red von dem Idioten, der grade hier war.
ONKEL: Was für'n Idiot?
SOHN: Ich erzähl's dir nachher. (umarmt MUTTER) Mom! Er hat's jetzt besser!
MUTTER: Er ist eingeschlafen. Stell dir vor: Macht einfach die Augen zu. Ich dachte, er macht mal wieder Witze. Ihr wisst doch, wie er ist. (setzt sich in einen Sessel) Vielleicht
schläft er auch noch. Wir sollten noch mal rein gehn und kucken.
ONKEL: Nee, der ist tot. Sei froh, die Quälerei ist vorbei.
MUTTER: Aber wenn er nicht tot ist ...
ONKEL: Er ist es, Herrgott nochmal!
MUTTER: Und nu? Die Beerdigung, das ganze Drum und Dran. Was das kostet.
ONKEL (gießt sich noch einmal ein Glas ein, trinkt): Ich war ja für ne anonyme Bestattung, das hätt uns allen gut getan, er aber: Kommt nicht infrage. Und lässt uns in der Scheiße
sitzen. Tschuldigung.
SOHN: Er wollte nicht verbrannt werden!
ONKEL: Er hätte nichts davon gemerkt.
MUTTER: Er schläft vielleicht nur.
ONKEL: Jaja, er pennt. Da gibt's bloß einen Haken: er wacht nicht mehr auf.
SOHN: Hör auf, so zu reden.
ONKEL: Sag ihr, sie soll nicht mehr so reden! Na, aber die Kosten, da hat sie recht. Was meinste, Agnes, hast du dich schon erkundigt?
MUTTER: Bei der Marianne ihrem Alten waren es über 4000.
ONKEL: Verflucht, wir sind alle verflucht! Das Leben ist schon teuer, jetzt auch noch der Tod! Wir werden geplündert über den Tod hinaus!
SOHN: Ich denke, wir kriegen das schon hin.
MUTTER: Wie denn? Ich hab nichts, du hast nichts und Jörg mit seiner Minirente..
ONKEL: Nee, ich kann da wirklich nicht aushelfen. Verdammt, konnte er nicht warten, bis es uns besser geht? So in etwa tausend Jahren?
SOHN: Und hätten wir das Geld, tät er noch leben. Mit dem hast du nämlich die besseren Ärzte, die bessere Medizin, das bessere Essen, das längere Leben.
ONKEL: Ich hab noch neun Euro, wie viel Tage sind das?
MUTTER: Leise! Ihr stört Vattern.
ONKEL: Der hört nicht. Der ist im Himmel. Der hat's besser.
SOHN: Glaub ich nicht. Da gibt es auch ein Oben und Unten.
MUTTER: Ach ihr.. Der Mensch ist müde und will bloß schlafen!
ONKEL: Genau! Aber vorher wird noch gesoffen.
SOHN: Der von vorhin, der wusste nicht wohin mit der Kohle. Der lebt noch in hundert Jahren! Wart mal.... Wir nehmen ihm ein paar ab. Beruhigt euch. Ich weiß was. Moment. (nimmt SANDBERGERs
Karte vom Tisch, tippt die Nummer in sein Handy, spricht hinein) Ich bin’s, der von vorhin. Ja, der. Ich hab’s mir überlegt, wir machen das Geschäft. Ja. Kommen Sie. Aber für 10.000. Auf die
Hand. 10.000 und keinen Cent darunter.. Gut.. Aber beeilen Sie sich. (steckt das Handy weg)
MUTTER: Wer soll sich beeilen?
ONKEL: Ein Geschäft, der Junge macht ein Geschäft am Sterbetag von seinem Vater.
SOHN: So kriegen wir, was wir brauchen. Und noch was dazu. Der Besuch von vorhin, ein Fabrikant, mit einer dicken Brieftasche. Der wusste, dass hier einer stirbt. Und zahlt 10.000 Euro, wenn
er dabei sein kann.
ONKEL: Der hat ja ne Macke.
MUTTER: Naja, nu ist er ja tot.
ONKEL: Genau.
SOHN: Ja, aber du lebst! Und darum stirbst du jetzt.
ONKEL: Du spinnst wohl.
SOHN: Menschenskind. 10.000! Du liegst einfach still und dann hältst du den Atem an.
ONKEL: Dann sterb ich ja.
SOHN: Nur vorübergehend.
ONKEL: 10.000? Was meinst du, Agnes?
MUTTER: Frag Hannes.
ONKEL Aber der ist doch tot!
MUTTER: Ja, aber wenn er schläft ..
ONKEL: Hör endlich auf damit!
MUTTER: Ich kann nicht.
SOHN: Wir brauchen die Kröten. Da ist alles drin, die Beerdigung, die Feier, das Grab und dann bleibt noch was zum Leben.
ONKEL: Das stimmt.
SOHN: Mom, was meinst du?
MUTTER: Ich weiß nicht. Von was redet ihr da? (sie nickt ein)
ONKEL: Sie schläft. Also, was machen wir jetzt?
SOHN: Wir ziehn das jetzt durch.
ONKEL: Wie stellste dir das vor?
SOHN: Wir holen mein Bett hier her und du legst dich rein. Bleibst einfach still liegen. Und dann stirbst du.
ONKEL: Ich denk nicht dran!
SOHN: Mann!
ONKEL: Still liegen, das ist nicht mein Ding. Mach's also kurz, hörst du? Das Leben ist schon anstrengend genug. Also gib mir'n Zeichen. Dann Augen zu und ich bin
weg.
SOHN: Nicht zu schnell. Er will was für sein Geld!
ONKE: Und wenn er wissen will, ob ich echt tot bin? Wenn er mich kneift oder so? Was dann?
SOHN: Das werd ich verhindern. Ich schick ihn raus. Wir haben doch das Recht, für einen Moment der Trauer allein zu sein. Dann holen wir Vater und legen ihn ins
Bett. Danach kann er wieder reinkommen und meinetwegen prüfen
MUTTER (kommt zu sich): Er ist doch schon im Bett!
SOHN: Ja, Mom.
MUTTER: Und ich hab ihm gesagt, er soll nicht sterben. Und dann hat er's doch getan. So war er immer. Und hätt er nicht immer drei Curry-Würste
auf einmal gegessen, wie ich ihm gesagt habe, würde er noch leben.
ONKEL: Und gesoffen hat er.
MUTTER: Hat er nicht!
ONKEL: Hat er doch!
SOHN: Lass sie ihn Ruh.. Nicht mehr grübeln, Mom, leg dich hin.
(MUTTER schläft wieder ein)
SOHN: Und jetzt her mit dem Bett. (Beide ab durch die linke Tür, kommen mit Holzbett heraus, stellen es neben den Sessel mit
der Mutter, richten das Bett)
SOHN: Und jetzt zieh dir meinen Pyjama an. Da. Unterm Kopfkissen!
ONKEL (zieht den Pyjama hervor): Der wird mir nicht passen.
MUTTER (wacht auf, sieht das Bett): Du hast dein Bett noch nicht gemacht.
SOHN: Jaja, schon gut, ruh dich aus.
MUTTER: Nur ein kleines Nickerchen.
SOHN: Jaja, schon gut. (MUTTER schlummert ein, zu ONKEL) Fertig?
ONKEL (zieht sich noch um): Gleich. (im Pyjama) Ein bisschen eng, aber es geht. Und meine Klamotten? Wohin damit?
SOHN: Deine Socken! Mann! Du hast die Socken vergessen! (ONKEL zieht sie aus) Gib her! (nimmt alle Kleidungsstücke und bringt sie ins Sterbezimmer. ONKEL legt sich ins Bett. SOHN
kommt zurück, schaut sich um)
SOHN: Zu hell. (geht zum Fenster zieht den Vorhang zu. Halbdunkel.) So ist es besser. (Er zündet ein paar Kerzen an.)
ONKEL: Ich hab mir's überlegt, wie ich’s tu. Ein schönes langes Geröchel, ein hübscher Seufzer und dann: aus! Freu mich schon drauf.. (Es klingelt)
SOHN: Mensch, da ist er schon. Los, deck dich zu! Bis oben! (öffnet die Tür, SANDBERGER, FRAU SANDBERGER, TOCHTER, alle drei in Mänteln. Gedämpftes
Reden.)
SOHN: Die Vereinbarung galt nur Ihnen!
SANDBERGER: Nicht so pingelig, mein Lieber. Und ob einer oder drei.. Meine ganze Familie will Ihnen beistehen. (sieht das Bett mit ONKEL und die MUTTER)
Wer ist das?
SOHN: Meine Mutter.
SANDBERGER: Und wieso ist er jetzt hier?
SOHN: Er will nicht in dem winzigen Schlafzimmer sterben.
SANDBERGER: Respekt... Und alles anständig vorbereitet, schön feierlich, wie es sich gehört. Sehr gut, mein Lieber. (sieht sich um) Wo legen wir die Mäntel ab? (SOHN zeigt auf die
Kleiderhaken rechts an der Wand. Die drei ziehen sich die Mäntel aus und hängen sie an die Haken.)
FRAU: Wie in einer Kita.
SANDBERGER: Bist du still! (zu SOHN) Er ist doch nicht schon … Erlauben Sie, dass ich ihn kurz anfasse?
SOHN: Das kostet hundert extra.
SANDBERGER: Dann dürfen ihn meine Frau und meine Tochter auch anfassen.
TOCHTER: Paps, ich will nicht.
SANDBERGER: Aber Liebes, er tut dir nichts.
SOHN: Und Sie, Frau Sandberger?
FRAU SANDBERGER: Wo denken Sie hin? Nicht um alles in der Welt!
SOHN: Richtig. Sterben könnte ansteckend sein.
FRAU SANDBERGER: Na hörn Sie mal!
SANDBERGER: Benehmt euch … Die Frauen sind gereizt, das hier ist ja viel mehr als ne Modenschau. (holt die Banknoten aus der Brieftasche, legt einen Schein dazu) Die
hundert... (reicht alles SOHN) Sie sind ganz schön geschäftstüchtig, mein Lieber. (Sohn legt das Geld auf die Kommode, SANDBERGER zu FRAU und Tochter) Und jetzt nehmt
euch zusammen. Seid euch des großen Augenblicks bewusst! Spürt die Gegenwart des Todes!
SOHN: Quatschen Sie nicht. Fassen Sie ihn kurz an, aber vorsichtig.
SANDBERGER: Jaja. Ich werde vorsichtig sein, ganz, ganz vorsichtig. (Sie nähern sich dem Bett.) Drängelt nicht! Geht auf Zehenspitzen! (SANDBERGER berührt zögernd ONKELs Hand, die
Hand zuckt zurück) Scheint noch viel Leben drin zu sein.
SOHN: Ein letzter Reflex.
SANDBERGER (blickt auf MUTTER): Wie geht es ihr?
SOHN: Sie schläft. Seit 20 Stunden hat sie an seinem Bett gewacht.
SANDBERGER: Dann wollen wir sie nicht stören. Können wir uns setzen? Oder sollen wir die ganze Zeit stehen? (SOHN stellt drei Stühle hin. Sie setzen sich.) Meine Lieben, sitzen wir still
und mit allem Respekt. Ein alter Mann scheidet dahin. (zu SOHN) Er war Arbeiter. Ein ehrenhafter Mann. Seht ihn euch an! So sieht einer aus am Ende seines Lebens, abgekämpft, aber stolz
und zufrieden auf das Geleistete. Ich ziehe den Hut.
SOHN: Nun halten Sie doch endlich mal die Klappe!
FRAU SANDBERGER: Wie sprechen Sie mit meinem Mann?
TOCHTER: Er hat doch recht, Ma. Paps trägt überhaupt keinen Hut. Übrigens finde ich das alles sehr… sehr merkwürdig. (Pause)
SANDBERGER: Wie lange wird's noch dauern? Unsere Zeit ist begrenzt.
SOHN: Es wird gleich passieren.
TOCHTER: Woher wissen Sie das?
FRAU SANDBERGER: Gut. Wir wollen nämlich heut noch in die Oper. (zu SOHN) Was starren Sie mich so an?
SOHN: O Madame, mit ihren langen Wimpern könnten Sie mich peitschen!
FRAU SANDBERGER: Wollen Sie mich beleidigen?
TOCHTER: Ach was, er verarscht dich!
SANDBERGER: Nicht doch, Schätzchen... Er wollte ihr ein Kompliment machen. (zu SOHN) Sind wohl auch Arbeiter?
SOHN: Wollen Sie sich bitte auf den Gegenstand unseres Geschäftes konzentrieren?
(Onkel röchelt)
SANDBERGER: Ist es schon soweit?
SOHN: Moment. (beugt sich über ONKELs Gesicht, als würde er es prüfen) Nein! Noch nicht! (ONKEL hört auf zu röcheln)
TOCHTER: Er bewegt die Hand. Er will was.
SOHN: Das glaub ich nicht.
SANDBERGER: Ich seh’s auch. Ich glaub, er will was sagen. Bestimmt seine letzten Worte.
(ONKEL richtet sich auf, nähert sein Gesicht SANDBERGER)
SANDBERGER: Um Himmels willen, halten Sie ihn zurück! (ONKEL starrt ihn an) Was.. was will er von mir?
MUTTER (wacht auf): Was ist los? (ONKEL sinkt aufs Kopfkissen zurück.)
SANDBERGER: Er will was! Ihr Mann!
MUTTER: Wer?
FRAU SANDBERGER: Na wer.. Ihr Mann!
MUTTER: Mein Mann? (beugt sich über ONKEL, stutzt, dann) Jörg, willste was? (der bewegt den Mund, sie beugt sich tiefer über ihn, lauscht auf sein Geflüster, sinkt zurück in den
Sessel) Er will nen Schnaps. (schläft wieder ein)
FRAU: Grässlich. Noch im Sterben denken die ans Saufen.
SANDBERGER: Psst... Sei nicht ungerecht. So erträgt er's leichter.
TOCHTER: Nun geben Sie ihm schon..
SOHN: Ach was. Es geht auch ohne.
FRAU SANDBERGER: Mir wird schlecht. Ich muss an die frische Luft.
SANDBERGER: Doch nicht jetzt, meine Liebe, nicht jetzt!.. Hatte der einen Blick. Ich sag euch: der sah den Tod.
TOCHTER: Aber er hat doch dich angesehen.
SANDBERGER: Ja, aber er sah durch mich durch. In so einem Moment sieht der Mensch hinter die Wirklichkeit.
TOCHTER: Woher weißt du das?
SANDBERGER: Er hat's mir gesagt.. mit seinen Augen.
FRAU (zu SOHN): So machen Sie doch wenigstens das Fenster auf! Die Kerzen verpesten die ganze Luft. Man kann ja ersticken.
SANDBERGER: Kommt nicht in Frage, das Fenster bleibt zu, du weißt doch, wie schnell ich mich erkälte. Das fehlte mir noch. In der Oper niesen.
FRAU SANDBERGER: Ich bekomme keine Luft! Ich ersticke! Ich ersticke!
SOHN (zu SANDBERGER): Gehen Sie schon. Ich glaube, das dauert doch noch ein bisschen. Er hat eine starke Natur.
SANDBERGER: Sie garantieren mir das? Wehe, es passiert ohne uns! Teufel noch mal. Die Frau braucht doch immer eine Theaterpause. (steht auf, zur TOCHTER) Gertie, du holst mich beim
ersten Zeichen, aber blitzartig! Wir sind im Treppenhaus. (geht mit seiner Frau ab durch die Wohnungstür.)
(TOCHTER steht auf, holt das Smartphone heraus)
SOHN: Was soll das? Was haben Sie vor?
TOCHTER: Das muss ich posten.
SOHN: Das werden Sie nicht tun.
TOCHTER: In Sekunden steht’s im Internet, Sie werden sehn.
SOHN (steht auf): Dazu haben Sie kein Recht.
TOCHTER: O doch. Mein Vater hat dafür bezahlt.
SOHN: Sie reden wie der Alte. Her damit! (reißt es ihr aus der Hand)
TOCHTER: Ich will mein Smartphone zurück! Sie.. Sie ..
SOHN: Sie wollten mich beschimpfen. Also los.
TOCHTER: Genau. Also bitte: Sie... Sie Unterschicht.
SOHN: Toll, Sie drücken sich schöner aus als Ihr Vater. Ja, genau so sieht er das: Oberschicht trifft Unterschicht.
TOCHTER: Das ist nur eine Phrase. Ich sehe das nicht so. Wir sind alles bloß Menschen.
SOHN: Gut. Dann teilen sie es mit mir, dann ist alles in Ordnung.
TOCHTER: Was denn?
SOHN: Das Leben. Das Knausern am Geld, die Angst vor Mieterhöhung, die Sorgen um die Gesundheit, den Klatsch der Leute, die Pellkartoffeln... das Bett.
TOCHTER: Jetzt werden Sie vulgär. (setzt sich) Ich weiß nicht, was ich hier soll. Wir kennen uns doch gar nicht. Aber was sich mein Vater in den Kopf setzt, das muss man tun. Alles hört
auf sein Kommando.
SOHN (setzt sich auf den Stuhl neben sie, gibt ihr das Smartphone zurück): Ja, das kenn ich. Aber das ging nicht lange. Dann war das vorbei.
TOCHTER: Wie alt waren Sie da?
SOHN: Zwölf. Da hab ich ihn verdroschen.
TOCHTER: Gratuliere. (Pause) Verdreschen ist nicht mein Stil (Pause) Ich habe Angst vor dem Sterben.
SOHN: Ach wissen Sie, die Angst vorm Leben ist auch nicht ohne.
TOCHTER: Ich will nicht sterben. Niemals.
SOHN: Verlangt ja keiner.
TOCHTER: Ich finde Sie hart. So zu sprechen am Sterbebett Ihres Vaters..
SOHN: Ja, so viel Zartheit wie Ihr Vater kann ich mir nicht leisten… Entschuldigen Sie. Ihr Alter hat 10.000 Euro gezahlt, um meinen sterben zu sehen! Das ist interessant, das ist aufregend, das
gibt ihm einen Kick wie mit seinem BMW über die Autobahn brettern! Er hat doch einen BMW?
TOCHTER: Einen Mercedes. Aber das spielt doch keine Rolle. Was hier geschieht, ist entsetzlich. Ich verstehe nicht, warum ich das sehen soll! Ich will, dass man mir das Leben zeigt!
SOHN: Ich könnt es Ihnen zeigen. (ONKEL richtet sich unbemerkt neugierig auf) Los! Holen Sie Ihren Vater! Es ist so weit! (TOCHTER ab)
ONKEL: Warum quatscht du so viel? Ich schwitze wie'n Schwein. Gib mir was zu trinken.
SOHN: Unmöglich, die sind gleich wieder da. Leg dich! (Stimmen vom Flur) Jetzt kannste sterben! (ONKEL legt sich hin. SANDBERGER, FRAU SANDBERGER und TOCHTER kommen)
SOHN: Setzen Sie sich. Es fängt an. (Sie setzen sich)
SANDBERGER: Rührt euch nicht. Sitzt still. Passt auf den Mund auf!
TOCHTER: Wieso?
FRAU SANDBERGER: Na, für die letzten Worte, das weiß man doch. Hoffentlich sind es nicht zu viele.
TOCHTER: Ma!
FRAU SANDBERGER: Ist doch wahr. Wir haben es eilig.
SANDBERGER: Der letzte Atemzug. Dann geht er hinüber. Das ist ein großer Schritt in die Ewigkeit... Der bewegt sich ja nicht. Ist er vielleicht
schon.. (ONKEL röchelt. SANDBERGER zuckt zusammen) Großer Gott!
SOHN (ruft): Mom, er stirbt!
MUTTER (wacht auf): Was ist?
SOHN: Er stirbt! Vater stirbt!
MUTTER: Ich dachte, er pennt?
SANDBERGER: Jetzt! Aufgepasst! Der letzte Augenblick! Schaut hin, schaut genau hin, lasst euch nichts entgehn! (Man hört einen lauten, langsam erlöschen Seufzer ONKELs, Stille)
SOHN: Dahingegangen. Jetzt ist er tot.
MUTTER: Man muss den Arzt holen, für den Totenschein.
SANDBERGER: Das war’s? Und das für 10.000. Habt ihr etwas bemerkt?
TOCHTER: Ja, du hast den Atem angehalten und er hat ihn ausgepustet.
FRAU SANDBERGER: 10.000? Für so was? (zur TOCHTER) Und dir gönnt er nicht mal ein Auto.
TOCHTER: Wozu brauch ich ein Auto.
SANDBERGER (zu seiner Frau): Willst du, dass unser Kind sich totfährt? (zu SOHN) Auch nichts bemerkt, was? Nicht mal ein Abschiedszeichen! Und die Seele.. Pustekuchen. Alles nur
Gerede. (schaut auf die Armbanduhr) Wir müssen los. In zwei Stunden fängt die Oper an.
TOCHTER: Und du prüfst nicht, ob er wirklich tot ist? Prüfst du nicht immer die Ware, die du bekommst?
SANDBERGER: Selbstverständlich tu ich das. Lasst mich mal ran.
SOHN: Halt! Lassen Sie uns erst für einen Moment der stillen Trauer allein! Das gehört sich so!
SANDBERGER: Natürlich. Verstehe. Wir gehn mal kurz vor die Tür. (zu TOCHTER) Wie prüft man, ob einer tot ist?
TOCHTER: Man fasst nach den Puls, am besten am Hals.
FRAU SANDBERGER: Du rührst ihn mir nicht an! Wer weiß, was für eine Krankheit er hatte.
SOHN: Ein Vorschlag. Wir lassen den Arzt kommen, wir brauchen eh den Totenschein, er wird Ihnen bestätigen, dass er tot ist.
FRAU SANDBERGER: Keinesfalls! Die Zeit haben wir nicht. Die Oper wartet nicht!
SANBERGER: Also, wie machen wir's?
TOCHTER: Ich zeig es euch.
FRAU SANDBERGER: Du lässt die Finger von ihm!
TOCHTER: Man kann's mit einem Spiegel machen. Wenn er atmet, werden wir's jetzt sehn. (holt einen Handspiegel, hält ihn unter ONKELS Nase)
SANDBERGER: Na?
TOCHTER (nach einer Weile): Kein Atem. Aber wir sollten in fünf Minuten noch mal nachsehen. Vielleicht ist er bloß scheintot.
SOHN: Sie sind ganz schön frech.
SANDBERGER: Gut. In fünf Minuten kommen wir zurück. (alle drei ab, Sohn will absperren, TOCHTER kommt plötzlich zurück)
SOHN: Was vergessen?
TOCHTER: Schämen Sie sich! Geld für so etwas!
SOHN: Dass wir so was müssen, um über die Runden zu kommen, das ist ne Schande. Hören Sie! Ich hab keine Lust zum Jammern. Mein Vater ist tot, er hat mit seinem Leben bezahlt – nun, ihr Vater
lebt und er hat mit Geld bezahlt. Wir sind quitt.
TOCHTER: Was hat mein Vater mit Ihrem zu tun?
SOHN: Ja, das kapieren Sie nicht. Und jetzt gehen Sie. (TOCHTER ab, er schließt die Tür) Jetzt aber los. Holen wir ihn. Pass auf, weck sie nicht! (ONKEL steigt aus dem Bett, beide ab
ins Sterbezimmer)
BLACKOUT
(Der tote Vater - Statist oder ein vom Maskenbildner oder der Maskenbildnerin zubereiteter Kopf - liegt im Bett. SOHN zupft die Bettdecke zurecht.)
ONKEL: Hätte nicht gedacht, dass er so schwer ist.
SOHN: Red nicht so viel, tu was. Schieb die Kerze da ein bisschen weiter weg. Die muss ihn nicht so beleuchten. (ONKEL tut es) Was macht Mutter?
ONKEL: Siehst du doch, sie pennt, die Glückliche. Hör mal, ich glaub, die Tochter weiß es.
SOHN: Unmöglich.
ONKEL: Ich hab einmal geatmet. Aber ganz vorsichtig.
SOHN: Egal. Wir ziehn das durch. (prüft die Lage der Bettdecke am Kopf des Toten): Das Gesicht. Da muss noch Schatten drüber. Ich zieh die Decke ran... (tut es)
ONKEL: Am besten übern Kopf.
SOHN: Keine Angst. Er ist dein Bruder. Ihr seht euch ähnlich.
ONKEL (zum Toten): Hannes, du weißt gar nicht, wie wertvoll du uns geworden bist.
SOHN: Lass die Witze. Und jetzt verdrück dich. Und lass ja nichts von dir hören! Keinen Mucks!
ONKEL: Das da greif ich mir lieber. (nimmt das Geld an sich). Ich trau dem Kerl nicht. (ab ins Sterbezimmer)
MUTTER (wacht auf, schaut um sich, beugt sich über den Toten): Ach, Hannes, mein Hannes .. (legt ihren Kopf auf seine Brust)
SOHN (öffnet die Tür, ruft): Sie können reinkommen.
(SANDBERGER mit Frau und Tochter)
SANDBERGER: Ich kann mir eigentlich nicht denken, dass ein Arbeiter so schnell stirbt. Das ist doch ein zäher Menschenschlag. (neben der MUTTER).
Gnädige Frau, würden Sie bitte ein wenig beiseite rücken, ich werde jetzt nämlich mit dem Spiegel.. (sieht den Toten) Gott, hat der sich aber verändert. Der ist mausetot. Da genügt ein
Blick.
MUTTER: Lasst mich doch endlich mal allein mit Hannes!
SANDBERGER: Wieso Hannes? Heißt er nicht Jörg?
SOHN: Er hat einen Doppelnamen.
MUTTER: Geht weg, geht alle weg.
SANDBERGER: Gnädige Frau, ich habe ein Recht dazu.
FRAU SANDBERGER: Selbstverständlich. Er hat dafür bezahlt. (zu MUTTER) Und nebenbei, ich finde, Sie tragen ziemlich dick auf. Die ganze Zeit schlafen Sie
am Bett Ihres sterbenden Mannes und auf einmal spielen Sie die trauernde Witwe.
MUTTER: Wer ist denn das? Sie, was tun Sie in meiner Wohnung, Sie Lackierte?
FRAU SANDBERGER: Was sagen Sie da?
TOCHTER: Ma, bitte beherrsch dich!
FRAU SANDBERGER: Ich zügel mich, ich zügel mich schon die ganze Zeit.
MUTTER: Jawohl, zügeln Sie sich, Sie altes Pferd. (schläft wieder ein)
FRAU SANDBERGHER: Sie ist ja betrunken.
SOHN: Schluss jetzt. Jeder kann sehen, dass er tot ist! Also gehen Sie endlich.
SANDBERGER: Was meinst du, Töchterchen? Meinst du nicht auch, er ist wirklich tot?
TOCHTER: Ja, der ist tot. Und weißt du, es reicht. Wir sollten jetzt gehen.
SANDBERGER: Wartet. Ich will noch was sagen. Ich muss mich erst fassen. Gut, der ist tot. Jaja. So ist das! Vorher ein Mensch, jetzt eine Leiche! Ich sag euch
was: Das Sterben ist und bleibt ein Rätsel. Aber es tut jedenfalls nicht weh. Das ist immerhin ein Trost. Na, genug für heute! Marsch in die Oper (sieht noch einmal auf die Leiche) Wie
er sich verändert hat. Erstaunlich. Und das in so kurzer Zeit.
(ONKEL kommt aus dem Sterbezimmer, tritt ans Bett. Alle starren ihn an).
ONKEL (am Bett): Hannes, Bruderherz, ich muss dir was beichten, das muss raus, sonst krepier ich dran... Erinnerst du dich? Die flotte Lotte. Ein ganzes
Jahr gingst du mit ihr. Hab mit ihr gepennt. Ja, zweimal.. oder dreimal. Du musst schon entschuldigen. Du warst ja nicht da... Ja, ich hätte dir das schon früher sagen sollen, aber die
Umstände. Trag mir das nicht nach! Hörste?
MUTTER (richtet sich auf): Wer war die flotte Lotte?
ONKEL: Kennst du nicht. Das war noch vor deiner Zeit. Ne Schwarzhaarige. Ist schon lang tot. Die Kneipe, wo sie Kellnerin war, die gibt's auch nicht mehr.
Entschuldigt die Störung, Leute, aber jetzt ist mir leichter. (zurück ins Zimmer)
SANDBERGER: Das… das war doch der, der am Sterben war!
MUTTER: Was ist los? Sind schon Trauergäste da? Aber wir haben noch gar nichts vorbereitet!
SOHN (zu SANDBERGER): Quatsch, das war mein Onkel.
SANDBERGER: Ihr Onkel? (zeigt auf den Toten) Und der?
MUTTER: Das ist Hannes, mein Mann.
SOHN: Mein Vater.
TOCHTER (lacht auf)
SANDBERGER: Ich finde, hier stimmt was nicht.
TOCHTER: Fällt dir das auch schon auf.
MUTTER: Ich brauch jetzt einen Kaffee.
TOCHTER (steht auf): Gehen wir. Das war ein scheußliches Theater.
SOHN: Nein, warte! Ich will es erklären.
TOCHTER: Da gibt es nichts zu erklären.
FRAU SANDBERGER: Ja, es ist höchste Zeit. Und ins richtige Theater gehen wir erst noch. Wir müssen uns umziehen. Und unbedingt unter die Dusche!
SANDBERGER: Halt! (öffnet die Tür zum Sterbezimmer) Kommen Sie raus! (ONKEL kommt)
ONKEL (zu SANDBERGER): Wie wär’s mit einem Schnäpschen?
MUTTER: Jörg, mir auch.
SANDBERGER: Sie sind doch der, der soeben gestorben ist!
ONKEL: Ach was, ich wär ja blöd, jetzt, wo wir Ihre Kohle haben... (gießt sich und MUTTER ein Glas ein, bringt es ihr)
MUTTER: Jetzt macht hier keinen Lärm. Ehrt die Totenruhe! Und hebt das Glas auf einen braven Toten! (hebt das Glas, trinkt es aus.)
FRAU SANDBERGER: O Gott! Sie säuft ja.
MUTTER (zu SANDBERGER): Ich kenne Sie nicht. Aber ich hab Sie schon mal gesehen. Wissen Sie, dass mein
Mann gestorben ist?
SANDBERGER: Das ist bekannt, aber ich hab nichts davon gehabt! Im Gegenteil. Hier fand ein riesiger Betrug statt! Und zudem, wie meine Tochter bereits sagte: ein
scheußliches Theater. Wenn Sie mich fragen: Eine Schmierenkomödie! Ich verlange mein Geld zurück!
SOHN: Kommt nicht infrage. Wir haben geliefert. Sie haben ein Sterben gesehen, es war eine gute Vorstellung, und dafür zahlt man. Jetzt steht der Tote wieder auf
und freut sich seines Lebens mit einem Glas Schnaps, das ist so beim Theater.
ONKEL: Jawohl, und wie ich mich freue. Wollen Sie sich auch freuen, Herr Nudelkönig? Na, dann eben nicht. (prostet dem Toten zu) Mach’s gut, Hannes!
(trinkt)
MUTTER (ebenso): Mach’s gut, Hannes! (trinkt)
SANDBERGER (zu TOCHTER): Siehst du, Gertie! Jetzt hast du was gelernt.. Merk dir das fürs Leben. Halt dich fern von solche Typen! Das waren schon immer
unsre Feinde!
TOCHTER: Wie kann er mein Feind sein, wenn er die Wahrheit sagt.
FRAU SANDBERGER: Bitte! Nicht auch noch streiten! Wir wollen gehn!
SANDBERGER: Ach was Wahrheit. Hier geht's ums Geld! Ich ruf die Polizei.
SOHN: Ja, machen Sie sich nur lächerlich.
TOCHTER: Er hat Recht, Paps. Das macht die Sache nur schlimmer. (zu SOHN) Und sie ist schlimm! (zu ihrem Vater) Tu so, als wär alles in bester Ordnung. Das wäre nicht das erste
Mal. Das ist doch immer deine Masche, wenn was schief läuft!
FRAU SANDBERGER: Mein Gott, seht doch auf die Uhr! Wir verpassen die Oper!
SANDBERGER: Er hat uns einen Toten serviert!
ONKEL: Aber einen frischen, frischer geht's gar nicht.
SOHN: Hör auf zu saufen!
SANDBERGER: Ich verlange auf der Stelle mein Geld zurück!
MUTTER: Was will der? Nen Kaffee? Nu macht ihm einen, dass er Ruh gibt!
TOCHTER: Paps, bitte. Lass uns gehn.
FRAU SANDBERGER: So eine Blamage! Gehn wir!
SANDBERGER: Also gut. Will mal großzügig sein, ein Auge zudrücken.. Soll er's behalten, es war auch nicht umsonst, keineswegs. Da liegt ein echter Toter! Und ich bekenne an der Leiches dieses ehrwürdigen Mannes: Ich habe das Elend unserer Zeit erkannt! Jawohl! Wie verdorben die Menschen sind. Und ich muss leider sagen: wieder sind es die Arbeiter.. Kein Anstand! Keine Pietät! Keine Spur! Es hätte ein großer Augenblick werden können.. für alle. Aber so etwas.. Mit der Leiche des Vaters Geschäfte machen, schlimmer noch: einen abscheulichen Betrug machen mit der Tragödie des menschlichen Daseins. Mir fehlen die Worte. Ungeheuerlich. Nich mal Respekt vor dem Tod! Ich fasse das nicht.. .Ja, gehen wir, verlassen wir die Räuberhöhle. Aber das sage ich Ihnen: Zur Beerdigung komme ich nicht! (Alle drei ziehen sich die Mäntel an)
SOHN: Geschenkt. Wir kommen auch nicht zu Ihrer.
MUTTER: Das war eine schöne Rede, mein Herr. Ich danke Ihnen.(SANDBERGER mit
FRAU ab, TOCHTER bleibt an der Tür stehen )
TOCHTER (zu SOHN): Du hast deinen Vater verloren, schlimm.. Meinen hab ich noch. Das ist schlimmer.
ONKEL: Schlimm oder nicht schlimm. Wo die Kohle ist, da wird gefeiert! (gießt sich einen Schnaps ein)
SOHN (zu TOCHTER): Ich kann dir helfen. Gib mir die Handynummer.
TOCHTER: Du findest mich im Internet. (ab)
ONKEL: Auf dein Wohl, Hannes! (trinkt) Sieht aus, als möcht er auch einen.
SOHN: Lass den Quatsch.
MUTTER: Nicht wahr? Er war ein guter Mensch.
ONKEL: Ja, heut war er Spitze.
ENDE