Meine Hütte stand in Sichtweite eines Sees, das nächste Haus, ein Bauernhof, war etwa drei km entfernt. Dort wohnte ein Rentnerehepaar, Lillemor und Johan Ekfred. Begegneten wir uns, grüßten wir
uns mit "Hej", wechselten ein paar Worte über das Wetter, und das war's. Oft sagten wir gar nichts und lächelten uns nur an.
Obwohl jederzeit hilfsbereit, luden sie mich nicht zu sich ein, wofür ich ihnen dankbar war. Ich liebe die Einsamkeit und gesellschaftlichen Zwängen gehe ich aus dem Weg. Die alten Schweden haben
eine feine Nase für Typen wie mich und tolerieren sie, die jungen sind da schon ganz anders.
An einem Junitag wollte ich eine Angeltour machen, da sah ich den Alten in der Nähe meines Ruderbootes sitzen. Er winkte mir zu, mir war sofort klar, dass der Zeitpunkt gekommen war, etwas mehr
als nur "Hej!" zu sagen. Und ich setzte mich neben ihn auf die Uferböschung.
Sein Gesicht überzog ein Netz von Runzeln, wahrscheinlich die Folge langjährigen, starken Rauchens. Seine Augen hatten ein so helles Grau, dass sie fast schon überirdisch wirkten. Mir fiel auf,
wie unrasiert er war. Vielleicht will er sich einen Bart wachsen lassen, dachte ich. Zu meiner Überraschung sprach er Deutsch, sogar ein gutes Deutsch. Er sprach leise und in Pausen. Ich erfuhr,
er sei in Hamburg geboren, durch Heirat Schwede geworden und habe den Familiennamen seiner Frau angenommen..
Vor drei Wochen war sie gestorben, und das war wohl auch der Grund, warum er mich zu sich winkte und eine Geschichte erzählte, die ich wegen ihrer Seltsamkeit hier aufschreibe.
Sie beginnt 1948, damals vermittelte ein Kinderhilfswerk deutschen Kinder einen Aufenthalt in schwedischen Familien. Er war zehn Jahre alt, sein Vater in Stalingrad gefallen, und seine Mutter war
dankbar, den spindeldürren Jungen zu einer Bauernfamilie in Dalarna zu schicken. Nach zwei Jahren - seine Mutter hatte neu geheiratet - musste er zurück. Zu der schwedischen Familie hielt er die
Verbindung aufrecht, regelmäßig besuchte er sie in den Sommerferien.
Als er nach dem Abitur nach Schweden wollte, um - wie er sagte - Waldarbeiter zu werden, waren von der Mutter bis zu den Lehrern alle schockiert. Aber das war eben sein Traum: mit rauen Kerlen
durch die Wälder zu ziehen, riesige Bäume zu fällen, in kleinen Dörfern das Mittsommerfest zu feiern und im tiefen Schnee auf einem gefällten Baum zu sitzen und mit einem Stock über einem Feuer
Dosenwürstchen zu rösten. Vielleicht hatte er einfach zu viel Jack London gelesen. Jedenfalls ließ er sich von seinem Plan nicht abbringen.
Da er schon die schwedische Sprache beherrschte, fand er schnell Arbeit bei einer Holzfällertruppe.
Auch ich fragte ihn, warum er Holzfäller wurde, das sei doch kein Beruf für einen jungen Mann aus Deutschland, da lächelte er und sagte: „Der Wald. Das verstehst du doch?“
Stimmt. Deswegen war ich ja jeden Sommer hier. In Deutschland hat der Wald was Museumhaftes, als würde jeden Abend jemand mit Besen und Schippe für Sauberkeit sorgen. Hier war der Wald wild und
unaufgeräumt, voller Gerüche und Formen und in jedem Winkel regte sich was.
"Unser Trupp bestand aus fünf Männern", erzählte er weiter, "ich war der jüngste, in zwei Autos mit Campinganhängern fuhren wir den Aufträgen nach. Sie kamen von der Kirche oder von Waldbauern,
die keine Knechte hatten."
Die Männer behandelten ihn rücksichtsvoll - er sah anfangs ein wenig schmächtig aus. Mit dem Schäleisen entfernte er die Rinde der gefällten Fichten, die zur Papierherstellung verwendet wurden,
bis sie nackt wie weiße Körper waren. Die Rinde glich dickem Leder und der süßliche Saft darunter spritzte ihm ins Gesicht, davon bekam er klebrige Hände, die sich schwer reinigen ließen. An
freien Tagen radelte er am liebsten durch den Wald, während die anderen in die nächste Stadt fuhren, um, wie sie sagten, Spaß zu haben.
Es war sein zweiter Mittsommer und wieder war er mit dem Rad unterwegs. Rechts und links vom Weg dichte Büsche, dahinter Wald, immer nur Wald, zwischen den Stämmen ab und zu Felsen mit
grauen Flechten.
Dann musste er das Rad bergauf schieben.
"Und da kam der Schrei."
Der Alte verstummte und diesmal dauerte die Pause etwas länger. Zwei Möwen kreisten aufgeregt am Himmel und schimpften. Wahrscheinlich war eine Schlange ihrem Nest zu nahe gekommen. Ab und zu
schlug eine Welle gegen das Boot, es klang wie ein Schmatzen.
„Ich hatte schon einmal so einen Schrei gehört“, fuhr er fort. „Zu Kriegsende war das. Einer Frau in unserem Haus hörte vom Tod ihres Sohnes. Das war ein schrecklicher Schrei.. Und so klang
dieser. Fast tierhaft. Ich blieb stehen, wartete. Aber es blieb still. Ich schob das Rad weiter und oben angekommen, sah ich unten einen See, da dachte ich, es wird ein Kranich gewesen sein.
Kraniche können infernalisch schreien. Sicher war es ein Kranich. Andererseits... Die Paarungszeit war längst vorbei."
Zwei Tage darauf waren die Männer auf dem Rückweg zu den Wohnwagen. Sie plauderten untereinander, er ging ein paar Schritte hinter ihnen. Plötzlich entdeckte er in der Tiefe des Waldes eine junge
Frau. Sie bewegte sich im gleichen Tempo und sie schien zu schweben, ihre Füße waren nicht zu sehen. Sie trug ein langes, hellblaues Sommerkleid und hielt sich einen belaubten Zweig vor die
Brust. Und kein Baum stand ihr im Weg. jedenfalls musste sie um keinen herumgehen.
Das war unmöglich. Träumte er? Er sah weg, dann wieder hin, sie war noch immer da, sie senkte den Kopf und drückte das Gesicht in das Zweiglaub, als wollte sie ein Lächeln verbergen.
Er überlegte, die Männer auf sie aufmerksam machen, aber sie waren zu sehr im Gespräch vertieft, außerdem sträubte sich etwas in ihm, denn diese Begegnung war einfach zu schön, um sie mit mit den
Männern zu teilen. Das kam ihm schäbig vor, aber gleichzeitig empfand er ein tiefes Glücksgefühl.
Als er wieder hinsah, war die Gestalt verschwunden.
Der nächste Tag war ein Sonntag und die Luft flirrte vor Hitze. Die anderen waren wieder einmal in die Stadt gefahren. Wegen der Hitze hatte er keine Lust zu einer Radtour. Im Campingwagen, auf
der Polsterbank liegend, las er ein Taschenbuch.
Durchs aufgeklappte Heckfenster kam der Geruch erhitzten Laubes. Etwas bewog ihn, sich aufzurichten und hinauszusehen. Und da war sie wieder, die Frau! Sie ging in der prallen Sonne auf der
sandigen Straße, sie musste gerade aus dem Wald gekommen sein, und wieder trug sie das hellblaue Kleid an und in einer Hand den Zweig. Diesmal sah er ihre Füße, sie steckten in Sandalen.
Er wollte sie anrufen, da drehte sie sich um und er blickte in helle, graue Augen, was völlig unbegreiflich war, denn sie stand mindestens dreißig Meter von ihm entfernt. Trotzdem hatte er das
Gefühl, als prallten ihre Blicke aufeinander. Er ließ sich rücklings auf die Polsterbank fallen. Als er nach einer Weile vorsichtig durchs Fenster spähte, war sie nicht mehr da.
Am nächsten Morgen musste der Vorarbeiter zum Auftraggeber, einem Bauern, um Anweisungen einzuholen. Kurz vor Mittag kam er zurück und befahl, die Arbeit einzustellen, man hätte sie zum Essen
eingeladen. Sie waren verwundert, solche Einladungen erfolgten gewöhnlich nur zu Festtagen.
Der Bauer begrüßte sie an der Tür mit Handschlag, seine Hand war schwielig, er lächelte kurz. Seine Frau, einige Jahre jünger als er, kam aus einem Nebenzimmer. Sie bat zu Tisch.
Umständlich setzten sich die Männer. Sie schienen befangen und feierlich gestimmt.
Der Raum mit dem langen Holztisch reichte von der Frontseite bis zur Rückwand des Hauses. Die Möbel zeigten Wohlstand. Sie waren aus Eiche und Nussbaumholz. Das Licht kam durch zu
zwei Fenster, die zum Garten hinausgingen, ein Kirschbaum davor gab ihm einen grünen Schimmer. Auf den Fensterbrettern lagen Birkenblätter zum Trocknen. Es gab Elchbraten mit
Preiselbeermarmelade, Frühkartoffeln und Erbsen.
Es lag nicht nur an den Männern, dass keine lockere Unterhaltung aufkam. Die Frau hatte eine sonderbare Art zu sprechen, und ihr Lächeln - wenn sie lächelte - war kurz und schmerzlich.Als sie mit
einer geflüsterten Entschuldigung aufstand und ins Nebenzimmer ging, erfuhren sie vom Bauern den Grund. Nebenan lag ihre Tochter im Wachkoma. Man hatte sie leblos im See gefunden, sie war am
Sonntag hinaus gerudert, dabei musste sie ins Wasser gestürzt sein. Nach der Reanimation begann das Herz zu schlagen, aber sie wachte nicht auf, obwohl sie die Augen geöffnet hielt. Seine Frau
könne nicht anders, sie müsse alle Stunde nachsehen, ob ihre Tochter das Bewusstsein erlangt habe.
Er verstummte sofort, als seine Frau zurückkam.
Nach dem Essen bedankten sich die Männer und wollten gehen. Der Vorarbeiter hielt sie zurück und fragte den Bauern, ob er am Bett der jungen Frau beten dürfe. Auf den Gesichtern der Männer zeigte
sich Bestürzung. Das waren sie von ihrem Vorarbeiter nicht gewohnt und überhaupt. Man drängt sich nicht in die Tragödie einer Familie!
Der Vorarbeiter wiederholte seine Bitte und fügte hinzu: "Mein Bruder war einmal schlimm erkrankt und der Doktor meinte, es sei keine Hoffnung mehr. Da haben wir alle an seinem Bett gebetet. Er
wurde gesund. Und auch wenn es sich hier um keine Krankheit handelt, so kann es doch auch nicht schaden."
Es war kein weiteres Wort mehr nötig. Der Bauer ging. Einer nach dem anderen trat ins verdunkelte Zimmer. Das Bett befand sich links an der Wand, dem Fenster gegenüber. Die Frau schob den Vorhang
etwas beiseite, Licht fiel auf ein blasses Gesicht mit offenen Augen. Dem Deutschen stockte der Atem. Es war die Frau im Wald.
Der Vorarbeiter begann halblaut zu beten, alle falteten die Hände, in seinem Gebet bat der Mann um Genesung für das junge Leben, das eben erst begonnen hätte. Am Schluss senkte er den Kopf vor
der jungen Frau, ihre offenen Augen hatten nicht die geringste Bewegung gezeigt, und ging stumm hinaus. Die anderen folgten ihm.
Auf dem Rückweg, in einem gehörigen Abstand vom Bauernhof, packte die Männer der Übermut. Sie jagten sich um die Bäume. Dies tat sogar der Vorarbeiter, nur er nicht, er dachte an den Schrei am
Sees, und war verstört von dem Gedanken, sich falsch verhalten zu haben und schuldig geworden zu sein.
Für den Rest des Tages gab der Vorarbeiter allen frei. Die Männer nahmen Handtücher und gingen zum See. Er blieb zurück. Erst las er in dem Taschenbuch, dann drehte er am Transistor, schließlich
verließ er den Wohnwagen, strolchte herum, geriet in den angrenzenden Fichtenwald.
Gerade drückte er vor seinem Gesicht den Zweig einer Fichte beiseite, als er sie erblickte. Sie stand kaum ein paar Schritte von ihm entfernt, sie hielt ihm den belaubten Zweig entgegen und kam
lächelnd näher. Er wollte schreien, doch noch eh er einen Ton herausbrachte, war sie verschwunden. Aber zu seinen Füßen lag ein Birkenzweig.
Kurz darauf schlug er an die Tür des Bauernhofes. Als die Frau ihn öffnete, erschrak sie. Ihr den mitgebrachten Birkenzweig zeigend, sagte er: "Für deine Tochter."
Sie zögerte, sie war allein, dann führte sie ihn zu ihrer Tochter.
Vor wenigen Minuten hatte er sie im Wald gesehen und er wartete darauf, dass sie sich ihm mit einem Lächeln zuwenden würde. Aber nichts geschah. Regungslos lag sie da, mit leeren Augen zur
Zimmerdecke starrend. Die Stille im Zimmer wurde von Sekunde zu Sekunde unerträglicher, er kam sich vor wie ein Insekt, gefangen in einem Tropfen Harz. Die Arme der jungen Frau lagen auf dem
Bett. Er riss sich zusammen, schob den Birkenzweig unter ihre rechte Hand und ging hastig aus dem Zimmer.
Da hörte er den leisen Aufschrei der Mutter. Er ging zurück und sah, dass sich die Finger um den Zweig gekrümmt hatten und ihn festhielten.
Es dauerte keine Minute und sie saßen am Tisch und er erzählte ihr von der Frau im Wald. Je länger er sprach, umso ruhiger wurde sie. Als er endete, stand sie auf, auch er tat es. Sie nahm seine
Hände und sagte: "Es ist nichts Böses dabei. Hab keine Angst ..."
Er verabschiedete sich, ohne darauf zu antworten.
Seine Antwort hätte sie nicht verstanden. Er hatte sich in die Frau verliebt. Nicht in die, die wie tot im Bett lag, sondern in die Frau im Wald.
Seit Jahren hatte es in Schweden keinen so heißen Sommer gegeben. Die Sonne verwandelte den Straßensand zu Staub, das Laub der jungen Bäume rollte sich zusammen.
Früh am Morgen hob er das Rad von der Rückseite des Wohnwagens. Die anderen schliefen noch. Wohin? Überall hin.
Berauschend ist's, im grünen Dämme des Waldes zu radeln, auf hart aufgepumpten Reifen, den Schlag der Baumwurzeln mit den Fäusten auffangend, als gelte es, ein Pferd zu bändigen. Die Luft ist
voll verschiedener Gerüche, je nachdem, ob man eine feuchte Stelle mit Farn und saftigem Laub durchquert oder einen trockenem Nadelwald oder eine Lichtung mit Blaubeeren. Und immer den Blick nach
vorn gerichtet, die nächste Kurve könnte ja eine Überraschung bringen, das Gewünschte, das Ersehnte.
Und es kam. Fast wäre er in sie hinein gefahren. Mitten im Weg stand sie. Er bremste scharf. Sie sah ihn kurz an, dann trat sie in den Wald.
"Halt, bleib stehen!" rief er. Er ließ das Rad fallen und folgte ihr. Er hatte Mühe, mitzukommen, stets war sie etwa zwanzig Meter vor ihm, genau genommen sah er nur ein blaues Huschen zwischen
den Baumstämmen, und einmal war es fort, als hätte es der Wald verschluckt. Dann sah er etwas Merkwürdiges. Etwa zwanzig Meter vor ihm, dicht über dem Erdboden, in Wurzelhöhe der Bäume, leuchtete
es blau. Er begann zu rennen, Zweige schlugen ihm ins Gesicht.
Er dachte, sie würde da liegen, aber es war das Blau des Himmels. Und vor ihm war ein Abhang zu einem See.
Dort, in halber Höhe, entdeckte er sie, er lief ihr nach, manchmal verhakte sich ihr Kleid im Gestrüpp und wenn sie rutschte, wirbelte Staub auf. Am See angekommen, löste sie die Kette eines
Ruderbootes, setzte sich auf die Ruderbank, nahm die Ruder und sah ihn an.
Er wusste sofort, was von ihm verlangt wurde. Er schob das Boot ins Wasser, bis es die richtige Tiefe erreicht hatte, kletterte hinein und setzte sich auf die Heckbank. Sie begann zu
rudern.
Auf dem See war es kühl, der Hügel warf seinen Schatten in die Bucht, und er fand alles ganz natürlich, auch dass sie auf eine in der Sonne liegende Insel zusteuerte. Genau das hätte auch er
getan. Nur etwas wunderte ihn. Das Wasser war schwarz und nichts war zu hören, kein Möwengeschrei, kein Windrauschen, kein Wellenschlag, selbst das Eintauchen der Ruder ins Wasser geschah in
völliger Lautlosigkeit. Darauf suchte er die Umgebung nach einer Bewegung ab. Am Seeufer standen Ulmen wie gemalt, und der Himmel hatte Wolken, die festgeklebt schienen. Was sich
bewegte, war das Boot, von den nackten Armen der Frau vorwärtsgetrieben. Die Ärmel des Kleides waren ihr hinter die Ellenbogen gerutscht.
Sie sah mal nach rechts, mal nach links, auf einmal ließ sie die Ruder sinken und blickte auf eine Stelle im Wasser. Er konnte nichts Besonderes erkennen. Sie lenkte das Boot in die Richtung,
ließ die Ruder los. Mit der rechten Hand fischte sie nach einem Birkenzweig, wobei sie sich über den Bootsrand beugte. Er sah, dass sie ihn nicht greifen konnte, er stand auf, um ihr zu helfen,
als sich plötzlich das Boot neigte und sie ins Wasser stürzte.
Er glaubte, es sei bloß eine neue Art ihres Verschwindens. Doch da tauchte sie auf, sie schlug um sich und schrie. Und noch ehe er begriff, dass es der Schrei war, den er schon einmal gehört
hatte, sprang er ihr nach ins Wasser.
Als er bis zum Morgen nicht zurückgekehrt war, alarmierte der Vorarbeiter die Polizei. Sie fanden ihn leblos auf dem See in einem Boot treibend."
An dieser Stelle musste der Alte Atem zu schöpfen. Er schwieg eine Weile, dann wandte er sich mir zu, sah mir in die Augen und sagte: "Du glaubst mir nicht?"
Was sollte ich darauf sagen. Ich schwieg.
"Dann pass auf", sagte er und lächelte. "Das Merkwürdigste kommt erst noch. Fünf Tage lag ich bewusstlos in der Klinik als Folge eines Hitzschlages. Nachdem ich erwacht war, besuchte mich der
Vorarbeiter, sagte, dass sie mich beim nächsten Mal in die Stadt mitnehmen würden und wenn sie mich fesseln müssten. Er ließ einen Zettel zurück mit der Adresse, dort würde ich die Truppe finden.
Aber ich sah sie nicht mehr. Tags darauf kam die Mutter der im Koma liegenden Frau und erzählte mir, dass sie aufgewacht sei und zwar an dem Tag, wo sie mich im Boot gefunden hätten. Sie
organisierte meinen Transport in ihr Haus, ohne mich zu fragen, und ich fand es auch ganz normal. Aus dem Webzimmer hatte sie den Webstuhl entfernen lassen und ein Bett hingestellt. Und so saß
nicht ich am Bett ihrer Tochter, sondern sie war es, die am nächsten Morgen ins Zimmer kam und mir das Frühstück brachte. Nach der Gesundung gab mir der Bauer, der auch ein Sägewerk besaß, eine
Stelle, und zum nächsten Mittsommer heirateten wir. Auf Wunsch der Eltern meiner Frau nahm ich deren Namen an. So wurde ich Schwede, und wir waren glücklich“, schloss der Alte.
Wir betrachteten mein Ruderboot, wie es in den Wellen schaukelte, und hörten zu, wie die Schaumbläschen auf dem Sand leise knisternd platzten .
Einen Monat später musste ich meine Hütte verkaufen, ich kehrte nach Deutschland zurück und kurz darauf erhielt ich von meinem schwedischen Freund einen Brief mit der Nachricht, dass der Alte
gestorben sei.