In jedem März kauft Marios Großvater ein Bäumchen und geht damit in den Wald.
„Opa hat einen Tick!“ sagt Marios Vater.
Aber der lacht nur darüber, als Mario ihm das erzählt, und sagt: „Willst du einmal mitkommen? Groß genug bist du.“
Mario ist gerade 7 geworden und geht in die zweite Klasse.
Ja, sagt Mario, und obwohl sein Vater ein ärgerliches Gesicht macht, darf er mitgehen, weil seine Mutter sofort zustimmt. Sie ist die Tochter von Opa, und beide verstehen sich gut.
Im Wald sucht Großvater eine Stelle, wo nicht so viel Bäume stehen und sagt „Hier ist genug Platz für einen neuen Baum!“
Er gräbt ein Loch, setzt das Bäumchen hinein und schiebt die ausgebuddelte Erde auf die Wurzeln. Aus dem Rucksack holt er vier Flaschen Wasser, die gießt er darüber und tritt die Erde fest. An drei Bäume in der Nähe sprüht er einen weißen Punkt, dann gehen sie nach Haus.
In den folgenden Wochen geht Opa an heißen Tagen in den Wald, immer einen Rucksack voller Wasserflaschen auf dem Rücken, um das Bäumchen zu wässern.
Und im Herbst nimmt er Mario mit, er zeigt ihm, wie das Bäumchen schon etwas gewachsen ist. Dann geht er mit Mario etwas weiter in den Wald. Da steht auf einer kleinen Lichtung ein Baum wie ein aus Gold gemacht Feuer. Ein Baum mit gelben Blättern und Opa sagt: „Den hab ich gepflanzt, in dem Jahr, als deine Mutter geboren wurde.“
„Der leuchtet ja“, staunt Mario, „wie eine kleine Sonne.“
„Tja“, sagt Opa, „das könnte man meinen. Aber es ist nur ein Baum, ein Ahorn. Da siehst du, wie schön die Welt ist. Und jetzt sag ich dir, warum ich jedes Jahr ein Bäumchen pflanze. Ich will, dass unsere Welt so bleibt, und ich will, dass die Erde nicht untergeht. Die Erde ist eine der schönsten Kugeln im Weltraum, und die Bäume halten die Erde mit ihren Wurzeln fest, sonst würde sie runter fallen.“
„So ein Quatsch“, sagt der Vater zuhause. „Der Alte erzählt die reinsten Märchen.. Junge, wie sollen Bäume die Erde festhalten. Wenn die Erde fällt, dann fallen auch die Bäume, denn die können sich doch nirgends festhalten!“
Das sieht Mario ein und beim nächsten Mal sagt er es seinem Großvater.
Der lacht wieder.
„Also weißt du, dein Vater ist einer, der kann sich vieles nicht vorstellen. Er hat nicht genug Fantasie. Natürlich halten sich die Bäume fest! Am Himmel nämlich… Das tun sie mit ihren Ästen, das kannst du im Winter sehen. Dann sind die kahlen Äste ihre Wurzeln im Himmel, schau dir das mal im nächsten Winter genau an. Und was den Himmel betrifft.. Der muss natürlich schön fest und gesund bleiben, verstehst du? Man darf ihn nicht kaputt machen durch zu viel Fliegerei! Sonst können sich die Bäume nicht festhalten. Das ist übrigens auch der Grund, warum dein Opa nie mit einem Flugzeug fliegt!“
Und das sagt Mario stolz seinem Vater, worauf dieser den Kopf schüttelte und nichts anderes sagt als: „Alssso…“ Mit einem ganz scharfen „S“.
Als der Junge das auch in der Schule erzählt, wird er ausgelacht. Die Erde kann niemand festhalten! Dafür ist sie doch viel zu groß. Und einige machen sich sogar lustig über ihn und nennen ihn „Erdenretter“.
Eines Tages sehen alle im Fernsehen, wie ein Erdrutsch ein ganzes Dorf verschlingt und wie ein Mann in einem Interview sagt: „Ja, hätten sie die Bäume nicht gefällt, dann hätten die mit ihren Wurzeln die Erde festgehalten.“
Danach verspottet Mario keiner mehr und der Lehrer sagt sogar, sein Großvater solle doch einmal die Schule besuchen und berichten, was er mit den Bäumen macht. Und Opa kommt in die Schule und sagt, dass er jedes Jahr einen Baum pflanzt, und er zeigt auf Fotos, wie die Bäume größer werden, und viel sind schon so groß geworden, dass ein Mensch sich darunter stellen kann. Und dann erzählt er, wie wichtig die Bäume sind für die Erde, ja, für die Natur und für die Menschen, für das ganze Leben. Und dann sagt er noch etwas: dass die Bäume die Luft rein halten, die verschmutzt wird durch Autoabgase, Fabrikrauch und Düsenflugzeuge.
In diesem Jahr weigert sich Mario in den Urlaub mitzufliegen, des Himmels wegen, er bleibt lieber beim Opa. Beim nächsten Mal ist auch die Mutter dafür, kein Flugzeug mehr zu benutzen. Sie machen an der Ostsee Ferien und dorthin kommt man gut mit dem Zug.
Die Jahre vergingen, Mario wurde größer, Opa noch älter, und als als sie im März wieder einmal in den Wald gingen, bat der Großvater Mario, den Baum zu pflanzen. Und der Junge griff den Spaten wie ein richtiger Mann, hob ein Loch aus, setzte den Baum mit dem Wurzelballen hinein, schaufelte Erde darauf, goss das Wasser darüber und trat die Erde fest.
Auf einmal fragte Opa: „Wirst du das auch machen, wenn ich nicht mehr bin?“
Da erschrak Mario.
„Du musst nicht erschrecken, Mario“, beruhigte ihn sein Großvater, „ich werde immer da sein. Wo immer Bäume sind, da bin auch ich und mit ihren Blättern rede ich zu dir.“
Drei Jahre später starb er.
Als sie in den Sommerferien wieder an der Ostsee waren, saßen sie unter einer Birke bei Kaffee und Kuchen, da kam ein Wind auf und es flüsterte im Baumlaub.
„Das ist Opa, hört ihr?“ sagte Mario. „Er spricht zu uns.“
„Nein, das ist ja verrückt“, sagte sein Vater. „Werd bloß nicht wie dein Großvater!“
Aber die Mutter umarmte ihn.
Im nächsten Jahr ging Mario in den Wald, um einen Baum zu pflanzen, und in Trockenzeiten fuhr er mit dem Rad und einem Wasserkanister in den Wald, um das Bäumchen zu wässern.
Danach pflanzte er er jedes Jahr einen Baum und das tat er sogar, als er schon in Lund auf der Universität war und studierte.
Marios Vater, schon alt wie ein Großvater, schüttelte jedes Mal den kahlen Kopf und brummte: „Der Junge hat ja denselben Tick wie dein Vater, ist das ein Erbfehler?“
Dabei sah er Marios Mutter an, die lachte auf und es war ein Lachen, das Mario an Opa erinnerte.
„Opa hat einen Tick!“ sagt Marios Vater.
Aber der lacht nur darüber, als Mario ihm das erzählt, und sagt: „Willst du einmal mitkommen? Groß genug bist du.“
Mario ist gerade 7 geworden und geht in die zweite Klasse.
Ja, sagt Mario, und obwohl sein Vater ein ärgerliches Gesicht macht, darf er mitgehen, weil seine Mutter sofort zustimmt. Sie ist die Tochter von Opa, und beide verstehen sich gut.
Im Wald sucht Großvater eine Stelle, wo nicht so viel Bäume stehen und sagt „Hier ist genug Platz für einen neuen Baum!“
Er gräbt ein Loch, setzt das Bäumchen hinein und schiebt die ausgebuddelte Erde auf die Wurzeln. Aus dem Rucksack holt er vier Flaschen Wasser, die gießt er darüber und tritt die Erde fest. An drei Bäume in der Nähe sprüht er einen weißen Punkt, dann gehen sie nach Haus.
In den folgenden Wochen geht Opa an heißen Tagen in den Wald, immer einen Rucksack voller Wasserflaschen auf dem Rücken, um das Bäumchen zu wässern.
Und im Herbst nimmt er Mario mit, er zeigt ihm, wie das Bäumchen schon etwas gewachsen ist. Dann geht er mit Mario etwas weiter in den Wald. Da steht auf einer kleinen Lichtung ein Baum wie ein aus Gold gemacht Feuer. Ein Baum mit gelben Blättern und Opa sagt: „Den hab ich gepflanzt, in dem Jahr, als deine Mutter geboren wurde.“
„Der leuchtet ja“, staunt Mario, „wie eine kleine Sonne.“
„Tja“, sagt Opa, „das könnte man meinen. Aber es ist nur ein Baum, ein Ahorn. Da siehst du, wie schön die Welt ist. Und jetzt sag ich dir, warum ich jedes Jahr ein Bäumchen pflanze. Ich will, dass unsere Welt so bleibt, und ich will, dass die Erde nicht untergeht. Die Erde ist eine der schönsten Kugeln im Weltraum, und die Bäume halten die Erde mit ihren Wurzeln fest, sonst würde sie runter fallen.“
„So ein Quatsch“, sagt der Vater zuhause. „Der Alte erzählt die reinsten Märchen.. Junge, wie sollen Bäume die Erde festhalten. Wenn die Erde fällt, dann fallen auch die Bäume, denn die können sich doch nirgends festhalten!“
Das sieht Mario ein und beim nächsten Mal sagt er es seinem Großvater.
Der lacht wieder.
„Also weißt du, dein Vater ist einer, der kann sich vieles nicht vorstellen. Er hat nicht genug Fantasie. Natürlich halten sich die Bäume fest! Am Himmel nämlich… Das tun sie mit ihren Ästen, das kannst du im Winter sehen. Dann sind die kahlen Äste ihre Wurzeln im Himmel, schau dir das mal im nächsten Winter genau an. Und was den Himmel betrifft.. Der muss natürlich schön fest und gesund bleiben, verstehst du? Man darf ihn nicht kaputt machen durch zu viel Fliegerei! Sonst können sich die Bäume nicht festhalten. Das ist übrigens auch der Grund, warum dein Opa nie mit einem Flugzeug fliegt!“
Und das sagt Mario stolz seinem Vater, worauf dieser den Kopf schüttelte und nichts anderes sagt als: „Alssso…“ Mit einem ganz scharfen „S“.
Als der Junge das auch in der Schule erzählt, wird er ausgelacht. Die Erde kann niemand festhalten! Dafür ist sie doch viel zu groß. Und einige machen sich sogar lustig über ihn und nennen ihn „Erdenretter“.
Eines Tages sehen alle im Fernsehen, wie ein Erdrutsch ein ganzes Dorf verschlingt und wie ein Mann in einem Interview sagt: „Ja, hätten sie die Bäume nicht gefällt, dann hätten die mit ihren Wurzeln die Erde festgehalten.“
Danach verspottet Mario keiner mehr und der Lehrer sagt sogar, sein Großvater solle doch einmal die Schule besuchen und berichten, was er mit den Bäumen macht. Und Opa kommt in die Schule und sagt, dass er jedes Jahr einen Baum pflanzt, und er zeigt auf Fotos, wie die Bäume größer werden, und viel sind schon so groß geworden, dass ein Mensch sich darunter stellen kann. Und dann erzählt er, wie wichtig die Bäume sind für die Erde, ja, für die Natur und für die Menschen, für das ganze Leben. Und dann sagt er noch etwas: dass die Bäume die Luft rein halten, die verschmutzt wird durch Autoabgase, Fabrikrauch und Düsenflugzeuge.
In diesem Jahr weigert sich Mario in den Urlaub mitzufliegen, des Himmels wegen, er bleibt lieber beim Opa. Beim nächsten Mal ist auch die Mutter dafür, kein Flugzeug mehr zu benutzen. Sie machen an der Ostsee Ferien und dorthin kommt man gut mit dem Zug.
Die Jahre vergingen, Mario wurde größer, Opa noch älter, und als als sie im März wieder einmal in den Wald gingen, bat der Großvater Mario, den Baum zu pflanzen. Und der Junge griff den Spaten wie ein richtiger Mann, hob ein Loch aus, setzte den Baum mit dem Wurzelballen hinein, schaufelte Erde darauf, goss das Wasser darüber und trat die Erde fest.
Auf einmal fragte Opa: „Wirst du das auch machen, wenn ich nicht mehr bin?“
Da erschrak Mario.
„Du musst nicht erschrecken, Mario“, beruhigte ihn sein Großvater, „ich werde immer da sein. Wo immer Bäume sind, da bin auch ich und mit ihren Blättern rede ich zu dir.“
Drei Jahre später starb er.
Als sie in den Sommerferien wieder an der Ostsee waren, saßen sie unter einer Birke bei Kaffee und Kuchen, da kam ein Wind auf und es flüsterte im Baumlaub.
„Das ist Opa, hört ihr?“ sagte Mario. „Er spricht zu uns.“
„Nein, das ist ja verrückt“, sagte sein Vater. „Werd bloß nicht wie dein Großvater!“
Aber die Mutter umarmte ihn.
Im nächsten Jahr ging Mario in den Wald, um einen Baum zu pflanzen, und in Trockenzeiten fuhr er mit dem Rad und einem Wasserkanister in den Wald, um das Bäumchen zu wässern.
Danach pflanzte er er jedes Jahr einen Baum und das tat er sogar, als er schon in Lund auf der Universität war und studierte.
Marios Vater, schon alt wie ein Großvater, schüttelte jedes Mal den kahlen Kopf und brummte: „Der Junge hat ja denselben Tick wie dein Vater, ist das ein Erbfehler?“
Dabei sah er Marios Mutter an, die lachte auf und es war ein Lachen, das Mario an Opa erinnerte.