Niklas Fest
Geb. 1998 in Berlin, Lehrer,
Trainer im Leistungssport Handball und dort auch Spieler.
Will unbedingt einen Geschirrspüler,
findet, dass jede Stadt bei Nacht schöner ist
als am Tag und schreibt über das, was ihm passiert.
Ich koche Sauerkraut mit Zimt
Es pfeift aus Omas Brühteekanne,
und Schnee fällt draußen auf die Tanne,
und auf dem Herd kocht Sauerkraut.
„Mach bisschen Zimt ins Sauerkraut..“
Und im Kamin beginnt's zu knistern,
ein Wohlgefühl, fast Gänsehaut.
Und eine Stimme wie ein Flüstern:
„Mach bitte Zimt ins Sauerkraut.“
Das Brennholz knackt, das Feuer wärmt.
Ich denk an das, was weit entfernt
und was ich mir noch nie getraut..
Ein bisschen Zimt ins Sauerkraut.
Mein Jung‘, was sind das für Gedanken.
Wozu das dumme Schwanken.
Du hast mir doch oft zugeschaut.
„Und jetzt den Zimt ins Sauerkraut!“
Schön war die Zeit mit meiner Oma.
Kein Meckern gab‘s, kein Drama.
Bevor sie letzten Winter starb,
sie mir so viel fürs Leben gab.
Und nicht nur Zimt ins Sauerkraut.
Ein Jahr ist's her seit ihrem Tod,
und was sie mir zum Vorbild bot,
bringt die Erinnerung zurück.
Den Mut! Und dieses kleine Glück:
Ich geb jetzt Zimt ins Sauerkraut.
Spülbecken
Ich verliere mich in den Tiefen des Spülwassers.
Meine Gedanken tanzen, rhythmisch angepasst
an die monotone Verwendung des Waschtuchs
im Kreis, immer im Kreis, ich spüle.
Langsam verblasst die Klarheit.
Gemüseboote treiben an der Oberfläche.
Der Horizont scheint silbern klar.
Im Kreis, immer im Kreis, ich spüle
Messerhaie kreisen am Meeresgrund.
Während die Korallen absterben
schmilzt Hahnwasser von den Polen.
Im Kreis, immer im Kreis, ich spüle.
Abgedriftet tauche ich aus meinen Gedanken auf.
Einst im Bermudadreieck verloren geglaubt,
blicken meine Augen auf das verwaschene Geschirr.
Ich spüle nicht mehr, denn ich spüle nochmal.
Feuer (August 2022)
Ich habe das Glück gefunden
Dabei habe ich nicht gesucht
Es war einfach da wie ein Knockout
Nun kann ich es nicht mehr missen
Wenn Träume zu Hoffnungen werden
Gedeiht die Sehnsucht nach dem Glück
Wenn man es finden will
Und jahrelang suchend
Nie seine Brille abzulegen gedenkt
Nie sein Visier hochklappt und
Seine Sinne öffnet für die Vollkommenheit:
Versuche nicht, zu entdecken
Was nicht entdeckt werden kann
Wenn du dich krampfhaft bemühst
Werden dich deine Beine nicht tragen
Du wirst nicht sehen können, was allen
Verborgen ist, aber dir sichtbar sein kann
Es liegt an dir, an deinem Willen
Zu sein, zu leben, zu lieben.
(Und weil wir alle die neumodischen digitalen Psalmen verachten und all diesen Hashtagmist, verbleibt kein Appell, keine Aufforderung, kein Abonnement, sondern einzig du selbst.)
Ach, Alter, verpiss dich, ich wollte nur nach einem verdammten Feuer fragen!!
Tief drinnen
Tief drinnen, ganz tief
verzehrt sich der Mensch
nach dem, der ihn rief.
Tief drinnen, ganz tief
hört er die stummen Schreie
von Wesen, die auf ihr Festmahl warten.
Tief drinnen, ganz tief
mit aufgerissenen Mäulern
singen sie die Melodie des Todes.
Tief drinnen, ganz tief
hält die Hoffnung Stellung
gegen das Toben der Bedenken.
Tief drinnen, ganz tief
schallt der Schlachtgesang der Hörner,
während der Regen die Realität verwischt.
Tief drinnen, ganz tief
sieht er, wie er in den Spiegel schaut
und sich verliert, ein Frost, der taut.
Februarnacht
Kalte Winde im Februar,
doch ich friere nicht.
Eine einfache Jacke
dünn, aber zugeknöpft.
Es beginnt zu schneien.
Ich öffne die Knöpfe.
Der Boden ist nun weiß bedeckt.
Meinen Schal lege ich ab.
Die Wurstbude ist längst geschlossen.
Vielleicht öffnet sie gleich wieder.
Jetzt keine Currywurst, ich gehe weiter.
Die Flocken sind längst zu Regen geworden.
Meine Mütze habe ich vergessen
und doch ist mir warm, außen und innen.
Ich verschränke die Hände hinter dem Rücken.
Keine Passanten, nur Arbeiter.
Schneepflugfahrer, Taxifahrer, Kioskbesitzer.
Alles nur Männer?
Ich gehe weiter, knüpfe die Jacke wieder zu.
Hätte ich doch jetzt eine Mütze dabei.
Egal, ich ziehe meinen Kragen hoch.
Mein Schritt wird schneller
und ich finde mich in der Ruhe zurecht.
Das Laternenlicht flackert.
Verschwommen sehe ich Umrisse,
Gestalten von Häusern und Autos.
Eine stille Stadt ist geboren.
Meine Augen schmerzen.
Ich schließe sie
und spüre letzte Tropfen auf der Wange.
Der Regen hat aufgehört.
Ich rieche meine Lieblingsbäckerei.
Ich gehe weiter, öffne meine Augen.
Ich sehe die offene Tür, aus der
ich das Summen der Öfen höre.
Die Verkäuferin sortiert die Ware.
Ich halte kurz inne, dann gehe ich weiter.
Erste Vögel zwitschern, mein Magen knurrt.
Die Nacht schwindet, Lichter erscheinen.
In den Häusern letzte Momente der Stille.
Zuhause. Ich lege mich ins Bett, ziehe die Decke
über die Ohren und spüre die gleiche Wärme,
mit der ich den Abschiedsgang begann.