Das Buch zum Stück (mit einem erweiterten Inhalt)
Die Stadt, ein Bauhelm und der Atomdoktor
Satirischer Roman
3. Auflage
208 S., 12,5 x 18 cm, Softcover 14,50 €
Die geteilte Stadt soll nach der Vereinigung eine Metropole werden. Die Schicksale verschiedener Menschen aus West und Ost und der Bau von drei Wolkenkratzern auf einer Brache, durch die einst
die Mauer ging, namens "Poltauer Platz" sind auf geheimnisvolle Weise miteinander verknüpft.
Bestellung: Shop
(Was blinder Glauben mit dem Menschen macht)
Komödie
Schauspieler: 5 m, 3 w
Die Personen sind
GAETANO (Tano) Manzoni, Sizilianer mit deutschem Pass, früher Pizzabäcker, jetzt Friseur
JUTTA Manzoni, seine Frau, Besitzerin eines Neuköllner Mietshauses und des darin befindlichen Friseursalons
MARTIN Krüger, Zeitungsfotograf und Wunderheiler
Gerhard KRÜGER, sein Vater, (Ex)Kommunist
Sin-BABA, Guru und gesuchter Finanzbetrüger
KATRIN, seine Tochter, Reporterin
FRAU STOLZE
MANN
Der Ort
Ein Friseursalon in Berlin-Neukölln
Das Bühnenbild
Der Friseursalon hat seine besten Zeiten hinter sich. Links befinden sich zwei Frisierstühle, Spiegel und Waschbecken. Hinten eine Wand, davor Stühle mit einem kleinen Tisch, darauf künstliche Blumen und Illustrierten. In der Wand ist ein Durchgang mit einem Vorhang. Links in der Ecke zur Wand ist eine Wendeltreppe nach oben in die Wohnung der Manzonis.
Rechts ist die Ladentür mit dem Schaufenster. Vor dem Schaufenster hängt eine leicht durchsichtige Gardine bis auf den Fußboden. Die Ladentür geht nach innen auf.
Ab 2. Akt ist das Bühnenbild eine Mischung aus Friseursalon und religiöser Stätte.
Ab 3. Akt sind Frisierstühle und Spiegel verschwunden (eventuell könnte ein Frisierstuhl oder ein Spiegel bleiben, um an den ursprünglichen Raumzweck zu erinnern). Der gesamte Raum ist jetzt Warteraum und „Arbeitsplatz“ des Wunderheilers. Ein Tisch mit gelbem Tischtuch, darauf Blumen und Kerzen, in seiner Nähe ein gepolsterter Stuhl, eine Stechpalme, zwei, drei Stühle, ein Hocker. Weitere Sitzgelegenheiten im Hintergrund. Die roten Spruchbänder erinnern an eine Parteizentrale.
1. Akt
Der Friseursalon, GAETANO an der geöffneten Ladentür
GAETANO (ruft nach draußen): Haare lang, schneide kurz! Damen und Herren!.. Sonderpreis! Schnäppchen.. Friseur-Aldi.. (winkt resigniert ab. JUTTA poliert die Spiegel, er sieht ihr schweigend zu, dann) Schon dreimal. Putzsucht ist das. Frau, du musst zur Drogenberatung. (seufzt) Papa war Pizzabäcker. In Palermo.
JUTTA: Geht die alte Leier wieder los.
GAETANO: Hier, gleich um die Ecke, war meine Pizzeria. Si! Und dann kamst du, deutsche Frau.
JUTTA: Du bist gekommen! Und deine Pizzeria war bloß ein Wagen!
GAETANO: .. und jetzt bin ich das. (klappert mit der Schere) Dein Salon! Dein Haus! Ich sag nichts! War gut. Aber jetzt, nach Vereinigung.. Finito, Signora.. Auf Deutsch: futsch! pleite! Mauer kaputt. Wir kaputt. Drüben Haare schneiden viel billiger!
JUTTA: Sprich anständiges Deutsch. Wir sind seit fünfzehn Jahren verheiratet und du bist jetzt Deutscher.
GAETANO: Ich bin Siziliano!
JUTTA (hört auf zu polieren): Du hast Recht. Geben wir den Laden auf. Wir haben ja die Mieteinnahmen vom Haus.
GAETANO: Eh! Das bisschen Geld. (greift sich eine Zeitung, liest) Deine Mieter Schnorrer! Besonders der .. Du weißt schon.
JUTTA: Mecker nicht rum, der wird schon zahlen.
GAETANO: Aha.
JUTTA: Was, aha.
GAETANO: Ja, aha. Du sagst du zu ihm! Martin, Martin.. Du singst es! Ich warne! Ich töte ihn. Dich auch. (sieht nach draußen) Da ist er. (läuft zur Tür, ruft) Morgen, Martin! (zieht MARTIN herein, der wie benommen wirkt, und drückt ihn in den Frisierstuhl) Erste Kunde hat Rabatt. (drohend zu JUTTA) Warnung! Er kriegt Glatze!
JUTTA: Lass ihn in Ruh!
GAETANO: Zitto! Mein Kunde! (legt dem kichernden MARTIN das Tuch um.) Siehst du. Er ist glücklich. (MARTIN lacht schallend) Was lachst du?
JUTTA (flüsternd): Er hat einen sitzen.
GAETANO (schnuppert an MARTINs Mund): Nichts. Ich riech nichts.
MARTIN: Genau! Du sagst es! Nichts! Hier.. (zieht ein Taschenbuch hervor) Das ist es! Die ganze Nacht drin gelesen. Ein tolles Buch! Alles wissenschaftlich! Müsst ihr lesen. Die ganze Welt: bloß Atome! Alles, alles, das Universum, der Laden hier, wir, alles Atome. Und was sind Atome? Energie! Habt ihr das gewusst? Energie .. Und kann man die anfassen? Kannst du sie sehn? Nein! Also was ist das hier? (zupft sich an den Haaren) Nichts! (piekt GAETANO in den Bauch) Auch dein Bauch. Nichts.
GAETANO: Grazie... Aber jetzt dein Nichts wird geschnitten! Ratzekahl!
JUTTA: Lass das! (will GAETANO wegziehen, er schlägt ihr auf die Hand) Au! Hast du gesehn, Martin? Er hat mich geschlagen, hier, das tut weh. (hält ihm kokett die Hand hin.) Du musst sie streicheln!
MARTIN (nimmt sie, streichelt sie kichernd): Nichts! Ist doch nichts!
JUTTA: Ja! Das tut gut. Weiter, Martin! Immer weiter! O tut das gut! o Martin, tut das gut! (MARTIN hebt ihre Hand zum Mund, sie zieht die Hand weg) Ich sag dir was, Tano, er hat eine wunderbare Hand! Er weiß, wie das geht.
GAETANO: Was geht?
JUTTA: Wie man Frauen behandelt! Guck mal! Hier! Meine Finger! Du weißt doch.. Noch vor einer Minute hatte ich Schmerzen! Und jetzt, wie sie sich bewegen.. viel besser als vorher. Und die Schmerzen: weggeblasen.. und alles nur durch seine Hand. (hält MARTIN die Hand hin) Da, Martin, noch mal!
GAETANO (stößt ihre Hand weg): Maledetto! (reißt MARTIN das Buch aus den Händen, liest den Titel) Der Geist und das Nichts... Ein Gespensterbuch. (blättert wütend) So ein Scheiß. Keine Bilder.
MARTIN: Ein Genie hat's geschrieben. Ein Inder. (erregt zu GAETANO) Du machst es ja kaputt! (nimmt es ihm ab.)
GAETANO: Alles Quatsch!
JUTTA: Kein Quatsch! Es hat doch gewirkt! (zu MARTIN) Ja, und wie es gewirkt hat! Martin! Hier auch! Die Zehen! Bitte! (streckt unter dem Kittel einen nackten Fuß hervor, GAETANO schlägt ihn mit dem Frisiertuch. FRAU STOLZE kommt)
FRAU STOLZE (weinerlich): Morng.
JUTTA: Ach Gottchen! Wieder Migräne, Frau Stolze?
FRAU STOLZE: Ja! .. Bitte Kopfmassage..
JUTTA: Aber natürlich, setzen Sie sich. (führt sie zum Nebenstuhl)
GAETANO: Wir sind Friseursalon, nicht Massagesalon.
FRAU STOLZE : Aber..
JUTTA: Nun lass mich..
GAETANO: Achja.. Richtig.. Fällt mir ein.. Haben wir nicht Wunderdoktor? Hier, der junge Mann! Martin!
MARTIN: Ja?
GAETANO: Hat Frau gesund gemacht! Mit der Hand! Setzen! (drückt FRAU STOLZE in den Stuhl)
MARTIN: Mit der Hand? Ich? (sieht sich die Hände an) Mit welcher?
JUTTA (ungeduldig): Lass mich! Ich massier sie!
GAETANO: No! Nicht du! Du selbst gesagt, er hat dich geheilt. Mit der Hand. Mit rechter Hand.
(FRAU STOLZE starrt MARTIN an, der besieht seine Hand von allen Seiten)
FRAU STOLZE: Stimmt das? Dann soll er's bei mir auch mal probieren!
GAETANO: Martin! An die Arbeit! Avanti! Zeig Wunderhand
JUTTA: Er will doch gar nicht.
MARTIN: Aber sicher, ich mach's noch mal. Ist doch möglich. (steht auf) Hände sind nichts, bloß Energie! Ich hab viel Energie. (stellt sich hinter FRAU STOLZE) Also... Wo tut's weh?
GAETANO: Am Kopf! Los! Werden sehn, Frau Stolze. Atomdoktor hilft!
JUTTA: Blödsinn!
MARTIN: Alles Atome, überall Atome.. Alles Energie. Seht ihr? Die Hand zittert!
GAETANO: Auflegen! Auf Kopf
MARTIN (tut es): Oho! Es sprudelt, es sprudelt, ich
spür's.
FRAU STOLZE (mit geschlossenen Augen): Ja, ich auch, ich auch....
MARTIN: Und jetzt... Die Atomvermischung! (beklopft ihren Kopf) Meine Atome, ihre Atome.. Energie in Energie! Nichts in Nichts!
FRAU STOLZE: Mir wird ganz leicht.. .Weiter! Weiter! . Ja! Weiter! ...Halleluja! Der Schmerz ist weg! Halleluja! Er hat es geschafft.
GAETANO (verblüfft): Eh.. Wirklich? (Er beginnt MARTIN geistesabwesend die Schultern zu bürsten)
MARTIN (seine Hände betrachtend): Es funktioniert! Nicht zu glauben!
FRAU STOLZE: Herr Doktor, Sie haben mich geheilt!
JUTTA: Jetzt ist aber genug! Alles Unsinn.
FRAU STOLZE: Von dem Unsinn hätte ich jederzeit gern mehr. (nimmt MARTINs Hand und küsst sie, steht auf) Was muss ich zahlen?
MARTIN: Nichts.. Auch Geld ist nichts ... (lässt sich in den Stuhl fallen) Kleine Pause gefällig. (schläft ein)
FRAU STOLZE: Also wieviel?
JUTTA: Er hat doch „nichts“ gesagt.
FRAU STOLZE: Na hören Sie mal! Gutes kostet was. Darin versteh ich keinen Spaß
JUTTA: Er will aber kein Geld.
GAETANO: Kein Geld, bloß Spende. (zu FRAU STOLZE) Spenden Sie, was Sie wollen.
FRAU STOLZE (zieht einen Schein aus der Geldbörse, reicht ihn GAETANO, der ihn sofort in die Kitteltasche steckt, zeigt zu MARTIN): Der liegt ja wie erschlagen. Ich hab dem seine ganze Atomenergie abgekriegt... Sensationell ..
JUTTA: Das bleibt aber unter uns, Frau Stolze!
FRAU STOLZE: Versteht sich.
JUTTA: Kein Wort! Zu keinem!
FRAU STOLZE: Ich schweig wie ‘n Grab. (ab durch die Tür)
JUTTA: O Gott, jetzt rennt sie rum und tratscht das überall weiter. (GAETANO schließt die Tür ab, lässt die Jalousie am Schaufenster herunter, wendet sich an JUTTA) Was soll das?
GAETANO: Wirst du sehn.
JUTTA: Lass das! Ich warne dich!
GAETANO: Still!
JUTTA: Das ist schon das dritte Toupet in diesem Jahr!
GAETANO (greift sich in die Haare, schleudert sein Toupet auf den Boden): Da! Da hast du! (trampelt darauf herum) Du untreue Person! Vor meinen Augen! Knutscht mit Martin! (JUTTA versucht das Toupet aufzuheben) Weg! Ich zertrete dich!
JUTTA (hebt das Toupet auf): Pflanz dich. (Er setzt sich mechanisch in den Frisierstuhl neben MARTIN, holt den Geldschein aus der Kitteltasche, betrachtet ihn. Sie zupft das Toupet zurecht.) Das Geld bekomm ich. Ist ein Teil seiner Miete. (küsst flüchtig GAETANOs Glatze und setzt ihm das Toupet auf.)
GAETANO: Einmal sterbe ich. Und du bist schuld. (An der Tür wird gerüttelt)
JUTTA: Kundschaft. Zieh die Jalousie hoch. (Er gehorcht. JUTTA schließt die Tür auf, öffnet)
MANN (tritt ein): Hab gehört, hier ist ein neuer Doktor.. Ein Wunderdoktor.
JUTTA: Nee, Sie Witzbold. Hier ist ein Friseursalon.
MANN: Mir machen Sie nichts vor. Ist er das?
JUTTA: Dr. Eichborn ist drei Häuser weiter.
MANN (zeigt auf die rechte Schulter) Hier ist was kaputt! Hab im Garten nen Stubben rausgezogen und seitdem sticht's hier.
JUTTA: Dann müssen Sie zum Orthopäden! Drei Häuser weiter.
MANN: Nee, war ich schon, hat nicht geholfen. Die olle Stolze hüpft rum wie ein Küken. Also wo ist er, der Atomdoktor?
GAETANO: Hier.. (rüttelt MARTIN) Dottore! Ein Patient!
JUTTA (zu GAETANO): Bist du bekloppt?
GAETANO: Still! Pass auf jetzt. He, Martin.. Atome!
MARTIN (wacht auf): Atome! Energie.. Nichts.. (GAETANO zieht ihn hoch) Was ist los? (Richtung MANN) Was will der?
MANN: Mich hat's erwischt, Herr Doktor. So’n alter Stubben im Garten, den wollt ich raus-buddeln.. und nu, immer wenn ich..
GAETANO: Kein Problem. Doktor heilt.
MARTIN: Wo ist der Doktor?
JUTTA: Na schön.. Damit Schluss ist! Jetzt werdet ihr’s sehn, alles Blödsinn. (zu MANN) Setzen Sie sichl. (MANN setzt sich in den Friesierstuhl.) Martin, los, Hand auflegen.
GAETANO (zu MANN): Machen Sie die Schulter frei, bitte.
MARTIN (kichernd): Jawohl! Machen Sie die Schulter frei, bitte. Freiheit für das Nichts! (MANN zieht seine Jacke aus und schiebt den Hemdausschnitt über die rechte Schulter)
GAETANO: Dottore! Avanti! Ihre Hände! Atomvermischung!
MARTIN: Ich zeig's euch noch mal. .Bitte sehr.. Jetzt.. Energie! (schlägt MANN auf die Schulter)
MANN: Verdammt. (springt auf) Jetzt hat’s geknallt! (MARTIN plumpst in den Nebenstuhl und schläft ein)
JUTTA: Na bitte. Schmerzt noch immer, was?
MANN: Quatsch! Kein Stechen mehr.. Mann! Das warn dem seine Atome, genau hier. Ham Sie's gesehen? Da war blaues Licht. (bewegt die Schulter) So was! Alles weg.. Wie geschmiert. Die Alte hat Recht. Ein Wunderheiler.. Und bloß ne Spende, was?
JUTTA (setzt sich): Das kapier ich nicht.
GAETANO: Ab zwanzig ist es Spende.
MANN (gibt ihm einen Schein): Bei mir is ne Spende bis zehn. (zieht die Jacke an) Wann sind dem seine Sprechstunden?
GAETANO: Von 15 bis 19 Uhr. Außer Samstag und Sonntag.
MANN: Jut! Ich sag’s weiter. (Ab durch die Ladentür)
JUTTA: Nee.. So was gibt's doch nicht!
GAETANO (zeigt den Geldschein): Zwei Kunden in zehn Minuten! Großes Wunder! Capisci?
JUTTA: Du spinnst.
GAETANO: Du weißt nichts. Ich bin Fachmann. Italiener Entdecker von
Wunder. Große Erfahrung. Also merke. Ab sofort bis Mittag Friseursalon, dann Wunderheilung. Still! Mecker nicht!
BLACKOUT
GAETANO beim Umdekorieren: aus dem Friseursalon wird der „Heilsalon“. Er heftet zwischen die Spiegel ein farbiges Poster, das ein Atom mit seinen Elektronen darstellt. Rechts und links davon stellt er zwei lange weiße Kerzen.
GAETANO (spricht zur unsichtbaren JUTTA): Schon wieder neue Kerzen. Aber macht nichts. Umsatz ist gut. Siehst du, wir haben jetzt zwei Geschäfte. Das eine nicht so gut, das andere sehr gut. Mein Geschäft! Hörst du? (Stille, er lauscht nach oben) Willst nicht hören, gut.. (Er wirft über den Beistelltisch eine weiße Tischdecke, stellt eine Vase mit roten Rosen darauf, holt einen Schuhkarton und stellt ihn davor. An den Karton lehnt er ein Schild mit der Aufschrift „Spende“. In diesem Augenblick kommt MARTIN durch die Tür.)
MARTIN (mit Blick auf den Karton): Muss das gleich jeder sehen!
GAETANO: Die Leute fragen, und das ist peinlich
MARTIN: Die Kerzen!
GAETANO: Schön, nicht?
MARTIN: Sie haben nicht dieselbe Höhe! (geht hin, dreht eine tiefer in den Kerzenständer, stellt sie zurück)
GAETANO: Perfekt!
MARTIN: Es sind die Kleinigkeiten, die alles kaputtmachen.
GAETANO: Si. Steht im Buch.
MARTIN: Nein. Das ist von mir. Du hast es also immer noch nicht gelesen!
GAETANO (seufzt): Frau, Haus, Arbeit. (Tür geht auf. KATRIN kommt.)
MARTIN: Noch nicht geöffnet.
KATRIN: Irrtum. (macht die Tür noch einmal auf) Bitte.. Sie ist offen.
GAETANO: Dottore meint, ist noch nicht so weit. (blickt auf die Armbanduhr) Si. Erst in einer Stunde.
KATRIN: Ach was Dottore. (zu MARTIN) Zu dem will ich.
MARTIN: In einer Stunde.... .
GAETANO: Der Herr Atomdoktor, junge Frau.
KATRIN: Ja, Gott, ich weiß. Atomdoktor. Was heilt er denn? Gespaltene Kerne? Entschuldigung, das war ein Witz. Mensch, Krüger, erkennen Sie mich nicht?
MARTIN: Sie? Woher denn?
KATRIN: Oja.. Mich. Ich selber geh nie an mir vorbei, ohne mich zu bewundern. (tritt dicht an ihn heran) Bitte! Meine Augen! Meine Ohren! Meine Nase! Meine Lippen!
GAETANO: Dame wünscht Schönheitsoperation? Dann hier falsch.
KATRIN: Ach was. Noch schöner? Ich? Geht doch gar nicht. Herr Krüger! Seit vier Wochen kommen Sie nicht mehr in die Redaktion! Wir sind Kollegen! Ich bin in der Lokalredaktion! Die Kleine aus dem Osten! Die für Ost-Leser sorgen soll! Die Quotenfrau! Guten Tag! Erkennen Sie mich jetzt?
MARTIN: Sie sind das
GAETANO: He, Martin!.. Zeitung.. Attenzione!
MARTIN: Guten Tag. (blickt sie aufmerksam an) Sie sehen aber anders aus.
KATRIN: Naja. Sonst trag ich Jeans. Heute dachte ich, probier mal was anderes. Gefällt Ihnen das Kleid? Verflucht kurz. Sehen Sie meine Beine? Was meinen Sie? Gut?
GAETANO: Si! Perfekt! Schönheitsoperation nicht nötig.
KATRIN: Das will ich meinen.
MARTIN: Schönheitsoperation?
GAETANO: Sie machen ihn ganz durcheinander.
KATRIN: Ja, das nennt man Kopfverdrehn. Das ist der Hauptzweck, mein zweiter. Ich soll über seine Wunderheilungen berichten soll. Krüger, man spricht von Ihnen! Oder kann ich Martin sagen? Unter Kollegen? Schön, später. (wendet sich an GAETANO) Er verwundert mich, der Wundermann. Ich hab ein Hobby. Ich notier mir, wie lang es bei einem Menschen dauert, bis das Wort Geld fällt. Bei unserm Chefredakteur fällt es im Durchschnitt alle 59 Sekunden, bei ihm überhaupt nicht. Jedenfalls hab ich‘s noch nie bei ihm gehört. Martin, Sie liefern die Fotos ab und fragen nie nach dem Honorar.
MARTIN: Ich bekomm es aufs Konto.
KATRIN: Wieviel?
MARTIN: Ich weiß nicht. Verschieden.
KATRIN: Na bitte. Wovon leben Sie? Wie leben Sie? Das interessiert mich sehr. Zeigen Sie mir Ihre Hände! (nimmt seine Hände, betrachtet sie) Die magischen Hände.. Ich möcht sie mal ausprobieren. Sie wohnen hier?
MARTIN: Nicht hier.. Eingang nebenan. Im dritten Stock.
KATRIN: Wären sie so freundlich, mir Ihre Wohnung zu zeigen?
MARTIN: Warum?
KATRIN: Das Zweitinteressanteste am Mann ist seine Wohnung.
MARTIN: Da gibt es nichts Besonderes zu sehen.
KATRIN: Wetten, dass? Kommen Sie. Ich zeig’s Ihnen. (zieht ihn zur Tür, beide ab)
GAETANO: Eine Hexe. (Tür geht auf, ein vollbärtiger Mann kommt herein) Noch geschlossen!
BABA: Pardon
GAETANO: Es ist noch zu.
BABA: Wieso bin ich dann hier drin?
GAETANO: Wieso? (betrachtet BABA interessiert) Ja, das ist mystisch.
BABA: Sie haben das Buch gelesen?
GAETANO: Nein. Keine Zeit.. Welches Buch?
BABA: Das Nichts und der Geist. Das Wort "mystisch" kommt darin 38mal vor.
GAETANO: Woher wissen Sie das?
BABA: Ich hab es geschrieben. (holt ein Buch aus der Jacke) Achtzehn fünfzig. Wollen Sie's? Nein? Dann schaffen Sie mir den Wunderheiler her. Schließlich bin ich sein geistiger Vater.
GAETANO (verwirrt): Eh! Große Ehre!.. Bitte setzen. Im Augenblick ist Herr Sohn....
BABA (steckt das Buch ein, setzt sich): Ich weiß. Das kleine Luder hat ihn abgeschleppt.
GAETANO: Verzeihung. (streng) Kann ich Ausweis sehen?
BABA: Aber gern. (zeigt ihm ein Papier) Ich fürchte, Sie werden damit nichts anfangen können. Ein indisches Dokument. Mein Name: Sin-Baba. (steckt das Papier ein) Steht auch auf dem Buch. Sie zweifeln noch immer? Heißen Sie Thomas?
GAETANO: No. Gaetano.
BABA (holt das Buch wieder hervor): Nun passen Sie mal auf. Nehmen Sie. (er gibt es GATANO) Und schlagen Sie eine Seite auf, (GATANO tut es) Welche Seite?
GAETANO: 32.
BABA: Lesen Sie mit. Von oben.. "Und wenn die Schwingungen, verursacht durch das Atmen des Geistes, an die Atome ihren Appell richten.." Soll ich weiterlesen?
GAETANO (blättert): Momento.. Seite 19. Zweiter Absatz..
BABA: "Wir sind nicht das, was wir zu sein scheinen. Dieses Leben ist nur ein Kleid, das wir angelegt haben." (Stille)
GAETANO: Das ist... Mama mia..
BABA: Nein, Tagore. Ich zitiere da Tagore.
GAETANO: Warten Sie, per favore, noch mal. (blättert) Seite 58, Zeile 3
BABA: Spaßvogel. Diese Seite ist leer. (GAETANO bekreuzigt sich und gibt ihm das Buch zurück) Das war nicht nötig. Ich bin nicht der Teufel.
GAETANO: Sicher ist sicher.
BABA (sieht sich um): Also hier arbeitet der Wunderdoktor. Was bringt es?
GAETANO: Eh?
BABA: Was verlangt der Doktor für die Heilung?
GAETANO: Nichts! Er sagt, Geld ist nichts. (Pause) Steht im Buch.
BABA: Ich weiß. Wovon lebt er dann?
GAETANO: Eh?
BABA: Er muss doch Miete bezahlen, Essen bezahlen und so weiter. Wovon?
GAETANO: Spenden..
BABA: Ausgezeichnet. Ab sofort bekomm ich davon 50 %.
GAETANO: Eh?
BABA: Hören Sie schlecht?
GAETANO: Deutsch schwere Sprache.
BABA: Dann auf Berlinerisch: Pinkepinke, Kröten, Mäuse, Kohle. Die Hälfte davon krieg ich. Capito? Ohne mein Buch gäb es keine Wunder, stimmt's? Lesen Sie mal das Copyright im Buch. Das Kleingedruckte. Also: 50 Prozent!
GAETANO: Wenn kleingedruckt, dann auch Profit klein. Zehn Prozent.
BABA: Lachen Sie mich aus?
GAETANO: Wozu Prozent? Geld ist nichts. (Pause) Steht im Buch.
BABA: 40 Prozent vom Nichts.
GAETANO: Elf. Und schon zehn Prozent mehr.
BABA: Wie bitte?
GAETANO: Von zehn auf elf ist Steigerung von zehn Prozent.
BABA: Donnerwetter.
GAETANO: Aber elf ist krumme Zahl. Zehn ist besser. Rechnet leichter. Und Sie haben prima Geschäft. Zehn Prozent von nichts ist nicht so traurig wie 90 Prozent von nichts.
(Die Ladentür geht auf, KRÜGER kommt)
KRÜGER: Entschuldigen Sie bitte. Ich suche einen Martin Krüger. Ist er hier im Haus wohnhaft?
GAETANO: Dritter Stock, Vorderhaus.. Ist der Herr vom Amt?
KRÜGER: Nein, nein. Ich bin sein Vater. (GAETANO bekreuzigt sich.)
BABA: Wie angenehm. Bitte nehmen Sie doch Platz, ich schätze, wir werden ihn gleich sehen.
KRÜGER: Vielen Dank! (setzt sich auf einen Stuhl neben dem Tisch mit den Blumen und der „Kasse“. JUTTA kommt die Treppe herunter. KRÜGER steht auf.)
GAETANO: Gut, dass du kommst, cara mia, ein Chaos.
JUTTA: Achja?
GAETANO: Gewimmel von Papas. Das hier alles Papas von Martin.
BABA (sich verbeugend): Sin-Baba. Nennen Sie mich einfach Baba.
JUTTA: Ach! Sie sind der mit dem Buch? Das Genie?
BABA: In aller Bescheidenheit. Ja. Ich sehe Sie bewegt. Rührt Sie so mein Buch? Sie können mich gern duzen.
JUTTA: Was mich rührt, darüber reden wir noch. (zu KRÜGER) Und Sie, Sie sind sein Vater? Da wird sich Martin aber freuen.
KRÜGER: Ich hoffe es. Das letzte Mal, als wir uns sahen, das war vor dreißig Jahren.
JUTTA: Was! Aber da war er ja noch ein kleines Kind... Na, dann viel Glück. (zu GAETANO) Los, komm mit! Die vierte Etage ist ohne Strom!
GAETANO: Eh! Bloß die Sicherung... (zu den Männern) Bis nachher. Wenn dritter Vater kommt, spielen Sie Skat. (mit JUTTA über Treppe ab nach oben.. BABA setzt sich.)
KRÜGER: Alles Papas von Martin .. So ein Quatsch! Es gibt nur einen einzigen, und der bin ich.
BABA: Biologisch gesehen, ja. Ich habe die Ehre, der geistige Vater Ihres Sohns zu sein. Außerdem verdankt mir Ihr Sohn seine Geschäftsidee. Das hier ist seine Firma.
KRÜGER: Ein Frisiersalon?
BABA: Nein, ein angeschlossenes medizinisches Unternehmen. Geht großartig.
KRÜGER: Das passt, wirklich, das passt zu meinem Schicksal. Aber das interessiert Sie sicher nicht. Übrigens ... Sie erinnern im Aussehen an Karl Marx. Schadet das Ihnen nicht?
BABA: Sie sind der Erste, der mich darauf aufmerksam macht.
KRÜGER: Man wird Sie noch verhaften mit dem Bart. Nein, das wäre noch human. Man wird Sie auslachen. Auch mein Schicksal.
BABA: Reden Sie weiter. Schicksale interessieren mich. Wir können dabei auf unsere Kinder warten. Ich warte nämlich auf meine Tochter, pardon, darf ich mich vorstellen: ich bin ihr Vater. Sie ist gerade bei Ihrem Sohn. Ich denke, die beiden sind im Augenblick ziemlich beschäftigt. Also.. Erzählen Sie!
KRÜGER: Ich will nicht jammern. Aber ich komme von drüben, das sagt schon alles. Das heißt, jetzt, nach der Vereinigung, sagt man nicht mehr drüben ... Ich weiß nicht, was sagt man?
BABA: Osten. Die Himmelsrichtung ist geblieben.
KRÜGER: Finden Sie? Es heißt, auch dort ist jetzt der Westen. (seufzt) Wie soll man sich da noch zurechtfinden. Seit der Staat weg ist... Sie wissen welcher? Seitdem bin ich so was wie heimatlos, das können Sie sich nicht vorstellen. Ich bin ja nur noch ein Gespenst. Sie kennen die Zeile: Ein Gespenst geht um in Deutschland? Hier sitzt es. Jetzt dürfen Sie lachen.
BABA: Wo ist die Pointe?
KRÜGER: Die liegt doch auf der Hand. Ich war als Parteimitglied, ja, dazu steh ich. Immer auf Seiten der Schwachen und Gedemütigten. Hätte nie gedacht, dass ich mal selbst einer von ihnen werde. Ich habe nichts mehr. Im wortwörtlichen Sinne: nichts. Ich bin vollkommen pleite. Konnte gerade noch die U-Bahn bezahlen.
BABA: Fahren Sie doch schwarz.
KRÜGER: Schon allein wegen des Wortes "schwarz" kann ich es nicht. Ich bin am Ende, so viel Ende gibt es gar nicht. Mich hindert nur eine lang zurück liegende Grausamkeit vor dem Selbstmord. Ich habe einen Sohn. Ein Treppenwitz der Geschichte. Fünf Tage vor dem Mauerbau ging meine Frau mit dem Jungen in den Westen. Ohne es mir zu sagen! In den Westen! Aber ich blieb. Ich verrate doch nicht meine Ideale. Und jetzt? Man ignoriert mich, ich existiere für die Leute nicht mehr. Wäre es nicht humaner, mich totzuschlagen? Man sagt doch, das war eine Revolution. Bitte ... Wenn Revolution, dann totgeschlagen. (Pause) Sie hören ja wirklich zu. Darf ich Sie küssen? Auf sozialistisch natürlich.
BABA: Nein, danke. Sie riechen aus dem Mund.
KRÜGER: Pardon.
BABA: Nicht zu ändern. Das ist der Sozialismus. Er liegt ihnen noch im Magen. Sie sollten ihn schleunigst in den Darm schicken Richtung Ausgang. (KRÜGER reißt sich das Hemd auf) Ist Ihnen schlecht?
KRÜGER: Töten Sie mich! Hier! Erschießen Sie mich! Oder sind Sie mit Ihrem Spott schon zufrieden?
BABA: Ich habe keine Pistole bei mir und gespottet habe ich auch nicht. Mann! Warum nehmen Sie sich so ernst? Wir alle sind Nichtse, wir alle. Durch und durch nichts. (holt das Buch aus der Jackentasche) Weitere Fragen beantwortet Ihnen mein Buch. Achtzehnfünfzig das Stück.
KRÜGER (blickt auf den Titel, gibt es zurück): Der Geist und das Nichts. Man muss Westler sein, um dergleichen zu goutieren.
BABA (steckt das Buch weg): Irrtum, ich war ursprünglich Ostler, genau wie Sie. Ja, ich konnte ein wenig am Sozialismus schnuppern. Aber dann folgte ich doch lieber dem Duft von Bohnenkaffee und Amizigaretten. Wahrscheinlich habe ich beim Übertritt in den Westen Ihrer Frau den Koffer getragen. Übrigens ließ ich eine geschwängerte Frau zurück. Wundert Sie das?
KRÜGER: Keinesfalls, das passt zu Ihnen. Sie sind, erstens ein Kapitalist und, zweitens, was dazu gehört, ein Schuft.
BABA: Ein Kapitalist, von mir aus. Aber dann einer mit Schuldgefühlen. Ich werde alles wieder gutmachen, mit Zins und Zinseszins, wie es sich für einen Kapitalisten gehört. (Pause) Sie scheinen es noch nicht zu wissen. Ihr Sohn ist ein Wunderheiler. Sehen Sie, er hat nun mal Ihre Gene: Er will die Menschheit heilen.
KRÜGER (reißt sich das Hemd auf). Na los! Wenn Sie nicht schießen können, dann spucken Sie doch! Hier! Direkt auf mein Herz!
BABA: Dann müssten Sie auch die Brust aufreißen.
KRÜGER (sieht draußen MARTIN und KATRIN kommen, knöpft sich das Hemd zu): Sind sie das?
BABA: Ich nehme an. Jedenfalls ist das meine Tochter. (MARTIN und KATRIN kommen durch die Ladentür)
MARTIN (zu BABA und KRÜGER): Beginn erst in zehn Minuten
BABA (steht auf): Ich weiß, mein Sohn. (Zu KRÜGER) Entschuldigen Sie. Mein geistiger Sohn.. (zu MARTIN) Komm in meine Arme! (will ihn umarmen)
(GAETANO kommt von oben über die Treppe)
MARTIN (wehrt sich gegen die Umarmung): Lassen Sie das.
KRÜGER: Jawohl! Lassen Sie ihn sofort los
GAETANO (zu MARTIN): Das ist Sin-Baba! Du weißt doch. Das Buch
BABA (holt das Buch hervor, hält es hoch): Siehe mein Werk! (MARTIN fällt auf die Knie) Was denn.. Bist du schwach auf den Beinen?
KATRIN: Was soll das Theater.
BABA: Wir wollen nicht übertreiben.
MARTIN: Ehrwürdiger Vater!
KATRIN: Ist das der Papst? Steh auf!
KRÜGER: Von wegen Papst. Und sein Vater ist er auch nicht! Ich bin dein Vater, Martin!
BABA (zieht MARTIN hoch): Steh schon auf! Sonst schlägt sie uns.
KATRIN (zu KRÜGER): Was sind Sie?
KRÜGER: Sein leiblicher Vater! Martin! Erkennst du mich nicht? Gerhard Krüger.. Aus Berlin.. Ost-Berlin.. Guck mich wenigstens an! Du warst so klein, jetzt bist du groß, du hast dich sehr verändert, aber ich nicht, du musst mich erkennen! Ich bin es wirklich!
KATRIN: Ist noch jemand da, der die Vaterstelle beansprucht?
MARTIN: Ja, ich erkenn ihn. Dieses Schwein! Für mich ist er tot.
KRÜGER (reißt das Hemd auf): Ja! Das hab ich erwartet! Genau das! Na los! Töte mich. Ich hab sowieso schon alles verloren. Nimm mir ruhig noch das Leben, bitte sehr!
JUTTA (kommt von oben): Was ist denn los?
GAETANO: Sagt ich doch. Kumuddel von Papas.
JUTTA: Kuddelmuddel.
GAETANO: Kumuddel.
MARTIN: Ich will nichts mit ihm zu tun haben. Er ist ein Kommunist!
KATRIN: Ach herrjeh.. Gibt es noch so was?
KRÜGER: Ja, ja, ich war einer, und jetzt bestraft mich!
MARTIN: Er hat meine Mutter sitzen lassen. Mit ihrem Kind. Mit mir.
KATRIN: Das ist was anderes.
BABA: Urteilen Sie nicht zu schnell, junge Frau!
JUTTA (zu KRÜGER): Man sieht ja Ihre Brusthaare.
GAETANO: Ha!
KRÜGER (knöpft sich das Hemd zu): Wisst ihr, was ich jetzt bin? Ein Nichts! Keine Arbeit, keine Wohnung.. Kein Ansehen!
BABA (zu MARTIN): Hast du gehört? Nichts!
GAETANO (zu MARTIN): Er wohnt bei dir! Familie hält zusammen! Basta!
JUTTA (ebenso): Ein paar Tage wirst du doch mit ihm aushalten.
KATRIN: Tu einfach, als wär‘s ein Fremder, der um Hilfe bittet.
BABA: So gefallen Sie mir, junge Frau. (zu MARTIN) Es steht dem Nichts nicht zu, sich zum Richter zu machen.
MARTIN: Ja, Meister! (zu seinem Vater) Wo sind deine Sachen?
KRÜGER: Denkst du vielleicht, ich komm mit Beute?
(MARTIN und KRÜGER ab)
JUTTA: Entschuldigt, ich hab zu tun.
BABA: Bitte, lassen Sie sich nicht abhalten.
JUTTA: Pa!
GAETANO: Geld zählen?
JUTTA: Wie kommst du darauf?
GAETANO: Warst du nicht Miete holen?
JUTTA: Pa! (ab nach oben)
GAETANO: Herrschaften gestatten. Gleich ist Sprechstunde. (räumt das Frisierbord leer, stellt Stühle richtig usw.)
KATRIN: Sie sind also sein Vater im Geist.
BABA: Das haben Sie gut gesagt. Und wie geht es Ihrem Vater?
KATRIN: Ich habe keinen.
BABA: Wie? Sie kommen aus der Retorte?
KATRIN: Lassen Sie die Witze. Warum stellen Sie mir nach? Sie glauben wohl, ich hab es nicht gemerkt? (Jemand will die Tür öffnen)
GAETANO (drückt sie zu, schließt ab und zeigt nach draußen fünf Finger): In fünf Minuten!
BABA: Es ist Interesse. Dasselbe Interesse, das Sie jetzt an meiner Person haben..
KATRIN: Sie interessieren mich überhaupt nicht. Aber Sie sind ein Stalker, das verbitte ich mir!
BABA: Ich gebe zu, ich habe Sie gesucht. Jetzt, da ich Sie gefunden habe, begleite ich Sie. Betrachten Sie mich als Ihren als Schutzengel. (GAETANO ab durch den Vorhang)
KATRIN: Wer hat Sie dazu beauftragt?
BABA: Ihr Vater.
KATRIN: Der ist tot! Der starb noch vor meiner Geburt...
BABA: Hat Ihre Mutter gesagt.
KATRIN: Wer denn sonst..
BABA: Sie lebt nicht mehr, nicht wahr? Das tut mir leid.
KATRIN: Also das ist doch die raffinierteste Anmache, die es je gegeben hat. Wieso nennen Sie sich Sin-Baba?
BABA: Sie können Papa zu mir sagen.
KATRIN: Darf ich mal Ihren Ausweis sehen?
BABA: Na schön: Sin-Baba ist mein geistiger Name. Erhalten von einem indischen Guru nach einer langen harten Zeit der Lehre.. Lehre mit ha. Und da Sie offensichtlich nichts von Blutsverwandtschaft halten, prüfen wir mal, ob wir Geistesverwandte sind!
KATRIN: Mit Martin können Sie solchen Quatsch reden, aber nicht mit mir.
BABA: Wollen wir doch mal sehen. (nimmt ihre Hand) Zucken Sie nicht, ich rühre Sie doch gar nicht an... Alles besteht aus Atomen, auch unsere Hände. Und Atome, das haben Sie bestimmt in der Schule gelernt, berühren sich nie. Es sei denn zur Atomschmelze wie bei der Sonne. Aber wir sind ja keine Sonnen. Wenn wir uns also die Hände geben, sind wir meilenweit voneinander entfernt... Und doch! Und doch! Sie haben etwas gespürt! Und jetzt, in diesem Augenblick, geht in unseren Händen etwas hinüber und herüber. Was ist das? Ich sag es Ihnen: Geist! Ja, Geist!.. Spüren Sie’s? (sie entzieht ihm die Hand)
KATRIN: Sie wollten mir Ihren Ausweis zeigen.
BABA: Seit wann muss sich ein Vater bei der Tochter legitimieren? (KATRIN will gehen) Halt, warten Sie! Gut! Ja, weg mit dem Vater! Was für ein Blödsinn, nicht wahr? Was kann Ihnen ein Vater schon geben? Abgesehen von dem Leben, das er Ihnen gegeben hat - mit der Mutter natürlich. Und für sich genommen ist das Leben doch sehr ärmlich. Aber ein Mann, der bereit ist, Ihnen die Welt zu Füßen zu legen.. Lachen Sie nicht, diesen Mann gibt es. Hier steht er. Also bitte! Da der junge Mann mit Wunderhänden, aber sonst sind sie völlig leer, und da der etwas ältere, welterfahren, mit bester Gesundheit, immer gut gelaunt und mit zwölf Bankkonten im In- und Ausland. Er gibt Ihnen, was Sie wünschen. Sagen Sie, was Sie wollen. Sie bekommen es. Nun wählen Sie!
KATRIN: Mephisto aus dem goldenen Westen. Und er spricht: Ich geb dir alles, was dein Herz verlangt, ich will nur deine Seele. Wissen Sie was, ich hab keine.
BABA: Nunja, ich auch nicht..
KATRIN: Sie sind ein Verführer in jeder Hinsicht. Bei mir zieht das nicht.
BABA: Mephisto, Verführer.. Sie übertreiben. Ich bin nur großzügig. Aber ich kann es mir leisten. Ich besitze alle nur möglichen Kreditkarten.
KATRIN: Ja, und Ihr Buch. Dass ein Nichts so viel Geld bringt. Da ist mir der junge Mann mit leeren, aber Wunderhänden lieber. Leider ist er auf Ihr Buch hereingefallen. Ich werde ihm beweisen, dass Sie ein Hochstapler sind. (geht zur Tür, die Tür ist abgeschlossen) Jetzt habt ihr mich auch noch eingesperrt.
BABA: Drehen Sie einfach den Schlüssel rum. (Sie tut es, ab durch die Tür. GAETANO kommt wieder, mit einem CD-Player, steckt das Kabel in die Steckdose, drückt auf den Knopf esoterische Musik) Was ist das?
GAETANO: Atommusik. Gleich geht’s los!
BABA: Achja, richtig. (blickt durchs Schaufenster) Da kommen sie, die Gläubigen... Atome, haufenweis.
GAETANO: Ja. Viel Kundschaft.
BABA: Und siehe da, da bahnt sich auch schon der Atomdoktor seinen Weg. (MARTIN kommt durch die Tür)
MARTIN: Es werden immer mehr! Meister, deine Botschaft verbreitet sich.
BABA: Ja, mein Sohn. Durch deine Hände. Wenn du nichts dagegen hast, möchte ich gern einmal zusehen, wie du das machst. (setzt sich abseits. MARTIN wirft sich in einen Frisierstuhl, lässt rechts und links die Arme baumeln und schließt die Augen)
GAETANO: Jutta! Avanti! Subito!
(JUTTA kommt mit zwei Schüsseln und Handtüchern, GAETANO nimmt eine, dazu ein weißes Handtuch und setzt sich neben MARTIN auf einen Hocker, JUTTA mit der anderen Schüssel und ein Handtuch und tut das gleiche auf der anderen Seite. Jeder nimmt eine Hand, und beginnt sie vorsichtig zu waschen. Gedränge an der Tür, sie geht einen Spalt auf und wieder zu. Aber keiner wagt einzutreten.)
BLACKOUT
2. Akt
Der Salon hat durch eine erweiterte Dekoration (Kerzen, Blumen) einen halbsakralen Charakter erhalten.
(GAETANO und JUTTA kommen über die Treppe herunter)
GAETANO: Ich sage: warte. Wird alles gut.
JUTTA: Achja? Und das hier? Geht man heut in die Kirche zum Haarschneiden?
GAETANO: Du willst streiten. Ich nicht. Nicht heute. Ich bin glücklich.
JUTTA: Gratuliere.
GAETANO: Wirst auch glücklich. Komm mal her du. (legt den Arm um ihre Taille, flüstert) Alles wird besser! Viel besser.. Wir machen es wie in Amerika. Kommen groß raus. Mit Fernsehen, weißt du. Zuerst Interview mit Martin, dann eine Show, später eigenes Programm, vielleicht sogar eigener Sender. Pay-TV. Capisce? Erst zahlen, dann wundern.
JUTTA: Tano!
GAETANO: Millionär! Wir werden Millionär.
JUTTA: Niemals! Dann kommt doch alles raus.
GAETANO: Was?
JUTTA: Das hier!
GAETANO: Was hier?
JUTTA: Die Scharlatanerie.
GAETANO: Sprich nicht ausländisch zu mir.
JUTTA: Schwindel. Oder glaubst du etwa daran? (Stille) Mein Gott! Er glaubt daran!
GAETANO: Ich glaube nicht, ich weiß. Die Leute kommen, immer mehr kommen, und manche jeden Tag.
JUTTA: Ja. Und werden jeden Tag neu geheilt.
GAETANO: Natürlich. Man holt auch Brot vom Bäcker immer wieder.
JUTTA: Dieser Baba ist ein Betrüger! (Die Ladentür geht auf, BABA kommt)
BABA: Guten Tag, allseits. Einmal Haarschneiden, bitte!
GAETANO: Eh! Meister! (zu JUTTA) Siehst du. Auch Haarschneiden ist noch!
JUTTA: Pa! (ab nach oben)
BABA (setzt sich in einen Frisierstuhl, GAETANO legt ihm das Tuch um): Ärger?
GAETANO: Frauen!.. Meister, hier oben aber nicht viel Haare.
BABA: Bart, nicht Kopf!
GAETANO: Lang oder kurz?
BABA: Mittelkurz.
GAETANO: Schönes deutsches Wort... (Er beginnt zu schnippeln)
BABA: Ziemlich leer hier, was? Sie sollten Leben in die Bude bringen. Dann brauchten Sie den ganzen Wundertrubel nicht mehr.
GAETANO: Wundertrubel?
BABA: Glauben Sie mir: Wunder enden einmal, aber Haare wachsen immer.
GAETANO: Die Leute sparen bei Haaren, nicht bei Wundern.
BABA: Da kann ich nicht widersprechen. Was, wenn Sie was ganz Neues bringen? Tattoos auf Glatzen?
GAETANO: Still! Nicht mit Bart wackeln. Ich hab Neues. Was meinen Maestro vom Heilen der ganzen Welt?
BABA: Ja, die muss geheilt werden, unbedingt.
GAETANO: Also machen wir Wunderheilung wie in Amerika.
BABA: Amerika?
GAETANO: Über Fernsehen. Ganz schnell wird man Millionär. Sie sagen „ja“? (nimmt das Tuch weg) Fertig.
BABA: Wie viel?
GAETANO: Dreißig.
BABA: Einverstanden. 30 Prozent. Von allen Fernseheinnahmen!
GAETANO: Maledetto! 30 Mark kostet Bartschnitt!
(Die Ladentür geht auf, MARTIN kommt)
MARTIN: Meister! Ich muss dich sprechen.
BABA: Guten Morgen, mein Junge, du siehst schlecht aus.
GAETANO: Liest zu viel im Buch!
MARTIN: Ja, es geht mir nicht gut. Schlafe schlecht. Muss immer an sie denken.
BABA: An wen, lieber Junge?
MARTIN: Tag und Nacht denke ich: Katrin. Wo ich stehe und gehe, sie ist in meinem Kopf: Katrin. Aber im Buch heißt es: Alles ist nichts! Sie ist also nichts! Warum muss ich immer an sie denken? Wo sie doch nichts ist. Oder denke ich an nichts, wenn ich an sie denke?
BABA: Gute Frage.
GAETANO: Also, ich denke, die Hormone..
BABA: Halt den Mund! (zu MARTIN) Vielleicht ist sie mehr als Nichts? Schon Geist? Dann umarme sie!
MARTIN: Wirklich? Darf ich das? Meister, wir hatten schon Sex...
BABA: In diesem Falle ist Sex eine geistige Handlung.
GAETANO: No! Sex verboten!
BABA: Und warum?
GAETANO: Hat Gott eine Frau? Siehst du. Und nur deswegen das Universum und alles.. Mit Sex keine Wunder mehr, Martin!
MARTIN: Meinst du?
GAETANO: Si. Wer macht große Wunder? Nur Heilige ohne Frauen.
BABA: Ja, weil zu ihrer Zeit Sex Sünde war. Heute gehört Sex zu den guten Umgangsformen zwischen Mann und Frau.
GAETANO: Aber er ist nicht verheiratet! Also Sünde.
BABA: Dann wird er sie heiraten. Ja, warum nicht? Alt genug ist er.
MARTIN (sieht nach draußen): Da! Da kommt sie! Wie sie geht. Seht mal, wie sie die Beine wirft. Herrlich.. Als stieße sie einen Fußball vor sich her.
BABA (steht auf): Das trifft sich gut. Lasst mich allein. Martin, wenn ich dich rufe, kommst du und sprichst mir nach, was ich sage. Wort für Wort! Denk daran. Los, verschwindet beide, ab nach oben! (MARTIN und GAETANO über die Treppe ab)
KATRIN (kommt durch die Tür): Ist Martin hier?
BABA: Hier nicht, dort nicht. Weiß der Himmel, wo wir sind!
KATRIN: Reden Sie keinen Blödsinn. Sein Vater sagt, er sei hier.
BABA: Sein Vater! Hören Sie mal lieber auf Ihren eigenen Vater.
KATRIN: Geht das schon wieder los … Reicht es nicht, dass Sie sich bei Martin zum Vater machten? (will gehen)
BABA: Einen Augenblick, warten Sie. Er kommt gleich. Ich bin Ihr Vater, und das will ich Ihnen jetzt beweisen... durch eine einmalige Vaterliebe. Ich sage die Wahrheit. Ja, ich gestehe! Ich gestehe alles. Alles was hier geschieht, ist Schwindel, reines Theater. Katrin, du bekommst alle Fakten von mir. Mach daraus die Story des Jahres. Du wirst eine berühmte Journalistin, Martin geht in eine Therapie und ich geh in den Knast. Siehst du, so spricht ein echter Vater zu dir.
KATRIN: Was Sie mir so großzügig sagen wollen, weiß ich doch längst! Wie gefällt Ihnen das: Zipperlein aus Angst und Kummer heilt hier unsre Zaubernummer.
BABA: Gaetanos neuer Werbeslogan?
KATRIN: Kann er haben, wenn er will. Was hier vorgeht, ist doch uralt. Der Glaube versetzt Berge, man könnte auch sagen: Der Glaube ersetzt den Arzt. Psychosomatische Krankheiten lassen sich durch Besprechen oder Handauflegen heilen. Das weiß man doch. Im Mittelalter hätte man Martin verbrannt.
BABA: Und dann spricht man immer von der guten alten Zeit. Da wir gerade von Martin reden.. Ihr habt doch schon gebumst. (KATRIN gibt ihm eine Ohrfeige) Wie nützlich doch so ein Vollbart ist. Ein biologischer Airbag. Also, mein Kind, in einer anständigen Familie wird dann geheiratet. Die Kosten übernimmt dein Vater. Das wird die Hochzeit des Jahres. Wir werden den Regierenden Bürgermeister einladen. (ruft) Martin! (MARTIN erscheint oben auf der Treppe, kommt herunter, hinter ihm GAETANO, ganz laut, mit Blick zu MARTIN) Liebe Katrin..
MARTIN: Liebe Katrin..
BABA: Ich liebe dich.
MARTIN: Ich liebe dich.
BABA: Werde mein und heirate mich!
MARTIN: Werde mein und heirate mich!
BABA (zu KATRIN): Siehst du, er macht dir einen Heiratsantrag.
KATRIN: Heiratet ihr doch.. ihr Affen! (ab durch die Tür)
MARTIN: Und was jetzt?
GAETANO: Alles paletti. Keine Gefahr für Wunder.
BABA: Klarer Fall, sie hat angebissen, sie will's bloß nicht zeigen, deswegen läuft sie davon. Lass sie zappeln, sie soll sehen, wer der Stärkere ist. (zu GAETANO) Ich habe mit Martin noch was zu besprechen. Unter vier Augen.
GAETANO: Kein Problem. Ich mach meine zu.
BABA: Geh! Oder du erlebst ein Wunder!
GAETANO: Ja, gerne.
MARTIN: Tano! Wenn der Meister befiehlt, hast du zu gehorchen! (GAETANO will nach hinten abgehen)
BABA: Nach oben! (GAETANO kommt widerwillig zurück, geht über die Treppe nach oben ab) So, und jetzt entspannen wir uns. Bitte setz dich. (MARTIN setzt sich, BABA sieht sich um) Das alles entstand aus meinem Buch?
MARTIN: Ja, Meister.
BABA: Ich bin ergriffen. Ehrlich gesagt, ich würde gerne sehen, wie es weitergeht, wie es wächst und sich verbreitet, über die ganze Erde vielleicht... Ja, das hat was.. Andererseits: Eine weltweit expandierende Idee wird entweder eine Religion oder ein Konzern. Das eine wie das andere ist mir zu anstrengend, ich bin ja fast schon Rentner... Also, Martin, um die Sache abzukürzen. Hören wir auf damit, machen wir Schluss!
MARTIN: Schluss? Ich verstehe dich nicht.
BABA: So, du verstehst mich nicht. Das erste Mal, was? (beginnt auf und ab zu gehen) Nun hör mal gut zu. Ich verrat dir jetzt was. Weißt du, wie man auf die Schnelle ein Buch schreibt? Man mische fremde Gedanken mit eigenen zu einer Soße, würze sie mit dem Pfeffer der Frechheit, verleihe ihr eine schillernde Farbe und gebe ihr einen großartig klingenden Namen, schon reißen sich die Leute darum. Und warum? Weil sie ihre Alltagskost satt haben. Das ist menschlich. Wir sind ständig auf der Suche nach einem neuen, wilden, berauschenden Geschmack. Ich gestehe, selbst ich war besoffen von meiner Soße, zumindest anfangs. Aber es ist doch nur Soße, mein Buch, das merkte ich bald, und heute wird mir übel davon, aber so lange es Geld bringt, nehme ich das in Kauf. Bloß, verdammt nochmal, ich begreife nicht, wie meine Soße zur Hauptmahlzeit werden kann. Martin, in den Ausguss damit! Kipp sie weg Und ernähre dich mit guter, alter Hausmannskost.
MARTIN (fängt an zu kichern, dann lacht er): Meister, du bist göttlich!
BABA: Achja?
MARTIN: Ja! Natürlich! Das Buch eine Soße! Eine Soße! Meister, ich sehe, du prüfst mich schon wieder. Und jetzt erlaube, dass dein Schüler antwortet! Wie kann das Buch schlecht sein, wenn es glücklich macht? Die Zeitung hat meinen Vertrag gekündigt. Macht nichts! Ich bin glücklich! Ich lache darüber! Früher hatte ich Angst, zu spät zu kommen, kein Geld zu haben, ja, ich hatte Angst vor Spinnen und Polizisten! Verschwunden! Ich lache, wenn ich eine Spinne sehe! Ich geh sogar bei Rot über die Straße! Und warum? Ich kenne die Wahrheit. Alles ist nichts! (steht auf und fällt vor BABA auf die Knie) In jener langen Nacht, als ich dein Buch las, wurde ich neu geboren. Ich bin dein Kind, Meister!
BABA: Wie leicht man Vater wird. Und wie schnell die Kinder altern! Das hier war bei der Geburt schon erwachsen. (zornig) Ich bin nicht dein Vater, hörst du! Der da oben, der bei dir, der ist dein Vater. Und, zum Donnerwetter, steh endlich auf! Ehrlich! Du solltest mal deine Knie untersuchen lassen! (MARTIN steht auf)
MARTIN: Aber er ist ein schlechter Vater! Er hat mich und meine Mutter im Stich gelassen.
BABA: Vor dreißig Jahren! Und genau genommen hat deine Mutter ihn sitzen lassen... Ach was! Was sollen diese alten Geschichten. Ich befehle dir, ihm zu verzeihen!
MARTIN: Ich gehorche. Aber er verdient es nicht.
BABA: Keiner verdient, was er verdient. Dafür gibt es die Tarife. (mit Blick zum Fenster) Dein Vater steht schon die ganze Zeit vor dem Laden. Du weißt, was du zu tun hast. Ich gehe jetzt. Auch ich muss etwas tun. Nicht zu glauben! Ich will mich arbeitslos machen und man erlaubt es mir nicht. (Ab durch die Ladentür. MARTIN steht einen Moment versunken, dann schlägt er juchzend in die Hände. Die Ladentür geht auf, KRÜGER kommt.)
KRÜGER: Ich hab draußen gewartet, ich wollte euch nicht stören. Aber sag mal, was war das vorhin? Eine orthopädische Behandlung?
MARTIN: Schweig. Ich muss dir etwas sagen.
KRÜGER: Ja, gut. Aber erst muss ich dir was sagen. Es ist mir ein wenig peinlich... (fingert am Halsausschnitt des Hemdes)
MARTIN: Lass das.
KRÜGER: Hab keine Angst. Ich bring mich nicht um.
MARTIN: Aber das Hemd! Es ist mein Hemd! Du machst es kaputt!
KRÜGER: Es beengt mich! Also, erstens.. Wenn du mich für deine vaterlose Kindheit verantwortlich machst, dann bitte ich um Entschuldigung. Zweitens, ich bitte dich.. (fingert am Hemdausschnitt)
MARTIN: Du machst es schon wieder! In einer Woche hast du mir die Knöpfe von drei Hemden abgerissen.
KRÜGER: Sie sind mir eben zu eng. Was wolltest du sagen?
MARTIN: Dass ich dir verzeihe. Gut so?
KRÜGER: Ausgezeichnet. Aber weißt du.. Ich muss wenigstens einen Knopf aufmachen. (tut es) Danke, dass du mir verzeihst. Und jetzt.. Martin.. Zweitens.. Weißt du.. Es ist beschämend. Ich lieg dir auf der Tasche. Ich will arbeiten! Meine Hände schreien nach Arbeit! Mein Geist schreit nach Arbeit! Arbeit! Arbeit!
MARTIN: Oder schreit er nach Geld?
KRÜGER: Ich hasse Geld! Vergiss nicht: Ich war Kommunist! Und ich bin es immer noch.. tief hier drin.. (öffnet das Hemd)
MARTIN: Lass das! Überall liegen hier schon Knöpfe rum!
KRÜGER: Ich könnte für dich arbeiten, wirklich. Und du brauchst es. Zum Beispiel. Gestern habt ihr einen Rollstuhlfahrer glatt vor der Tür stehenlassen. Ich hab ihn rein geholt. Der Mann war nachher sehr begeistert von dir. Und die Blumen könnt ihr doch nicht so einfach ins Waschbecken werfen. Das verletzt die Gefühle der Frauen! Ich kann mich um so was kümmern.
MARTIN: Aber erst musst du das Buch lesen und glauben!
KRÜGER: Natürlich! Ich kann lesen. Und glauben.. Was denkst du, wie ich darin geübt bin. Ich bin Spezialist im Glauben.
MARTIN: Dann sag es. Glaubst du an meine Wunder?
KRÜGER: Aber sicher. Ich glaube, ich glaube. Soll ich auf die Knie gehen? (fällt auf die Knie)
MARTIN: Und an das Nichts. Das ist vielleicht das Schwierigste, an das Nichts zu glauben. Glaubst du daran?
KRÜGER: Ja, ja, ich glaube daran, so schwierig ist das gar nicht, im Gegenteil. Ich bin ja schon ins reine Nichts gefallen. Und ich sehe, wie die ganze Welt darin versinkt. Mir gefällt das, wirklich. Nein, deine Weltanschauung ist die einzig wahre! Mir geht das nicht leicht über die Lippen, mein Sohn, aber ich sag es: Du bist größer als Lenin!
MARTIN: Ehrlich? (GAETANO kommt von oben)
KRÜGER: Du beglückst alle Menschen, arm und reich.
MARTIN: Das stimmt. (KRÜGER steht auf, zu GAETANO) Gib ihm Arbeit.
GAETANO (zu KRÜGER): Willkommen im Team.
KRÜGER: Mit Leib und Seele diene ich jetzt der großartigen Idee meines Sohnes. In mir habt ihr einen Organisator mit internationaler Erfahrung. Ich werde alles in einen größeren Rahmen stellen.
GAETANO: Fernsehen!
KRÜDER: Jawohl. Und Rundfunk, Printmedien... Ich mache sofort einen Plan.
MARTIN: Die Kerzen!
KRÜGER: Die Kerzen?
GAETANO: Si. Die Kerzen. Sehr wichtig. Müssen immer gleich sein. Am besten, Sie besorgen sich Zollstock.
KRÜGER: Sofort. (Er beschäftigt sich mit den Kerzen)
GAETANO (reicht MARTIN Geldscheine): Und das ist für dich. Aus Spendenkasse.
MARTIN: Nein! Ich brauche kein Geld.
GAETANO: Womit willst du Miete zahlen?
MARTIN: Gut, behalt es als Miete!
GAETANO: Bene. (zählt ein paar Scheine ab, reicht den Rest MARTIN) Und das bleibt übrig. Nimm.
MARTIN: Wirf es weg.
GAETANO: Mach du es. Dafür gibt es Geschäfte. Geh hin und schon ist es weg!
MARTIN (nimmt die Scheine, zerreißt sie): Geld ist nichts, nichts, nichts. (wirft die Schnipsel auf den Boden.)
GAETANO (sammelt sie auf) Bravo. Das wird Weihnachtsgeschenk für Jutta. Ein Puzzle. (Geräusche von draußen) Was ist los? (geht zum Schaufenster) Santa Maria.. So viele Leute!
MARTIN: Sie sind zu früh. Sag ihnen, erst in einer Stunde!
GAETANO: Werden immer mehr!
MARTIN: Ich brauch eine Pause, ich muss mich sammeln!
KRÜGER: Ich sag Bescheid. (geht zur Tür, macht sie auf, da wird er auch schon von den Leuten überrannt und reißt MARTIN mit zu Boden, GAETANO kann sich retten).
BLACKOUT
(MARTIN und KRÜGER, dieser mit einer Tasche)
KRÜGER: Jetzt sollst du sehen, wie ich Wunder bewirken kann. (holt aus der Tasche zwei rote Fahnen) Die kommen rechts und links vom Bild.
MARTIN: Rote Fahnen?
KRÜGER (bringt rechts und links die Fahnen an): Rot ist die Farbe der Liebe. Wir tun alles aus Liebe zu den Menschen. Du besonders.
MARTIN: Ja, das stimmt.
KRÜGER: Ich kann dir sagen, bei mir ist es nicht anders. (betrachtet sein Werk) Wie ein Sonnenaufgang! Ach, mein Junge.. Selbst im tiefsten Abgrund findet sich noch ein Sonnenaufgang! (Er holt aus der Tasche ein Bild: zwei ineinander greifende Hände. Er heftet das Bild unter das Atombild.)
MARTIN: Was ist das?
KRÜGER: Zwei liebende Hände. Die eine ist die Doktorhand, die andere die Patientenhand. Gemeinsam für die Heilung der Menschheit!
MARTIN: Ja.. Aber eigentlich tut das mehr meine Hand.
KRÜGER: Sei nicht überheblich. Ohne Patient ist auch ein Doktor nichts. So... Und jetzt, pass auf. Hier, zwischen die Kerzen kommt das Wichtigste. Rat mal.. Jawohl! Das Bild des geistigen Vaters! Das Porträt vom Gründer unserer Bewegung!
MARTIN: Von Sin-Baba? Es gibt keins.
KRÜGER: Ich weiß. Aber jede Idee braucht ein menschliches Gesicht. Und eine großartige Idee braucht ein großartiges Gesicht. Ich hab nach einer Lösung gesucht, war nicht so einfach, aber dann.. eine Erleuchtung... (holt aus der Tasche ein Foto mit Rahmen) Sieh mal. Die Ähnlichkeit! Vor allem der Vollbart! Ich war wie vom Donner gerührt. (stellt das Foto zwischen die Kerzen, es zeigt Karl Marx) Denen, die da behaupten es sei Karl Marx, die sind krank. Die trauern immer noch Karl Marx nach, das muss man denen klarmachen. Denn das hier ist eindeutig Sin-Baba! Bei den Haaren musste ich ein bisschen retuschieren... Sin-Baba! Was für ein Genie.. Der Verkünder der großartigsten Idee aller Zeiten, die da lautet: Nichts ist alles und alles ist nichts.. Martin, du heilst nicht nur den Körper, du heilst auch den Geist! Schluss mit der geistigen Krankheit des Menschen: dem Egoismus. Martin, das Nichts ist die endgültige Befreiung. Die Befreiung von der Unterdrückung durch Menschen und Dinge.. Kein Konsumterror mehr, zum Beispiel.... Weißt du, was diese sogenannte „Wende“ ist? Bloß eine Drehung nach oben auf der Wendeltreppe der Geschichte. Wir sind jetzt höher, viel höher: auf der Stufe des atomaren Kommunismus! Er lebe hoch! (Die Ladentür geht auf, KATRIN)
KATRIN: Hei!
MARTIN (dreht sich um, überrascht): Katrin..
KRÜGER: Lasst euch nicht stören. Ich habe eine Menge zu tun. (Er holt im Folgenden Spruchbänder oder Plakate aus dem Koffer, offenbar aus DDR-Zeiten. Das Wort „Sozialismus“ hat er mit „Nihilismus“ überklebt, so dass sie z.B. so lauten: "Nihilismus für Frieden und Fortschritt“ usw. Diese Spruchbänder und Plakate bringt er an den Wänden an, ein Spruchband hängt er ins Schaufenster: „Mit Nihilismus zum neuen Menschen!“ MARTIN und KATRIN beachten ihn nicht, sie sind vollauf mit sich beschäftigt)
MARTIN: Katrin!
KATRIN: Du hast mich gerufen?
MARTIN: Psst..
KATRIN: Na, was ist?
MARTIN: Ich ... ich kann nicht mehr ohne dich.
KATRIN: Na so was! Ich bin doch ein Nichts!
MARTIN: Ja, aber ein geistiges! Und so dürfen wir Sex haben! Heute Abend?
KATRIN: So. Geistig .. Naja. Das hast du von diesem Sin-Baba, stimmt's?
MARTIN: Ja.
KATRIN: Ja, reden kann er, viel zu gut. Ich sag dir was. Vor zwanzig Jahren gab es einen Spekulanten, der zog den Leuten das Geld aus der Tasche mit seiner Behauptung, er würde es mit 18 % verzinsen. Und dann verschwand er mit dem Geld. Was meinst du, wenn er das ist?
MARTIN: Wer?
KATRIN: Dein Baba.
MARTIN: Ganz und gar unmöglich..
KATRIN: Besorg mir seinen Ausweis.
MARTIN: Lies sein Buch, das ist sein Ausweis!
KATRIN: Schietbuch!.. Ich hab dir was zu sagen.
MARTIN: Was denn?
KATRIN: Etwas ist geschehn. (deutet auf ihren Bauch)
MARTIN: Bauchschmerzen? Soll ich dich heilem?
KATRIN: Gott, bist du doof. Aber das macht nur dieser Witzbold von Baba. Den hau ich noch in die Pfanne, sollst du sehen. (entdeckt die Dekoration) Himmel, seid ihr jetzt völlig durchgeknallt?
KRÜGER: Wunderbar, was?
KATRIN: Nee. Ich wunder mich gar nicht mehr.. Ich muss in die Redaktion. (zu MARTIN) Ich werd sagen, sie können vorläufig nicht mit dir rechnen, du bist völlig versackt. Aber warte! Ich hol dich raus! (ab durch die Tür)
MARTIN: Wie sie redet. Kein Wort verstanden. (wendet sich an seinen über eine Arbeit gebeugten Vater) Hast du zugehört?
KRÜGER: Nein. Hat sie was gesagt?
MARTIN (sieht sich um): Was ist das?
KRÜGER: Na, was denkst du?
MARTIN: Ich weiß nicht.. Sprüche.. Das sind Sprüche.
KRÜGER: Slogans sind das! Weißt du, das ist eine Kunst. Aus einem ganzen Buch einfache Sätze machen, die jeder versteht. So kriegen wir auch die Dümmsten.
MARTIN: Und das viele Rot..
KRÜGER: Sonnenaufgang, Leidenschaft, Feuer, Weltbrand, Weltrevolution! Was dagegen?
MARTIN: Dass Rot so rot sein kann... Doch, ja! Gefällt mir! Wie in einem Thronsaal..
KRÜGER: Thronsaal? Na weißt du. Du bist vielleicht naiv. Das ist nicht der Purpur der Könige, das ist das Rot des .. das Rot der.. das Rot ... Du könntest recht haben. Vielleicht doch ein bisschen viel Rot.
MARTIN: Nein, lass es. Es ist ein Leuchten aus der Zukunft und darin die Worte „Frieden, Freiheit...“ Sehr mystisch! Gefällt mir.
KRÜGER: Ja! Mystischer Nihilismus. Das Wort können wir gegebenenfalls noch hinzufügen.
MARTIN: Klingt schön...
(GAETANO kommt über die Treppe herunter, sieht verdutzt die Dekoration und dann das Foto)
GAETANO (zeigt auf das Foto): Ein Heiliger?
KRÜGER: Das ist Sin-Baba, das siehst du doch. (Plötzlich klatscht eine Tomate gegen die Scheibe.)
GAETANO (wendet sich um): Was war das?
MARTIN: Eine Tomate..
GAETANO: Eh.. (ruft) Jutta! Avanti! Jutta! (JUTTA kommt von oben)
JUTTA: Was ist?
GAETANO: Fenster wischen! (sieht sich um) Kannst auch lassen. Passt zur Dekoration.
JUTTA (sieht den Tomatenfleck): Was für ein Schwein war denn das? (läuft die Treppe herab, geht ab hinter den Vorhang. BABA kommt durch die Ladentür)
MARTIN: Meister, man bewirft uns mit Tomaten!
BABA: Ja, so ein Bengel, nicht wahr? Ich hab ihn mir geschnappt. Er sagte, du hättest seinen Vater von der Arthrose geheilt, jetzt kann er wieder prügeln, das fand der kleine Kerl gar nicht nett. (sieht die neue Dekoration) Was ist das hier?
KRÜGER: Unser neues Design.
MARTIN: Es stellt den Sonnenaufgang dar, unseren Sonnenaufgang, Meister! Die Menschen werden erwachen und glücklich in die Zukunft sehen.
GAETANO: Wenn ich so erwache, ich schreie: Feuer.
KRÜGER: Bitte, Tano, ja? Ich gebe mir alle Mühe, die Gedanken unseres Meisters zu verbreiten.
BABA: Nihilismus...
KRÜGER: Unsere Idee muss zwecks Verbreitung einen Namen haben. Und dieser Name beinhaltet das Nichts.
BABA: Ich erinnere mich, ihn schon einmal gelesen zu haben.
KRÜGER: Man kann noch hinzufügen: Mystischer.
BABA (zeigt auf das Foto): Auch der kommt mir bekannt vor.
KRÜGER: Das sind Sie. Erkennen Sie sich nicht?
BABA (sieht sich das Foto an): Vielleicht ist das Bild etwas unscharf ... Merkwürdig ... Die Kleidung! Die war vor über hundert Jahren modern.
GAETANO: Vielleicht war der Meister schon mal da? Und ist jetzt Wiedergeburt?
MARTIN: Unmöglich. Der Meister kommt aus der Zukunft.
GAETANO: Die Zukunft hat Gesicht der Vergangenheit. Das ist mystisch.
KRÜGER: Ich sehe, das Wort findet schon Verbreitung. Ich werde es hinzufügen.
BABA: Von mir aus. (zu GAETANO) Was sagt die Geschäftsleitung zu der Firmenfarbe?
GAETANO: Vielleicht kommen jetzt auch Leute aus dem Osten? Der Osten war rot.
BABA: Tano, Sie haben es mal wieder erfasst. (Zu KRÜGER) Erstaunlich, mein Lieber!
KRÜGER: Hoch lebe Baba! Und hoch lebe der mystische Nihilismus!
BABA: Ich bin tief bewegt. Selten hat das Nichts so schön ausgesehen und so viel Begeisterung geweckt. Krüger, Sie sind ein Nestbauer. Vielleicht ein wenig elsternhaft. Ob die Menschheit in das neue Nest hineinpasst, werden wir sehen. Die Tomaten allerdings - selbst wenn sie rot sind - wecken ein wenig Zweifel. Na, warten wir's ab. (JUTTA kommt mit Eimer und Wischlappen)
JUTTA: Wenn ich auch mal was sagen darf: Ich sehe schwarz.
GAETANO: Eh! Nicht meckern! Putzen!
BLACKOUT
3. Akt
Der Friseursalon gleicht jetzt mehr einer Parteizentrale. Die Wand zum Damensalon ist verschwunden. Im erweiterten Raum Stuhlreihen bis zum Fenster auf den Hinterhof. Anstelle der Frisierstühle ein runder Tisch mit weißem Tischtuch, ein gepolsterter Stuhl, zwei weitere Stühle, ein Hocker: der spartanische Arbeitsplatz des Wunderheilers.
BABA (kommt durch die Ladentür, ruft): Kundschaft!
GAETANO (unsichtbar von oben): Geschlossen! (kommt eilig die Treppe herunter) Eh.. Meister..
BABA: Wieso geschlossen? Ist doch offen!
GAETANO: Ja? Mama mia. Frau macht mich verrückt. Muss zur Apotheke.
BABA: Ist sie krank?
GAETANO: Kopfschmerzen. Rückenschmerzen. Bauchschmerzen. Weiß ich.. Alles zusammen.
BABA: Wir haben doch einen Wunderdoktor!
GAETANO: Will nicht. Will Medizin! (ab durch die Tür)
JUTTA (erscheint oben auf der Treppe): Sind Sie allein?
BABA: Ja. Ich denke, Sie sind krank?
JUTTA: Ich habe ihn weggeschickt. Ich muss Sie sprechen.
BABA: Wunderbar... Ich komme hoch.
JUTTA: Nein, ich komm runter. (Sie kommt die Treppe herab, im Morgenrock)
BABA: Sie schweben herab wie ein Engel.
JUTTA: Und zum leibhaftigen Teufel.
BABA: Na hören Sie mal.
JUTTA: Ich bin wütend.
BABA: Sie haben ja nichts darunter.
JUTTA: Hören Sie gut zu: Sie machen Schluss mit dem hier.. Oder ich werf Sie raus! Alle werfe ich raus … Haben Sie mich verstanden?
BABA: Nein.
JUTTA: O doch. Schluss mit dem Betrug!
BABA: Also bitte … Wenn Sie schon nicht an mein Buch glauben, so müssen Sie doch zugeben, dass es sich um ein Geschäft handelt. Wie verkaufen den Leuten Glück und Zufriedenheit, es gibt sogar Wunderheilungen. Und Sie verdienen nicht schlecht dabei!
JUTTA: Mir wird schlecht dabei.
BABA: Denken Sie doch mal nach. Wie war das früher bei Ihnen? Sagten Sie nicht nach einem neuen Haarschnitt jeder Kundin: Sie sehen zehn Jahre jünger aus? Und wie sie dann strahlte, die Kundin. Ich mache nichts anderes. Auch meine Kunden sind glücklich.
JUTTA: Schluss jetzt.. Tano kommt gleich zurück.
BABA: Keine Angst. Er ist mein Bruder. Italienische Linie.
JUTTA: Die italienische Linie dreht durch. Er will mit seiner Gang im Fernsehen auftreten. Und dann kommt die Katastrophe! Das kapieren Sie doch? (zeigt ein nacktes Bein, spielt am Kleidsaum.)
BABA: Was für ein schönes Bein..(nähert sich JUTTA, Geräusch an der Tür)
JUTTA (blickt zur Tür): Sie reden zu viel. (schnell ab nach oben)
(Die Tür geht auf. FRAU STOLZE)
BABA: Noch nicht geöffnet!
FRAU STOLZE: Wieso?
BABA: Wegen Krankheit.
FRAU STOLZE: Gott, ich bin doch auch krank. Was gucken Sie so?
BABA: Woher kenn ich Sie. Aus dem Fernsehen?
FRAU STOLZE: Ja, man kennt mich. Ich leb ja auch schon sechzig Jahre hier. Im Fernsehen war ich noch nicht, bloß im Abendblatt, bei meinem siebzigsten.
BABA: Jetzt hab ich’s. Sie sind treue Kundin vom Atomdoktor.
FRAU STOLZE: Ja, und die Allererste, da war er noch Fotograf.
BABA: Was Sie nicht sagen. Und Sie kommen immer noch?
FRAU STOLZE: Ich lass mich dauernd heilen. Sie! Ich kenn Sie auch! Sie sitzen immer hinten. Der indische Uhu, sagen die Leute. Genauso sehn Sie aus.
BABA: In Indien heißt der Vogel Guru. Also Sie kommen täglich...
FRAU STOLZE: Sagt ich doch. Bin Abonnent. Mit Höchstrabatt. Ich spar eine Menge Geld...
BABA: So. Darf ich wissen, was Sie bisher insgesamt gezahlt haben?
FRAU STOLZE: Sie meinen von Anfang an? (denkt nach) Naja, allerhand...
BABA: Sehen Sie! Sie werden arm, er wird reich. Unter uns: Er wird schon überwacht. Ich verrat Ihnen was. Ich komm gar nicht aus Indien. Ich bin gar nicht Sin-Baba, das ist nur Tarnung. Ich bin von der Polizei und hab mich eingeschlichen... Wissen Sie, wozu er das ganze Geld braucht?
FRAU STOLZE: Er baut ne Klinik.
BABA: Schön wär’s. Er braucht es für sich selber. Für Drogen!
FRAU STOLZE: Nein!
BABA: Und dann hat er Liebschaften!
FRAU STOLZE: Wie viele?
BABA (zeigt die gespreizten Finger)
FRAU STOLZE: Nein!
BABA: Ich bin noch nicht fertig.
FRAU STOLZE: O Gott!
BABA: Ein Patient starb vor drei Tagen. Raten Sie mal, wer sein Haus erbt?
FRAU STOLZE: Ha! Der..
BABA: Übrigens war der Tote ein guter Kunde. Mit Abonnement.
FRAU STOLZE: Nee... Jetzt reicht's. .Ich fühl mich gar nicht gut... Ich muss nach Haus.
BABA: Das bleibt alles unter uns! Streng geheim!
FRAU STOLZE: Versteht sich! So ein Verbrecher! O Gott.... (Ab, stößt fast mit dem eintretenden GAETANO zusammen)
GAETANO: Ziege.. Rennt mich fast um und sagt nicht Mucks! (blickt BABA misstrauisch an) Alles in Ordnung?
BABA: Noch nicht geöffnet!
GAETANO: Gut. (ab nach oben. BABA holt aus der Jackentasche eine Tomate, beginnt sie zu essen. KRÜGER kommt durch die Ladentür, in den Händen eine Plastiktüte)
BABA: Unser Marketing-Chef lächelt. Und siehe, die Sonne geht auf. (isst die Tomate rasch auf)
KRÜGER: Freut mich. Guten Appetit.
BABA: Danke.. Sie freuen sich aber schnell. Wie wär’s mit ner Dosis Ärger?
KRÜGER: Das schaffen Sie nicht. Sie wissen ja: Es ist alles nichts.
BABA: Mal sehn. (Pause) Ich rasier mir den Bart ab. Ratzeputz.
KRÜGER: Nein!
BABA: Und siehe, die Sonne verdunkelt sich.
KRÜGER: Und warum? Aus welchem Grund?
BABA: Meine geistige Entwicklung verlangt es.
KRÜGER: Inwiefern?
BABA: Nach der Stufe „Das hat einen Bart“ folgt die höhere: Der Bart muss ab.
KRÜGER: Sie machen einen großen Fehler. Der Bart ist Ihr Markenzeichen. Man wird Sie nicht mehr erkennen.
BABA: Man soll mich ja erkennen. Vor allem meine Tochter. Mein wahres Gesicht erleuchte sie.
KRÜGER: Glauben Sie, das ist schöner?
BABA: Oho! Sie sind ja verdammt gut drauf. Was haben Sie da in der Plastiktüte?
KRÜGER: Neue CDs. Musik beeinflusst positiv den Heilungsvorgang, das ist erwiesen. Wir werden noch erfolgreicher sein.
BABA: Bei der Esoterikern geschnüffelt, was?
KRÜGER: Ich halte die esoterischen Gruppen nicht für Konkurrenten. Dank unseres wissenschaftlichen Unterbaus sind wir eine ernst zu nehmende gesellschaftliche Kraft. Vielleicht sollten wir uns einmal ausführlich darüber unterhalten.
BABA: Nicht jetzt.. Haben Sie ein Musikstück gegen Kopfschmerzen? Lassen Sie mal hörn.
KRÜGER: Eine Bemerkung vorab. Achten Sie nicht auf das gesungene Wort. (Geht zum CD-Player, legt eine CD ein, drückt den Knopf. Es ertönen Arbeiterlieder) Die Stimmen! Auf die kommt es an. Die Glut! Hören Sie? Eine Hingabe ist das. Man entspannt sich, ist bereit für das Wunder....
BABA: Nein.. Aus! Sofort! Mir kommen die Tränen. Ausschalten! (KRÜGER schaltet den Recorder aus) Haben Sie nichts Indisches?
KRÜGER: Nein.
BABA: Also wenn schon Chöre, dann gregorianische.
KRÜGER: Hören Sie sich doch erst mal hinein.
BABA: Nein, das ist nicht zum Aushalten!
KRÜGER: Erlauben Sie, Ihr musikalischer Geschmack ist etwas verstaubt, ich meine, er ist sehr verbürgerlicht. Bei allem Respekt: Bleiben Sie in unserer Zeit, verzichten Sie auf das Mittelalterliche! (packt die CD wieder ein)
BABA: Und schmeißen Sie Ihre Krücken weg!
KRÜGER: Wie bitte?
BABA: Sie kommen nicht los von Ihrem alten Plunder, was? Brauchen noch immer Krücken für Ihren aufrechten Gang?
KRÜGER: Und Sie? Sie mit Ihrem Bart! Wen machen Sie nach? Aber niemals reichen Sie an Karl Marx heran, niemals, dazu verhilft Ihnen nicht einmal Ihr Buch, das, mit dem „Kapital“ verglichen...
BABA: Reden Sie weiter. Jetzt wird es interessant
KRÜGER: Ja, was Sie da fabrizieren ist Scheiße. Aber ich gebe es zu, Sie leben großartig damit. Das Recht habe ich auch, ich bau mir da was auf, das lass ich mir nicht kaputt machen. Also lassen Sie mich arbeiten. (will gehen, wendet sich noch einmal um) Übrigens, die Reporterin, das ist gar nicht Ihre Tochter. Sie hat überhaupt keine Ähnlichkeit mit Ihnen, ganz im Gegenteil. Sie geiler Typ wollen sich bloß an sie ran machen. (ab durch die Tür)
BABA: Na großartig ...
(MANN kommt durch die Ladentür, mit einem Stock in der linken Hand))
MANN: Wo ist er? Schlag ihn tot, den Kerl!
BABA: Da geht er! (zeigt nach draußen)
MANN: Den doch nicht. Den Doktor. Den atomschen. Die Stolze hat mal wieder Recht. Mausetot schlag ich den.
BABA: Sind Sie nicht ein bisschen zu alt dafür?
MANN: Was?
BABA: Und warum mit der Linken? Ist Ihr rechter Arm lahm?
MANN: Verflucht, ja. Schon sechsmal war ich hier. Und immer hab ich's am nächsten Tag wiederbekommen! Das ist ein ganz Raffinierter! Da ist er ja! (MARTIN kommt durch die Tür, der MANN geht mit dem Stock auf ihn los, BABA packt ihn bei den Armen)
BABA: Dieser Mann .. (er deutet auf MARTIN) Dieser auserwählte Mann heilt die Leidenden und Sie wollen ihn schlagen?
MANN: Ich will mein Geld zurück! Was drücken Sie mich so? Bin ich ne Frau? Loslassen!
BABA (schiebt ihn durch die Tür): Verschwinden Sie. Und sagen Sie allen: wer den Doktor verleumdet, der kriegt es mit mir zu tun! (MANN ab durch die Tür.)
MARTIN: Hast du seine Augen gesehen?
BABA: Martin, es gibt Ärger
MARTIN: So viel Hass in den Augen. Das ist schrecklich.
BABA: Traurig, nicht wahr? Und gestern war er noch dein Fan!
MARTIN: Ich verstehe das nicht. So viel Aufregung und Ärger. Um nichts!
BABA: Und der Ärger wächst. Erst Tomaten, jetzt der Knüppel. Unsere Feinde rüsten auf.
MARTIN: Aber wenn alles nichts ist.. Denk nur! Dann sind auch die Aufregung und der Ärger nichts. Ja, auch Hass, Liebe.. (aufstöhnend) Alles nichts.. Schrecklich!
BABA: Es ist schrecklich! Wirklich, du hast Recht, es ist grauenhaft. Nie hätte ich geglaubt, dass es so weit kommen kann. (erregt auf alles um sich herum mit der Hand weisend) Ja! Das! Das! Und das! Alles falsch, alles Illusion. Aber es funktioniert. Glauben, glauben. Das ist wie Wandeln in einem Traum. Schlafwandler sind wir! Und so leben wir am besten? Was sind wir für sonderbare Wesen.
MARTIN: Ich weiß es
BABA: Nichts weißt du!
MARTIN: Wir sind Gespenster.
BABA: Das meinte ich nicht.
MARTIN: Und wir sind die, die auch noch leiden. Wir leiden die Qual der Wissenden.
BABA: Unsinn. Gespenster leiden nicht...
MARTIN: Ja, wie halte ich das aus?
BABA: Jetzt mach mal ne Pause, geh aufs Klo.
MARTIN: Ich vermisse mich sehr.
BABA: Und sonst nichts? Vielleicht was im Kopf? ... Wieso unterhalt ich mich mit einem Gespenst?
MARTIN (berührt mit seinem Finger Kopf und seinen Körper): Kopf, Körper.. Was ist das? Wahrscheinlich bin ich sehr weit von mir entfernt. Einsamer geht‘s nicht.
BABA: Wenn du nicht mal bei dir selber bist, dann muss woanders eine verdammt gute Party sein. Lass uns hingehen! (tupft sich die Stirn)
MARTIN: Was ich nicht begreife: Warum sind Atome nötig, damit es mich nicht gibt?
BABA: Also jetzt reicht's! Schluss! Schluss! Hör auf zu denken! Wir sind auf dem besten Wege, verrückt zu werden. Ja, jetzt müsste dich jemand in die Arme nehmen. Mama, Papa, Oma, Opa.... Katrin! Warum ist sie nicht hier? (geht auf MARTIN zu) In höchster Not hilft vielleicht auch ein Schwiegervater. (umarmt ihn, küsst ihn, weicht zurück) Geht es dir jetzt besser?
MARTIN: Ich habe deinen Bart gefühlt.
BABA: Na großartig. Die Existenz eines Bartes ist bewiesen.
MARTIN: Der Bart des Propheten! Und nass war sein Kuss. (holt sein Taschentuch aus der Tasche, ein Schlüssel fällt herunter. Er merkt es nicht, BABA hebt ihn auf und steckt ihn heimlich ein. GAETANO kommt herunter.)
BABA: Wie geht es ihr?
GAETANO: Gut. Meckert schon wieder.
BABA: Na fein. Ich hab jetzt was zu tun. Was Dringendes. Bis später, meine Herren! (KATRIN kommt durch die Ladentür, sie trägt ein in Papier eingewickeltes Schild, zu KATRIN) Na so was.. Jetzt laufen Sie mir nach. Stimmt’s? Aber Sie kriegen mich nicht! (ab durch die Ladentür)
KATRIN: Blödmann. Hei, Martin. Auf dem Weg zur Geisterstunde?
MARTIN: Spotte nicht!
GAETANO: Das war Beleidigung!
KATRIN: Na, regt euch ab, ist mir nur so rausgerutscht. Regt euch lieber über euren Meister auf: Das ist ein gesuchter Betrüger!
GAETANO: Schon wieder Beleidigung! In Sizilien darauf Knarre.
KATRIN: Ich werde es euch beweisen! (geht die Treppe hoch)
GAETANO: Wohin?
KATRIN: Zu Ihrer Frau!
GAETANO (zeigt auf das Paket unter ihrem Arm): Und das?
KATRIN: Eine Knarre.. (ab nach oben)
GAETANO (verärgert): Kein Respekt. Schlechte Erziehung ..
MARTIN: Sie ist so. Aber sie meint es nicht so.
GAETANO: Eh Martin! Kuck! (zeigt zum Schaufenster. Von oben flattern Papiere herunter)
MARTIN: Kommt das aus meiner Wohnung?
GAETANO (geht ans Schaufenster): Ja! Fotos! Deine Fotos ...
MARTIN: Ein Einbrecher! (eilig durch die Tür ab.)
GAETANO: Einbrecher... Seit Mauerfall überall Kriminelle.
(BABA kommt durch die Ladentür)
BABA: Wo ist Martin?
GAETANO: Nach oben. Einbrecher in der Wohnung..
BABA: Nicht möglich..
GAETANO: Si. Ganz Berlin kriminell. Russenmafia. Polenmafia. Rumänen Mafia. Albanermafia. Italienische Mafia bekommt schon Fracksausen.
BABA: Tano, ich ahne was.
GAETANO: Was meint Herr Meister?
BABA: Hörst du es nicht? Der Eisberg! Es knirscht unter uns. Wir laufen auf. Oder, wie Martins Vater sagen würde: die Reaktion marschiert.
GAETANO: Nix verstehn.
BABA: Überleg mal. Wie viele Arztpraxen gibt es in der Stadt? Bestimmt Tausende. Und Apotheken? Ebenfalls. Von den Klinikärzten, Krankenschwestern, Heilpraktikern und Gesundheitsbeamten gar nicht zu reden. Mein Freund, das sind Martins Konkurrenten in der Heilkunst. Und sie haben uns den Krieg erklärt. Erst Tomaten, dann der Knüppel.. Hat Martin dir das nicht erzählt? Und gerade kam ich an einem Menschenauflauf beim Bäcker vorbei, man schimpfte, man zeigte hier auf den Laden. So leid es mir tut, Tano. Wir müssen das Geschäft liquidieren.
GAETANO: Liqui..
BABA: Auflösen. Beenden. Finito. Und zwar unverzüglich.
GAETANO: Was heißt unverzüglich?
BABA: Sofort.
GAETANO: No. Knarre her! Das macht Respekt.
BABA: Haben wir denn eine Knarre? (MARTIN kommt)
GAETANO: Einbrecher?
MARTIN: Ja. Sie haben alles zerwühlt..
BABA: Fehlt was?
MARTIN: Nein. Aber das lag auf dem Tisch. (reicht BABA einen Zettel)
BABA (liest laut): Schluss mit dem faulen Zauber. - Schluss mit einem s! - Oder deine letzte Stunde ist gekommen.. Keine Unterschrift.
GAETANO: Feige Hunde!
MARTIN: Wen meinen die?
BABA: Na dich. (reicht MARTIN den Schlüssel) Ist das deiner? (MARTIN steckt ihn ein) Lag draußen auf dem Bürgersteig.
GAETANO: Eh! Warum nicht gleich Schlüssel den Gangstern in die Hand geben? (Pause) Was jetzt?
MARTIN: Wir machen natürlich weiter. Ist doch nichts! (KATRIN kommt über die Treppe herunter)
KATRIN: Was macht ihr weiter
MARTIN: Meine Feinde wollen Kampf, ich nehm ihn an!
GAETANO: Bravo!
MARTIN: Ich habe eine Mission und von der lass ich nicht ab!
KATRIN: Quatsch... Martin, du brauchst Hilfe. Ich werd dir helfen...
BABA: Ja. Besorgen Sie schon mal Verbandsmaterial.
BLACKOUT
(GAETANO und JUTTA)
JUTTA (sich umsehend): Das war mal ein Friseursalon.
GAETANO: Ja, interessant. Einmal war da ein Stall mit Esel und Ochse und heute steht dort eine Kirche.
JUTTA: Der Esel steht hier. (GAETANO greift zum Toupet) Schon gut. Es ist nichts.
GAETANO (nimmt die Hand vom Kopf): Nichts? Was nichts? Erkläre!
JUTTA: Nur eine Kleinigkeit. Sperr die Ohren auf.
GAETANO: Die ganze Zeit sagst du was. Bin schon taub.
JUTTA: Hör mir zu! Du sollst mir zuhörn. Überall modernisieren sie jetzt, bauen die Dächer aus. Und da war ich bei einem Architekten. Er sagt, wir sollten den Dachraum verkaufen. Lass mich ausreden! Der Dachraum ist festliegendes Kapital, sagt er. 100.000 Mark zahlt er uns... Er will eine Dachwohnung bauen.
GAETANO: Einhundert?
JUTTA: Tausend.
GAETANO: 110.000. Besser 120.000. Wirst sehen, er zahlt.
JUTTA: Und wenn wir die Mietwohnungen modernisieren, weißt du, Kachelöfen raus, Zentral-heizung rein, dann können wir die Mieten erhöhen.
GAETANO: Warum sagst du das nicht gleich. (Pause) Du willst ganz anderes sagen.
JUTTA: Gib mir das Toupet. (GAETANO weicht zurück) Also gut. Ich kündige euch! Zum Ersten!
(GAETANO greift sich zum Toupet. Die Ladentür geht auf. BABA tritt ein, in der Hand eine gefüllte Plastiktüte. Hastig drückt GAETANO das Toupet fest.)
BABA: Störe ich? Pardon. Tano, wir müssen sprechen, es ist dringend. Jutta.. Frau Manzoni, bitte, bleiben Sie auch. Am besten, setzen Sie sich. Also. Keine guten Nachrichten. Im Kiez geht das Gerücht, hier läuft ein Betrug ab.
JUTTA: Frechheit! Wer sagt das?
BABA: Frau Stolze war die erste.
JUTTA: Natürlich!
GAETANO: Eine Schlange!
BABA: Und dann der Alte mit dem Rheuma . Jetzt wird überall geredet. Betrug, falscher Doktor, Geldschneiderei. Und so weiter..
GAETANO: Namen, Adresse. Und dann Gericht.
BABA: Nein, wir machen Schluss. Kein Fernsehen, Tano! Wir schließen den Laden. Oder wir kommen aus anderen Gründen ins Fernsehen.
GAETANO: Was ist das: Verschwörung?
BABA: Seht mal raus! Da sind sie schon.
GAETANO (sieht durch die Gardine): Alles Kundschaft.
JUTTA (ebenfalls): Die sehn eher nach Krawall aus...
GAETANO: Wir rufen Polizei.
JUTTA: Nein, Tano! Schluss jetzt!
GAETANO: Still! Ich, Gaetano Manzoni, bestimme: Wir machen weiter! (Eine Tomate fliegt gegen das Schaufenster) Das gibt Anzeige!
BABA: Tano, sei vernünftig!
GAETANO: Wer Erfolg hat, hat Feinde. Wer viel Erfolg, viele Feinde. Ist normal.
BABA: Das da draußen ist normal?
GAETANO: Ja. Wie am 1. Mai. Alles Chaoten. Morgen vorbei.
JUTTA: Die werden ja immer mehr. Sieh mal, einer hat einen Baseballschläger. Vielleicht sollten wir doch die Polizei rufen.
BABA: Nein, nicht nötig. Ich hab ein Beruhigungsmittel. (klopft auf die Plastiktüte. Tür geht auf, KATRIN kommt atemlos, als sie BABA sieht, stutzt sie) Kommen Sie ruhig rein. Hier wird jetzt Schicksal gespielt!
KATRIN: Ausgezeichnet, denn ich bin Ihr Schicksal. Gleich werden Sie's sehn. Ich muss erst mal verschnaufen. Da draußen ist die Hölle los. (Zu GAETANO und JUTTA) Wo ist Martin?
JUTTA: Hier nicht..
KATRIN: Er muss sofort verschwinden! Irgendwer hat gestreut, Martin sitzt auf einem Haufen Geld. Jetzt wollen sie ihr Geld zurück.
BABA: Sie bekommen es zurück. Mein liebes Kind, du wirst jetzt deinen Vater mal von seiner schönsten Seite kennenlernen.
KATRIN: Können Sie nicht mit dem Unfug aufhören? Hier geht es vielleicht um Leben und Tod!
BABA: Nein, nur um Geld.
GAETANO: Ruhe! Ich, Gaetano Manzoni, Geschäftsleitung, sage: Ruhe! Nerven behalten!
JUTTA (nachäffend): Ich, Gaetano Manzoni.. (zornig) Du steckst bis zum Hals im Dreck!
KATRIN: Gebt mir das Geld. Ich geh raus und verteil es.
GAETANO: Sie ist verrückt!
BABA: Wie viel habt ihr denn eingenommen? (GAETANO flüstert etwas.)
JUTTA: Lauter!
GAETANO: Soll Finanzamt hörn?
BABA: Sagen Sie es mir ins Ohr. (GAETANO flüstert ihm ins Ohr) Oha.
JUTTA: Genau. Oha.
GAETANO: Davon müssen noch Kosten ab.
BABA: Ein florierendes Unternehmen. Schade. Vorbei.
GAETANO: Vorbei? No! (Ein Stein fliegt durchs Schaufenster)
JUTTA: Es geht los!
GAETANO: Möglicherweise vorübergehend vorbei.
(MARTIN kommt hereingestürzt, seine Nase blutet, seine Kleidung ist verrutscht)
KATRIN: Martin! (fängt ihn auf) Was ist passiert?
JUTTA: In den Stuhl. Schnell. (MARTIN wird in den Stuhl gesetzt) Kopf nach hinten.. (hält ein Tuch unter den Wasserhahn, wischt ihm das Gesicht, macht es noch einmal nass, faltet es) Legen Sie ihm das unter den Nacken. (KATRIN macht es. KRÜGER kommt durch die Tür.)
KRÜGER (aufgelöst): Feiglinge, alles Feiglinge! (sieht MARTIN) Gott sei Dank, er ist gerettet. Ich warf mich dazwischen. Aber ich war Luft für sie. Sie wollten Martin. Ich konnte überhaupt nichts tun.
GAETANO (durch das Loch im Schaufenster rufend): Bravo! Mordversuch! Kommt alles in Anzeige!
JUTTA: Geh weg da! Oder willst du ein Loch in den Kopf!
KRÜGER (heftig): Unerhört.. Sie haben mich einfach ignoriert! Das kann ich nicht durchgehen lassen. (stellt sich neben GAETANO ans Schaufenster, reißt das Hemd auf, schreit) Na los! Schmeißt nur! Schmeißt alle Steine der Stadt auf mich! Steinigt mich! (nichts geschieht) Na bitte. Kommt, stellt euch neben mich. An meiner Seite seid ihr vollkommen sicher. (wendet sich ab) Und ich hätte so gern für meinen Sohn gekämpft.
KATRIN: Er steht immer noch unter Schock.
MARTIN: Wasser! (JUTTA gibt ihm ein Glas Wasser, er trinkt.) Ich weiß nicht, was da los ist. Geschrei.. Geschubse.. Ein Stoß in den Rücken. Dann noch einer.. Und immer: Betrüger! Betrüger! Ich glaube, sie meinen mich. Ich sollte ihnen böse sein. Aber ich kann nicht. Nein! Sie wissen ja nichts! Unwissend sind sie. Meister, sie haben das Buch nicht gelesen. Man muss sie aufklären. (steht auf) Ich geh raus und rede zu ihnen.
KATRIN: Sie wollen ihr Geld zurück, sonst nichts.
MARTIN: Ja, nichts. Ich will ihnen sagen, was Geld ist. (Er öffnet die Tür, wird von Tomaten getroffen, GAETANO zieht ihn zurück, schließt die Tür.)
KRÜGER: Und jetzt Tomaten. Dass sie sich nicht schämen!
GAETANO: Ja, kein Respekt. (wütend) Kommt alles in Anzeige!
JUTTA: Jetzt ruf ich die Polizei.
KATRIN: Moment, fragen wir doch mal den Meister. Was sagt der dazu?
BABA: Danke, meine Liebe. Ich dachte schon, ihr hättet mich vergessen. Na klar geben wir ihnen das Geld zurück.
GAETANO: No!
JUTTA: Ja!
GAETANO: Dann sollen sie auch die Wunder zurückgeben.
BABA: Ach was Wunder. Humbug war das.
GAETANO (würdevoll): Sprechen Sie deutsch mit uns!
BABA: Gut, auf Deutsch: Betrug, ja, Betrug. Feiner ausgedrückt, Wahn. Sinnestäuschung. Illusion. Vom höheren Standpunkt ein Witz.. Martin! Hörst du eigentlich zu? (Zu den anderen) Wären Sie so freundlich, ihm klarzumachen: ich bin ein Meister im Erzeugen von Wahn.
MARTIN: Der Meister scherzt wieder.
KRÜGER: Diesmal geht er aber zu weit!
BABA: Durchaus nicht. (zu KATRIN) Ist die junge Journalistin so nett und erzählt den Anwesenden, was sie herausgefunden hat?
KATRIN: Gern. Ja, er ist ein Betrüger! Ein Finanzbetrüger! Ich habe über ihn was in unserm Archiv gefunden, da war er auch schon eine Sensation, damals trug er allerdings noch keinen Vollbart. Er hat das Geld von Anlegern veruntreut. Seitdem wird er polizeilich gesucht.
GAETANO: Ich... Ich... (hebt die Hand zum Toupet)
JUTTA: Lass das!
GAETANO: Ein Messer! Ich muss töten!
KRÜGER (reißt sich das Hemd auf): Jaja! Hier! Tötet mich! Immer wieder werde ich reingelegt.
MARTIN: Meister, verwirr die armen Menschen nicht.
BABA: Gegen ein Zeitunsgarchiv vermag ich nichts. Ja, das ist die Wahrheit, Martin. Und was ich im Buch geschrieben habe … Alles Quatsch. Jaja.. Das wahre Nichts! Aber herrlich war’s doch. War es nicht lustig? Und es hat uns sogar reich gemacht!
MARTIN: Und die Heilungen? Meine Wunder?
BABA: Wie gesagt. Einbildung. Autosuggestion.. Massenwahn. Das kann man dir nicht vorwerfen. Die Leute wollten es. Die waren ja ganz wild danach. (MARTIN sinkt zusammen)
KATRIN: Das hätten Sie freundlicher sagen können.
JUTTA: Er hört ja gar nicht.
GAETANO: Meister macht Witze.
KRÜGER: Für den ist alles ein Witz! Dieser Mistkerl steht immer auf der richtigen Seite der Geschichte.
BABA: Ach Krüger, Sie müssten doch Bescheid wissen! Sie haben das schon einmal erlebt, mit Ihrem Sozialismus, das war doch auch ein Massenwahn... Übrigens, in Indien war ich nie. Aber ich kenne ein indisches Restaurant. Mein Buch (zeigt es) ist ein Spaß, aber bevor es zur Tragödie wird, machen wir klugerweise Schluss. Mein Leben... Wenn das einer geschrieben hat, dann war auch der ein Witzbold. Ich bin im Osten, in Weimar, geboren, kurz vor dem Mauerbau ging ich in den Westen. Dass ich eine geschwängerte Frau zurückließ, erfuhr ich zu spät. Jetzt, nach dem Fall der Mauer, dachte ich, kann ich meine Tochter in die Arme schließen. (zeigt auf KATRIN) Da steht sie. Und um das Wunder vollzumachen, bekam ich auch noch einen Sohn, einen geistigen, und der füllte mir die Taschen voll Geld. Wenn das kein Witz ist.
KATRIN: Frechheit! Sie sind ein Lügner!
BABA: Du glaubst es nicht? (zu MARTIN) Du sahst sie doch in aller Schönheit! Was hat sie auf der rechten Arschbacke?
KRÜGER: Jetzt macht er auch noch auf proletarisch. Widerlicher Kerl.
BABA (zu KATRIN): Ein Jahr nach deiner Geburt bekam ich von deiner Mutter den ersten und letzten Brief. Sie schrieb, sie bedauere, dass du ein Vatermal hättest – sie schrieb wirklich Vatermal. Und weißt du warum? Merkwürdigerweise habe ich es an der gleichen Stelle wie du, sieht aus wie ein kleines Kleeblatt. Ganz schön lustig, was? Na, wer lässt zuerst die Hose runter? Du oder ich?
KATRIN: Das glaub ich nicht.
KRÜGER: Immerhin wäre das ein Dokument, das er nicht fälschen kann. Es sei denn, es ist ein Tattoo.
BABA: Dann schrieb sie noch, ich solle zum Teufel gehen und du würdest nie erfahren, wer dein Vater ist.
JUTTA (zu KATRIN): Soll er die Hose runter lassen?
GAETANO: Si! Wollen sehen, was mystisch ist an ihm.
KATRIN: Nein, hört auf. Ja, ich geb es zu, es muss so sein. Ja, dieser Lump ist mein Vater. Nein, nein, nein. Erzeuger! Bloß Erzeuger! Und ich fühl mich nachträglich bei meiner Erzeugung vergewaltigt, es ist abscheulich, ich könnte..
BABA: Nanana...
MARTIN: Ich hab’s geküsst! Immer wieder! (Man trommelt von außen auf die Schaufensterscheibe.)
BABA: Leute, ich muss hinaus.
KATRIN: Ja, gehn Sie! Haun Sie ab! Ich wünschte, ich könnte sagen: Und nehmen Sie Ihre Genen mit!
BABA: Eine Journalistin darf nicht übertreiben!
KRÜGER: Klappe! Sie hundsgemeiner Ausbeuter!
MARTIN: Aber warum das? Das alles?
BABA: Mein Junge, beruhige dich. Das Leben spielt mit uns wie die Katze mit der Maus. Und am Ende: Haps! Mach es wie ich. Spiel mit der Katze!
JUTTA: Und darum betrügen Sie?
GAETANO: Schlimmer wie Mafia! Mafia ist ehrlich kriminell!
KRÜGER: Wissenschaftlich heißt das "Kapitalismus".
BABA: Betrügen? Ich bitte Sie! Wie war das mit den Aktien? Da glaubten alle, ich könnte im Handumdrehen ihr Geld verdoppeln. Und schon reichten sie es mir rüber, sie drängten es mir auf ... Übrigens: Wer bei mir sein Geld verlor, hat auch seine Leichtgläubigkeit verloren, und das ist doch auch was wert, und jetzt, entschuldigt, jetzt gehe ich hinaus und rufe die Revolution aus. Ich denke, genug Pulver habe ich. (hält JUTTA die geöffnete Plastiktüte hin)
JUTTA (sieht hinein): Du meine Güte. Das sind ja alles Hunderter.
MARTIN: Nein! (steht auf) Der Meister ist schwach geworden. Ich nicht! Ich gehe hinaus. Und wenn sie mich töten .. Sollen sie, sollen sie. Ich bin nicht der Erste und nicht der Letzte, der sein Leben für seinen Glauben hingibt.
KATRIN (hält ihn zurück): Großartig. Aber lass dir zuvor noch was sagen.
BABA: Genosse Krüger, kommen Sie! Ein Bad in der Menge, das wird uns gut tun.
KRÜGER: Ersaufen sollen Sie!
(BABA öffnet die Tür, wird von einer Tomate getroffen, ab durch die Tür)
KATRIN: So! Damit ihr’s wisst! Ich hab nie einen Vater gehabt!
JUTTA: Na, ich weiß nicht..
KRÜGER (zu MARTIN): Wieviel ist denn in der Kasse?
GAETANO (am Fenster): Eh! In die Luft schmeißt er alles. Das ganze Geld! Jetzt prügeln sie sich.. Ha! Sie prügeln ihn. . Er reißt aus. Schade...
KATRIN (zu MARTIN): He! Sieh mich an! Bin ich nichts für dich?
MARTIN: Ich! Ich bin ein totales Nichts!
KATRIN: Na, das weiß ich besser.
JUTTA: Nichts! Das Wort kann ich nicht mehr hören.
GAETANO: Ich auch nicht. Aber, Seniora, wir stehn vor dem Nichts!
MARTIN: Ich bin tot.
KRÜGER: Ich hab's schon mal erlebt. Geht vorbei.
KATRIN (zu MARTIN): Fass mich an! (nimmt seine Hand, legt sie auf ihre Brust) Ich hab dir was zu sagen. Du wirst Vater.
JUTTA: Der nächste.
KRÜGER (am Fenster): Die wollen gar keinen Glauben, nicht mal eine Idee, die wollen Geld, immer nur Geld. (schreit) Bande elende! Man sollte mit euch nur noch Geschäfte machen!
JUTTA: Schrein Sie nicht rum.. (zu KATRIN) Hat er’s kapiert?
KATRIN: Weiß nicht. Er rührt sich nicht. (JUTTA schüttet ihm ein Glas Wasser ins Gesicht)
MARTIN (kommt zu sich): Was... Was ist passiert?
KATRIN: Du bist Vater. Mann! Das ist passiert! Vater bist du!
KRÜGER: Ja, so was passiert. Übrigens, mein Junge, jetzt wirst du Geld brauchen. Ohne das gibt's nicht mal ne Windel. Du hast doch was?
MARTIN: Vater? Ich?
KATRIN: Jetzt komm mir nicht so!
KRÜGER: Also ich steh dazu. Ich bin Großvater und, bitte, mit Leib und Seele ... (zu MARTIN) Schweizer Konto? Auch nicht? Du hast nichts? Das ist wirklich verrückt.
MARTIN: Vater? Ja wie denn?
GAETANO: Eh! Ein Wunderkind!
KATRIN (zu JUTTA): Gibt es hier einen Fluchtweg?
KRÜGER: Wozu? Es gibt keinen Westen mehr im Westen.
JUTTA: Nach oben, durch die Wohnung!
MARTIN: Ein Sohn? Hab ich einen Sohn? Wo ist er?
KATRIN: Los, komm schon. (zieht MARTIN die Treppe hinauf und ab)
KRÜGER: Ich komm mit. Halt! (zu GAETANO) Tano, mein Geld! (Ein Stein fliegt durchs Fenster) Ist nicht so eilig. (ab nach oben)
GAETANO: Im Eimer! Alles futschikato! (Lärm von draußen, Polizeisirene) Mama mia, ich töte mich. (reißt sich das Toupet vom Kopf)
JUTTA: Moment! (holt aus einem Versteck ein längliches Schild, dreht es nach vorn, darauf steht: PIZZERIA MANZONI) Und das über die ganze Fassade. Ich sag dir was. Daraus wird ein blühender Laden. Und noch was. Auch du wirst Vater.
GAETANO: Ein Wunder? Ich warne dich.
JUTTA: Allein deine Arbeit!
GAETANO: Gut. Natürlich Junge. Ein Italiano.
JUTTA: No. Ein Mädchen. Eine Deutsche.
GAETANO: Wer bestimmt das?
JUTTA: Ich.
GAETANO: Ich bin Vater.
JUTTA: Na und?
GAETANO: Was Na und? In Sizilia ..
JUTTA: Wir sind nicht in Sizilien!
GAETANO: Si, ein Fehler.. Ti amo, bella mia.
JUTTA: Ich weiß. Und jetzt halt die Klappe.
BLACKOUT
ENDE