Da laufen sie herum mit dem Smartphone vor
der Nase auf der Suche nach dem
nächsten Post oder dem nächsten Video.
(Wann gibt es den Nasenhalter fürs
Smartphone?)
Und sie starren auf etwas, von dem sie
nichts haben. Rein gar nichts haben sie! Sie
können es weder anfassen, noch riechen und
der Blick ist äußerst begrenzt, sie sehen
nur das, was man ihnen zeigen will, nicht
das Drumherum.
Zu Tausenden postet man sich appetitlich
gefüllte Teller zu. Und klickt begeistert ein
Herzchen drunter, ein Smiley, ein
Like.
Es ist wie im Märchen mit dem Kaiser ohne
Kleider. Alle beglückwünschen den
Kaiser zu seinen Kleidern. Aber wehe, da
kommt ein kleines Kind und ruft: „Ätsch! Er
ist ja nackt!“
Genau das könnte man dem zurufen, der so
einen gefüllten Teller sieht:
„Menschenskind! Das kannst du doch gar
nicht essen!“
Was geht da eigentlich vor? Das muss doch
einen Sinn haben? Einen Zweck? Denn
schließlich kostet das Starren auf den
großen oder kleinen Bildschirm und das
Anklicken unsere Zeit und unsere Kraft.
Was bekommen wir dafür?
Nichts. Im Gegenteil. Uns wird etwas
genommen. Post für Post wird unser Leben
reduziert. Bald leben wir mehr in der
Fiktion als in der Wirklichkeit.
Wieso tun wir uns das an? Wir besitzen
doch Sensoren, die jeder Technik überlegen
sind: unsere Sinne. Wir können riechen,
wir können fühlen, wir können schmecken,
können hören und können sehen, was immer
auf der Welt zu sehen ist!
„Trinkt, o Augen, was die Wimper hält, vom
goldnen Überfluss der Welt!“ schrieb
Gottfried Keller in seinem
Abendlied.
Ein Abendlied. Und tatsächlich: Fühlt es
sich nicht an wie eine Menschendämmerung?
Wir reden vom Klimawandel. Aber es gibt
auch einen Menschenwandel. Und wie
beim Klimawandel, beginnt auch dieser
Wandel schleichend und wird erst kurz vor der
Katastrophe sichtbar sein.
Wir sind in Gefahr, zu Bits und Bytes zu
werden.
Für unseren Körper brauchte es eine
Entwicklung von Milliarden von Jahren.
So ein Produkt gibt man doch nicht einfach
so auf.
Mensch, renaturiere dich!