Er fuhr zur Arbeit. Der Himmel war hellgrau, die Straßenlampen brannten noch. Gleich würde er die aufgehende Sonne tief zwischen den Baumstämmen sehen, und darauf freute er sich.
Plötzlich gab es einen Bums am linken Kotflügel, er bremste, stieg aus. Sein Wagen war neu. Gab es einen Schaden? Nein. Er sah zurück. Da lag etwas auf der Straße.
Es war eine Katze. Er glaubte, sie sei nur bewusstlos, aber da entdeckte er Blut unter ihrem Kopf. Es floss noch, sehr schnell entstand eine Blutlache. Er tippte den Körper an, nein, da war kein
Leben mehr. Er sah sich um. Er könnte einfach weiterfahren, aber dann stellte er sich vor, was mit dem Körper geschehen würde, wenn die nächsten Autos darüber fahren. Mit spitzen Fingern fasste
er eine Pfote und legte die Katze am Gartenzaun des nahen Hauses nieder.
Als er am Nachmittag heimfuhr, erkannte er sofort den schwarzen Fleck auf der Straße, aber die tote Katze am Gartenzaun war verschwunden.
Zwei Tage später, beim Jogging, kam er an einem Baum vorbei, an dessen Stamm war ein Din-A-4-Blatt geheftet. Er blieb stehen. Das Foto auf dem Blatt zeigte die Katze, die er überfahren hatte.
Jemand bat um telefonischen Bescheid bei Sichtung der Katze. Lange betrachtete er das Foto. So genau hatte er sich die Katze damals nicht angesehen. Bevor das Bild ihn zu schmerzen begann, lief
er weiter, dann sah er den gleichen Aushang an einem anderen Baum. Er brach seinen Lauf ab und kehrte nach Haus zurück.
Während er sich duschte, fragte er sich, ob er anrufen solle. Er konnte schon das entsetzte Schweigen am anderen Ende der Leitung hören. Ach was, dachte er, wozu anrufen. Bestimmt würde der
Finder der toten Katze den Aushang lesen und den Besitzer anrufen.
Aber der Aushang wurde in den nächsten Tagen nicht abgenommen, im Gegenteil. Überall hing jetzt die Vermisstenanzeige der Katze.
Er ärgerte sich. Wieso schweigt der Katzenfinder? Weiß er denn nicht, wie der Katzenbesitzer immer noch hofft? Die Katze ist tot, tot, tot! Die kommt nie wieder!
Er änderte seine Joggingstrecke und um den Fleck auf der Straße nicht zwei Mal am Tag zu sehen, nahm er ab sofort einen Umweg zur Arbeit. Und er blieb dabei.. Als seine Frau ihn bei einer Fahrt
in die Stadt fragte, warum er den Umweg nehme, wollte er es schon sagen. Dann sagte er, die Strecke hier sei bequemer.