Gunnars Sohn hatte mich zu seinem Geburtstag eingeladen, es war sein 40. Nicht zu glauben. Ich hatte ihm noch die Milchflasche gegeben. Jetzt war er Vater von zwei halbwüchsigen Söhnen. Die Gäste
saßen am Kaffeetisch in einer lebhaften Unterhaltung. Wir, Lasses Vater und ich, die ältesten unter den Gästen, fühlten uns nach einiger Zeit auf freundliche Weise übersehen wie alte Gemälde an
der Wand, die zwar einigen Wert haben, aber nicht sehr interessant sind. Dann stand Lasses Vater auf, ich folgte ihm, und dann taten wir, als müssten wir uns die Wohnung ansehen.
Begegneten wir uns, gingen vorsichtig aneinander vorbei, als gelte es, einen Verkehrsunfall zu verhindern. Schließlich fand Gunnar im Papierkorb eine Zeitung. Er setzte sich in eine Ecke und
begann zu lesen. Und ich stand vor dem Tisch mit Lasses Geburtstagsgeschenken. Ein Karton mit der Abbildung eines Fischschwarmes fiel mir auf. Aha, ein Computerspiel, dachte ich. Hinter mir
rührte sich etwas, es war Lasse, dem mein Interesse aufgefallen war. Ich fragte ihn, ob er schon in dem Alter sei, dass er lieber am Computer angle als im See, da lachte er. Tatsächlich war es
ein Gerät zur Ortung von Fischschwärmen. Wenn er zukünftig mit seinem Segelboot hinaus fuhr, würde er mit dem Echolot Fischschwärme finden, in die er seine Angel auswerfen konnte. Dann
griff er zu einem postkartengroßen Gerät und erklärte, dass er auf dessen kleinem Bildschirm sehen könnte, wo er sich gerade auf der Erde befand.
„Hätte ich damals gebrauchen können “, sagte ich und wollte ihm ein Erlebnis erzählen, aber da war er schon wieder bei seinen Gästen.
Bei einen Spaziergang vor gut dreißig Jahren hatte ich mich im Wald verirrt. Ich versuchte, den Weg zurück zu finden. Schon dunkelte es zwischen den Baumstämmen, Panik packte mich. Da beschloss
ich, dem Sonnenlicht in den Baumwipfeln zu folgen. Zumindest lief ich jetzt nur noch in einer Richtung. Plötzlich tat sich der Wald auf, vor mir lag das Dorf. Und am Horizont war etwas
golden Strahlendes. Eine Trompete war auf mich gerichtet und ich hörte eine Fanfare. Noch nie in meinem Leben hatte ich so viel Glück empfunden wie in diesem Augenblick.
So etwas würde Lasse mit seinem wunderbaren Navi-Gerät nicht erleben. Und ich dachte: Offenbar werden wir Menschen älter, aber die Dinge immer jünger. Es scheint sogar, wir Menschen
veralten, während um uns herum dauernd Neues entsteht. Übrigens: Weiß die Sonne schon, dass auch sie zum alten Eisen gehört?
Und dann dachte ich, ein Geschenk gab es auf dem Tisch nicht. Ein großartiges Geschenk. Gern hätte ich es Lasse gesagt, aber wahrscheinlich hätte er es nicht verstanden.
Es ist die Erinnerung.
Sein Vater las noch immer die Zeitung. Ich setzte mich zu ihm und blickte wie er hinein. Und dann sah ich rechts oben auf der Seite das Datum. Die Zeitung war von voriger Woche.