Ich tu es nicht gern, aber ich werde Sie jetzt erschrecken. Bitte halten Sie einen Schnaps bereit.
Heute Nachmittag im Supermarkt. Ein Haufen Menschen am Eingang lauert auf einen leeren Einkaufswagen. Da rollt einer heran, ein Rentner und ein Jugendlicher stürzen hin, der Rentner erreicht ihn
als erster, der junge Kerl reißt ihm den Wagen weg, darauf reißt der Alte ihm den Wagen weg, umgehend kriegt er eine gepfeffert, worauf der Rentner zweimal „Polizei“ schreit. Nichts rührt
sich, ist ja auch kein Polizist da, und der Frechdachs verkrümelt sich.
Eine Stunde später schiebt eine elegante Frau auf High-Heels ihren vollen Einkaufswagen zu ihrem geparkten Auto, da stoppt sie. Moment mal, da war doch noch was. Das Kind! Wie auf einem Seil
balancierend läuft sie los, mit völlig unnötiger Eile, denn anders als verlorene Geldbörsen werden Kinder beim Fundbüro abgeliefert.
Erleichtert legt sie ihr Schätzchen aufs Kassenlaufband, man macht sie aufmerksam, das Kind sei kostenlos, worauf sie sich bedankt und nach Treuepunkten fragt.
Und abends in den Nachrichten: Ein Zahnarzt habe seine Frau an der Autobahn-Tankstelle vergessen. Wieso ist das eine Nachricht wert? Das Auto hatte er doch.
Das erschreckt Sie nicht? Das finden Sie bloß komisch? Entschuldigen Sie, das erschreckt mich. Ich muss wohl deutlicher werden. Also hören Sie gut zu.
Da haben Sie sich was Neues gekauft und in Ihr vermeintlich sicheres Heim gebracht, wo Ihnen nichts passieren kann.
Irrtum, ganz schrecklicher Irrtum! Denn jetzt passiert es.
Jedes der neuen Dinge will an seinem richtigen Platz stehen, manche wollen zuvor noch gewaschen werden, das teuerste Stück stellen Sie sogar mehrfach um, bis es von allen Seiten gut zu sehen ist.
Und kriegen nicht mit, dass Sie jetzt von dem Ding ständig beobachtet werden.
Die großen Dinge stellen sich Ihnenin den Weg, Sie müssen einen Bogen, vielleicht sogar einen Umweg um sie machen – und nun rechnen Sie mal aus, wie viele Kilometer im Leben das sein werden. Und
die kleinen Dinge warnen Sie, ihnen zu nahe zu kommen. Sie konnten sie beschädigen und zur Strafe machen sie sich unbrauchbar und Sie müssen ein neues Ding kaufen. Das sind sie, die
Außerirdischen, getarnt als Dinge, sie sind die wahren Herrscher der Welt, und wer das noch nicht erkennt hat, der wird bis zu seinem Lebensende ihr Sklave sein.
Er muss den Dingen gehorchen. Und deren Gesetze sind aufgeschrieben in den sogenannten Gebrauchsanweisungen:: „Fasst uns nur mit trockenen Händen an! Wischt den Staub von uns! Stellt uns nicht in
eine Wärmequelle! Haltet Kinder fern! Tut etwas für unsere Entwicklung und kauft immer das neuste Modell von uns!“
Sie glauben das nicht? Die Versklavung ist doch nicht zu übersehen! Da putzen Frauen jeden Tag an Gegenständen herum, beim kleinsten Fleck fangen sie an zu polieren und können nicht mehr aufhören, bis die komplette Wohnung glänzt.
Und was die Männer betrifft.. Haben Sie noch nie erlebt, wie ein Mann ein furchtbares Geheul ausstößt, nur weil Sie seinen neuen Wagen mit ungewaschenen Händen berühren?
Jetzt begreifen Sie wohl, was wirklich dahinter steckt, wenn Menschen sich um einen Einkaufswagen prügeln oder ihre Kinder und Ehepartner vergessen.
Sie glauben mir immer noch nicht? Aber ich muss es doch wissen! Ich besitze eine Werbeagentur und arbeite Tag und Nacht für die Dinge! Ich muss sie unter die Menschen bringen. Ich bin zuständig
für ihre Verbreitung und ihren Sieg über die Menschheit!
Übrigens, meine Agentur steht zum Verkauf. Sind Sie interessiert?