Mein Telefon war kaputt, der schwedische Telia-Mann kam schon am nächsten Tag mit seinem Auto angefahren. Er hatte einen kleinen ergrauten Spitzbart und sein belustigter Blick schien mich die
ganze Zeit aufzufordern, ihm einen Witz zu erzählen. Aber mir war nicht danach. Er nahm den Hörer, klopfte und horchte an ihm herum. Dann ging er hinaus, zog die Aluminiumleiter von seinem Auto,
stellte sie an die Hütte und schon wenige Minuten später rief er vom Dach, wo die Telefonleitung vom Mast ins Haus ging: „Hey! Du kannst mal deinen Freund anrufen.“
Gunnar heißt er, wohnt etwa 10 km entfernt von hier. Der freut sich immer, wenn es bei ihm klingelt, auch wenn man sich nur nach dem Wetter bei ihm erkundigt. Ich klingel ihn also an.
Eine Minute später rufe ich zum Dach hinauf: „Es ist Japan dran, glaub ich.“
„Jaso. Ist dein Freund in Japan?"
„Nein, er wohnt hier im Dorf.."
„Wieso ist er dann in Japan?“
„Er ist doch nicht in Japan.. Ich meine.. Das Telefon ist in Japan.. Das heißt..“
Verdammt, ich kann immer noch nicht perfekt Schwedisch.
„Jaso.“
Der Mann rutscht mikt Gerassel die Leiter runter, 1geht in die Hütte, greift sich den Hörer und spricht mindestens 50 Wörter, so viel hat ein Schwede in meiner Gegenwart noch nie
gesprochen.
Er legt den Hörer auf und sagt: „Die Leitung ist in Ordnung.“ Dann blickt er mich scharf an. „Vielleicht ist dein Freund doch in Japan?“
„Mit dieser Nummer?“ Ich erlaube mir den Gesichtsausdruck eines Kunden, der am Können eines Fachmannes zu zweifeln beginnt. „Bitte, wähl selbst!“
Er wählt, es ist noch ein altes Scheibentelefon, ich höre das Rufzeichen und dann, wie Gunnar am Apparat ist. Sofort unterhalten sie sich über das Wetter.
Nach einer Weile legt der Telia-Mann den Hörer auf.
„Dein Freund sagt, das Wetter ist genau wie im letzten Jahr, nur schlechter.“
Er geht hinaus, nimmt die Leiter, schiebt sie aufs Auto und weg ist er.
Um ehrlich zu sein, ich trau dem Braten nicht. Das ging mir alles viel zu schnell.
Ob ich mal einen Test mache? Aber wenn wieder Japan am Apparat ist? Ich kann doch nicht mit Japan telefonieren, wenn ich mit Gunnar sprechen will.
Schließlich nehme ich allen Mut zusammen und wähle seine Nummer.
Und wieder legt ein Japaner los, ohne nach Luft zu schnappen.
Entsetzt lege ich auf. Was ich bis jetzt schon an Auslandsgebühren zu zahlen habe, geht auf keine Kuhhaut.
Es klingelt. Das Telefon klingelt. Wunderbar. Der Teil funktioniert. Was jetzt?
Vorsichtig hebe ich den Hörer ab.
„Ja?“
Es ist Gunnar..
„Hör mal, ich hab gerade Besuch.. Ein finnischer Junge. Der will unbedingt mal mit dir telefonieren. Häng nicht wieder ein.. Matthäi, sag mal was..“
„Verdammter Bengel!“, denke ich, lege den Hörer auf den Tisch und bringe mich in einiger Entfernung in Sicherheit. Aus der Ferne hört es sich an, als zerschlage jemand mit einer Klappe begeistert
etwas Gläsernes.
Das dauerte gefühlte 30 Minuten. Nicht so schlimm. Ein Ortsgespräch.
Danach waren wir alle glücklich, der Junge wegen des Gespräches und ich wegen des funktionierenden Telefons.