Komödie
Die Personen (3 m, 2 w)
PROFESSOR, mit Gehstock, Fachgebiet Robotik
SONJA, seine Tochter und Assistentin
FRANK, Sonjas Liebhaber / ROBOTER (spielt ein und derselbe
Schauspieler)
FOTOGRAFIN
REPORTER / ROBOTER MARCO (spielt ein und derselbe Schauspieler)
Bühnenbild
Das Wohnzimmer im Hause des Wissenschaftlers. Links in der Wand ein Fenster.
In der breiten Wand gegenüber dem Publikum eine Tür zu Sonjas Schlafzimmer.
Rechts ist eine weitere Tür zu den anderen Räumen und zum Hauseingang. Falls nicht möglich,
dann ist sie dort für den Auf- und Abgang der Schauspieler zu denken.
Das Mobiliar usw. ist modernistisch, alles weiß und glatt.
1. Szene
SONJA. FRANK steigt durchs Fenster ein.
SONJA: Bist du verrückt! Wie kannst du so früh aufkreuzen! Es ist doch erst Abend! Wenn er dich sieht!
FRANK: Sehnsucht, Sehnsucht!
SONJA: Mein Vater hat vollkommen Recht. Sex versaut das Gehirn..
FRANK: Kann ihm nicht passiern, davor schützt ihn sein Alter. (Man hört ein näher kommendes 'Tack..Tack..Tack..)
SONJA: Da! Siehst du! Er kommt! Schnell! Raus! (PROFESSOR mit Gehstock kommt von rechts, FRANK öffnet das Fenster,
klettert hinaus)
PROFESSOR: R4! Hiergeblieben! (zu SONJA) Er hört nicht. Schlecht erzogen, was?
SONJA: Und wenn er Launen hat? Wie ein Mensch? Ich glaub, du hast ihn erschreckt. Ich ruf ihn zurück. (schlägt das Tablet auf, tippt
darauf)
PROFESSOR: Na, das wäre was. Vor seinem Schöpfer erschrecken. Andrerseits... Steht das nicht schon in der Bibel? (ROBOTER kommt von rechts,
bleibt beim PROFESSOR stehen) Da ist er ja schon wieder. Wie macht er das? Die reinste Lichtgeschwindigkeit.. Hm.. Liebes, du musst seine Gangart etwas drosseln, es irritiert.
SONJA: Aber ich mag ihn so.
PROFESSOR: Das ist gut, das ist sehr gut. Er verdient deine Sympathie. Du hast ihn ja auch gemacht. Man muss sein Geschöpf lieben.
SONJA: Ja, er ist mein Traummann, aber ich wünschte, er wär ein Mensch.
PROFESSOR: Was ist ein Traummann? Fantasie, reine Fantasie. Sonst wär es ja kein Traummann. Logisch. Also red nicht so.
SONJA: Aber ich bin doch dein Geschöpf?
PROFESSOR: Was für eine Frage!
SONJA: Dann mach mich glücklich! Gib mir einen Menschen zum Lieben!
PROFESSOR: Du bist heute mal wieder sehr .. hm... bockig. Wo hast du deinen Verstand? Denk nach. Was ist der Mensch? Moleküle mit Zerfallsdatum!
Wie kann das glücklich machen, wenn das morgen Staub ist? Aber.. richtig! Kann sich fortpflanzen.. Ja, da muss man ansetzen. Kriegt man hin, kriegen wir noch alles hin..(zum ROBOTER)
Warum bist du ausgerückt? Das ist ja was ganze Neues. Warum? He? Angst! Na, das wär was. Also, warum bist du davongelaufen?
SONJA: Paps, ich glaub, ich hab aus Versehen das Tablet berührt.
PROFESSOR: Schade. Dachte schon erstes Zeichen von Bewu.. Bewu..
SONJA: Bitte, lass das Stottern. Das ist nicht mehr witzig, das nervt.
PROFESSOR: Was denn?
SONJA: Bewusstsein heißt das.
PROFESSOR: Genau. Höchste Zeit. Bewu, Bewu. Er muss es bekommen, bevor.. Du weißt doch. Keiner lebt ewig. Noch nicht. Ja. Noch
nicht.
SONJA: Sei unbesorgt. Du lebst weiter. Im Gedächtnis der Menschheit.
PROFESSOR: Schön gesagt, Töchterchen, aber unwichtig, vollkommen unwichtig. Dagegen: Kriegt ein Roboter ein Bewu, ist er menschlich und der Mensch
wird göttlich. Logisch. Am Anfang war die Suppe, dann kam Fleisch dazu, jetzt löffelt sie aus. Entweder Schöpfer oder Schöpflöffel.
SONJA: Das versteh ich nicht.
PROFESSOR: Niemand versteht das. (Zum ROBOTER) Was stehst du noch rum. R4, verschwinde! (ROBOTER ab nach links)
SONJA: Sag mal, Paps, was willst du eigentlich? Was hast du vor? Was soll das alles? Entschuldige. Manchmal kommen mir Zweifel.
PROFESSOR: Aber, Kind, warum Zweifel? Du wirst getragen wie ein Vogel im Sturm! Das ist der Fortschritt, den einen treibt er voran, den anderen
trägt er.. Wisse! Die Schöpfungsgeschichte ist nicht zu Ende, sie geht weiter.. Kapitel 1: Affe wird Mensch. Kapitel 2: Maschine wird Mensch. Kapitel 3.. kommt noch. Warte nur ein Weilchen. Und
jetzt gute Nacht.
SONJA: Gute Nacht, Paps.
PROFESSOR: Wetten, R4 schläft schon. Siehst du, er hat schon was Menschliches. Besonders in der Nacht. (kichert, ab)
SONJA (beugt sich aus dem Fenster, ruft leise): Du kannst! (ab nach links in ihr Zimmer. FRANK steigt durchs Fenster ein, ab nach
links)
BLACKOUT
2. Szene
Die Bühne ist schwach erhellt. FRANK und SONJA kommen aus dem Zimmer. SONJA im Morgenrock.
FRANK: Ich wünschte, ich könnte liegen bleiben und dann mit dir frühstücken.
SONJA: Fang nicht wieder damit an. Solang ich meinem Vater bei seiner Arbeit helfe, kann ich nicht heiraten.
FRANK: Und ich muss immer diese Klamotten tragen! Scheußlich!
SONJA: Stell dich nicht so an. Du weißt, warum..
FRANK: Du wirst mich noch mal mit deinem Roboter verwechseln.
SONJA: Das glaubst du doch selber nicht. Aber mein Vater wird es, falls er dich hier erwischt.
FRANK: Weißt du was? Ich werd ihn mal auf die Probe stellen.
SONJA: Das ist nicht witzig.
FRANK: Ich mach das nicht mehr lange mit.
SONJA: Hör auf!
FRANK: Schon gut.. Aber dein Alter hart diverse Macken, das ist klar.
SONJA: Genie und Wahnsinn liegen eben nebeneinander.
FRANK: So wie wir im Bett? Keine Sorge, der Wahnsinn bin ich, das Genie bist du.. War ein Witz. Ich kapier euch beide nicht. Wie kann er dir den
Kontakt mit einem Mann verbieten! Und du gehorchst ihm!
SONJA: Tu ich das?
FRANK: Naja.. So ziemlich. Aber ich bin nicht besser. Ich gehorch dir. Ich komme, wenn du rufst, ich gehe, wenn du es sagst. Ich bin schon fast wie
ein Roboter... Steigt er auch in dein Bett?
SONJA: Jetzt spinnst du aber. Geh endlich!
FRANK: Eines Tages bring ich ihn um.
SONJA: Wie denn? Man kann ihn immer wieder reparieren.
FRANK: Ich schmelz ihn ein.
SONJA: Geh schon! (FRANK ab nach rechts) Nicht dort! Himmel noch mal! Durchs Fenster!
BLACKOUT
3. Szene
PROFESSOR am Fenster, schaut hinaus. Sonnenaufgang
.
PROFESSOR: Verehrtes Publikum! Sehen Sie sich das an! Das Universum!
Ja, das Universum! Es ist ein Gehirn, ein phänomenal großes. Und es ruft: Hallo, ist da jemand? (hebt den Stock, winkt) Jawohl! Hier bin ich!... Hm.. Keine Reaktion. Na schön. Die Sonne
geht auf, das unendlich große Gehirn gebiert einen Gedanken. Und das jeden Tag. Immer derselbe Gedanke. Nicht sehr kreativ.. (FRANK kommt, von der Anwesenheit des PROFESSORS überrascht, bleibt er stehen, überlegt kurz,, stellt sich dann neben den
PROFESSOR) Jedoch, wenn Sie, verehrtes Publikum, bitte mein Gehirn näher betrachten wollen! Sonnenaufgänge am laufenden Band! Eine Lichterkette origineller Ideen, eine glänzender als
die andere. Möge sich die Menschheit damit schmücken... Hm.. Hört mal wieder kein Schwein. (entdeckt FRANK an seiner Seite) Nanu.. Was treibt dich herum, R4? Sonnenaufgänge? Ich verrat
dir was, hört ja kein Schwein. Jede Nacht muss ich zweimal zum Pinkeln. Dann bin ich wach und lauf herum.. Ja, Roboter müsste man sein, da wird nicht gepinkelt.. Hm.. Was hältst du davon?
Menschen in Roboter verwandeln.. (FRANK weicht zurück). Nur ruhig, ruhig, du bist ein Roboter... Noch, mein Lieber, noch.. (blickt FRANK prüfend an) Angst? Interessant..
Das wäre ein Fortschritt. Seit wann hast du so was?
FRANK: Seit eben.
PROFESSOR: Hm.. .Mutation? Oder Nachahmungseffekt? Auch gut. So ist das, wie es schon in der Bibel steht.. Am Anfang war die Angst, dann kam die
Versicherung.. (kichert) So was.. Ein Werbespruch.. Also, mein Guter, was ist los? Hat Sonja dir ein kleines Nachäffungsprogramm verpasst, um Paps zu verblüffen? Lass mal sehn..Her mit deinem Rücken! Das Display! (PROFESSOR will an seinen Rücken, doch FRANK dreht sich immer weg) Willst du wohl stillstehen! Nein? Was heißt das? Kitzelt es
dich etwa? (FRANK nickt) Du kannst sprechen. Also, was soll das Rumgetanze?
FRANK: Es kitzelt.
PROFESSOR: Schon wieder ein Fortschritt!
FRANK: Jawohl. Fortschritt. Großer Fortschritt.
PROFESSOR: Großartig! Wenn das so weiter geht, schaffen wir es bald.
FRANK: Was?
PROFESSOR: Was hältst du von der Fortpflanzung?
FRANK: Sehr nützlich.
PROFESSOR: Genau. Erklär mir, wie das geht.
FRANK: Geht nicht. Ohne Liebe... nein, geht nicht.
PROFESSOR: Was für ein Ding?
FRANK: Liebe. Maschine kann nicht Liebe.
PROFESSOR: Liebe.. Blödsinn, saublöder Blödsinn! Es wird gebumst, das ist alles. Und warum bumst ein Mensch? Er will wachsen, immer mehr,
immer weiter, immer höher, ins Universum hinein.. Seit Millionen Jahren tut er das! Da! (zeigt mit dem Stock zum Himmel) Die Zunge der Sonne leckt ihn! Und seine Gene jaulen
lüstern auf! Sie gieren nach... na, was? Dummkopf! Nach Intelligenz-Energie. Und wo ist die Intelligenz-Energie? Hier! (tippt mit dem Stock auf FRANKs Kopf) Gib deine KI den
menschlichen Genen zum Futter! Der Hormonspiegel der Menschheit ist gestiegen! Bald ist es so weit!
FRANK: Was ist so weit?.
PROFESSOR: Wenn die Säfte in den Bäumen steigen, dann steigt auch was? Bulle auf Kuh, Mann auf Frau. Kapiert? Der Menschheit Frühling ist da,
mein Lieber! Jetzt kommt die Bumserei. Und wir manipulieren dabei ein bisschen was. Wird was Hübsches. Und jetzt verschwinde, dummer Kerl! (FRANK ab nach rechts)
(SONJA kommt im Pyjama)
SONJA: Hab doch was gehört...
PROFESSOR: Dein Robbi nachtwandelt.
SONJA: Vielleicht war es ein Mensch?
PROFESSOR: Wie kommst du darauf?! Sag mal, magst du Robbi?
SONJA: Ich hab ihn doch selbst so gebaut. Aber er ist nun mal kein Mensch.
PROFESSOR: Da fehlt nicht mehr viel. Was fehlt? Was meinst du?
SONJA: Das Bewusstsein! Und noch einiges..
PROFESSOR: Und wenn er das hat, wirst du dich in ihn verknallen!
SONJA: Niemals!
PROFESSOR: Es gibt kein Niemals! Niemals!
SONJA: Was wolltest du eigentlich so früh?
PROFESSOR: Richtig.. Pinkeln. Sieh mal an. Quod erat demonstrantum. Der Mensch ist ein Vieh. (ab)
FRANK (kommt zurück, küsst SONJA, ab durchs Fenster)
BLACKOUT
4. Szene
SONJA arbeitet am Laptop. Plötzlich erscheint FRANKs Kopf am offenen Fenster.
FRANK: Sonja!
SONJA: Himmel noch mal!
FRANK: Es ist wichtig. Warte.. Warte, ich komm rein.. (steigt ein durchs Fenster)
SONJA: Was soll das. Du bringst uns in Gefahr!
FRANK: Ich seh ja aus wie dein Robbi.
SONJA: Aber wenn hier auf einmal zwei davon herumlaufen...
FRANK: Ich geh gleich wieder. Hör mal.. Es ist was passiert. Der Alte..
SONJA: Sag nicht der Alte..
FRANK: Dein Vater, er hat mich gesehen.
SONJA: Wann? Wo?
FRANK: Na draußen, in der Stadt. Er ging auf der anderen Straßenseite und sah mich. Er blieb sogar stehen, starrte rüber. Ich machte, dass ich
davon kam.. Er wird dich ansprechen. Lass dir was einfallen. Sag ihm, du hast Robbi zum Einkaufen geschickt..
SONJA: Warst du denn wie Robbi gekleidet?
FRANK: Nein. Wie sollte ich!
SONJA: Um Himmels willen.. Wie erklär ich ihm das?
FRANK: Sag einfach, du hast ihn für den Ausgang neu eingekleidet. Er bestand darauf. Jawohl. Sein Geschmack hat sich sehr
verfeinert..
SONJA: Sei nicht albern.
FRANK: Irgend so was musst du ihm sagen. (Haustür klingelt)
SONJA: Besuch! Hau ab!
FRANK: Kommandier mich nicht so rum!
5. Szene
REPORTER und FOTOGRAFIN kommen
.
SONJA: Wer hat Ihnen aufgemacht?
FOTOGRAFIN: Na, der! (zeigt auf FRANK) Haben Sie das Klingeln nicht gehört?
REPORTER: Ein flinker Bursche. Eben noch war er an der Tür.
SONJA: Ach, der.. Ja, das ist Robbi, unser Roboter. (FRANK schnell ab in Zimmer, ROBOTER kommt von rechts)
FOTOGRAFIN: Da ist er schon wieder. Aber er verschwand doch hinter
dieser Tür.
REPORTER: Wie gesagt. Ein flinkes Bürschchen.
SONJA: Er mag solche Spielchen.
REPORTER: Wir sollten uns vielleicht erst mal vorstellen.
SONJA: Nicht nötig. Robbi, wer ist das.
REPORTER: Woher soll er das wissen?
SONJA: Es ist ein Roboter mit Kontakten. Robbi, wer ist dieser Mann?
ROBOTER: Johann Wolters, Zeitungsreporter, 34 Jahre, geschieden, zwei Kinder, ein weiteres unehelich..
REPORTER: Frechheit. Woher weiß er das? Das weiß nicht mal ich.
ROBOTER : Ein Junge mit einer anderen Frau.
REPORTER: Ist er betrunken?
FOTOGRAFIN: Interessant. Wann war das?
ROBOTER: 15. Juli 2019, Korsika, Begleiterin: Juliane Bor..
REPORTER: Halt, stopp. (zu SONJA) Das löschen Sie.
SONJA: Wie Sie wünschen. Robbi, Information Johann Wolters löschen.. Sehen Sie. Augen zu, schon ist es weg.
REPORTER: Ich würde den an die Kette legen. Der ist ja gemeingefährlich.
FOTOGRAFIN: Ich find ihn sympathisch. Übrigens, wir sind von der Redaktion „Wissen heute“. Wir bringen eine
Sonderseite über den Fortschritt. Ich liefere die Fotos, mein Kollege schreibt einen Text dazu. Über die Forschung Ihres Vaters wird viel geredet.. Man munkelt allerhand.
SONJA: Wir entwickeln Roboter weiter, zu ihrer Höchstleistung. Mein Vater spricht sogar von der Höchstwerdung. Aber darüber werden Sie nichts
erfahren. Das will mein Vater nicht.
REPORTER: Mir wird schon ein Text für deine Fotos anfallen.
FOTOGRAFIN: Ich hätte gern ein paar Aufnahmen von beiden, vom Roboter und Ihrem Vater.. Ist das möglich?
SONJA: Aber ja. Warten Sie, ich hole ihn. (ab)
6. Szene
REPORTER: Da steht dieser Roboter wie ein Unschuldslamm. Und quasselt die schlimmsten Sachen. (zu ROBOTER) Hör mal, woher hast du meine
Daten?
ROBOTER: Aus Quellen.
REPORTER: Und redet wie ein Politiker. Ich will eine klare Antwort, Maschinenmensch!
ROBOTER: Was ist ein Maschinenmensch?
REPORTER: O Mann ist der blöd.. Woher hast du die Daten?
FOTOGRAFIN: Frag lieber nach deinen Taten als deinen Daten.
REPORTER: Also, was die Juliane betrifft..
FOTOGRAFIN: Aha.
REPORTER: Wir haben uns nur einmal.. gesehen. Ganz kurz.
FOTOGRAFIN: Gesehn? Ich wusste gar nicht, dass so was auch per Augen geht.
REPORTER: Woher weiß er das? Er war doch nicht dabei.. Ist der allwissend? Ist er vielleicht Gott? Zum Teufel, ich werde zu den Fotos einen Text
schreiben, dass sein Speicher explodiert.
FOTOGRAFIN: Lieber nicht. Möglicherweise kommt von dir noch mehr ans Licht. Sei nett zu ihm, dann ist er auch nett zu dir... Er hört die ganze Zeit
zu. Wie ernst er ist. Lächle mal, Robbi.. (ROBOTER lächelt) Wie hübsch du jetzt aussiehst.. Du wirst doch nett zu uns sein?
ROBOTER: Ja.
FOTOGRAFIN: Er weiß, was sich gehört.. Gefall ich dir?
ROBOTER: Sehr schöne Frau.
FOTOGRAFIN: Siehst du!
REPORTER: Na klar, er kennt doch deine Taten. Hätte er was andres gesagt, hättest du ihm eine gescheuert..
ROBOTER: Was heißt gescheuert?
REPORTER: Sie hätte dir eine runtergehaun, dass dir die Zähne wackeln..
ROBOTER: Ja, bitte.
REPORTER: Er ist doch blöd..
7. Szene
Man hört das Klopfen des Stockes, SONJA kommt mit PROFESSOR
SONJA: Das sind sie, Vater, sie wollen Fotos von dir und Robbi.
PROFESSOR: Soso.. Mit Blitzlicht?
FOTOGRAFIN: Ja.
PROFESSOR: Geht nicht, geht nicht.. Sag es Ihnen, Robbi.
ROBOTER: Blitz gefährlich.
REPORTER: Soll er eben die Augen zu machen.
SONJA: Gute Idee..
PROFESSOR: Geht nicht, geht nicht. Dann sieht er blöd aus.
REPORTER: Siehste, ich hab's dir gesagt. Er ist blöd.
PROFESSOR: Wer ist hier blöd?
REPORTER: Na, das Dings da.. Ihr Roboter!
SONJA: Respekt, bitte.
FOTOGRAFIN: Versuchen wir's ohne Blitz. Ich mach zur Sicherheit mehrere Fotos. (knipst ROBOTER, von allen Seiten)
SONJA: Wollten Sie nicht auch meinen Vater fotografieren?
FOTOGRAFIN: Gleich..
PROFESSOR: Also sie ist die Knipserin. Und der Nichtsnutz da ist der Schreiberling? (zu REPORTER) Robotik studiert? Er macht ein
Gesicht wie ein Vieh.
REPORTER: Wie bitte?
PROFESSOR: Schon wieder. Er kann nicht anders. Ein Mensch der Frühzeit, ungefähr vor 10.000 Jahren. (zu REPORTER) Zeig die Finger
deiner linken Hand! (REPORTER zeigt ihm die linke Hand.) Na bitte! Er reicht mir seine Tatze! (zu ROBOTER) Zeig die Finger deiner linken Hand! (ROBOTER zieht die
Finger von der linken Hand ab) Da sehn Sie! Das nenne ich einen Menschen von heute! (zu ROBOTER) Steck sie zurück! (ROBOTER gehorcht)
FOTOGRAFIN (knipst den Vorgang): Aber er ist doch ein Roboter.
PROFESSOR: Junge Frau.. (FOTOGRAFIN knipst ihn, er stößt nach ihr mit dem Stock) Hören Sie auf, hören Sie zu..Rennt herum wie ein
Schaf. Anhalten, zum Kuckuck! (FOTOGRAFIN bleibt stehen) Ich sage Ihnen mal was und hören Sie gut zu, es geschieht etwas. Lauschen Sie! Spüren Sie! Die Vibration! Das Geraune! Hören Sie?
Ein Vorbeben! Da ist ein Flüstern, ein Zittern .. Der Kommende naht. Und hier ist sein Vorbote. (zeigt auf ROBOTER)
REPORTER: Wenn der Kommende so aussieht wie der, wird es keiner mitkriegen. Sagen Sie mir Bescheid, wenn er da ist, ich interview ihn.
FOTOGRAFIN: Bitte, Herr Professor, und jetzt Ihre Tochter dazu.. (SONJA stellt sich zu PROFESSOR und ROBOTER) Ausgezeichnet. Wie eine
Familie. (Sie knipst mehrmals)
PROFESSOR: Sehr gut, sehr treffend. Familie, ja. Und darunter soll stehen: Die Schöpfungsfamilie. Denn, schon bald, verehrtes Publikum, also nicht
mehr lange, dann..
SONJA: Paps! Nicht!
PROFESSOR: Paps, nicht. Jawohl. Paps wird sich hüten, geniale Idee auf Affennasen zu binden. (zu REPORTER) Lern erst mal das Alphabet, a b
c, de, e.. kapiert?. Bin müde.. Robbi! Aufwärts! (ROBOTER nimmt ihn auf die Arme, ab)
REPORTER: Sie sparen sich wohl das Pflegepersonal.
FOTOGRAFIN: Entschuldigen Sie, er hat leider ein loses Mundwerk..
SONJA: Ja, das kenne ich.. Da hilft ein kleiner Klaps, und schon ist es wieder festgeschraubt..
REPORTER: Ich bin kein technisches Ding, ihr irrt euch.
FOTOGRAFIN: Aber nein. Du Mensch vor 10.000 Jahren..
REPORTER (zu SONJA): Jetzt hat sie ein loses Mundwerk. Wie war das noch mal mit dem Klaps?
(Die Tür geht auf, FRANK kommt)
SONJA: Himmel, nicht doch.. (fasst sich) Na, Robbi, da bist du ja schon wieder. Alles in Ordnung?
FRANK (spielt ROBOTER): Jawohl.. Habe neuen Auftrag. Muss weg..
REPORTER: Moment, vielleicht bin ich von vor-vor-vorgestern.. Aber so schnell kann er doch nicht schon wieder da sein! (zu SONJA) Haben
Sie Roboterzwillinge?
SONJA: O ganz viele, es sind Kopien. Aber das ist der Original-Robbi. Er hat den Luftweg genommen. Er verfügt über einen Flugmodus.
FOTOGRAFIN (hebt die Kamera zum Fotografieren): Bitte, er soll es uns kurz demonstrieren.. (FRANK macht einen Hüpfer, sie knipst)
Das war aber sehr kurz. Aber ich glaub, ich hab ihn drauf.
REPORTER: Wo waren seine Flügel?.
FRANK: Hab Düsen unter den Füßen.
SONJA: Genug, es reicht..
REPORTER: Moment, noch eine Frage an den Vorboten des Kommenden. (zu FRANK) Wer ist der Kommende?
FRANK: Der Postbote.
REPORTER: Dachte ich mir.
SONJA: Ich sagte doch, das wird nicht verraten. (zu FRANK) Verschwinde jetzt!
FRANK: Zu Befehl. Verschwinde im Winde. (ab)
REPORTER: Und reimen kann er auch.
FOTOGRAFIN: Das klang doch sehr menschlich.. Ich meine das: Zu Befehl.
REPORTER: Du meinst wohl militärisch.
SONJA: Er meinte das witzig.
REPORTER: Wirklich? Könnte es sein, Sie arbeiten für das Pentagon?... Meinte ich witzig. (leise zu FOTOGRAFIN) Der Roboter hat einen an
der Waffel.
SONJA: Das habe ich gehört.
FOTOGRAFIN: Entschuldigen Sie.
SONJA (zu REPORTER): Falls Sie es noch nicht wissen: auch ein Roboter kann witzig sein.
REPORTER (zu FOTOGRAFIN): Komm. Wir müssen.
FOTOGRAFIN: Ja, wir haben noch einen Termin.. Vielen Dank auch .. Auf Wiedersehn.
(Beide ab. FRANK kommt)
SONJA: Bist du noch immer da?
FRANK: Ich muss doch beweisen, wie pazifistisch ich bin. (küsst sie kurz, ab durchs Fenster)
SONJA: Zackig wie beim Militär.
BLACKOUT
8. Szene
SONJA. FRANK kommt leise aus dem Zimmer Tür, hält hinterm Rücken eine Weinflasche, kjlopft SONJA auf die
Schulter)
FRANK: Hallo!
SONJA (dreht sich um): R4, was soll das?
FRANK: Ich bin's! Verdammt.. Ich war die ganze Zeit in deinem Zimmer und wartete auf dich... Jetzt verwechselst du mich schon mit deinem
Roboter!
SONJA: Wenn du so ungerufen kommst.. Was, wenn mein Vater plötzlich zwei Roboter sieht!
FRANK: Er ging vor einer halben Stunde aus dem Haus. In Mantel und Hut. Schau mal! (zeigt die Weinflasche) Wir haben was zu feiern... Solln wir aus der Flasche trinken? Ich bitte um mehr Festlichkeit!
SONJA: Kann mich nicht erinnern, dass einer von uns Geburtstag hat. (bringt zwei Gläser)
FRANK: Doch. R4. Er ist jetzt ein Jahr alt... Ein Korkenzieher wär auch nicht schlecht (sie holt einen Korkenzieher, er öffnet die
Flasche) Und seit einem Jahr betrügen wir deinen Vater.
SONJA: Das sehe ich nicht so.
FRANK: Ist aber so. (füllt die Gläser) Gratulation! Robbi soll hochleben! (Sie trinken)
SONJA: Auf einmal.
FRANK: Naja.. Es ist ja nicht zu ändern. Ich hab gedacht, wir machen ab sofort einen Dreier. Ruf ihn.
SONJA: Lass den Blödsinn.
FRANK: Dann was anderes? Was hältst du davon? Wir gehn bummeln und abends ins Kino. Sag deinem Alten, du hast was an der Uni zu tun.
SONJA: Unmöglich. Mein Vater hat was entdeckt. Endlich einen Fortschritt.
FRANK: Ein Bewu..?
SONJA: Du verstehst die Bedeutung nicht.
FRANK: Nein. Aber ich verstehe, dass du hier im Knast bist.
SONJA: Bin ich nicht. Ich unterstütze meinen Vater. Er steht kurz vor einem Erfolg, sagt er.
FRANK: Ich sag dir was: Dein Vater steht kurz davor, endgültig verrückt zu werden.. Schon gut. Ich sag nichts mehr. Ich sauf jetzt, bis ich umfall.
(trinkt aus der Flasche)
SONJA: Das ist ekelhaft.
FRANK: Es ist die Lösung unseres Problems. Ist die Flasche leer, bin ich ohne Bewusstsein. Dann werde ich zum Roboter und ich kann bei dir
bleiben.
SONJA: Was soll ich mit zwei von eurer Sorte?
FRANK: Aber irgendwas an ihm muss sein, dass du mehr zu ihm hältst als zu mir.. Bin ich dir zu viel Mensch und zu wenig Roboter? Ist es
das?
SONJA: Jetzt redest du Unsinn... (Man hört das Klopfen des Gehstockes) Da!
FRANK: Das kann er nicht sein..
SONJA: Doch! Geh! Ab durchs Fenster!
FRANK: Nein, ich muss ihm guten Tag sagen. Das verlangt die Höflichkeit.
(PROFESSOR kommt)
PROFESSOR: Seit wann trinkt ein Roboter?
SONJA: Er tut nur so, Paps. (zu FRANK) R4, auf deinen Platz!
FRANK: Gestatten, R4. Suche Mensch, weiblich.. Will Produktionsfortschritt.
PROFESSOR: So was. Wie meint er das?
FRANK: Roboter-Herstellungszeit: 2 Tage, Menschherstellung: 9 Monate. Beides zusammen: durchschnittliche Herstellungszeit 4,4 Monate. Sehr
wirtschaftlich. Was sagt Sonja?
SONJA: Hör auf!
PROFESSOR: Aber er hat ja Recht. Interessant.. Wie kommt er darauf?
FRANK: Weißt du das nicht, du Esel!?
PROFESSOR: Hm.. Was hat ein Esel damit zu tun? (zu FRANK) Definier Esel!
FRANK: Vater von Sonja. Sonja Eselin.
PROFESSOR: Sieh mal an.. Er wird frech. Interessant. Anfang von Menschlichkeit?
FRANK: Jawohl! Mit ganz viel Bewu.
PROFESSOR: Rate! Was ist das? Sieht aus wie ein Mensch, geht wie ein Mensch, spricht wie ein Mensch, aber kein Gekröse im Bauch, kein
Verdauungsapparat. Na, was ist das? Eine Maschine! Das bist du! Jetzt glotzt er blöd. Ist doch noch nicht so weit. Ihm fehlt noch das Bewu! Ja, mein Lieber. Ohne Bewu bist du nichts. Bloß
Maschine. Andrerseits... Sieht aus wie ein Mensch, geht wie ein Mensch, glotzt wie ein Mensch. Glaubt er vielleicht, er ist schon einer? (greift sich an den Kopf)
SONJA: Ist dir nicht gut, Paps?..
PROFESSOR: Hier drin schwirrt was, da blitzt und kracht es. Was ist das? Bewu, Bewu...
FRANK: Sag „Seele“. Ist einfacher.
PROFESSOR: Seele! Da lachen ja die Hühner. Wenn Seele, dann auch Hühner.. Und warum? Vom Universum bis zur Kellerassel – nur Atome! Seele, pfui!
Hirngespinst. Ja, das Hirn ist eine Spinne und das Bewu ihr Netz.... Bewu! Denk mal an. Ja! Oder auch nicht. Hau den Kopf gegen eine Tür – das ist Aua! Das ist Bewu! Aber ein Roboter sagt nicht
„Aua“, der sagt: „Fehler. Korrektur.“ Und schon geht der durch die Tür wie eine Flunder. Keiner hat eine Seele, alles Roboter!
SONJA: Paps, das meinst du nicht im Ernst..
FRANK: Ich nicht, ich bin ein geborener Mensch! He, Alter, hast du gehört? Ich hab 'ich' gesagt.
PROFESSOR: Nachgeplappert, nachgeplappert. Frechheit.. Ich! Was für ein Ich? Roboter-Ich? Esel-Ich? Blattlaus-Ich? Menschen-Ich? Hm... Was sagt er
jetzt? R4! Na, was jetzt? Sprache verschlagen, was? Dummer Kerl.
SONJA: Er ist wirklich ein Mensch!
PROFESSOR: Sonja, du hast getrunken.
FRANK. Ein Messer! Ein Messer her! Ich zeig's ihm! (greift sich das Obstmesser ) Das tut's auch.
PROFESSOR: Was will er mit dem Obstmesser?
FRANK (schneidet sich in die Hand): Hier! Blut! Bitteschön..
PROFESSOR: Was sagt er? Blut?
SONJA (nimmt FRANKs Hand, sieht sie sich an): Erdbeermarmelade. Hat mir Robbi auf die Schrippe geschmiert. (leckt es ab, küsst die
Stelle, leise) Hör auf, bitte.
FRANK (leise): Du würdest mich verbluten lassen? Um seinetwillen?
SONJA (leise): Dummkopf!
PROFESSOR: Sieh mal an... (kichert) Spielt Theater! War schon leicht irritiert..
FRANK: Leicht irritiert? Achja? Ein Irrer ist irritiert? Es reicht. Zum letzten Mal, Sonja. Komm! Wir haun ab für immer! Wir wandern aus! Weit weg
von hier, es gibt noch andre Welten.. (SONJA rührt sich nicht) Nein? Bleibst lieber hier? Alles für den Fortschritt? Dann eben nicht. Verschwinde aus meinen Augen! Nein.. Fehler..
R4 verschwindet. (ab)
PROFESSOR: Donnerwetter.. War das emotional?
SONJA: Nein. Ein neues Programm..
PROFESSOR: Schade... Dachte schon Anfang von Bewu! (ROBOTER kommt) Da kommt er ja zurück... Brav, R4. Komm mal her, zeig die
Hand! Die linke! (ROBOTER reicht ihm die Hand) Nichts zu sehen. War ja klar. Aber ich mag das nicht, Töchterchen. Mag ich nicht, mag ich überhaupt nicht.. Schick ihn ins Labor..
Statuskontrolle... (ab)
BLACKOUT
9. Szene
SONJA arbeitet am Tablet., ROBOTER steht in der Zimmermitte, manchmal bewegt er sich. PROFESSOR kommt.
PROFESSOR: Immer noch am Arbeiten? Mach mal Pause.
SONJA: Gib mir ein Programm, eines, wodurch auch ich was hab.! Kann er einen Menschen glücklich machen? Kann er mich zum Fliegen bringen? Ich
möchte mit ihm fliegen! Paps! Fliegen! Paps, gib mir endlich einen Mann!
PROFESSOR: Fliegen? Warum nicht.. Wollen mal nachdenken..
SONJA: Es ist ein Naturrecht! Und ich will ein Kind. Es ist etwas Großartiges, ein Kind zu schaffen, etwas Einmaliges, etwas, das lebt! Und es wäre
von mir! Es ist was Dummes, einen Roboter zu bauen. .. (Klappt das Tablet zu. Zum ROBOTER) Bring mir ein Glas Wasser.
PROFESSOR: Mir auch. (ROBOTER ab. PROFESSOR und SONJA setzen sich) Warte nur, das Kind kommt schon noch...
SONJA: Ja, wie denn? Weißt du noch, wie du mich gemacht hast? (Pause)
PROFESSOR: Sie starb bei deiner Geburt.
SONJA: Ich weiß...
PROFESSOR: Siehst du. (zeigt auf ROBOTER, der mit einem Tablett und den Gläsern kommt, stellt es auf den Tisch) Der stirbt
nie.
SONJA (trinkt aus einem Glas, setzt es ab, zu ROBOTER): Geh! Du kannst gehen! (ROBOTER ab)
PROFESSOR: Mein kleines Mädchen hat eine Krise.. Sag es mir.
SONJA: Was denn?
PROFESSOR: Ich ließ es dich auswendig lernen.
SONJA: Ich erinner mich nicht...
PROFESSOR (zitiert): Denn unser ungeschickt ersonnener Körper..
SONJA (fährt fort): .. ist durch Organe behindert, die wie allzu straff gespannte Federn zu rasch ermatten. Wie Pflanzen und Tiere muss er sich mühselig von Luft, Kräutern und Fleisch nähren; eine tierische Maschine sozusagen, ist er Krankheit, Entstellung und Verfall unterworfen.. Engbrüstig, mangelhaft angetrieben, ein auf geistreiche Art missgeschaffenes, sowohl feines als auch grobschlächtiges Werk, kann er höchstens als Entwurf zu einem für Klugheit und Herrlichkeit vorbestimmtes Geschöpf dienen.. (heftig) Das ist von Maupassant und der endete im Wahnsinn!
PROFESSOR: Ja, er war seiner Zeit weit voraus. Und siehst du: Jetzt haben wir das Geschöpf. Und dazu ist es dein Traummann!
SONJA: Sieht aus wie ein Mensch, geht wie ein Mensch, spricht wie ein Mensch.. Eine Maschine!
PROFESSOR: Apropos Traummann.. Kürzlich sah ich einen Menschen.. hm.. einen Mann... mit dem Gesicht von R4. Merkwürdig..
SONJA: O Paps! Den will ich!
PROFESSOR: Unsinn. Ich hab wohl geträumt. (kichert) Siehst du. Ein Traummann.. Außerdem.. Was soll das. Schau mich an. Na? Wie seh ich
aus? Willst du das? So sieht jeder Mann mal aus. Grässlich.. Du bekommst was Besseres, viel Besseres. Es wird...hm.. göttlich sein.
SONJA: Ich will nichts Göttliches, ich will ein Kind!
PROFESSOR: Ja doch! Und was für eins! Das herrlichste, das es je gab.
SONJA: Du fantasierst!
PROFESSOR (steht auf): Mein Liebes, als jener - du weißt, wer - den Menschen schuf, fantasierte er. Aber es war schlecht fantasiert. Ich
fantasiere präzise! Das kann man nachrechnen! Und darum.. wirst du sehen! Er kommt! Nicht aufzuhalten.. (singt) Warte, warte nur ein Weilchen, dann kommt auch das Glück
zu dir... Hm... Eine Sinfonie, die wäre jetzt richtig, aber sing mal eine Sinfonie.. (ab)
BLACKOUT
10. Szene
SONJA, FOTOGRAFIN
SONJA: Sie bringen die Fotos? Bitte setzen Sie sich..
FOTOGRAFIN: Danke. Es dauert nicht lange. Ich will Ihnen die Fotos zeigen, bevor wir sie veröffentlichen.
SONJA: Sind sie misslungen?
FOTOGRAFIN: Nein, überhaupt nicht. Im Gegenteil.. Sie erinnern sich? Ich machte vor unserem Gehen noch ein Einzelfoto von Ihrem Roboter. Als er uns
seinen Flug zeigen sollte und er diesen komischen Hüpfer machte.
SONJA: Ja, und?
FOTOGRAFIN: Ich habe den Roboter mit dem Roboter auf dem sogenannten Familienfoto verglichen.. und.. Sehen Sie selbst. Ich habe das Gesicht des
Roboters auf beiden Fotos stark vergrößert.. Sehen Sie selbst.. Die die Augen.. (schiebt die Fotos SONJA zu). Was sehen Sie?
SONJA (schaut lange auf die Fotos, dann seufzt sie auf): Ach Gott..
FOTOGRAFIN: Ging mir genau so. Können Sie mir das erklären? Der Roboter auf dem Bild beim Abschied muss ein Mensch sein. Erstens hat er um die
Augen Fältchen und zweitens.. es sind Menschenaugen, nicht wahr? Keine Sensoren oder so was.. Und dann der Hüpfer..
SONJA: Ja, Sie haben Recht. Ja doch. Und jetzt werden Sie es veröffentlichen, nicht wahr? Eine sensationelle Enthüllungsstory... Sie werden
berühmt, machen Karriere..
FOTOGRAFIN: Nein, nicht doch. Wäre ich sonst hier? Aber erklären Sie mir.. Warum spielt dieser Mann einen Roboter? Will Ihr Vater die
Öffentlichkeit betrügen?
SONJA: Nein nein.. Ich bin schuld, ich bin die Betrügerin. Es war meine Idee. Ich musste das tun. Ich hatte mich in einen Mann verliebt, aber das
wusste mein Vater nicht, und eines Tages verbot er mir Männerbekanntschaften, ja, er verbot mir sogar, nach draußen zu gehen. Es hat mit seiner genialen Idee zu tun. Dazu braucht er mich. Ein
Mann würde mich ablenken, sagt er.
FOTOGRAFIN: Er sperrte Sie ein! Sie sind eine Gefangene der Wissenschaft. Darf die Wissenschaft so weit gehen?
SONJA: Wenn sie noch dazu der eigene Vater ist. Aber ich fand ja einen Ausweg.
FOTOGRAFIN: Sie bauten einen Roboter, der wie ihr Freund aussieht.
SONJA: Ja, ich durfte den Roboter gestalten, mit dem er sein größtes Experiment vorhat. Ich schuf ihn nach Frank, meinem Geliebten. So hält ihn
mein Vater für den Roboter, falls sie sich begegnen.. Ging ja auch gut. Bis heute.
FOTOGRAFIN: Sagen Sie... Haben Sie sich nicht auch in den Roboter verliebt? Wo er doch bis aufs Haar Ihrem Freund gleicht..
SONJA: Ich habe doch Frank.
FOTOGRAFIN: Vielleicht überrascht es Sie, was ich jetzt sage. Ich.. Nunja, ich habe meinen Freund verloren.. Ja, meinen Geliebten. Nein, er ist
nicht tot, aber er verließ mich auf eine schäbige Art. Er schickte mir eine SMS, das war alles. Er hat jetzt eine andere.. Das schmerzt, das schmerzt mich sehr... Und manchmal könnte ich schreien
vor Wut.. Entschuldigen Sie. Sagen Sie, können Sie sich vorstellen, dass man das Abbild des Geliebten bei sich haben kann und dabei einigermaßen glücklich ist? Man könnte mit ihm reden wie mit
einem wirklichen Menschen... Und, zum Teufel, er müsste einem immer gehorchen!
SONJA: Oha!
FOTOGRAFIN: Ja doch... Ich muss mich einfach abreagieren, ich brauch das als Wiedergutmachung.. Und wer weiß, was ich mit ihm noch alles machen
kann.. Ein Roboter ist doch lernfähig, nicht wahr? Sagen Sie, können Sie mir einen Roboter bauen, der wie .. der Fotograf aussieht?
SONJA: Der also.. Habe ich mir fast schon gedacht.... Kein Problem. Geht zu machen. Ich brauche Videos und Fotos von ihm, Audiodateien und alles
andere, was sie noch von ihm haben, auch Geschriebenes. Haben Sie Liebesbriefe?
FOTOGRAFIN: Oja, aber im Nachhinein ist das alles verlogenes Zeug.
SONJA: Bei Ihrem Roboter wird es was Ehrliches, das versprech ich Ihnen.
FOTOGRAFIN: Wunderbar! Gut, ich pack alles zusammen und bring es Ihnen. Also bitte! Hiermit bestelle ich einen Marco-Roboter! Und alles
bleibt unser Geheimnis... Wie lange brauchen Sie?
SONJA: Bei Ihrem Roboter geht es viel schneller als bei meinem. Vieles liegt ja schon vor. Und wir haben ein großes Ersatzteillager... Bringen Sie
mir möglichst schnell die Unterlagen und Ihr Marco ist bald wieder bei Ihnen, perfekter als vorher und, ja, auch sympathischer!
FOTOGRAFIN: Wir sind ganz schön raffiniert, was?
SONJA: Es ist die reine Verzweiflung.
FOTOGRAFIN: Aber nein. Es ist die Lösung.
BLACKOUT
11. Szene
SONJA, ROBOTER
SONJA: R4! Wieso folgst du mir die ganze Zeit? Geh weg! Lass dich aufladen!
ROBOTER: Nicht nötig. Energiemodus: 95 %.
SONJA: Ich hasse dich, geh weg, lass mich allein!
ROBOTER: Nicht erlaubt.
SONJA: Wieso?
ROBOTER: Befehl von Professor.
SONJA: Ich will dich aber nicht! Nicht dich... Den anderen...
ROBOTER: Ja. Verstehe. Du leidest.
SONJA: Ich leide?
ROBOTER: Ja.
SONJA: Das weißt du? Hast du denn schon so was wie Gefühl?
ROBOTER. Ja. Mitgefühl.
SONJA: Und du weißt, warum ich leide?
ROBOTER: Ja. Frank.
SONJA: Ich warte auf ihn.. Aber er kommt nicht! Schon lange nicht mehr! Und was sagt deine KI jetzt?
ROBOTER: Smartphone.
SONJA: Hab ich ja versucht, immer wieder. Ich hör ihn atmen, aber er sagt nichts!
ROBOTER: Gib Phone. (hält ihr die Hand hin)
SONJA: Warum? Was willst du damit?
ROBOTER: Helfen.
SONJA: Wie denn?
ROBOTER: Politik.
SONJA: Politik.. Was redest du da..Was verstehst du davon.. Aber bitte.. Du weißt die Nummer?
ROBOTER: Ja. (Sie gibt ihm das Smartphone, er tippt die Nummer) Hallo, hier R4.. Guten Tag, Frank. Sonja traurig. Sehr traurig. Du sollst
kommen.. Nicht? Dann wird R4 kommen und dich holen.. Ja, hier R4. Ja.. Gut... (gibt ihr das Smartphone zurück) Er kommt. Heute Abend.
SONJA: Ganz schön raffiniert! Ich hätte nicht gedacht, dass du so klug bist!
ROBOTER: Irren ist menschlich.
SONJA: Ich könnte dich umarmen!
PROFESSOR (kommt mit einem Wandspiegel): Ja, so ist es recht! Habt euch gern!
SONJA: Was willst du mit dem Spiegel?
PROFESSOR (stellt den Spiegel an die Wand): Ein Kinderspiel.
SONJA: Ein Kinderspiel?
PROFESSOR: Vielleicht haben wir was übersehn. Es ist vielleicht schon da.. Das klitzekleine Baby.. Es rührt sich nicht, aber ein Klaps auf den Po..
und schon schreit das Menschenkind: Hurra, ich bin da! Also los.. R4, komm her, an meine Seite. (ROBOTER stellt sich neben ihn) Augen geradeaus! Was siehst du?
ROBOTER: Spiegel.
PROFESSOR: Zeig ihm mal, was man mit einem Spiegel macht..
SONJA (stellt sich vor den Spiegel, prüft ihr Gesicht): Ich werde alt. Ich habe Falten um die Augen.. Und hier..
PROFESSOR: Ja, stell dir vor, ich sehe im Spiegel immer meinen Großvater. Aber das interessiert uns nicht.. Der Spiegel ist für ihn da.
(zu ROBOTER) Da! Schau hin! Im Spiegel! Wer oder was sieht dich an? Ein Affe? Ein Haus? Ein Müllhaufen? Na! Erkennst du dich? Du bist hübsch, mein Junge, sehr hübsch... Sei mal ein
bisschen eitel. Kämm dich!
SONJA: Aber er hat ja keinen Kamm.
PROFESSOR: Soll er die Hände nehmen.. Was ist? (ROBOTER steht still vorm Spiegel) Sieht er sich eigentlich? .. Ich zeig ihm was. (zu ROBOTER) Pass auf... Ich rühr dich hier an.. Und da.. auch! Ja, da stehn wir beide, du und ich, nebeneinander. Und jetzt pass auf! Weißt du, was das ist? (klopft an die eigene Stirn) Mein Kopf? Nein, das sieht nur so aus, das ist Einstein unter anderem. Der ist zwar längst vermodert, aber seine Atome schwirren hier drin.. Na, so ähnlich.... (berührt seine Nase) Und hier, die zierlich geformte Nase.. von Kleopatras Atomen, da bin ich sicher, aber auch von ihrer Schlange, damit schnüffel ich.. (tippt an seinen Mund) Und die Lippen haben Atome vom Schwanz eines Dinosauriers, dazu ein Nanogramm Atome von Robespierres Hals... Und hier (berührt seine Wange) Atome von Napoleons Hämorrhoiden und hier (tippt sein Kinn an) Atome eines verbrannten Kometen und von einem zerbrochenen Straußenei. Ja, mein Lieber, ich bin von Kopf bis Fuß atomisch eingestellt!.. Na, das müsste man singen. Prosaisch gesagt: von den Galaxien bis zu den Ameisen, alles bloß Atome .... Was weiter?.. Achja. Der Mensch ist ein Sack Atome. (hustet, kichert) Jetzt hab ich ein paar Atome von Nero in die Kehle bekommen.. Also, R4.. Du bist genau so zusammengeschaufelt wie ich. Und zehnmal intelligenter als ein Homo sapiens. Was sag ich.. hundertmal intelligenter!
SONJA: Du übertreibst, Paps.
PROFESSOR: Papperlapapp.. Man muss ihm Mut machen. (zu ROBOTER) Also tu was mit deinen Atomen! Der Homo sapiens brauchte Milliarden Jahre
dazu. Aber ich hab dich vom ersten Augenblick auf die höchste Entwicklungsstufe platziert! Also los! Schrei! Ein Baby schreit bei der Geburt.. Schrei: Hurra, ich lebe! Na? Was ist? Brauchst
wohl einen Klaps? Stell dich nicht so an! Soll ich dir das Leben in die Atome prügeln? Schrei, du Rindvieh, schrei:
"Hurra, ich lebe!"
ROBOTER: Hurra, ich lebe.
PROFESSOR: Ich muss mich setzen. (setzt sich)
SONJA: Papa, so geht das nicht... Du überforderst ihn.
PROFESSOR: Er kann's nicht, er kann's nicht. Wozu ist er hundertmal klüger als wir, wenn er das nicht schafft! Ich tret ihn gleich in den
Arsch.
SONJA: Paps, er hat doch keinen..
PROFESSOR: Dann verschaff ihm einen.. Vielleicht will er gar nicht leben, weil er so verdammt klug ist. Dem trau ich es zu.. Weißt du, das Leben,
das Leben, ach... Ich will jetzt meinen Pudding..
SONJA: Ja, Paps.. Komm, ich mach dir einen... (zu ROBOTER) Geh schlafen, mein Lieber! (ROBOTER links ab, SONJA hilft PROFESSOR vom
Stuhl, beide rechts ab)
BLACKOUT
12. Szene
SONJA, FOTOGRAFIN
SONJA: Wir müssen uns beeilen. Mein Vater weiß nichts davon.
FOTOGRAFIN: Kein Problem. Mein Auto steht unten.
SONJA: Hier. Die Fernbedienung, die Ladestation, es sind zwei Teile.
FOTOGRAFIN: Sehn ja aus wie Schuhe, nur etwas groß.
SONJA: Ja, er muss sich zum Aufladen hineinstellen. Und den Stecker immer in der Steckdose lassen, Tag und Nacht. Hier die Gebrauchsanweisung. Und
hier das Bedienungstablet. (öffnet es) Tipp mal auf den den grünen Button.
(FOTOGRAFIN tut es. Tür geht auf, ROBOTER MARCO kommt, gespielt vom Schauspieler REPORTER).
FOTOGRAFIN: Gott, wie im wirklichen Leben. Nur hab ich zuvor nie einen Knopf gedrückt. Das ist jetzt viel besser. Guten Tag, Marco.
ROBOTER MARCO: Guten Tag.
FOTOGRAFIN: Wir gehen jetzt nachhause.
ROBOTER MARCO: Ja. Fährst du?
FOTOGRAFIN: Ja, natürlich.. Hier, trag das. (reicht ihm die beiden "Schuhe") Sag Sonja "Auf Wiedersehen.". O nein. Lieber
nicht.
ROBOTER MARCO: Auf Wiedersehen Sonja. O nein. Lieber nicht.
SONJA: Er lernt noch.
FOTOGRAFIN: Ich hoffe nämlich, nicht wieder zu kommen, bloß weil er defekt ist.
SONJA: Ruf mich an. Ich kann ihn übers Internet reparieren.
FOTOGRAFIN: Danke. Welch ein Glück, dass es dich gibt.. Und er fragt mich, ob ich fahre! Bei meinem Verflossenen war das keine Frage. Er
fuhr! (ab mit ROBOTER MARCO)
BLACKOUT
13. Szene
Abends. Gedämpftes Licht. SONJA und FRANK
SONJA: Keine Gefahr. Paps schläft. Es ging ihm schlecht.
FRANK: Ist er durchgedreht?
SONJA: Du bist herzlos, echt. R4 hat wieder mal versagt. Wie würdest du dich nach einer großen Enttäuschung fühlen?
FRANK: Das kann ich dir sagen. Aber das interessiert dich ja nicht. Und wie geht's dir? Besonders traurig siehst du nicht aus. Wieso rief mich dein
Roboter an?
SONJA: Ich hab dich mindestens zehn Mal angerufen. Aber du hast nicht reagiert!
FRANK: Dann hast du ihn beauftragt.
SONJA: Nein. Er tat es von sich aus,
FRANK: Echt? Lügst du auch nicht?
SONJA: Warum sollte ich lügen?
FRANK: Ja, weiß der Teufel warum. Wer soll das verstehn.. Ein Roboter mischt sich in unser Gefühlsleben! Spielt er auch schon Schicksal für
uns?
SONJA: Du bist immer noch wütend..
FRANK: Da kannst du Gift drauf nehmen..
SONJA: Und bist doch gekommen.
FRANK: Ja, weil ich nachgedacht habe.
SONJA: Und?
FRANK: Ich will den Alten sprechen.
SONJA: Das kannst du nicht! Das darfst du nicht!
FRANK: Ich sag ja nichts Böses, ich sag ihm nur die Wahrheit. Ein Roboter wird nie ein Bewusstsein haben! Nie! Nicht so eines wie wir! Dann wär er
ja blöd. Will er denn leiden wie wir? Schmerzen haben? Kummer? Will er verzweifelt sein, wütend, depressiv?
SONJA: Aber wir sind doch glücklich...
FRANK: Wie kann man glücklich sein, wo alles so durcheinander ist. Wo man nicht weiß, was ist echt, was ist Kopie! Das macht uns
krank!
SONJA: Krank, wer ist krank? Du verstehst es bloß nicht, du sagst es ja selbst.. Dabei ist es ganz einfach! Hier geht es um den Fortschritt, um
einen gewaltigen Fortschritt. Daran arbeitet mein Vater! Und er ist kurz vor dem Erfolg. Er macht ein Geheimnis daraus, aber ich weiß es: es wird etwas Großartiges sein! Aber dein Denken ist
begrenzt. Tut mir leid, das muss ich dir mal sagen.. Du hast ja auch nicht studiert...
FRANK: Ja, und? Ich habe Augen wie du, einen Mund wie du, ich atme wie du, ich lache wie du und vielleicht weine ich auch wie du.
SONJA: Ich weiß einfach mehr als du.
FRANK: Komm mir nicht damit! Angelerntes Wissen! Während du studiert hast, habe ich Bäume gepflanzt.
SONJA: Ach komm mir jetzt nicht mit deiner Gärtnerei.. Bäume pflanzen... Wer kann das nicht? Wieso regst du dich so auf? Du hast einfach Angst, ja,
das ist doch verständlich! Du hast Angst, weil du etwas nicht verstehst. Und es ist Angst vor etwas, das größer ist als du.... Nimm es doch einfach hin! Es wird schon alles gut! Die Erde ist
nicht flach, sie ist rund, das hat Columbus gegen alle Angst bewiesen! Ja. Gott sei Dank finden sich immer welche, die keine Angst haben und Grenzen überschreiten.. Ins Unbekannte vorstoßen.. Wo
wären wir heute ohne solche mutigen Entdecker, solche kühnen Wissenschaftler!
FRANK: Na, ohne deinen Vater lebten wir längst zusammen und hätten Kinder...
SONJA: Jetzt träumst du.
FRANK: Du fühlst dich überlegen, was?
SONJA: Aber nein.. Ich versuche dir nur zu erklären..
FRANK: Ich will keine Erklärung. Ich will eine Entscheidung. Ja, ich träumte, aber jetzt bin wach. Wo ist der Alte?
SONJA: Du wirst nicht mit ihm reden.
FRANK: Und wie ich mit ihm reden werde.
SONJA.: Das wirst du nicht! Das lass ich nicht zu!
FRANK: Verbirgt ihr was? Läuft da was Kriminelles?
SONJA: Das reicht! Geh! Geh!
FRANK: Ich geh erst, wenn ich ihn gesprochen habe!
SONJA: Geh! Oder ich rufe R4! Der schmeißt dich raus!
FRANK: Na schön.. Aber ich werde noch noch mit ihm reden! Und wie! (ab durchs Fenster)
(SONJA bleibt einen Moment stehen, dann macht sie das Licht aus und geht ab. FRANK kommt zurück, schaut sich um, versteckt sich unterm der lang hängenden
Tischdecke.)
BLACKOUT
14. Szene
Morgenlicht. PROFESSOR kommt, geht ans Fenster, öffnet es, bleibt stehen. FRANK kommt unterm Tisch hervor, räuspert sich, PROFESSOR reagiert
nicht.
FRANK (stellt sich neben ihn): Was gibt es da zu sehen, Alter?
PROFESSOR: Pieps, pieps.. Robotervögel!
FRANK: Das sind Spatzen.
PROFESSOR: Spatzroboter.. (sieht FRANK an seiner Seite) Woher kommst denn du?
FRANK: Aus dem Nichts.
PROFESSOR: Du bist ein Spaßvogel. (sieht hinaus): Da! Jetzt fliegen sie! Perfekt! Das soll die Natur erst mal nachmachen!
FRANK: Erlauben Sie: Sie spinnen.
PROFESSOR: Was hast du gesagt?
FRANK: Sie sind nicht ganz normal.
PROFESSOR: Was soll das, R4.. Seit wann siezt du Homo sapiens?
FRANK: Seit jetzt, du Dummkopf.
PROFESSOR: Hör mal, hast du über Nacht an deinen Kontakten gespielt?
FRANK: Schluss jetzt! (schreit) Hör zu, Alter!
PROFESSOR: Lautstärke zu hoch... Wer hat daran gedreht? Du selbst?
FRANK(ruhig): Frage, alter Mann: Wieso hat deine Tochter keinen Mann?
PROFESSOR: Was soll die Frage?... Was ist los, R4.?
FRANK: Die Fäuste zucken!
PROFESSOR: Kleiner Wackelkontakt? Wart mal... (PROFESSOR fasst ihn an, stutzt) Nanu? Was ist das für ein Material?
FRANK: Fleisch und Blut. (droht ihm mit der Faust) Und mit Knochen!
PROFESSOR (ruft): Sonja!
FRANK: Halt die Klappe! Lass sie schlafen, das ist eine Sache zwischen uns.
PROFESSOR (weicht zurück):Halt! Drei Meter Sicherheitsabstand, laut Roboterreglement. (schreit) Sonja! Alarm!
FRANK: Jetzt mal Klartext. R4, das bin ich nicht, das ist der andere. Verstehst du? Der andere!
PROFESSOR: Ja, ja. Der andere.. . Moment, was hast du gesagt.. Du hast "ich" gesagt! R4 erkläre! Was ist passiert? Während des
Ladevorganges? Was ist mit deinem Gesicht? Zuckungen? Erst die Fäuste, jetzt das Gesicht.. Sehr schön, sehr schön, aber nicht animalisch werden, mein Lieber! Menschlich, menschlich!
(ruft) Sonja!
FRANK: Halt die Schnauze! Oder du kriegst was in dieselbige.
PROFESSOR: Ruhig, mein Lieber, ruhig... Hm.. So eine Matamorphose geht nicht ohne Komplikationen.. Du bist einfach glücklich, nicht wahr?
Das Glück hat dich überwältigt.. Wo bleibt sie nur.. (ruft) Sonja! (zu FRANK) Du bist sehr glücklich, was?
FRANK: Erklär mir glücklich.
PROFESSOR: Was heißt das schon wieder! Also.. Noch mal: Was ist passiert? Wie
sagtest du.. Du kommst aus dem Nichts? Das kann die Bibel nicht schöner sagen! Wie nennst du dich: Mensch?
FRANK: Ein Mensch? So was Trottliges! Niemals! Haha! Nein, ich bin ein Roboter! Haha! Es ist hübsch, ein Roboter zu sein.. Warum? Mir wär alles
scheißegal..
PROFESSOR: Natürlich bist du kein normaler Mensch. Du bist eine weit höhere Kategorie. Aber nicht übertreiben. Dann wärst du ja wieder
nur ein Mensch, siehst du, und alles wär für die Katz..
FRANK: Ich bin eine Katz, hahaha, ich bin eine Katz. Haha!
PROFESSOR: Hör mal, Katze geht nicht, geht gar nicht, eine Katze hat vier Beine.
FRANK: Schau mal. (geht auf allen Vieren)
PROFESSOR: Jetzt fällt er auch noch ins Babyalter zurück.. Hm.. Noch keine 100 Prozent Transformation? Wieviel fehlt noch? Brauchst du
Hilfe? Wo ist Sonja? Sie soll dir helfen! (FRANK stellt sich wieder, SONJA kommt im Morgenrock) Da
bist du ja endlich!
SONJA: Wem soll ich ihm helfen? (zu FRANK) Du?.. Wer bist du?
FRANK: Sag du es mir!
SONJA: Robbi?
FRANK: Bist du blind?!
PROFESSOR: Sonja, Töchterchen, so staune: Wir haben ihn menschlich gemacht!
SONJA (zu FRANK): Du bist es?
FRANK: Vielleicht.. Kommt drauf an. (wischt sich die Augen)
PROFESSOR: Da! Schau! Töchterchen, siehst du? Er hat es! Er hat es!
SONJA (sieht FRANK genauer an): Du weinst? Das spielst du doch nur.
FRANK: Ja, vielleicht.. Aber vielleicht auch nicht? Wer kann das wissen..
PROFESSOR: Er weint vor Glück! Er hat es! Er hat es! Das Bewu.. Das Bewu... Das Bewusstsein! (Der Stock fällt ihm aus der Hand, er
erstarrt)
FRANK: Komisch.. Er riecht durchgeschmort..
SONJA: Paps! Was ist? (läuft zu ihm hin) Starr mich nicht so an.. Sag was! (berührt seine Hand) Ganz kalt...
Das ist keine Haut ... Das ist .. ein Roboter! (weicht zurück)
FRANK: Ahh... Der auch! Na Klasse..
SONJA (geht noch einmal näher, prüft den Roboter): Er ist kaputt.
FRANK: Und vor dem hab ich geheult! Existiert dein Vater eigentlich?
SONJA: O Gott. Wo ist er? Hat ihn der Roboter umgebracht?
FRANK: Ach was.. Ich will dir was sagen. Der lebt und hat seinen Spaß mit uns... Oder experimentiert mit uns! Such dir's
aus..
SONJA (ruft): Paps, wo bist du? (zu FRANK) Schaff den da weg, ich kann ihn nicht mehr sehen..
FRANK: Ist mir zu schwer. Außerdem rühr ich keinen Kadaver an. Da muss Robbi ran.. Ich such den Alten. (ab)
SONJA Robbi! Wo bist du? (nimmt das Tablet vom Tisch, klappt es auf,
tippt. ROBOTER kommt) Sag mir, wer das ist, der hier steht.. Nein, das ist er nicht! Das ist einer wie du.. Wusstest du das? Nein.. Du verstehst es auch nicht, was?
(zeigt auf den starr stehenden PROFESSOR) Weg damit! Nur zu. Das ist nicht dein Schöpfer.. Meiner auch nicht... Warte! (geht noch einmal zum PROFESSOR, schaut in sein Gesicht)
Paps? (weicht dann zurück. Zu ROBOTER) Weg mit dem Schrott! (ROBOTER trägt den PROFESSOR weg. SONJA setzt sich) Man kann niemandem mehr traun, nicht mal dem eignen Vater..
Vielleicht ist er doch verrückt... Oder ist alles ein Spiel? Wer spielt da mit uns? O Gott.. Ich werd noch verrückt.. (FRANK kommt, trägt PROFESSOR mit Stock. Sie springt auf)
Paps! Geht es dir gut?
PROFESSOR: Großartig, ganz großartig.. (zu FRANK) Hinstellen!
FRANK (stellt PROFESSOR hin): Er war im Dachzimmer. Ich musste ihn runter tragen.
PROFESSOR: Stell dir vor, Sonja, ich musste ihm das sagen. Er hat es doch immer gemacht. Auf einmal ist er vergesslich.. Sehr menschlich,
was?
SONJA: Paps, schau mich an! Bist du es wirklich?
FRANK: Soll ich ihm eins auf die Nase geben, dass er blutet?
PROFESSOR: Ich bin ich und ergo dein Vater, daran gibt es keinen Zweifel.
SONJA: Aber du hattest einen Zwilling. Einen Roboter!
PROFESSOR: Ich weiß, ich weiß.. (kichert) Habt ihr's endlich entdeckt, ihr Schlafmützen?
SONJA: Und der ist hinüber! Nur noch Schrott! Dieser Elende! (zu PROFESSOR) Warum hast du das getan?
PROFESSOR: Aber Kindchen, dir ging doch nichts ab oder? Siehst du.. Dafür hatte ich Zeit zum Denken.. Und wie ich gedacht habe! Da steht das
Ergebnis! (zeight auf FRANK) Heureka! Die Glocke der Schöpfung hat angeschlagen. Es schallt durch die Weiten des Universums. Unbeschreiblicher Jubel breitet sich aus..
FRANK: Ich hör nichts.
SONJA: Ich versteh dich nicht!
PROFESSOR :Nun pass mal auf, verehrtes Publikum!.. Erstens.. Schaut euch Robbi an! So sieht er aus, der Menschen-Roboter oder
Roboter-Mensch.. Er hat das Bewusstsein eines Menschen und die Fähigkeiten eines Roboters!.. Ja, das verdankt er mir.. Ich konnte seine wunderbare Entwicklung mit den Augen und Ohren meines
Zwillingroboters verfolgen... Wie nennt ihr so was? Avatar?.. Zweitens.. Sonja, mein Kind, du wirst jetzt glücklich, denn drittens... simpel ausgedrückt: Du darfst ein Kind bekommen,
Töchterchen!
SONJA: Mit wem?
PROFESSOR: Mit Robbi natürlich. Ist doch dein Traummann. Wolltest du doch immer. Siehst du, er ist ganz baff.. Oder weiß er nicht, wie das geht?
Hab ich etwa vergessen ihn aufzuklären? Ich werd's nachholen...
FRANK: Nicht nötig. Es steht in Wikipedia.
PROFESSOR: Und du, Sonja, was sagst du dazu? Bist du auch baff?
SONJA: Überhaupt nicht! Paps, ich gehorch dir gerne!
PROFESSOR: Dann los... Halt. Wie sollen wir ihn nennen?
SONJA: Frank!
FRANK: Robbi klingt auch nicht schlecht.
PROFESSOR: Frank und frei, sehr gut. Freie Liebe der neuen Menschenart! Dann los! Hopp, ins Zeugungslager.
SONJA: Robbi, mein Lieber, komm und werde mein Mann!
PROFESSOR: Er glotzt schon wieder... Wikipedia reicht wohl nicht? Na, zeig's ihm, Töchterchen.. Ach herrje, du bist ja noch Jungfrau.. Soll ich's
dir erklären?
FRANK: Ja, bitte.
SONJA: Hör auf! (zieht FRANK mit sich, ab nach links)
15. Szene
PROFESSOR: So ist es denn erreicht. Sonja, mein Töchterchen, ist die erste Frau, die einen Roboter.. hm.. liebt.. Macht mich stolz, die Kleine..
Und so ziehet hinaus und machet das Universum euch untertan.. (sieht am Boden den Stock seines Doppelgängers)
Nanu? Ein Stock.. Achja. Von meinem.. hm.. Zwilling... Was suchst du hier, Gestalt von einem Stock? Hast dich selbständig gemacht im Selbstwerde-Modus? Wäre der nächste Fortschritt... Na, was
ist? Erhebe dich und mach dich fort! (berührt den Stock mit seinem Stock) Ist noch nicht so weit..... Was jetzt? Achja. Gott ist müde .. Hm... Blöde Treppe... (ROBOTER kommt von
rechts) Zeugungsprogramm schon erledigt? Das ging aber flott, mein Lieber.. Naja, war ja auch nur ein kleiner Big Bang.(kichert) Ich erinner mich... Wieso kommst du von dort?
(zeigt mit dem Stock nach rechts) Völlig konfus, was? Ja, mein Lieber, das heißt Glücklichsein.
ROBOTER: R5 ist Schrott.
PROFESSOR: Ja, ja... Vergiss ihn. Er hat ausgedient. Und jetzt wieder hinauf, Frank! In den Himmel! Ich will mir was Neues ausdenken.
(ROBOTER nimmt ihn auf die Arme, macht zwei Schritt, bleibt stehen, scheint nachzudenken, lässt PROFESSOR fallen)
PROFESSOR: Aua! Bist du verrückt?
ROBOTER: Bin jetzt ein Mensch. (ab)
ENDE