Wenn es im Fernsehen einen schwedischen Film zu sehen gibt, bin ich sofort dabei. Meistens ist er gut, oft sogar sehr gut. Plot, Charaktere, Landschaft... Alles stimmt.
Dann höre ich die Personen reden und erschrecke: Gott, wo kommen die vielen Deutschen her? Denn die Leute im Film siezen sich. Für einen, der in Schweden gelebt und dort oft Ferien verbracht hat, ist das kaum zu ertragen. So sprechen die Schweden nicht! Egal ob Minister, Arbeiter, Professor, Verkäuferin, ob Staatsanwalt oder Angeklagter, er oder sie wird geduzt. Ausnahme: der König und die königliche Familie. (Siehe Das schwedische Du)
Sind sich die Leute beim Fernsehen denn nicht bewusst, dass das Duzen zur schwedischen Identität gehört? Wieso zwingt man die Schweden zum Siezen? Ist das Duzen
etwa unmoralisch? Gefährdet es womöglich Jugend? (Übrigens: Die jungen Generation duzt sich schon.)
Kürzlich sagte mir jemand, ganz offensichtlich kein Jugendlicher: „Geduzt werden? Ich? Einfach so? Und dann noch von einem Fremden? Ich lass mich doch nicht beleidigen!“
„Dann weiß ich ein Land für Sie“, sagte ich, „wo Ihnen das nicht passieren kann. Versuchen Sie mal einen Schweden zu beleidigen, indem Sie 'du' zu ihm sagen. Er wird Sie neugierig ansehen und darauf warten, dass Sie ihm noch was sagen wollen.“
Ja, wie kann man beleidigt sein, wenn Duzen zum guten Ton gehört.
Und da sind wir an einem wichtigen Punkt.
Im Schweden, in dem Du-Land, gibt es ein starkes Gemeinschaftsgefühl. Die bei uns übliche Zweiteilung: den einen siezt man, den anderen duzt man (wobei sich der Gesiezte das Recht heraus nimmt, auf den Geduzten herunter zu blicken), kennen die Schweden nicht.
Für sie ist das Duzen ein Stück gelebte Demokratie.
Sind wir etwa keine Demokraten? Aber natürlich. Und darum lasst uns einen alten Hut abschaffen. Schluss mit dem Gesieze aus Kaiserzeiten.
Duzen wir uns! Nicht einfach, ich weiß. Fangen wir klein an, beim Fernsehen.
Liebes Fernsehen, lass die Schweden sich in ihren Filmen duzen, sie zeigen damit ihre friedliche, menschenfreundliche Absicht. Das Duzen ist weder Jugend gefährdend, noch beschädigt es unser „Deutschtum“ – im Gegenteil: Deutschland wird ein Stück demokratischer.
Ach, könnte ich doch der Bundeskanzlerin schreiben: „Liebe Angela, lass dich nicht unter-kriegen. Kämpfe weiter für ein gutes, für ein freundliches Deutschland! Ich bin nämlich auf deiner Seite.“
Und sie antwortete: „Lieber Dieter! Schön, dass du mich unterstützt. Dank dafür!“
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